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9 W (pat) 23/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 23/12 Verkündet am 22. November 2017

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 101 41 590 …

ECLI:DE:BPatG:2017:221117B9Wpat23.12.0 hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hilber, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Ing. Sandkämper und Dr.-Ing. Baumgart beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 1.27 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. März 2012 aufgehoben und das Patent 101 41 590 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2017, Beschreibung, Seiten 1 bis 7, überreicht in der Anhörung am 6. März 2012, Zeichnung, Fig. 1, gemäß Patentschrift.

2. Die weitergehende Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Prüfung des von der K… AG erhobenen Einspruchs das am 24. August 2001 angemeldete und am 4. Juni 2009 veröffentliche Patent mit der Bezeichnung

"Verfahren und Einrichtung zur Steuerung einer Druckmaschine" durch Beschluss vom 6. März 2012 beschränkt aufrechterhalten. Die Patentabteilung hat die Auffassung vertreten, dass der Gegenstand des in der Fassung nach Hilfsantrag 2 vom 6. März 2012 verteidigten Patentanspruchs 1 neu sei und durch den Stand der Technik auch nicht nahe gelegt sei. Das Patent nimmt eine deutsche Priorität vom 19. September 2000 in Anspruch.

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Sie ist der Auffassung, der Gegenstand des aufrechterhaltenen Anspruchs 1 sei gegenüber dem Stand der Technik nicht neu, zumindest beruhe er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellte den Antrag,

den Beschluss der Patentabteilung 1.27 des Deutschen Patentund Markenamts vom 6. März 2012 aufzuheben und das Patent 101 41 590 vollständig zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin beantragte,

die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen,

hilfsweise, das Patent mit folgenden Unterlagen in weiter beschränktem Umfang aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2017, Beschreibung, Seiten 1 bis 7, überreicht in der Anhörung am 6. März 2012, Zeichnung, Fig. 1, gemäß Patentschrift.

Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, der Gegenstand nach Patentanspruch 1 in der beschränkt aufrechterhaltenen, jedenfalls nach Patentanspruch 1 in dessen noch hilfsweise verteidigten Fassung sei patentfähig.

Zur Begründung ihres Einspruchs hat die Einsprechende folgende Druckschriften angeführt:

D1: DE 297 09 783 U1 D2: DE 297 20 039 U1 D3: EP 0 360 952 B1.

Im Prüfungsverfahren waren bereits folgende Druckschriften berücksichtigt worden:

D4: DE 36 14 979 A1 D5: WO 01/53099 A1.

Darüber hinaus macht die Einsprechende in ihrem Einspruchsschriftsatz eine erste Vorbenutzung geltend, zu der sie folgende Dokumente einreicht:

DV1: Schaltplan „Übersicht Ausschalten Maschine“ DV11: Schaltplan „USV“ DV12: Schaltplan „Hauptantrieb Ausgänge“ DV13: Schaltplan „Einspeisung“ DV2: Übernahme-Protokoll.

Mit Eingabe vom 1. März 2012 führte die Einsprechende eine zweite Vorbenutzungshandlung an, zu der sie die folgenden Unterlagen einreicht:

DV31: KBA RAPIDA 72, Mehrfarben-Bogenrotations-Offsetdruckmaschine, Betriebsanleitung, bestehend aus den Seiten DV31/1-DV31/3 DV32: Übergabeschein DV33: Auftragsbestätigung, bestehend aus DV33/1 und DV33/2 DV34: Schaltplan, bestehend aus den Seiten DV34/1-DV34/4.

In der am 6. März 2012 durchgeführten Anhörung führte die Einsprechende ein ergänzendes Dokument zur Stützung der Behauptung der zweiten Vorbenutzungshandlung ins Verfahren ein:

DV35: Schaltplan-/Maschinenübersicht Rapida 72, Stand 28.02.2012.

Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2017 hat die Beschwerdeführerin noch auf die D6: EP 0 644 050 A1 hingewiesen.

Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2017 ist den Beteiligten ein verfahrensleitender Hinweis des Vorsitzenden des Senats zugeleitet worden. Es wurde auf Probleme hingewiesen, die sich aus der elektronischen Aktenführung beim Deutschen Patentund Markenamt (DPMA) ergeben. Die Beteiligten haben sich hierzu nicht geäußert.

Anspruch 1 lautet in der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung (Änderung gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):

Einrichtung zur Steuerung einer Druckmaschine, mit mehreren, elektrisch miteinander verbundenen Personalcomputern (3) und/oder Prozessoren, von denen zumindest einige, vorzugsweise alle, jeweils einen Netzschalter (19) zur Trennung oder Abschaltung von einer elektrischen Stromversorgung aufweisen, und mit mindestens einem übergeordneten, die Funktion zumindest einiger der Netzschalter (19) übernehmenden Hauptschalter, gekennzeichnet durch eine elektronische Abschalteinheit zur zeitversetzten, koordinierten Abschaltung mindestens eines der Personalcomputer (3) und/oder der Prozessoren und/oder mindestens eines Teils der Druckmaschine.

Die Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag lautet:

Einrichtung zur Steuerung einer Druckmaschine, mit mehreren, elektrisch miteinander verbundenen Personalcomputern (3) und/oder Prozessoren, von denen zumindest einige, vorzugsweise alle, jeweils einen Netzschalter (19) zur Trennung oder Abschaltung von einer elektrischen Stromversorgung aufweisen, und mit mindestens einem übergeordneten, die Funktion zumindest einiger der Netzschalter (19) übernehmenden Hauptschalter, wobei eine elektronische Abschalteinheit zur zeitversetzten, koordinierten Abschaltung der Personalcomputer (3) und/oder der Prozessoren vorhanden ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Abschalteinheit durch jeden der Netzschalter (19) aktivierbar ist.

Hinsichtlich des Wortlauts der jeweils geltenden Unteransprüche wird auf die Akte verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zu einer weiter beschränkten Aufrechterhaltung des Patents; insoweit hat die Beschwerde Erfolg.

1. Die Einsprechende und Beschwerdeführerin hat im Laufe des Beschwerdeverfahrens ihren Namen von „K… Aktiengesellschaft“ in „K… AG“ geändert.

2. Von einer Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG wegen der mit Hinweis vom Senat dargelegten verfahrensrechtlichen Bedenken hinsichtlich des Fehlens einer Urschrift der Beschlussbegründung wurde abgesehen, denn letztlich liegt ein beschwerdefähiger Beschluss bereits deshalb vor, weil der Beschluss über die beschränkte Aufrechterhaltung des angegriffenen Patents mit seiner Verkündung am Ende der mündlichen Anhörung vor der Patentabteilung (§ 47 Abs. 1 Satz 2 PatG) – laut dem die an der Entscheidung mitwirkenden Mitglieder der Patentabteilung ausweisenden, vom Vorsitzenden und Schriftführer signierten Protokoll – existent und infolgedessen anfechtbar geworden ist (vgl. BPatG Beschluss vom 19. Februar 2014, 19 W (pat) 16/12 – Elektrischer Winkelstecker II; BGHZ 137, 49). Auch können die etwa bestehenden Verfahrensmängel nur noch als die Folge der anfänglichen, rechtlich bedenklichen und inzwischen zeitlich begrenzten Praxis des Deutschen Patent- und Markenamtes eingeordnet werden, die mit der neuen Praxis des Amtes überwunden wurde (vgl. BPatG Beschluss vom 12. Mai 2014, 20 W (pat) 28/12).

3. Wie im angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts zutreffend festgestellt wurde, ist der Einspruch zulässig.

4. Als Durchschnittsfachmann sieht der Senat einen FH-Ingenieur Regelungstechnik mit Kenntnissen in der Elektronik und der Einbettung von Personalcomputern in Druckmaschinen an, der über mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung von Steuerungen für Druckmaschinen verfügt.

5. Hauptantrag Zur Erleichterung von Bezugnahmen ist Patentanspruch 1 nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung durch Streichung hervorgehoben):

Das angegriffene Patent betrifft nach aufrechterhaltenem Anspruch 1 eine

1.1 Einrichtung zur Steuerung einer Druckmaschine, 1.2 mit mehreren, elektrisch miteinander verbundenen Personalcomputern (3)

und/oder Prozessoren, 1.3 von denen zumindest einige, vorzugsweise alle, jeweils einen Netzschalter 19) zur Trennung oder Abschaltung von einer elektrischen Stromversorgung aufweisen, 1.4 und mit mindestens einem übergeordneten, die Funktion zumindest einiger der Netzschalter (19) übernehmenden Hauptschalter, gekennzeichnet durch 1.5 eine elektronische Abschalteinheit zur zeitversetzten, koordinierten Abschaltung mindestens eines der Personalcomputer (3) und/oder der Prozessoren und/oder mindestens eines Teils der Druckmaschine.

Anspruch 1 betrifft eine Einrichtung zur Steuerung einer Druckmaschine. Die Einrichtung weist mehrere, elektrisch miteinander verbundene Personalcomputer (3) und/oder Prozessoren auf. (Merkmale 1.1 und 1.2). Diesen Merkmalen ist zu unterstellen, dass die Personalcomputer Komponenten der Druckmaschine steuern bzw. überwachen. Entsprechend dem Fachwissen, das das Patent dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt selbst unterstellt, kann bei derartigen Rechnersystemen eine Unterbrechung der Stromversorgung zu Datenverlust und Beschädigung von Hardwarekomponenten führen. Einige der Komponenten – vorzugsweise alle – weisen jeweils einen Netzschalter (19) zur Trennung oder Abschaltung von einer elektrischen Stromversorgung auf. Es gibt zudem mindestens einen Hauptschalter, der übergeordnet ist und die Funktion zumindest einiger der Netzschalter (19) übernimmt (Merkmale 1.3 und 1.4). Weil die Anzahl der Personalcomputer unbestimmt ist, kann die Forderung des Merkmals 1.3 bereits dann erfüllt sein, wenn ein Personalcomputer über einen Netzschalter von der Stromversorgung trennbar ist und im Übrigen mit einem weiteren Personalcomputer und/oder Prozessor elektrisch verbunden ist. Der Hauptschalter ermöglicht die Trennung der Personalcomputer bzw. der Prozessoren von deren Stromversorgung, ohne dass dazu deren Netzschalter betätigt werden müssen, vgl. Abs. [0006]. Eine „elektronische“ Abschalteinheit dient zur Abschaltung der Personalcomputer (3) und/oder der Prozessoren, die Abschaltung soll zeitversetzt und koordiniert erfolgen, vgl. Abs. [0008]. Lt. der Beschreibung – der Anspruch schweigt sich hierüber aus – kann die Abschalteinheit z. B. durch Betätigung des Hauptschalters aktiviert werden (vgl. Anspruch 3), was jedoch nicht zu einer sofortigen Trennung der Personalcomputer/der Prozessoren von der Stromversorgung führt, sondern es wird vielmehr eine Abschaltprozedur eingeleitet, die zunächst das Betriebssystem des betreffenden Personalcomputers/Prozessors beziehungsweise der betreffenden Personalcomputer/der Prozessoren in vorgeschriebener – „koordiniert“ lt. Abs. [0010], Satz 4, dto. Abs. [0024], Satz 4 – Weise herunterfährt und erst anschließend die Personalcomputer bzw. die Prozessoren von der – nach dem Verständnis des Fachmanns einer hierfür noch notwendigen – Stromversorgung trennt. Insofern ist die koordinierte und zeitversetzte Abschaltung der Personalcomputer (3) und/oder der Prozessoren gemäß Merkmal 1.5 im vorstehenden Sinne zu verstehen. Die vorrichtungstechnische Ausbildung der Abschalteinheit ist über deren Funktionalität hinaus im Übrigen nicht näher definiert und bleibt insoweit dem Fachmann überlassen. Im Lichte des vorstehenden Verständnisses handelt es sich vorliegend im Merkmal 1.3 von daher nicht um einen Netzschalter mit einem Aufbau oder in einer Anordnung, dessen Betätigung zu einer unmittelbaren Trennung der Personalcomputer von der zum „koordinierten“ Herunterfahren notwendigen elektrischen Stromversorgung führt.

a) Zur Zulässigkeit und gewerblichen Anwendbarkeit Die Zulässigkeit der aufrechterhaltenen Ansprüche ist gegeben. Durch die Streichung einer alternativen Ausbildung wurde Anspruch 1 beschränkt. Die patentgemäße Vorrichtung nach dem aufrechterhaltenen Patentanspruch 1 ist offensichtlich gewerblich anwendbar. Eine durch die Merkmale 1.1 bis 1.5 gemäß aufrecht- erhaltenem Patentanspruch 1 definierte Einrichtung zur Steuerung einer Druckmaschine ist aber nicht patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 4 PatG).

b) Die D1 beschreibt eine Netzversorgung für eine Druckmaschine, vgl. Bezeichnung. Auf Seite 4, Zeilen 15 bis 18, wird darauf hingewiesen, dass die dargestellten Grundkomponenten (Antrieb 3, Steuerung 4, Leitstand 5) eine Anzahl von Rechnersystemen aufweisen. Neben den Grundkomponenten weist die Druckmaschine noch Zusatzgeräte auf, bei denen es sich um Trocknereinrichtungen, Zusatzgebläse und dergleichen handeln kann. Grundkomponenten und Zusatzgeräte sind über einen Bus (8) signaltechnisch miteinander verbunden, um entsprechende Schaltvorgänge in der Druckmaschine auslösen zu können. Da ein Bus ein System zur Datenübertragung zwischen mehreren Teilnehmern ist, erkennt der sachverständige Leser, dass auch die Zusatzgeräte (z. B. Trocknereinrichtungen, Zusatzgebläse) Prozessoren oder Rechnersysteme wie zum Beispiel Personalcomputer aufweisen. Damit sind die Merkmale 1.1 und 1.2 offenbart. Die Grundkomponenten und die Zusatzgeräte weisen getrennte Netzversorgungen (2.1 bis 2.3) mit Kontakten (10.1 bis 10.3) auf, die Netzschalter zur Trennung der Grundkomponenten und der Zusatzgeräte von einer elektrischen Stromversorgung darstellen, vgl. Seite 5, Abs. 2. Dies entspricht Merkmal 1.3. Ein Hauptschalter (9.1) ist den Netzschaltern (10.1, 10.2 und 10.3) übergeordnet (Seite 5, Abs. 2), so dass auch Merkmal 1.4 verwirklicht ist. Die D1 beschreibt ferner eine Schaltung (11) in Form eines Steuerstromkreises, der ein Signal in Abhängigkeit des Schaltzustandes der Kontakte des Hauptschalters (9.1) entnehmbar ist. Dieses Signal der Schaltung (11) dient dabei zum Betätigen der Kontakte (10.2, 10.3) der Schütze (9.2, 9.3) in den den Geräten (6, 7) zugeordneten Netzversorgungen (2.2, 2.3). Dadurch ist gewährleistet, dass mit dem Betätigen des Hauptschalters (9.1) und dem damit verbundenen Schließen der Kontakte (10.1) der Netzversorgung (2.1) ebenfalls die die Zusatzgeräte und damit deren Prozessoren angeschaltet werden, vgl. Seite 5, Abs. 2. Die Anschaltung kann zeitversetzt erfolgen, vgl. Seite 5, Abs. 3, ebenso kann das Abschalten der Netzversorgungen (2.1 bis 2.3) beispielsweise bei Schichtende erfolgen, vgl. Seite 5, Abs. 2, letzter Satz. Auch Seite 3,

letzter Abs. beschreibt ein koordiniertes Abschalten sowohl der Netzversorgung der Druckmaschine wie auch der damit verbundenen Netzversorgungen der Zusatzkomponenten. Allerdings lässt die D1 offen, ob und wie beim Abschalten der Netzversorgung die in der D1 genannten Rechner abgeschaltet werden. Insofern ist das Merkmal 1.5 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.

Der Fachmann hatte allerdings ausgehend von der D1 eine Veranlassung, hinsichtlich der allgemein bekannten Problematik der Abschaltung von Computern bei laufendem Programmbetrieb für die in der D1 offenbarte Rechnersteuerung einer Druckmaschine nach einer Lösung zu suchen, da bei einer Unterbrechung der Stromversorgung Datenverluste und Beschädigungen drohen.

Die D2 beschreibt die Spannungsversorgung für den Rechner einer Druckmaschine. In den Ausführungen zum Stand der Technik wird die Steuerung mittels PC´s als üblich dargestellt, vgl. Seite 1, Abs. 2. Damit sind die Merkmale 1.1 und 1.2 verwirklicht. Die Spannungsversorgung der Rechner erfolgt dabei gemeinsam mit der Spannungsversorgung der Druckmaschine, d. h. über einen der Druckmaschine zugeordneten Hauptschalter („HS“) werden auch die der Druckmaschine zugeordneten Rechner bestromt. Dadurch ist gewährleistet, dass bei Schichtbeginn bzw. bei Schichtende die Druckmaschine sowie die zugeordneten Rechner gemeinsam hoch- bzw. heruntergefahren werden können, vgl. Seite 1, Abs. 2, letzten beiden Sätze. Damit offenbart die D2 auch einen Hauptschalter im Sinne des Merkmals 1.4. Ein besonderes Problem stellen unvorhersehbare Spannungsabfälle bzw. der Zusammenbruch der Netzspannung des Drucksaales dar, die zu Störungen und Beschädigungen des Rechners führen können, siehe Seite 2, Abs. 2. Die D2 sieht zur Lösung dieses Problems vor, dem wenigstens einen Rechner zur kurzzeitigen Spannungsversorgung eine USV in Form eines entsprechenden Batteriepuffers vorzuschalten. Der oder die Rechner der Druckmaschine sind unter Vermittlung der USV mit der Netzspannung der Druckmaschine verbunden und über den Hauptschalter („HS“) der Druckmaschine an- und abschaltbar. Eingangsseitig der wenigstens einen vorgesehenen USV ist ein von einer Schnitt- stelle des Rechners betätigbarer Schalter („S“) als weiteres die Abschaltung von der Stromversorgung bewirkendes Schaltglied angeordnet, welches nach dem Öffnen des Hauptschalters („HS“) und insoweit der Trennung vom Netz nach einem vorbestimmten Zeitraum vom Rechner angesteuert zusätzlich geöffnet wird, der dann abfolgend – insoweit „zeitversetzt“ – die laufenden Programme terminiert (vgl. D2, Seite 3, erster Absatz i. V. m. Seite 6, erster Absatz), mithin dann auch eine „koordinierte“ Abschaltung i. S. des Merkmals 1.5 erfolgt. Damit ist dieser Schalter ein Netzschalter im Sinne des Patents, weil bei einer Druckmaschine bereits mit nur einem an die USV angeschlossenem Computer – neben weiteren – dieser einen vorgelagerten Netzschalter in einer Beschaltung hinter dem Hauptschalter i. S. des Merkmals 1.3 aufweist. Das Rechnersystem wird während des Terminierens der auf dem Rechner laufenden Programme ausschließlich durch die von den Batterien/Akkus der USV gelieferten Spannung aufrechterhalten. Durch das innerhalb des Rechners laufende Programm zur Aktivierung des der USV vorgeordneten Schalters („S“) erfolgt ein Schließen erst dann wieder, wenn sämtliche Programme des Rechners erfolgreich beendet worden sind, der Rechner also ordnungsgemäß heruntergefahren worden ist, vgl. Seite 4, Abs. 4. Die D2 offenbart damit eine Abschalteinheit, die im Sinne des Merkmals 1.5 eine zeitversetzte, koordinierte Abschaltung der Personalcomputer ermöglicht.

Der Fachmann hatte ausgehend von der D1 ausreichende Veranlassung, bei dieser bekannten Steuereinrichtung für eine Druckeinrichtung mit mehreren Computern ergänzend eine Abschalteinheit nach dem Vorbild der D2 vorzusehen – d. h. die jeweiligen Netzschalter durch ergänzende Maßnahmen zu einer Abschalteinheit mit einer Funktionalität wie der bei D2 weiterzubilden, um hierdurch Beschädigungen an den Rechnersystemen beim Abtrennen der Versorgungsspannung über den Hauptschalter zu vermeiden. Eine Ausgestaltung der D1 nach dem ohne weiteres übertragbaren Vorbild der D2 lag daher nahe. Die Vorrichtung gemäß geltendem Patentanspruch 1 ist somit nicht patentfähig.

c) Entsprechend der Antragslage mit hilfsweiser Verteidigung des angegriffenen Patents im Umfang eines Satzes anderer Ansprüche war den übrigen aufrechterhaltenen Ansprüchen des Anspruchssatzes nach Hauptantrag nicht weiter nachzugehen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29. September 2011, X ZR 109/08 – Sensoranordnung i. V. m. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007, X ZB 6/05 – Informationsübermittlungsverfahren II).

6. Hilfsantrag Zur Erleichterung von Bezugnahmen ist Patentanspruch 1 des Hilfsantrags nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben (Änderung gegenüber der Anspruchsfassung nach Hauptantrag unterstrichen):

1.1 Einrichtung zur Steuerung einer Druckmaschine, 1.2 mit mehreren, elektrisch miteinander verbundenen Personalcomputern (3)

und/oder Prozessoren, 1.3 von denen zumindest einige, vorzugsweise alle, jeweils einen Netzschalter (19) zur Trennung oder Abschaltung von einer elektrischen Stromversorgung aufweisen, 1.4 und mit mindestens einem übergeordneten, die Funktion zumindest einiger der Netzschalter (19) übernehmenden Hauptschalter, sowie 1.5 eine elektronische Abschalteinheit zur zeitversetzten, koordinierten Abschaltung der Personalcomputer (3) und/oder der Prozessoren. 1.5.1 Die Abschalteinheit ist durch jeden der Netzschalter aktivierbar.

a) Zulässigkeit der Änderungen des Patents (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 und § 22 PatG)

Die Merkmale der Vorrichtung gemäß den geltenden Patentansprüchen sind sämtlich offenbart. Sie ergeben sich ohne weiteres aus den Ursprungsunterlagen sowie aus der Streitpatentschrift.

Der geltende Patentanspruch 1 geht im Wesentlichen auf die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 3 zurück. Die Patentschrift offenbart den Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 in dem erteilten Patentanspruch 1 in Verbindung mit einem Teil des erteilten Patentanspruchs 3.

Es wurde zwar lediglich ein Teilmerkmal des erteilten Patentanspruchs 3 aufgenommen, dessen Teilmerkmale durch „und“ verknüpft sind. Dabei handelt es sich in Anspruch 3 aber erkennbar um eine Aufzählung von mehreren alternativen Möglichkeiten, was auch aus der Beschreibung erkennbar ist, die die Teilmerkmale als Alternativen darstellt, vgl. Abs. [0010] und [0023]. Die Aufnahme lediglich eines Teils des erteilten Anspruchs 3 führt daher nicht zu einer Erweiterung. Das aufgenommene Merkmal führt außerdem zu einer Beschränkung, da nunmehr die Abschalteinheit durch jeden der Netzschalter aktivierbar sein muss.

Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 und 3 entsprechen den erteilten Unteransprüchen 2 und 5. Diese gehen auf die ursprünglichen Ansprüche 2 und 5 zurück. Im Wesentlichen wurden Nummerierung und Rückbezug angepasst.

b) Patentfähigkeit der patentgemäßen Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG)

Das Merkmal 1.5.1 ist darauf gerichtet, durch Betätigung eines Netzschalters eine Abschaltung der Rechner über die Abschalteinheit gemäß Merkmal 1.5 zu bewirken. Mit diesem ergänzten Merkmal wird der „Netzschalter“ über die Funktionsangabe im Merkmal 1.3 betreffend die bloße Trennung von der (äußeren) Netzspannung hinaus die weitere Funktion zugewiesen, auch die Abschalteinheit zu aktivieren, was einen besonderen steuerungstechnischen Aufbau bzw. Ablauf impliziert. Beide Funktionalitäten zusammen bedingen, dass die Abschalteinheit abhängig von einer Betätigung des Netzschalters durch andere Mittel als die Abschalteinheit selbst aktiviert wird.

Die Vorrichtung nach dem hilfsantragsgemäßen Patentanspruch 1 ist offensichtlich gewerblich anwendbar. Sie ist auch neu, denn im Stand der Technik ist keine derartige Vorrichtung mit sämtlichen Merkmalen nachgewiesen. Insbesondere offenbaren sämtliche Druckschriften nicht das Merkmal 1.5.1. Die Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag ist durch den Stand der Technik auch nicht nahegelegt, denn der zu berücksichtigende Stand der Technik vermittelt dem Durchschnittsfachmann keine Anregung, die Abschalteinheit so auszubilden, dass sie durch jeden der Netzschalter aktivierbar ist.

So offenbart die D1 lediglich die Einleitung der Abschaltung der Druckmaschine und somit der einzelnen nachgeschalteten Computer mittels Hauptschalter. D1 offenbart zudem keine Abschalteinheit im Sinne des Merkmals 1.5, vgl. vorstehende Ausführungen zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag.

Die D2 offenbart lediglich, dass bei Ausfall der Spannungsversorgung wie beim Öffnen des Hauptschalters der der Spannungspufferung USV vorgeschaltete Schalter (S) letztlich durch die hiermit realisierte Abschalteinheit geöffnet wird, wodurch die USV vom Netz geschaltet wird, vgl. Seite 6, Abs. 1, und abfolgend zeitversetzt die koordinierte Abschaltung eingeleitet wird. Mithin aktiviert dort die Abschalteinheit den Netzschalter („S“), der für eine gesonderte Betätigung nicht vorgesehen ist. Die in D2 beschriebene und sich zwar zur Anwendung bei D1 anbietende Ausführung (s. o zum Hauptantrag) gibt insoweit keine dahingehende Anregung und bietet sich auch nicht dafür an, durch Betätigung des Netzschalters (Schalter S) die Abschalteinheit zu aktivieren.

Die übrigen Entgegenhaltungen kommen dem angegriffenen Patent jedenfalls nicht näher; sie haben in der mündlichen Verhandlung auch keine Rolle mehr gespielt. Allen Druckschriften fehlt es zumindest an einer Ausbildung gemäß Merk- mal 1.5.1. Die geltend gemachten Vorbenutzungen kommen ebenfalls zumindest nicht näher.

Die Vorrichtung gemäß dem erteilten Patentanspruch 1 ergibt sich selbst bei einer Gesamtschau des vorliegend dokumentierten Standes der Technik auch nicht i. V. m. dem allgemeinen Fachwissen. Hinsichtlich des Merkmals 1.5.1 gibt der Stand der Technik kein Vorbild, über einen dem Hauptschalter nachgeordneten Netzschalter die Abschalteinheit zu aktivieren.

Die Vorrichtung gemäß dem hilfsweise zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents gestellten Patentanspruch 1 ist demnach patentfähig.

Mit ihm sind es die zweckmäßigen Weiterbildungen dieser Vorrichtung gemäß den rückbezogenen Unteransprüchen 2 und 3.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn sie auf einen der nachfolgenden Gründe gestützt wird, nämlich dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Hilber Kirschneck Sandkämper Baumgart Ko

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