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4 Ni 37/14 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 37/14 (EP) (Aktenzeichen)

…

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

6. September 2016 …

In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 0 874 608 (DE 696 27 534)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Engels sowie die Richterin Kopacek, die Richter Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Müller und Dipl.-Ing. Veit und die Richterin Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 0 874 608 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Gegenstand des Nichtigkeitsverfahrens ist das auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilte europäische Patent EP 0 874 608, deutsches Aktenzeichen DE 696 27 534 (Streitpatent), das am 31. Dezember 1996 unter Beanspruchung der US- amerikanischen Prioritäten US 582526 vom 3. Januar 1996, US 594904 vom 31. Januar 1996 und US 845673 vom 14. Mai 1996 angemeldet worden ist. Die Beklagte ist die Inhaberin des Streitpatents mit der Bezeichnung „DEVICE FOR IMPROVING BREATHING“, das sich auf medizinische Einrichtungen im Allgemeinen und insbesondere auf eine Vorrichtung zur Verbesserung der Atmung (vgl. Abs. [0001] der Übersetzung der Streitpatentschrift, Anlage D0de)

-3bezieht. Es umfasst 17Patentansprüche, die sämtlich von der Klägerin angegriffen werden. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Englisch:

In der deutschen Übersetzung lautet Anspruch 1:

Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, dass der Gegenstand des Klagepatents nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ für nichtig zu erklären sei, da sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Ferner sei das Klagepatent auch nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 54 EPÜ wegen fehlender Patentfähigkeit aufgrund mangelnder Neuheit sowie mangelnder erfinderischer Tätigkeit für nichtig zu erklären.

Die Klägerin hat mit der Klageschrift folgende Dokumente vorgelegt:

D01 D0 D0de D1 D1de D2 D3 D4 D5 D6 D7 D8 D9 D10 WO 97/25010 A1 Klagepatentschrift EP 0 874 608 B1 DE 696 27 534 T2 WO 95/08969 A1 DE 694 32 483 T2 US 4 382 783 EP 0 455 958 B1 WO 95/33418 A1 US 3 618 214 US 5 794 627 EP 0 697 844 US 5 003 994 US 5 117 816 US 5 566 683 D11 US 5 427 117 D12 US 5 066 226.

Die Klägerin macht geltend, dass der Gegenstand der Patentansprüche 1, 4, 5, 7, 8, 10, 13 und 14 gegenüber dem Inhalt der ursprünglichen Anmeldung D01 unzulässig erweitert sei und dies zur Nichtigkeit führe und zwar auch dann, wenn die unzulässige Erweiterung in der unzulässigen Aufnahme eines einschränkenden Merkmals bestehe (uneigentliche Erweiterung). Sie vertritt die Auffassung, dass die Eigenschaft der möglichen Einstellbarkeit der streitpatentgemäßen Vorrichtung im Mund nach Merkmal 6 der Ursprungsoffenbarung nicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend entnehmbar ist. Zu verweisen sei diesbezüglich auf die Figur 12 des Streitpatents und auf Seite 30, letzte Zeile der D0a, die ein Ausführungsbeispiel behandele, das nicht im Mund einstellbar sei. Dies belege, dass die Einstellbarkeit im Mund nicht eindeutig und unmittelbar gelehrt werde und sich nur mehr oder weniger zufällig aus einigen Ausführungsbeispielen ergebe.

Patentanspruch 1 sei zudem nicht neu gegenüber D1 und D2, jedenfalls aber auch nicht erfinderisch.

Bezüglich Merkmal 7, das nach Aussage der Beklagten eine Zugkraft im Gegensatz zu einer Druckkraft in der D1 voraussetze, zeige auch die D1 in den Figuren 1a bis 2d eine relevante vertikale Kraftkomponente, die ein Abziehen des unteren Bogens von den Zähnen des Benutzers bewirken könne. Wie in den Figuren 2b und 3a der D1 gezeigt und auch in der D1 durch den Begriff „extended“ deutlich gemacht, passiere sowohl beim Ziehen als auch beim Drücken dasselbe. Die genannten Figuren in der D1 zeigten insofern auch ein „Ziehen“, obwohl der Angriffspunkt beim unteren Bogen vorne sei.

Dass die D2 aus einem anderen technischen Gebiet stamme, hindere nicht die Neuheitsschädlichkeit. Die D2 könne ebenso für den Stand der Technik herangezogen werden; auch technische Nachbargebiete seien als naheliegend anzusehen.

Da sich die Ansprüche 2 bis 17 sämtlich mittelbar und unmittelbar auf Patentanspruch 1 beziehen würden, sei das Klagepatent folglich insgesamt für nichtig zu erklären. Insbesondere seien auch die abhängigen Patentansprüche 3 und 9 von der D1 neuheitsschädlich vorweggenommen. Die übrigen Patentansprüche fügten ebenfalls nichts hinzu, was eine Patentfähigkeit begründen könne.

Auch soweit die Beklagte das Streitpatent mit den Hilfsanträgen 1 und 2 sowie 1a und 2a verteidige, erweise sich wegen unzulässiger Änderungen keiner der vorliegenden Patentanspruchssätze als zulässig. Zudem sei weder der Gegenstand des Hilfsantrags 1 (bzw. 1a) noch derjenige des Hilfsantrags 2 (bzw. 2a) neu. Diesbezüglich sei zu verweisen auf Fig. 2a bis 2d in Verbindung mit Fig. 3a und 3b. So zeige z. B. die Fig. 2b mit dem Bezugszeichen 16 sowohl den „slider“ als auch den „connecting arm“. Das aufgenommene Merkmal der vertikalen freien Beweglichkeit ergebe sich aus der D1, S. 11 Z. 8 bis 20.

Die Klägerin beantragt,

das europäische Patent EP 0 874 608 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen, sofern das Streitpatent mit den Hilfsanträgen 1 und 2 vom 7. April 2016 (Bl. 215 ff. d. A.) sowie mit den Hilfsanträgen 1a und 2a vom 6. September 2016 (Anlage 4 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung) verteidigt wird.

Zum Wortlaut der Hilfsanträge 1 und 2 wird auf die Entscheidungsgründe sowie Bl. 215 ff. d. A. verwiesen. Auf den Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung, dass das Merkmal 6, soweit es eine Einstellbarkeit im Mund vorsehe,

einer Disclaimerlösung bedürfe, hat die Beklagte die Hilfsanträge 1a und 2a überreicht; zu deren Wortlaut auf die Entscheidungsgründe sowie auf Anlage 4 zum Protokoll verwiesen wird.

Weiterhin hat die Beklagte erklärt, in Hilfsantrag 2 (sowie Hilfsantrag 2a) werde der Begriff „wherein“ (Merkmale A3 und A10) durch den Begriff „in which“ ersetzt.

Darüber hinaus hat die Beklagte eine isolierte Verteidigung der verbleibenden Ansprüche 2 bis 5 zu Hilfsantrag 2 nicht gewünscht.

Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Die Nichtigkeitsklage sei nicht begründet. Weder bezüglich Anspruch 1 noch bezüglich der Unteransprüche lägen unzulässige Änderungen des Inhalts der Anmeldung vor, welche den hierauf gestützten Nichtigkeitsangriff rechtfertigten. Soweit die Klägerin auf die Figur 12 des Streitpatents und auf Seite 30 der D0a verweise, die ein Ausführungsbeispiel zeigten, das nicht im Mund einstellbar sei, möge dies zwar zutreffen, es gebe aber mannigfaltige Beispiele im Streitpatent, die eine solche Einstellbarkeit zeigten und dem Fachmann offenbarten.

Patentanspruch 1 sei auch neu gegenüber der D1. Die Auffassung, dass der Begriff „ziehen“ im weiteren Sinn zu verstehen sei, treffe nicht zu. Der Fachmann könne sehr wohl zwischen den Begriffen „pull“ (= ziehen) und „push“ (= drücken) unterscheiden. Für den Begriff „ziehen“ sei zu unterstellen, dass der Kraftaufschlag so erfolge, wie es in sämtlichen Ausführungsbeispielen dargestellt sei, nämlich bei dem zu ziehenden Objekt vorne in Richtung der Bewegungsrichtung und nicht hinten. Bei der D1 greife demgegenüber die Kraft aber hinten an. Auch die D2 sei nicht neuheitsschädlich, zumal sie auf einem ganz anderen Gebiet als das Streitpatent liege und damit nicht gattungsgemäß sei.

Die Lehre des Streitpatents sei erfinderisch, da die bekannten Vorrichtungen durchweg Verbindungsmittel aufwiesen, die so ausgebildet seien, dass sie den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorne drücken oder schieben, jedoch nicht, wie beim Streitpatent nach vorne ziehen würden. Weiterhin enthielten die übrigen Schriften keinen Hinweis auf ein Verbindungsstück, das im Sinne des Streitpatents den unteren und den oberen Bogen miteinander einstellbar verbinden würde.

Das Streitpatent sei zumindest in der jeweiligen und zulässigen Fassung des Hilfsantrags 1 (bzw. 1a) und des Hilfsantrags 2 (bzw. 2a) patentfähig. Im Hinblick auf Hilfsantrag 2 sei der Begriff „slider“ im Kontext der Streitpatentschrift so zu verstehen, dass er eine Führung, also einen „channel“ impliziere, auch wenn dies nicht im Anspruch stehe. Bei der D1 liege entgegen der klägerischen Auffassung auch unter Berücksichtigung der Fig. 2a bis c und Fig. 3a bis c die Summe der Merkmale nicht vor, da bei der Fig. 3a bis c keine freie vertikale Beweglichkeit gegeben sei, während es bei den Fig. 2a bis d an dem geforderten „coupling“ fehle und damit die Gefahr des Rückfalls in die Normalposition bestehe. Der Hilfsantrag 2 betreffe die Ausführungsform nach Fig. 3a und 3b des Streitpatents und setze darum voraus, dass der „connecting arm“ angelenkt sein müsse. Dadurch würden mehrere Aspekte sichergestellt, nämlich dass die Verbindung hergestellt, eine vertikale Position ermöglicht und zugleich verhindert werde, dass der untere Kiefer in eine Rückfallposition falle.

Der Senat hat den Parteien einen frühen gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG zugeleitet. Auf den Hinweis vom 29. Januar 2016 (Bl. 124 ff. der Akten) wird Bezug genommen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6. September 2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe Die zulässige Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Änderung des Inhalts der Anmeldung nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ und der mangelnder Patentfähigkeit gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a und Art. 56, 57 EPÜ geltend gemacht wird, ist begründet, da sich die angegriffenen Patentgegenstände sowohl in der geltenden als auch in den hilfsweise verteidigten Fassungen nach den Hilfsanträgen 1a, 1, 2 und 2a jedenfalls als nicht patentfähig erweisen.

I.

1. Der Gegenstand des Streitpatents betrifft eine Vorrichtung zur Verbesserung der Atmung (siehe Streitpatent D0de Abs. [0001]).

In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift wird ausgeführt, dass zur Behandlung von Atemstörungen Vorrichtungen verwendet werden, die in den Mund des Benutzers eingesetzt werden, um den Unterkiefer des Benutzers nach vorn zu ziehen. Diese Vorrichtungen können die Atemwege des Benutzers weiter öffnen und es dadurch dem Benutzer ermöglichen, leichter durch die Nase und den Mund zu atmen. Jedoch könnten diese Vorrichtungen ernsthaftere Zustände, wie beispielsweise Schlafapnoe, nicht in angemessener Weise behandeln, und darüber hinaus wiesen diese Vorrichtungen oft nicht die Benutzeranpassungsfähigkeit und Einstellbarkeit auf, die notwendig sind, um einer Vielzahl von Benutzern und Behandlungsanforderungen gerecht zu werden (siehe Streitpatent D0de Abs. [0002]).

Als Stand der Technik wird in der Beschreibungseinleitung auf die US 5 409 017 A verwiesen, die eine Kieferneupositionierungsvorrichtung mit einem oberen Beißblock und einen unteren Beißblock offenbare, die mit Hilfe eines einstellbaren Mechanismus miteinander verbunden seien, der einen hinteren, am oberen Beißblock verbundenen Abschnitt und einen inneren, mit dem vorderen Teil des unteren Beißblocks verbundenen Abschnitt und eine einstellbare Verbindung zwischen dem inneren und dem hinteren Abschnitt umfasse (siehe Streitpatent D0de Abs. [0003]).

2. Nach der Streitpatentschrift soll als Ziel der vorliegenden Erfindung, auf die Nachteile und Probleme der im Stand der Technik bestehenden Lösungen eingegangen werden. Unter Berücksichtigung der genannten Vorteile (siehe Streitpatent D0de Abs. [0017]: „Ein wichtiger technischer Vorteil der vorliegenden Erfindung besteht darin, dass eine Gesichtsmaske mit Hilfe von benutzeranpassungsfähigen Bögen verankert ist, wodurch ein sichererer Sitz der Gesichtsmaske am Gesicht eines Benutzers bereitgestellt wird.“) ist diese Aufgabe objektiv dahingehend zu konkretisieren, dass die Funktionalität einer Gesichtsmaske, nämlich die Sicherheit des Sitzes, die Anpassung an den Benutzer und Handhabung, wie auch der Komfort verbessert werden soll (siehe Streitpatent D0de Abs. [0017]: „Ein anderer wichtiger technischer Vorteil der vorliegenden Erfindung besteht in der Tatsache, dass sie es dem Unterkiefer des Benutzers ermöglicht, im Verhältnis zum Benutzer nach vorn einstellbar positioniert zu werden, während dem Kiefer ermöglicht wird, sich lateral zu bewegen. Daher kann der Komfort des Benutzers erhöht werden, ohne die Wirksamkeit der Vorrichtung zu verringern.“).

3. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 eine Vorrichtung (10; 110) zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers vor:

3.1. Patentanspruch 1 (Merkmalsgliederung hinzugefügt) 1 A device (10; 110) for improving the breathing of a user, comprising: 2 an upper arch (12; 112) adapted to receive at least some of the user's upper teeth; 3 a lower arch (14; 114) adapted to receive at least some of the user's lower teeth; and 4 a connector (16; 134) adjustably coupling the upper arch (12) to the lower arch (14); 5 the connector (16; 134) allowing lateral motion of the lower arch (14; 114) relative to the upper arch (12; 112), characterised in that the connector (16; 134) is operable to be adjusted while the upper arch (12; 112) is coupled to the lower arch (14; 114) and while the device is inserted in the user's mouth to pull the lower arch (14; 114) forwardly to a fixed forward position relative to the upper arch (12; 112).

In der deutschen Übersetzung: 1 Vorrichtung (10; 110) zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers, die umfasst: 2 einen oberen Bogen (12; 112), der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der oberen Zähne des Benutzers aufzunehmen; 3 einen unteren Bogen (14; 114), der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der unteren Zähne des Benutzers aufzunehmen; und 4 ein Verbindungsstück (16; 134), das den oberen Bogen (12) mit dem unteren Bogen (14) einstellbar verbindet; 5 wobei das Verbindungsstück (16; 134) eine seitliche Bewegung des unteren Bogens (14; 114) im Verhältnis zum oberen Bogen (12; 112) ermöglicht; dadurch gekennzeichnet, dass 6 das Verbindungsstück (16; 134) eingestellt werden kann, während der obere Bogen (12; 112) mit dem unteren Bogen (14; 114) verbunden ist und die Vorrichtung im Mund eines Benutzers eingeführt ist, 7 um den unteren Bogen (14; 114) im Verhältnis zum oberen Bogen (12; 112) nach vorn in eine feste Vorwärtsposition zu ziehen.

Die folgenden angegriffenen Ansprüche 2 bis 17 sind jeweils unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen.

3.2 Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1, 1a, 2 und 2a weisen folgende nach Merkmalen gegliederte Änderungen auf:

Hilfsantrag 1 Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 entspricht dem erteilten Anspruch 1 (Hauptantrag).

Hilfsantrag 2 Hilfsantrag 2 fügt in Anspruch 1 die Merkmale A3 und A11 hinzu: A3 wherein the connector (16; 134) is operable to allow the user's lower jaw to move freely in a vertical direction relative to the upper arch (12; 112), A10 and wherein the connector (16) comprises a slider (94) and a connecting arm (96), the connecting arm (96) coupling to the upper arch(12), the slider (94) operable to be adjusted to pull the lower arch (14) forwardly. Der Begriff „wherein“ (Merkmale A3 und A10) soll durch den Begriff „in which“ ersetzt werden.

Hilfsanträge 1a und 2a In den Ansprüchen 1 in der Fassung nach den Hilfsanträgen 1a und 2a ist gegenüber dem Anspruch 1 in der Fassung nach den Hilfsanträgen 1 und 2 folgender Disclaimer hinzugefügt:

Das Merkmal „the connector (16; 134) is operable to be adjusted while the device is inserted in the user‘s mouth“ stellt eine unzulässige Erweiterung gegenüber den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen dar.

Der Begriff „wherein“ (Merkmale A3 und A10) ist durch den Begriff „in which“ ersetzt worden.

4. Der zur objektiven Problemlösung berufene Fachmann wird durch ein Team aus einem mit der Entwicklung von Vorrichtungen zur Verbesserung der Atmung und/oder Beatmungsgeräten (u. a. CPAP) befassten Ingenieur der Fachrichtung Medizintechnik und einem mit der Entwicklung von kieferorthopädischen Vorrichtungen wie Zahnschienen, Protrusionsschienen befassten Zahntechniker anzuse- hen, die eng mit einem diese Entwicklungen anwendenden Arzt (Schlafmediziner) zusammenarbeiten.

Dieser Fachmann/Team (insb. Zahntechniker) erkennt aufgrund seiner Sachkunde, dass sich die Probleme bei der Handhabung und Erhöhung des Komforts von Antischnarch-Apparaten oder Atemverbesserungssystemen mit Zahnschienen auch bei Systemen zur Beseitigung von Über- und Fehlbelastungen der Zähne und Kiefergelenke mit Zahnschienen (Korrekturschienen (Aligner)) stellen. Da sich beide Fachgebiete technologisch berühren, wird der Fachmann Erkenntnisse bei kieferorthopädischen Vorrichtungen, wie beispielsweise in der D2 gelehrt, auch auf Vorrichtungen zur Verbesserung der Atmung nach dem Streitpatent anwenden. Der Argumentation der Beklagten, dass dieser Fachmann keine vertieften Kenntnisse im Bereich der kieferorthopädischen Vorrichtungen besitzt, kann schon aufgrund der Fachkunde des Zahntechnikers nicht zugestimmt werden.

II.

Aufgrund der nach Art. 69 Abs. 1 EPÜ maßgeblichen Auslegung des Inhalts der Patentansprüche und der am technischen Sinn- und Gesamtzusammenhang der Patentschrift orientierenden Betrachtung durch den angesprochenen Fachmann unter Einziehung seines Vorverständnisses (BGH GRUR 2008, 878 – Momentanpol II) legt der Senat unter Heranziehung der Patentbeschreibung und Figuren der Lehre nach Anspruch 1 und der Bedeutung der einzelnen Merkmale folgendes Verständnis zu Grunde.

In der Streitpatentschrift wird hervorgehoben, dass die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers insbesondere umfasst einen oberen Bogen, der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der oberen Zähne des Benutzers aufzunehmen, einen unteren Bogen, der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der unteren Zähne des Benutzers aufzunehmen und ein Verbindungsstück, das den oberen Bogen mit dem unteren Bogen einstellbar verbindet und eine laterale Bewegung des unteren Bogens im Verhältnis zum oberen Bogen ermöglicht. Hierbei verweist die Streitpatentschrift auf verschiedenen Ausführungsformen (siehe D0de Abs. [008-0013]).

Nach einer Ausführungsform kann das Verbindungsstück eingestellt werden, während der obere Bogen mit dem unteren Bogen verbunden ist und die Vorrichtung in den Mund eines Benutzers eingeführt ist, um den unteren Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen nach vorn in eine feste Vorwärtsposition zu ziehen (siehe D0de Abs. [0012]).

Eine solche Ausführungsform zeigen die Figuren 2a-d aus unterschiedlichen Perspektiven wobei wie in Fig. 2a die erfindungsgemäße Vorrichtung einen oberen Bogen

(upper arch 12), einen unteren Bogen (lower arch 14) und ein Verbindungsstück

(connector 16) mit einem Kanal 22 und einem Hakenelement 26 aufweist, welches dafür ausgelegt ist, in den Kanal 22 zu passen und entlang der Länge des Kanals 22 zu gleiten. Wie Figur 2d zeigt, kann der Schraubenkopf 25 der horizontalen Schraube 24 durch ein horizontales Loch 43 erreicht werden, das in der Gesichtsplatte 42 gebildet ist (siehe D0de Abs. [0046]).

Aufgrund der relativen Positionen des Hakens 44 und des Befestigungshakens 34 kann der untere Bogen 14 und somit der Unterkiefer des Benutzers im Verhältnis zum oberen Bogen 12 nach vorn verschoben werden, wenn der Haken 44 in den Befestigungshaken 34 eingegriffen hat (siehe D0de Abs. [0050]).

Fig. 5d veranschaulicht insoweit eine weitere alternative Ausführungsform des Hakens 44, der ein elastisches Element 46, wie beispielsweise eine Feder oder ein Gummiband, das zwischen dem Verbindungsstück 16 und dem Haken 44 angeordnet ist, umfasst und auch bei Eingriff des Hakens nach wie vor nach vorne ein gewisse Beweglichkeit und damit größeren Komfort ermöglicht und die Gefahr von Verletzungen minimiert [D0de 0059].

Eine weitere alternative Ausführungsform in Fig. 3a zeigt ein Verbindungsstück in der Ausbildung mit einer Führungsstange (slider 94) statt eines Hakenelements 26, die im Kanal 22 gleitet und welche mit einem Verbindungsarm (connecting arm 96) einstückig oder separat verbunden ist und welcher ebenfalls dem durch die laterale Stange 98 verbundenen unteren Bogen 14 eine laterale Bewegung des Unterkiefers ermöglicht (siehe D0de Abs. [0051]-0052]). Der Kiefer des Benutzers kann in gleicher Weise, wie im Zusammenhang mit Fig. 2a bis 2d beschrieben, eingestellt werden (siehe D0de Abs. [0054]).

Die Auslegung des erteilten Patentanspruch 1 und seiner einzelnen Merkmale hat sich am technischen Sinngehalt der Merkmale des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zu orientieren (st. Rspr., BGH GRUR 2011, 129 – Fentanyl-TTS; GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I, m. w. N.). Insoweit ist vorliegend insbesondere im Hinblick auf die zwischen den Parteien kontroverse Diskussion um das Verständnis der einzelnen Merkmale darauf hinzuweisen, dass diese losgelöst vom Stand der Technik zu erfolgen hat und nur im Lichte der Gesamtoffenbarung der Patentschrift zu bestimmen ist (BGH GRUR 2012, 1124 – Polymerschaum I; GRUR 2015, 868 – Polymerschaum II), insbesondere welchen Sinngehalt ein einzelnes Merkmal im Kontext der Patentschrift und der Funktion, die es für sich und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs bei der Herbeiführung des erfindungsgemäßen Erfolgs hat.

1. Die Zweckangabe „zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers“ im Merkmal 1 schränkt deshalb die Vorrichtung nur insoweit ein, als es für die Verbesserung der Atmung verwendbar (BGH GRUR 2012, 475 –Elektronenstrahltherapiesystem) bzw. geeignet (Senat GRUR 2013, 53 – Kaffeemaschine) sein muss; d. h. Vorrichtungen, die zusätzlich andere Funktionen erfüllen, sind bei der Beurteilung der Patentfähigkeit nicht ausgeschlossen.

Die Verbesserung der Atmung wird nach der Streitpatentschrift durch die Verwendung von Vorrichtungen erreicht, „die in den Mund des Benutzers eingesetzt werden, um den Unterkiefer des Benutzers nach vorn zu ziehen. Diese Vorrichtungen können die Atemwege des Benutzers weiter öffnen und es dadurch dem Benutzer ermöglichen, leichter durch die Nase und den Mund zu atmen.“ (vgl. D0de Abs. [0003]).

Damit erfüllen regelmäßig alle – sofern keine besonderen entgegenstehenden Gründe ersichtlich sind – Vorrichtungen zur Korrektur von Zahn- oder Kieferfehlstellungen, die den Unterkiefer des Benutzers nach vorne ziehen, diese Zweckangabe der Verbesserung der Atmung und werden durch dieses Merkmal nicht abgegrenzt.

2. Der obere bzw. untere Bogen ist nach den Merkmalen 2 und 3 für die Aufnahme der oberen bzw. unteren Zähne ausgelegt, d. h. die Zähne müssen zumindest teilweise von dem Bogen umgeben sein. Dabei könnten auch alle Zähne aufgenommen werden und/oder die Aufnahme speziell für einzelne Zähne ausgelegt sein.

Dies gilt auch im Hinblick auf eine an Aufgabe und Funktion der erfindungsgemäßen Lehre orientierte Auslegung, da die Bogen 11, 12 keine bestimmte Form der Halterung mit den Zähnen erfordern, insbesondere ist die beanspruchte Aufnahme nicht gleichzusetzen mit Zahnmulden oder dem in Abs. [0005] des Streitpatents erwähnten „Beißblock“ aus der zitierten Schrift US 5409017A und der dort abgebildeten nebenstehenden Figur 1 oder der Gestaltung, die dem Ausführungsbeispiel der Figur 2a des Streitpatents zugrundeliegt.

Die Aufnahme der Zähne kann hierbei entgegen der Ansicht der Beklagten lose oder dauerhaft erfolgen. Eine dauerhafte Befestigung des Bogens an den Zähnen (analog zu festsitzenden Zahnspangen) wird durch den Anspruchswortlaut und einem funktionsorientierten Verständnis der Lehre nicht ausgeschlossen.

3. Die Vorrichtung umfasst neben dem oberen und unteren Bogen auch ein Verbindungsstück (connector), das den oberen Bogen (12) mit dem unteren Bogen (14) einstellbar verbindet, was im Hinblick auf das in der maßgeblichen Verfahrenssprache verwendete Verb „to couple“ auch mit „ankoppeln“, „verankern“ oder „befestigen“ übersetzt werden kann und bei einer bloßen losen Berührung der Bögen 11 und 12 noch nicht erfüllt wäre; vielmehr sind der obere und der untere Bogen gekoppelt, wobei zumindest in einer Richtung eine beeinflussende Zwangsbewegung vorhanden ist. Nicht notwendig ist dagegen nach dem Anspruchswortlaut und der hiermit verbundenen Funktion der angekoppelten bzw verankerten Bogen eine unlösbare, dauerhafte Verbindung, wie sie die Beklagte aus dem Streitpatent liest. So können auch nach den Ausführungen in der Beschreibung und den angeführten Ausführungsbeispielen der obere und der untere Bogen mittels unterschiedlicher Verbindungselemente verbunden (gekoppelt) werden, beispielsweise mit Haken/Hakenelement (44/26), einem Verbindungsstück (16), Befestigungshaken (34) oder dem Verbindungsarm (96).

Das Verbindungsstück soll gemäß der Merkmale 4 und 6 eine einstellbare Verbindung zwischen unterem und oberen Bogen herstellen und zudem im Mund eingestellt werden können, während unterer und oberer Bogen verbunden sind. Ungeachtet der Frage, ob eine Einstellbarkeit im Mund überhaupt erfindungsgemäß gelehrt wird (dazu unten) versteht der Fachmann dieses funktionelle Merkmal als eine Umschreibung für eine räumlich körperliche Ausgestaltung dahingehend, dass der Einstellungsmechanismus erreichbar sein muss, wenn sich die Vorrichtung im Mund des Patienten befindet.

4. Die Vorwärtsposition (forward position) der Vorrichtung ist wiederum nicht im Streitpatent definiert. Es wird auf den Stand der Technik verwiesen, wonach bei der Behandlung von Atemstörungen Vorrichtungen eingesetzt werden, die den Unterkiefer des Benutzers nach vorne ziehen (vgl. D0 Abs. [0003]: „One treatment for breathing disorders involves the use of devices inserted into a user's mouth for extending the user's lower jaw forward.“). Diese Vorwärtsposition wird nach den Ausführungsbeispielen und nach Merkmal 7 durch ein Ziehen des unteren Bogens nach vorne erreicht (vgl. D0 u. a. Abs. [0024]: „Adjustable strap 62 operates to secure device 10 to the user's head, and consequently allows the user's lower jaw to be extended forward with less stress placed on the user's upper jaw and less risk of injury to the user's teeth.“).

Als Vorwärtsposition (forward position) nach Merkmal 7 ist eine Position zu verstehen, bei der der untere Bogen im Verhältnis zum oberen Bogen gegenüber der natürlichen Stellung eine weiter vorn liegende Position einnimmt. Dabei ist eine laterale Bewegung weiterhin möglich (vgl. D0 u. a. Abs. [0008]: „In still another embodiment, the connector is operable to allow lateral motion of the lower arch relative to the upper arch, and to adjustably position the lower arch forwardly ...“). Diese Vorwärtsposition ist fest, d. h. aus dieser Position bewegt sich der untere Bogen nicht von alleine wieder zurück in die Normalposition. Es wird jedoch keine Aussage darüber getroffen, wie „fest“/fixiert diese Vorwärtsstellung ist, und/oder mit welchen Maßnahmen ein Lösen der Fixierung erreicht werden kann. Ebenso wird keine Festlegung getroffen, ob eine weitere Bewegung nach vorne möglich ist

(siehe auch Urteil des OLG Düsseldorf 1-2 U 64/14 4c S. 16: „Ist die eingestellte Vorwärtsposition erreicht und ist ihre Aufrechterhaltung in dieser Weise gesichert, besteht kein Grund zu einer weitergehenden Fixierung des Unterkiefers im Verhältnis zum Oberkiefer. Die erfindungsgemäßen Vorteile werden vielmehr auch dann erzielt, wenn der untere Bogen nach Erreichen einer im Verhältnis zum oberen Bogen hinreichend nach vorn gezogenen Position noch weiter nach vorn und hiernach wieder zurück in die eingestellte Vorwärtsposition bewegt werden kann.“).

Das Fixieren in der Vorwärtsstellung kann nach den Ausführungsbeispielen mittels Hakenelement (24)/(26) und Befestigungshaken (34) (vgl. Streitpatent Fig. 2a-d, 4a-c, 5a-d), mittels Verbindungsarm (96) und lateraler Stange (98) (vgl. Streitpatent Fig. 3a, b) oder Dehnelement (48)/(124)/(192/196) (vgl. Streitpatent Fig. 6a-c, 8/9a-c/12, 10) erfolgen, ist jedoch hierauf nicht eingeschränkt.

5. Eine laterale Bewegung des unteren Bogens relativ zum oberen Bogen ist nach Merkmal 5, eine Bewegung in vertikaler Richtung nach Merkmal A3 (Hilfsanträge 2 und 2a) beansprucht. Dabei wird durch die Merkmale nicht vorgegeben, in welchem Bereich diese Bewegung sein soll. In der Beschreibung ist hierfür zumindest vorgegeben, dass mit der Bewegung der Komfort für den Benutzer erhöht werden soll (vgl. Streitpatent Abs. [0013]: „Another important technical advantage of the present invention is the fact that it allows a user's lower jaw to be adjustably positioned forwardly relative to the user, while permitting the jaw to move laterally. Therefore, the user's comfort may be increased without reducing the effectiveness of the device.“). Die Merkmale 5 und A3 fordern jedoch keine völlig freie Beweglichkeit in lateraler oder vertikaler Richtung. So fällt nach Anspruch 3 nach Hilfsantrag 2/2a eine nur in einem gewissen Bereich („desired range“) mögliche vertikale Beweglichkeit unter den Gegenstand des Hilfsantrags 2/2a:

A device (10) as claimed in any one of claims 1 to 2, in which the connector (16) is operable to constrain within a desired range the vertical movement of the lower arch (14) relative to the upper arch (12).

6. Die Vorwärtsstellung wird mittels „Ziehen“ („pull“) erreicht, d.h. es wird eine „Zugkraft“ auf den unteren Bogen ausgeübt wird, damit diese – außerhalb der Normalstellung liegende – Position erreicht wird. Da diese „Zugkraft“ nicht näher definiert ist, wird der Fachmann den Begriff „pull“ gemäß des üblichen Sprachgebrauchs in seiner technischen Bedeutung allgemein verstehen und jede Kraft, die diese Vorwärtsstellung erreicht, als „Zugkraft“ ansehen, die also den unteren Bogen bezüglich des oberen Bogens nach vorne verlagert (kraftbeaufschlagte Vorwärtspositionierung). In diesem Sinn ist auch ein Hintergreifen eines Elements mit Kraftbeaufschlagung nach vorne als „Ziehen“ im technischen Sinn anzusehen, mag man hier untechnisch auch von einem „Schieben“ sprechen. Der Auffassung der Beklagten, dass „Ziehen“ („pull“) auch in seiner technischen Bedeutung der Patentschrift impliziere, „dass das Verbindungsstück selbst auf Zug beansprucht wird“ und „dass das mit dem oberen Bogen verbundene Verbindungsstück an dem unteren Bogen von vorne oben angreift“, kann daher nicht zugestimmt werden. Diese Auffassung der Beklagten ist im Übrigen auch nicht in allen Ausführungsbeispielen erfüllt (vgl. Streitpatent Fig. 2a/b 8, 10, 12). So greift im ersten Ausführungsbeispiel der Haken (44) von hinten in den Befestigungshaken (34) und zieht damit den unteren Bogen nach vorne (siehe auch Urteil des OLG Düsseldorf 12 U 64/14 4c S. 15: „Der Fachmann versteht den Begriff „zieht“ vor diesem Hintergrund dahin, dass eine Zugkraft auf den unteren Bogen ausgeübt wird, um ihn vor dem oberen Bogen zu platzieren.“). Weiter befinden sich die Angriffspunkte (130) der „Zugkraft“ in den Ausführungsbeispielen nach den Figuren 8, 10 und 12 seitlich am unteren Bogen Damit wird auch in der Streitpatentschrift unter „Ziehen“ lediglich eine VorwärtsPositionierung/Verschiebung („positioned forward“, „extended forward“) verstanden (vgl. Streitpatent Abs. [0024], [0025]).

7. Nach Merkmal A10 gemäß Hilfsantrag 2 umfasst das Verbindungsstück zusätzlich eine Führungsstange (slider 94) und einen Verbindungsarm (connecting arm 96), wobei der Verbindungsarm (96) mit dem oberen Bogen verbunden ist und die Führungsstange so eingestellt werden kann, dass sie den unteren Bogen nach vorn zieht. Unter dem in Merkmal A10 verwendeten Begriff „slider“ ist ein Schiebelement zu verstehen, das auf einer Linie geführt ist. Ein Gleitelement, dass völlig frei auf einer Fläche gleiten kann, ist damit nicht umfasst. So zeigt auch die Streitpatentschrift in allen Ausführungsbeispielen einen „slider“, der sich im Kanal (channel 22) bewegt, also nur auf einer Linie gleiten kann.

Dabei kann das Schiebeelement (slider 94) und der Verbindungsarm auch einstückig ausgebildet sein (vgl. Streitpatent Abs. [0035]: „ Connecting arm 96 may be integral to or separate from slider 94.“).

III.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1a, 1b, 2 und 2a erweist sich als nicht bestandsfähig und der Nichtigkeitsangriff als begründet, da die angegriffene Lehre nach Haupt- und Hilfsanträgen 1 und 2 gegenüber dem Inhalt der Anmeldeunterlagen unzulässig erweitert ist und zudem in sämtlichen verteidigten Fassungen für den angesprochenen Fachmann im Zeitpunkt der Anmeldung des Streitpatents durch den Stand der Technik nahegelegt war (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a, lit. c EPÜ).

I. Unzulässige Erweiterung (Art II § 6 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜbkG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. EPÜ)

1. Der Senat sieht die nach Patentanspruch1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 und 2 gemäß Merkmal 6 beanspruchte Einstellbarkeit des Verbindungsstücks im Mund als ursprünglich nicht zur Erfindung gehörend offenbart und den insoweit auf gestützten klägerischen Angriff als erfolgreich an.

1.1. Nach ständiger Rechtsprechung ist für den Inhalt der Anmeldung der Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung nur das, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen unmittelbar und eindeutig als zu der zum Patent angemelde- ten Erfindung gehörend zu entnehmen ist. Entscheidend ist, was der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen als zur angemeldeten Erfindung gehörend zu entnehmen ist (GRUR 2014, 1026 – Analog-Digital-Wandler), wobei die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung vermeidet (BGH GRUR 2014, 542 – Kommunikationskanal).

Entscheidend ist deshalb auch bei einem geänderten Lösungsvorschlag, ob die ursprüngliche Gesamtoffenbarung der Stammanmeldung für den Fachmann objektiv erkennen ließ, dass dieser von vornherein von dem Schutzbegehren mit umfasst werden sollte (BGH GRUR 2010, 509 – Hubgliederungstor). Deshalb ist es grundsätzlich zulässig, das Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale in den Patentanspruch zu beschränken, sofern die beanspruchte Kombination in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellt, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann, wenn die Merkmale eines Ausführungsbeispiels, die zusammen, aber auch je für sich den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung dienen (BGH GRUR 2015, 249 – Schleifprodukt).

1.2. So ist in der Beschreibung der Ursprungsoffenbarung der Schrift D0a weder ausdrücklich angesprochen, wie diese Einstellung des Verbindungsstücks auch im Mund des Benutzers erfolgen kann, noch finden sich einzelne hierauf gerichtete Ansprüche. Auch die Betrachtung der Ausführungsbeispiele und ihre Erläuterung erschließt dem Fachmann erst aufgrund seines Fachwissens bei genauerer Analyse anhand einzelner Ausführungsbeispiele eine Einstellbarkeit im Mund; so bei dem aus unterschiedlichen Perspektiven dargestellten Ausführungsbeispiel nach Fig. 2a-d, wo die horizontalen Einstellschrauben (24) durch das horizontale Loch (43) erreicht werden können.

Zwar sind – wie der Ausschnitt der Fig. 2a zeigt – in den Figuren horizontale Schrauben gezeigt, die von vorne zugänglich sind (vgl. D0a S. 10 Z. 25-31: „Horizontal screw 24 rearward into extends channel from the front to engage hooking of body 20 element 26. Screw head 25 of horizontal screw 24 may be accessed using a horizontal hole 43 formed in face plate 42. A screwdriver or other suitable adjustment device may be inserted into horizontal hole 43 in face plate 42 to engage screw head 25.“, Fig. 2a-c, 8, 10), aber diesen Figuren sowie den von der Beklagten genannten Textstellen D0a S. 11 Z. 27ff., S. 8 Z. 3-17, S. 23 Z. 3ff. kann der Fachmann lediglich die technische Lehre entnehmen, dass sich die Zugkräfte im Mund durch Einstellung des Verbindungsstücks ändern; eine ausdrückliche oder implizite Aussage darüber, ob diese Einstellung im Mund vorgenommen werden kann, erschließt sich dem Fachmann hierdurch jedoch nicht.

Der Fachmann findet in der Streitpatentschrift ferner sogar Ausführungsbeispiele, bei welchen eine solche Einstellung im Mund nicht ermöglicht wird. So zeigt beispielsweise Fig. 10 zwei horizontal nach vorne ausgerichtete Einstellvorrichtungen (166, 168) ohne Einführungsloch (vgl. D0de Abs. [0089]: „Bei einer Ausführungsform sind die Dehnelemente 192 und 194 jeweils mit den Einstellvorrichtungen 166 und 168 verbunden und können unabhängig voneinander eingestellt werden.“).

Ferner hat auch die Beklagte eingeräumt, dass das Ausführungsbeispiel nach Figur 12 nicht im Mund einstellbar ist. Bei diesem verläuft das Dehnelement (124) im Kanal (174) und wird an den Befestigungsstellen (130, 132) mit dem unteren Bogen verbunden. Die Einstellung dieses Verbindungsstücks erfolgt durch Wahl einer geeigneten Länge des Dehnelements (124) und der Position der Befestigungsstellen (130, 132) (vgl. D0a S. 30 Z. 34-S. 31 Z. 3: „ As discussed above in connection with FIGURE 8, the length of tensile member 124 and the locations of attachment sites 130 and 132 on lower arch 114 are variable and may be chosen to suit a particular user or application of device 110.“).

1.2.1. Es ist danach festzustellen, dass sich die Eigenschaft nach Merkmal 6 der möglichen Einstellung im Mund für den Fachmann erst aufgrund eigener, von seinem Fachwissen getragener Überlegungen ergibt, nachdem er die ursprünglichen Unterlagen analysiert hat, so dass diese Einstellbarkeit bereits nicht zum unmittelbaren und eindeutigen Offenbarungsgehalt der D1 zählt. Diese Überlegungen mögen zwar einfach sein, sind jedoch der Ursprungsoffenbarung auch nicht implizit zu entnehmen. Dem steht auch nicht die in der Ursprungsoffenbarung angesprochene verbesserte Handhabung und Anpassung an den Benutzer (vgl. D0a S. 4 Z. 9f.: „ ...because the device is customizable ...“) entgegen. Denn diese wird auch bei einer Einstellmöglichkeit erreicht, die lediglich eine Einstellung außerhalb des Mundes erlaubt.

Der Senat vermag deshalb der Argumentation der Beklagten nicht zu folgen, der Fachmann lese diese Information mit. Wenn nach st. Rspr. das „Mitlesen“ von Selbstverständlichem auch einzubeziehen ist, so berücksichtigt der Beklagte nicht hinreichend, dass jedoch immer maßgeblich bleibt, welche technische Information der Fachmann als Inhalt der gegebenen (allgemeinen) Lehre der früheren Anmeldung „unmittelbar und eindeutig“ entnimmt. Die Einbeziehung von Selbstverständlichem erlaubt deshalb keine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern dient, nicht anders als die Ermittlung des Wortsinns eines Patentanspruchs, lediglich der vollständigen Ermittlung des Sinngehalts, d. h. derjenigen technischen Information, die der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt. Abwandlungen und Weiterentwicklungen dieser Information gehören deshalb ebenso wenig zum Offenbarten wie diejenigen Schlussfolgerungen, die der Fachmann kraft seines Fachwissens aus der erhalte- nen technischen Information ziehen mag (BGH GRUR 2009, 119, Rn. 26 – Olanzapin; EPA GrBK 1/98 GRUR Int. 2002, 80, 83). Es fehlt mithin an einer ausdrücklichen oder implizieten Offenbarung dieses Merkmals.

1.2.2. Auch die erlaubte Annahme, dass ein nur inhärenter Offenbarungsgehalt, welcher sich dem Fachmann durch Nacharbeiten eröffnet, zur Offenbarung ausreichen kann, führt zu keiner abweichenden Bewertung. Nach st. Rspr. (BGHZ 76, 97 – Terephthalsäure) genügt zwar für die Vorwegnahme der erfindungsgemäßen Lehre im Sinn der Neuheitsprüfung und die Vorbekanntheit einer Verfahrensanweisung, dass deren Befolgung zwangsläufig eine Sache oder einen Zustand zur Folge hat, die objektiv die von der Erfindung gelehrte Beschaffenheit aufweist (GRUR 2012, 1130 – Leflunomid). Dies steht auch vorliegend bei der Nacharbeit einzelner Ausführungsbeispiele der in der D1 offenbarten Lehre insoweit außer Zweifel, als der Fachmann dabei Vorrichtungen erhält, welche eine Einstellung des Verbindungsstücks im Mund eines Benutzers ermöglichen.

1.3. Für die Frage unzulässiger Erweiterungen ist aber ferner zu beachten, dass diese Einstellbarkeit im Mund aber nicht nur offenbart sein muss, sei es ausdrücklich, implizit oder inhärent, sondern dass diese technische Lehre auch unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend offenbart sein muss, d.h. als solche auch vom Fachmann unmittelbar und eindeutig als Teil des Erfindungsgegenstandes erkannt werden muss. Nach der Rechtsprechung des BGH reicht daher – anders als für die Beurteilung der Neuheit – auch bei der inhärenten Offenbarung nicht schon der Umstand aus, dass sich beim Nacharbeiten der Offenbarung eines Ausführungsbeispiels zwangsläufig ein bestimmtes Merkmal ergibt. Wird die erfindungsgemäße Lehre durch eine in der Anmeldung nicht (deutlich) offenbarte Eigenschaft eines ihrer Bestandteile charakterisiert, die dem Fachmann eine zielgerichtete Auswahl geeigneter Ausführungsformen erlaubt (hier: fehlende Einstellbarkeit im Mund), fehlt es an einer Offenbarung in der Anmeldung, wenn die Eigenschaft objektiv auch einem dort offenbarten Ausführungsbeispiel zukommt, sie für den Fachmann aber jedenfalls nicht ohne Weiteres zu erkennen ist (siehe GRUR 2012, 1133 „UV-unempfindliche Druckplatte“).

Mag deshalb dem Fachmann diese Möglichkeit bei der Nacharbeit der Lehre der D1 auch nicht verborgen bleiben oder mag man dem Senat nicht folgen, dass eine entsprechende implizite Offenbarung durch Mitlesen zu verneinen ist, so fehlt es jedenfalls an dieser weiteren Voraussetzung. Denn der Fachmann kann aufgrund der nur teilweise zielführenden Ausführungsbeispiele nicht unmittelbar und eindeutig erkennen, dass die Einstellbarkeit im Mund als mögliche Ausführungsform auch zum Erfindungsgegenstand der D1 gehört und dieser zumindest auch auf eine Einstellung innerhalb des Mundes gerichtet ist.

1.4. Der Senat teilt deshalb die Rechtsauffassung der Klägerin, dass die angegriffene Lehre als gegenüber dem Inhalt der Anmeldung unzulässig erweitert ist. Allerdings folgt der Senat nicht der weiteren Folgerung, insoweit liege nicht nur eine unzulässige Aufnahme eines nicht offenbarten einschränkenden Merkmals (uneigentliche Erweiterung) vor, sondern eine andere technische Lehre (ein Aliud). Insofern ist zur Abgrenzung maßgeblich, ob durch das eingefügte Merkmal lediglich eine Anweisung zum technischen Handeln konkretisiert wird, die in diesen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart ist, oder ob damit ein technischer Aspekt angesprochen wird, der daraus weder in seiner konkreten Ausgestaltung noch auch nur in abstrakter Form als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist (BGHZ 204, 199 – Wundbehandlungsvorrichtung). Ersteres ist vorliegend der Fall, da durch Merkmal 6 lediglich das ursprünglich offenbarte und beanspruchte Verbindungsstück durch seine Eignung zur Einstellbarkeit im Mund lediglich in seiner räumlich körperlichen Ausgestaltung konkretisiert wird.

Der Nichtigkeitsangriff erweist sich deshalb als erfolgreich. Da der Senat der Auffassung folgt, dass – wie vorliegend auch durch die Hilfsanträge 1a und 2a geschehen – die Verteidigung des Patents durch eine gedankliche Weglassung des unzulässig erweiterten Merkmals (BGH GRUR 2011, 40 – Winkelmesseinrichtung) eine beschränkte Verteidigung darstellt, welche nach dem Antrag der Beklagten zudem unter Aufnahme eines Disclaimers erfolgt, bedarf die nach Hauptantrag verteidigte Fassung insoweit keiner ergänzenden Überprüfung auf Bestand.

II. Patentfähigkeit von Patentanspruch 1:

1. Patentanspruch 1 nach Hauptantrag Bezogen auf den maßgeblichen Prioritätszeitpunkt des Streitpatents ist die angegriffene Lehre nach Patentanspruch 1 ausgehend von der D1 nahe gelegt.

1.1. Der Senat bejaht die Neuheit der Lehre nach Hauptantrag, da dem auf eine Kombination der Ausführungsbeispiele der D1 gestützte Angriff der Klägerin – wie er noch im Rahmen der erfinderischen Tätigkeit im Einzelnen erläutert wird – bereits aus Rechtsgründen nicht zu folgen ist, auch wenn die Figuren 2d und 3a sich in einer Schrift befinden. Denn damit ist nicht zugleich die Kombination einzelner Merkmale unmittelbar und eindeutig offenbart; eine derartige Kombination ist im Streitpatent nicht angesprochen und kann nicht einfach mitgelesen werden; hierzu bedarf es vielmehr des Einsatzes fachmännischer Überlegungen. Die Lehre nach Patentanspruch 1 ist deshalb neu.

1.2. Für die Beurteilung, ob eine beanspruchte Lösung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist von dem auszugehen, was der Gegenstand der Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang (BGH GRUR 2007, 1055 – Papiermaschinengewebe) gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet (BGH GRUR 2010, 607 – Fettsäurezusammensetzung), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können (BGH GRUR 2009, 1039 – Fischbissanzeiger).

Als Ausgangspunkt für eine Suche des Fachmanns, eine verbesserte Vorrichtung zur Verbesserung der Atmung bereitzustellen, insbesondere einer Erhöhung der Sicherheit des Sitzes und verbesserter Anpassung, ist eine Vorrichtung nach Druckschrift D1 zu sehen, die in Fig. 2d eine Vorrichtung (10) zur Verbesserung der Atmung eines Benutzers zeigt (vgl. D1de Abs. [0001]: „Diese Erfindung bezieht sich ... und spezieller auf einen Apparat zur Verhinderung des Schnarchens und für verbesserte Atmung während des Schlafes.“) [= Merkmal 1].

1.3. Diese Vorrichtung umfasst einen oberen Bogen (12), der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der oberen Zähne des Benutzers aufzunehmen, und einen unteren Bogen (14), der dafür ausgelegt ist, mindestens einige der unteren Zähne des Benutzers aufzunehmen (vgl. D1de Abs. [0022]: „Der obere Bogen 12 wird in den Mund des Verwenders eingebracht, so dass der obere Zahnbogen im oberen Bogen 12 sitzt. In gleicher Weise wird der untere Bogen 14 in den Mund des Verwenders eingebracht, so dass der untere Zahnbogen im unteren Bogen 14 sitzt. Der obere Bogen 12 kann über alle oder nur einige der oberen Zähne des Verwenders passen. In gleicher Weise kann der untere Bogen 14 über alle oder nur einige der unteren Zähne des Verwenders passen.“, Fig. 2d) [= Merkmale 2 und 3].

Weiter ist ein Verbindungsstück (Pfeiler (16) zusammen mit Halteeinrichtung (29) vorhanden, das den oberen Bogen (12) mit dem unteren Bogen (14) einstellbar verbindet (vgl. D1de [0035]: „Wie in Fig. 2d gezeigt, berührt der Pfeiler 16 während des Gebrauchs die Halteeinrichtung 29 des unteren Bogens14. Die Halteeinrichtung 29 ist einstellbar, was die Einstellung der Position des unteren Bogens 14 nach vorne erlaubt.“) [= Merkmal 4 ohne Kopplung]. Der Pfeiler (16) liegt nach dem Ausführungsbeispiel in Fig. 2d hinter der Halteeinrichtung (29) und ist daher mit dieser nur lose verbunden und erfüllt damit keine Kopplung nach Merkmal 4 und 6.

Im weiteren Ausführungsbeispiel nach der Figur 3a ist hingegen offenbart, dass der Pfosten (16) mit dem unteren Bogen über eine Verbindung aus Haken und Eingriff verbunden werden kann, damit der Kontakt zwischen Pfeiler (16) und unterem Bogen (14) bei Öffnen des Mundes nicht verloren geht (vgl. D1de Abs. [0036]: „Fig. 3a zeigt eine weitere zweiteilige Ausführungsform der vorliegenden Erfindung, in der der sich abwärts erstreckende Pfeiler 16 so geformt ist, dass er den Eingriff in den unteren Bogen 14 erlaubt. Dieser Eingriff dient dem Zweck, eine zu starke Öffnung des Mundes des Verwenders während des Gebrauchs zu verhindern.“). Dieser Haken stellt – analog zum Haken (44) im Ausführungsbeispiel nach Fig. 2a bis 2c der Streitpatentschrift – eine Verbindung im engeren Sinne einer Ankopplung oder Verankerung und technischen Verständnis des Verbs „couple“ dar.

Für den vorliegend angesprochenen Fachmann drängte sich bei Betrachtung beider Ausführungsbeispiele angesichts der Aufgabe, eine Erhöhung der Sicherheit des Sitzes und verbesserte Anpassung zu schaffen sofort auf, dass insbesondere das unbeabsichtigte Lösen der Vorwärtsposition nach dem Ausführungsbeispiel nach Fig. 2d der D1 zu vermeiden war und dass mit einer Kombination der beiden Ausführungsbeispiele nach den Figuren 2d und 3a dadurch zu erzielen war, dass der Pfeiler (16) in der Halteeinrichtung (29) nach Figur 2d einzuhaken ist, d. h. der Anschlag (29) muss nur Ausschnitt aus Skizze mit einem Eingriff versehen werden oder – wie die Klägerin auch anschaulich anhand der abgebildeten Skizze während der Verhandlung zeigte – den Haken (16) der Fig. 3A an der Halteeinrichtung (29) der Fig. 2d von unten einhaken [= Merkmal 4].

Die Einstellung des Verbindungsstücks (Halteeinrichtung 29) erfolgt über die horizontal vorne angeordnete Stellschraube (31) im unteren Bogen (14) (vgl. D1de Fig. 2d Abs. [0035]: „Die Halteeinrichtung 29 kann beispielsweise durch Gebrauch einer Stellschraube 31 eingestellt werden.“). Wenn die Vorrichtung 19 in den Mund des Benutzers eingeführt ist, befindet sich diese Stellschraube zwischen den unteren Schneidezähnen und der Unterlippe. Sie ist damit zugänglich und die Halteeinrichtung (29) kann somit gemäß Merkmal 6 eingestellt werden, wenn die Vorrichtung im Mund eines Benutzers eingeführt ist.

Soweit die Beklagte die Einstellbarkeit im Hinblick auf das untere Lippenbändchen bestreitet, trifft diese Argumentation nicht zu, da aufgrund der Erreichbarkeit von vorne eine Einstellbarkeit im Mund gegeben ist und das untere Lippenbändchen der Erreichbarkeit nicht entgegensteht.

Analog zur Vorrichtung nach dem Streitpatent ermöglicht das Verbindungsstück (16, 29) auch eine seitliche Bewegung des unteren Bogens (14) im Verhältnis zum oberen Bogen (12) (vgl. D1de [0024]: „Der Gebrauch dieser zwei Bogen erlaubt die Freiheit der Bewegung des Unterkiefers. Diese Bewegung ist wichtig, weil sie den Komfort für den Verwender gewährleistet. ... Die Bewegung von Seite zu Seite ist gemäß der vorliegenden Erfindung gewährleistet, da der sich abwärts erstreckende Pfeiler 16 einfach entlang des unteren Bogens 14 gleiten kann.“) [= Merkmal 5]. Diese seitliche Beweglichkeit wird der Fachmann aufgrund der erkannten Vorteile auch beibehalten, wenn er die Ausführungsformen nach den Figuren 2d und 3a kombiniert. Bei der Alternative des Unterhakens des Halteelements ist die laterale Beweglichkeit – entgegen der Auffassung der Beklagten – bereits inhärent vorhanden, wird eine Ausnehmung als Einhakmöglichkeit verwendet, so wird der Fachmann die Ausnehmung wie in Fig. 3a breiter als den Haken ausbilden und gelangt damit auch bei Kombination der Lehre aus Fig. 2d und 3a zu Merkmal 5.

Die Vorwärtsposition des unteren Bogens im Verhältnis zum oberen Bogen wird dadurch erreicht, dass die Halteeinrichtung (29) den Pfeiler (16) nach vorne positioniert. Damit wird der untere Bogen mittels Krafteinwirkung in eine Vorwärtsposition gebracht, was – siehe Auslegung – bereits dem Merkmal 7 entspricht, da auch die Druckkraft (= negative Zugkraft) der Halteeinrichtung (29) auf den Pfeiler (16) ein „Ziehen“ des unteren Bogens gegenüber dem oberen Bogen bewirkt. Analog zum Ausführungsführungsbeispiel nach Fig. 2a bis 2c der Streitpatentschrift umgreift der Haken (16) nach Fig. 3a der D1 den unteren Bogen von hinten und zieht ihn nach vorne (vgl. D1 S. 4 Z. 11-14: „A post extends from the upper arch and contacts the lower arch so that the user's lower jaw is extended forward with respect to the user, thereby reducing snoring.“).

Somit gelangt der Fachmann bei Kombination der Ausführungsbeispiele nach den Figuren 2d und 3a der D1 in nahe liegender Weise zur Vorrichtung des Anspruch 1 nach dem Streitpatent.

2. Patentanspruch1 nach Hilfsanträgen 1, 1a, 2, 2a Es kann auch dahin stehen, ob die hilfsweise verteidigten Anspruchsfassungen zulässig sind, insbesondere zur Vermeidung einer unzulässigen Erweiterung im Hinblick auf Merkmal 6 eines Disclaimers bedürfen und deshalb nur die Hilfsanträge 1a und 2a insoweit zur beschränkten Verteidigung zuzulassen sind. Denn sämtliche Anspruchsfassungen erweisen sich als nicht patentfähig.

Der jeweilige Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen 1, 1a, 2 und 2a erweist sich ebenfalls als nicht patentfähig, da er für den angesprochenen Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt ist (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ).

2.1. Da die jeweiligen Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 1a dem erteilten Anspruch 1 (Hauptantrag) entsprechen, gelten die Ausführungen zu Anspruch 1 nach Hauptantrag, wobei hinsichtlich der disclaimerten Fassung des Merkmals 6 nach Hilfsantrag 1a folgerichtig keine für die Beklagte günstigere Betrachtung angezeigt ist.

2.2 Die Hilfsanträge 2 und 2a fügen gegenüber dem Hauptantrag in Anspruch 1 die Merkmale A3 und A10/A10‘ hinzu: A3 wherein the connector (16; 134) is operable to allow the user's lower jaw to move freely in a vertical direction relative to the upper arch (12; 112), A10[‘] and wherein[in which] the connector (16) comprises a slider (94) and a connecting arm (96), the connecting arm (96) coupling to the upper arch (12), the slider (94) operable to be adjusted to pull the lower arch (14) forwardly.

Das Verbindungsstück (post 16, 16a-c) in der D1 nach den Figuren 2a bis 2c ist ebenfalls als „slider“ anzusehen, der in dem Kanal (slot 24) verschoben werden kann. Zusätzlich ist in der D1 angegeben, die Ausführungsform nach den Figuren 2a bis 2c mit der Ausführungsform nach der Fig. 3a zu kombinieren (vgl. D1 S. 12 Z. 19-26: „The embodiments discussed in connection with Figures 2a-2c, in which the relative forward position of the downwardly extending post 16 is adjustable, may also be used in connection with the embodiments discussed in Figures 3a-3c.“). Durch die gewünschte Positionierung kann das Schiebeelement (post 16, 16a-c) auch so eingestellt werden, dass der senkrechte Pfosten den unteren Bogen nach vorn zieht [= Merkmal A10/A10‘].

Eine vertikale Beweglichkeit ist offensichtlich bei der Ausführungsform nach Figur 2d (Alternative ohne Kopplung) möglich, ebenso jedoch auch bei der Ausführung nach der Figur 3a mit Haken. So soll der Haken (16) nach Fig. 3a die Bewegung nur dahingehend einschränken, dass der Mund nicht zu weit zu öffnen ist, also zuerst frei und danach eingeschränkt ist (vgl. D1 S. 11 Z. 18-20: „This engagement is for the purpose of preventing a user's mouth from opening too wide during use.“). Auch die Streitpatentschrift geht von einem derartigen Verständnis für die vertikale Beweglichkeit aus, die nur innerhalb eines gewissen Bereichs zugelassen wird (vgl. Anspruch 3 nach Hilfsantrag 2: „...the connector (16) is ope- rable to constrain within a desired range the vertical movement of the lower arch (14) relative to the upper arch (12)) [= Merkmal A3].

Wie mit der D1 dargestellt, ist entgegen der Auffassung der Beklagten zur Realisierung des Merkmals A3 nicht erforderlich, dass ein Gelenk am Verbindungsarm oder der Führungsstange (slider) vorhanden ist. Auch der Argumentation der Beklagten hinsichtlich einer fehlenden Kopplung und damit die mögliche Gefahr des Rückfallens in die Normalposition ist nicht zuzustimmen (siehe hierzu die Ausführungen zur Kopplung bezüglich des Gegenstandes nach Hauptantrag).

Im Übrigen ist es als fachmännische und handwerkliche Maßnahme anzusehen, ein gewisses Spiel hinsichtlich der vertikalen Bewegung zuzulassen, um dem Benutzer den Tragekomfort zu erhöhen.

Damit ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 2 und 2a ebenso in nahe liegender Weise aus der D1.

3. Unteransprüche Hinsichtlich der Unteransprüche bedurfte es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats keiner Sachprüfung, da die Beklagte ausdrücklich keine isolierte Verteidigung einzelner Ansprüche geltend gemacht hat und auch insoweit trotz ausdrücklicher Befragung in der mündlichen Verhandlung keine selbstständig begründete erfinderische Besonderheit geltend gemacht hat. Das Streitpatent konnte deshalb auch nach den mit den Hilfsanträgen beschränkt verteidigten Fassungen insgesamt keinen Bestand haben.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. §§ 91 Abs. 1, 101, 100 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Engels Kopacek Dr. Müller Veit Zimmerer Pr

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