35 W (pat) 4/19
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 4/19
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In Sachen …
ECLI:DE:BPatG:2020:110220B35Wpat4.19.0 betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Kostenfestsetzungsverfahren)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 11. Februar 2020 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie den Richter Eisenrauch und die Richterin Bayer beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Mai 2019 insoweit abgeändert, als die von dem Antragsgegner der Antragstellerin zu erstattenden Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens auf 1.895,70 Euro festgesetzt werden.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
Gründe I.
Der Antragsgegner war Inhaber des am 24. Oktober 2007 angemeldeten und am
6. März 2008 eingetragenen Gebrauchsmusters … mit der Bezeichnung
„…
“. Die Antragstellerin hat am 24. Juli 2017 einen unbeschränkten Löschungsantrag gestellt. Als Begründung gab sie an, dass die Schutzansprüche 18 und 19 des angegriffenen Gebrauchsmusters als Verfahrensansprüche vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossen seien. Im Übrigen sei der Gegenstand des Gebrauchsmusters, zumindest derjenige der Ansprüche 1 bis 4, 6, 8, 9, 11 bis 13, 15 und 17 bis 19, nicht neu. Soweit die Gegenstände der Patentansprüche neu seien, beruhten sie nicht auf einem erfinderischen Schritt. Hierzu führte sie 14 Entgegenhaltungen auf, insbesondere die D1 und die D2 hinsichtlich der fehlenden Neuheit und die D3 in Verbindung mit der D5 hinsichtlich des fehlenden erfinderischen Schritts.
Der Antragsgegner hat dem ihm am 14. August 2017 zugestellten Löschungsantrag nicht widersprochen.
Mit Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. September 2018, der Antragstellerin zugestellt am 10. September 2018, wurden die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner auferlegt.
Vor dem Landgericht Mannheim hatte eine wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung wegen einer Abnehmerverwarnung stattgefunden. Die Antragstellerin verklagte die W… GmbH & Co. KG, deren Geschäftsführer der Antragsgegner ist, es unter anderem zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten und/oder zu behaupten zu lassen, die MigradolorProdukte der Klägerin (= Antragstellerin) würden gegen ein Gebrauchsmuster der Beklagten (= Firma, deren Geschäftsführer der Antragsgegner ist) verstoßen. Diesem Antrag wurde mit Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Mai 2018 (24 O 62/17) stattgegeben. Im Protokoll der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Mannheim vom 14. Mai 2018 wurde aufgenommen, dass zu erwägen sei, diesen Antrag mit 50.000 Euro zu bewerten. Dieser Erwägung wurde laut Protokoll nicht widersprochen.
Am 21. November 2018 beantragte die Antragstellerin die von dem Antragsgegner ihr zu erstattenden Kosten auf 7.444,20 Euro festzusetzen. Sie geht von einem Gegenstandswert in Höhe von 200.000 Euro aus und macht eine 1,3-fache Verfahrensgebühr für den Patentanwalt in Höhe von 2.616,90 Euro, eine Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20 Euro, Kosten der Eigenrecherche in Höhe von 855,00 Euro, Kopierkosten gemäß Nr. 7000 1.b) RVG in Höhe von 27,70 Euro, Kopierkosten gemäß Nr. 7000 1.c) RVG in Höhe von 27,70 Euro, die Löschungsantragsgebühr von 300 Euro sowie eine 1,3-fache Verfahrensgebühr in Höhe von 2.616,90 Euro für den mitwirkenden Rechtsanwalt sowie Kosten der I… GmbH & Co. KG in Höhe von 980,00 Euro geltend. Außerdem beantragt sie eine Verzinsung ab Eingang des Festsetzungsantrags.
Mit Eingabe vom 27. Februar 2018 (richtigerweise vom 27. Februar 2019) beantragt der Antragsgegner, bei der Kostenfestsetzung von einem Gegenstandswert in Höhe von allenfalls 50.000 Euro auszugehen. Außerdem hält er die Doppelvertretung und damit die Mitwirkung eines Rechtsanwalts auf Seiten der Antragstellerin nicht für erforderlich. Ebenso seien die Kosten der Eigenrecherche und die Kosten der Marktdatenerfassung nicht zu ersetzen. Zudem sei lediglich der 1,0-fache Satz für die Verfahrensgebühr gerechtfertigt.
Die Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss vom 15. Mai 2019 die vom Antragsgegner der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 1.850,70 Euro festgesetzt, wobei der Betrag mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21. November 2018 zu verzinsen sei.
Der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung geht von einem Gegenstandswert in Höhe von 100.000 Euro aus und hat folgende Beträge als zu ersetzende Kosten festgesetzt:
Gebührentatbestand RVG Geschäftsgebühr
2300 Pauschale für Post und Telekom- 7002 munikationsdienstleistungen Kopierkosten
7000 Löschungsantragsgebühr Gesamtkosten Satz 1,0 Betrag 1.503,00 € 20,00 €
27,70 € 300,00 € 1.850,70 €
Die Gebrauchsmusterabteilung geht von einem Gegenstandswert in Höhe von 100.000 Euro aus. Weder das Gutachten zur Marktdatenbeschaffung, deren Grundlage eine Hochrechnung auf Basis des I… Apothekenpanels sei, noch der vom LG Mannheim in Bezug auf das Gebrauchsmuster festgesetzte Gegenstandswert von 50.000,00 Euro, könnten einen Anhaltspunkt geben. Ohne konkrete Tatsachenangaben, die eine genügende Schätzungsgrundlage bildeten, sei von einem durchschnittlichen Wert auszugehen, der wegen der geringen Restlaufzeit auf den unteren Durchschnittswert von 100.000,00 Euro festgesetzt werde.
Da im vorliegenden Fall direkt nach Zustellung des Löschungsantrages der Nichtwiderspruch erklärt worden sei, handle es sich um ein sehr einfaches Verfahren ohne großen Aufwand. Der Ansatz einer 1,0-fachen Verfahrensgebühr sei ausreichend und angemessen.
Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts sei nicht notwendig gewesen, da kein Verletzungsprozess geführt worden sei und das geführte Wettbewerbsverfahren vor dem Landgericht Mannheim für einen Abstimmungsbedarf nicht ausreiche. Auch während des Verfahrens habe kein Abstimmungsbedarf vorgelegen, da das Verfahren aufgrund Nichtwiderspruchs direkt nach Antragstellung beendet war.
Eine Berücksichtigung der Recherchekosten sei nicht möglich, da keine Rechnung vorliege, aus der ersichtlich sei, wieviel Zeit tatsächlich für die Recherche verwendet worden sei und wieviel Zeit für die Prüfung der Ergebnisse, was als anwaltliche Dienstleistung durch die Verfahrensgebühr abgedeckt sei.
Die Kosten für die Marktdatenbeschaffung könnten nicht berücksichtigt werden und die Kosten für Fotokopien seien mit den Gebühren eines Anwaltes abgegolten.
Gegen diesen der Antragstellerin am 20. Mai 2019 zugestellten Beschluss richtet sich die am 3. Juni 2019 eingegangene Beschwerde der Antragstellerin.
Sie hält weiterhin einen Gegenstandswert von 200.000,00 Euro sowie einen 1,3-fachen Satz für die jeweilige Geschäftsgebühr für gerechtfertigt. Die Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts seien erstattungsfähig, ebenso die Kosten der Eigenrecherche durch den Patentanwalt sowie die Kosten der Marktdatenbeschaffung und die Kopierkosten. Die Komponenten bei der Bestimmung des Gegenstandswerts, nämlich Erträge der Eigennutzung, fiktive Lizenzeinnahmen von der Antragstellerin in der Restlaufzeit, Schadensersatzforderungen gegenüber der Antragstellerin, fiktive Lizenzeinnahmen von weiteren Benutzern in der Restlaufzeit und Schadensersatzforderungen gegenüber weiteren Verletzern, habe sie detailliert vorgetragen. Bei den Erträgen der Eigennutzung seien von ihr die tatsächlichen Umsätze zugrunde gelegt worden. Es sei keine bloße Schätzung. Bei 19 Ansprüchen und 14 Druckschriften könne bei der Geschäftsgebühr ein Satz von 1,3 gefordert werden. Die Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts seien notwendig gewesen. Die Recherchekosten seien ebenfalls zu ersetzen. Eine kursorische Prüfung der Relevanz einer Druckschrift sei stets ein immanenter Bestandteil jeder Recherche. Gleiches gelte hinsichtlich der Recherchetätigkeit externer Rechercheure. Die Marktdatenbeschaffung sei zur Führung des Kostenfestsetzungsverfahrens notwendig gewesen. Soweit die Kopierkosten nicht berücksichtigt worden seien, sei dies nicht nachvollziehbar.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Mai 2019 dahingehend abzuändern, dass die von dem Antragsgegner an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 7.444,20 Euro festzusetzen und zu verzinsen sind.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.
Angesichts der nur dreimonatigen Restlaufzeit des Streitgebrauchsmusters sei ein Gegenstandswert in Höhe von 100.000 Euro nicht zu niedrig, Da dem Löschungsantrag nicht widersprochen worden sei, sei ein Gebührensatz von 1,0 angemessen. Es handle sich auch nicht um eine schwierige und umfangreiche Sache. Im Löschungsantrag sei auf einer Seite ausgeführt worden, dass die große Mehrheit der Ansprüche gegenüber D1 und D2 nicht neu seien. Auch die Ausführungen zu der erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der D3 seien weder außergewöhnlich umfangreich noch schwierig gewesen. Die Mitwirkung eines Rechtsanwalts sei nicht notwendig gewesen, da kein Abstimmungsbedarf vorgelegen habe, da kein Verfahren geführt worden sei. Die Recherchekosten seien nicht zu erstatten, da sie nicht notwendig gewesen seien, da schon die im britischen Prüfungsbescheid genannten Dokumente D1 und D2 ausgereicht hätten. Auch hinsichtlich der Marktbeschaffungsdaten und der Kopierkosten sei der Kostenfestsetzungsbeschluss nicht zu beanstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist gemäß §§ 62 Abs. 2 Satz 4 PatG, 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG eingelegte Beschwerde der Antragstellerin hat nur in geringem Maße Erfolg.
1. Die Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit rechtskräftigem Beschluss vom 3. September 2018 dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zu diesen Kosten gehören die der Antragstellerin erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren (§ 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. § 62 Abs. 2 PatG).
2. Der Senat legt der Kostenfestsetzung - wie die Gebrauchsmusterabteilung im angegriffenen Beschluss - einen Gegenstandswert in Höhe von 100.000 Euro zu Grunde.
Die Bestimmung des Gegenstandswertes bemisst sich gemäß §§ 23, 33 RVG i. V. m. §§ 3, 4 ZPO nach billigem Ermessen, weil es für das Löschungsverfahren an Wertvorschriften für die Anwaltsgebühren fehlt (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 114). Der Gegenstandswert ist hiernach auf der Grundlage der vorgetragenen tatsächlichen Anhaltspunkte nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen, wobei Ausgangspunkt der gemeine Wert des Streitgebrauchsmusters zum Zeitpunkt der Stellung des Löschungsantrags ist (vgl. Busse/Keukenschrijver, 8. Aufl., Rn. 59 zu § 17 GebrMG i. V. m. Rn. 68 zu § 84 PatG). Entscheidend für die Bestimmung des gemeinen Wertes ist das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung des Schutzrechts, das sich wiederum nach dem „Behinderungspotential“ richtet, das ein eingetragenes Gebrauchsmuster - seine Rechtsbeständigkeit unterstellt - entfaltet hätte (vgl. Eisenrauch in: Fitzner/Bodewig/Lutz, PatRKomm, 4. Aufl., § 17 GebrMG, Rn. 35; BPatGE 26, 208, 218).
Soweit das Landgericht Mannheim (Az.: 24 O 62/17) in einem wettbewerbsrechtlichen Streit zwischen der Antragstellerin und der Firma, deren Geschäftsführer der Antragsgegner ist, bezüglich des Klageantrags wegen Unterlassung der Behauptung, das Produkt der Antragstellerin verletzte ein Gebrauchsmuster, von einem Streitwert in Höhe von 50.000 Euro ausgegangen ist, ist dies keine geeignete Grundlage für den Gegenstandswert des vorliegenden Löschungsantrags, da es sich um einen anderen Streitgegenstand handelt und die Klage auf Unterlassung einer Behauptung nicht den Wert des Gebrauchsmusters indiziert. Soweit die Antragstellerin von einem Netto-Umsatz des Arzneimittels „MIGRAVENT 90 St und 180 St in den Monaten Juli bis Oktober 2017 in Höhe von … Euro ausgeht, ist zu berücksichtigen, dass die Restlaufzeit nicht 4, sondern nur 3 Monate betrug, nämlich erst ab dem 24. Juli 2017. Von August bis Oktober 2017 wurden ca. … Euro als Umsatz angesetzt. Nimmt man dabei einen fiktiven Lizenzsatz von 5 % an, der in etwa dem Wert des Gebrauchsmusters für die Inhaberin durch Eigennutzung anstatt durch Lizenzvergabe in diesem Zeitraum entspricht, so ergibt das … Euro. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bei einem Löschungsantrag das Gebrauchsmuster ex tunc gelöscht wird, so dass nicht lediglich die Umsätze für die Restlaufzeit den Wert des Gebrauchsmusters ausmachen. Mangels konkreter Angaben zu den weiteren Schadensansprüchen für die Vergangenheit, ist der von der Gebrauchsmusterabteilung geschätzte Gegenstandswert in Höhe von 100.000 Euro insoweit angemessen, da üblicherweise mangels näherer Angaben ein Gebrauchsmuster in einem Löschungsverfahren durchschnittlich mit 100.000 bis 150.000 Euro bewertet wird und hier wegen der kurzen Restlaufzeit eher der untere Wert angemessen ist. Für einen höheren Wert fehlen dagegen konkrete Angaben.
3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist hinsichtlich der Geschäftsgebühr gemäß RVG-VVNr. 2300 lediglich der einfache und nicht der 1,3-fache Satz anzusetzen. Bei einem Gegenstandswert von 100.000 Euro ergibt das eine Geschäftsgebühr in Höhe von 1.503 Euro.
Für die Vertretung in einem Verwaltungsverfahren besteht bei der Geschäftsgebühr ein Rahmen von 0,5 bis 2,5 (RVG-VV Nr. 2300).
Vorliegend ist ein Gebrauchsmuster mit einem Hauptanspruch (mit zugehörigen 15 Unteransprüchen) und zwei Nebenansprüchen, die den Gegenstand der vorhergehenden Ansprüche enthalten bzw. diese verwenden, betroffen. Allerdings hat der Antragsgegner dem Löschungsantrag nicht widersprochen. Zudem hat die Antragstellerin im Löschungsantrag zwar 14 Entgegenhaltungen aufgeführt, jedoch wurde der Löschungsantrag im Wesentlichen auf fehlende Neuheit gegenüber den Entgegenhaltung D1 und D2 gestützt und enthält darüber hinaus im Wesentlichen nur nähere Ausführungen hinsichtlich des fehlenden erfinderischen Schritts ausgehend von der D3. Der Umfang und die Schwierigkeit des vorliegenden Löschungsverfahrens waren insbesondere deshalb unterdurchschnittlich, weil dem Löschungsantrag nicht widersprochen wurde, so dass eine langwierige Auseinandersetzung mit den Entgegenhaltungen nicht erforderlich war.
4. Die Kosten des Rechtsanwalts waren dagegen nicht anzusetzen.
Bei der Prüfung, ob eine Maßnahme der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO war, ist grundsätzlich eine typisierende Betrachtungsweise geboten (BGH, X ZB 11/12, Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren, GRUR 2013, 427, Randziffer 23). Die Zuziehung eines Rechtsanwalts neben einem Patentanwalt wurde vom Bundesgerichtshof typischerweise als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO angesehen, wenn zeitgleich mit dem Nichtigkeitsverfahren ein das Streitpatent betreffender Verletzungsrechtsstreit anhängig ist, an dem die betreffende Partei oder ein mit ihr wirtschaftlich verbundener Dritter beteiligt ist (BGH, X ZB 11/12, Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren, GRUR 2013, 427, Randziffer 26), denn die gleichzeitige Anhängigkeit eines Verletzungsrechtsstreits und einer dasselbe Patent betreffenden Nichtigkeitsklage stellt an eine Partei, die unmittelbar oder mittelbar an beiden Verfahren beteiligt ist, besondere Anforderungen.
Im vorliegenden Fall wurde vor dem Landgericht Mannheim wegen einer Abnehmerverwarnung der Firma W… GmbH & Co. KG von der Antragstellerin gegen diese Firma W… GmbH & Co. KG, deren Geschäftsführer der Antragsgegner ist, zwar ein Klageverfahren durchgeführt, in dem es darum ging, ob die Firma, deren Geschäftsführer der Antragsgegner ist, in einer Abnehmerverwarnung behaupten darf, dass ein Produkt der Antragstellerin das hier in Streit stehende Gebrauchsmuster oder ein anderes Schutzrecht verletzt. Die Mitwirkung des Rechtsanwalts im Löschungsverfahren war wegen einer Abstimmung des Löschungsverfahrens mit diesem Klageverfahren jedoch nicht erforderlich.
Zum einen ist dieser Fall nicht typischerweise mit dem Fall vergleichbar, bei dem neben dem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren auch ein Verletzungsstreit anhängig ist, da der Gegenstand des Klageverfahrens nicht unmittelbar das Gebrauchsmuster betrifft, sondern nur die Frage, ob in einer bestimmten Weise, nämlich wie in der genannten Abnehmerverwarnung, behauptet werden durfte, dass das Gebrauchsmuster verletzt werde. Zudem sind das Klageverfahren und das Löschungsverfahren nicht wirklich gleichzeitig nebeneinanderher betrieben worden, so dass nicht typischerweise ein Abstimmungsbedarf erforderlich war. Denn der Antragsgegner hat dem Löschungsantrag vom 24. Juli 2017 nicht widersprochen, so dass das Streitgebrauchsmusters ohne weitere Sachprüfung zu löschen war (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GebrMG). Darüber hinaus war die Frage, ob das Gebrauchsmuster mangels Schutzfähigkeit zu keinem Zeitpunkt bestandskräftig gewesen war, für die Frage der Unlauterkeit der Schutzrechtsverwarnung wegen der kurzen Restlaufzeit gar nicht entscheidungserheblich (vgl. Ziffer II 1 b) des Urteils des Landgerichts Mannheim 24 O 62/17 vom 14. Mai 2018).
5. Die Festsetzung der Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 20 Euro ist gemäß Nr. 7002 VV RVG gerechtfertigt.
6. Hinsichtlich der Recherchekosten sind lediglich 0,5 h á 90 Euro für die Familienrecherche zum Streitgebrauchsmuster mit Online-Register- und Akteneinsicht für die Familienschutzrechte in Österreich und Großbritannien und Beschaffung des Prüfberichts und des Rechercheberichts des Britischen Patentamts und der darin genannten Druckschriften zu berücksichtigen. Hinsichtlich der weiteren im Schriftsatz vom 21. November 2018 auf Seite 7 genannten Recherchestunden wurde nicht differenziert aufgeführt, wieviel Zeit auf die Recherche und wieviel Zeit auf die Relevanzprüfung verwandt wurde. Eine generelle Zuordnung der Prüfung auf Relevanz zur Recherchezeit kann nicht gemacht werden. Soweit die Antragstellerin meint, die Prüfung der Relevanz gehöre zur Recherche, ist unverständlich, warum sie dies dann doppelt aufgeführt hat, nämlich zu der Recherche und auch die Relevanzprüfung.
7. Die Marktdatenbeschaffung sind ebenfalls keine notwendigen Kosten des Löschungsverfahrens. Für die Frage, ob das Gebrauchsmuster zu löschen ist oder nicht, kommt es nicht darauf an, wie hoch der Umsatz mit dem Produkt ist.
8. Hinsichtlich der Kopierkosten sind die gemäß RVG Nr. 7000 Nr. 1b geltend gemachten Kosten entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht anzusetzen. Da das Patentamt keine Abschriften gemäß § 16 GebrMG i. V. m. § 125 Abs. 1 PatG angefordert hat und ohne Anforderung die Einreichung von Abschriften nicht erforderlich ist, sind die Voraussetzungen für eine Erstattungsfähigkeit gemäß RVG Nr. 7000 Nr. 1b nicht gegeben.
9. Insgesamt sind daher folgende Kosten anzusetzen:
Gebührentatbestand RVG Verfahrensgebühr für Patentanwalt 2300 Pauschale für Post und Tele- 7002 kommunikationsdienstleistungen für Patentanwalt Kopierkosten
7000 Löschungsantragsgebühr Recherchekosten Gesamtkosten Satz 1,0 Betrag 1.503,00 € 20,00 €
27,70 € 300,00 €
45,00 € 1.895,70 €
Die von dem Antragsgegner der Antragstellerin zu erstattenden Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens werden daher insgesamt auf 1.895,70 Euro festgesetzt.
10. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin (§ 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG, § 84 Abs. 2 PatG, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Antragstellerin hat mit ihrer Beschwerde nur in geringem Umfang obsiegt, nämlich soweit ihr Recherchekosten in Höhe von 45 Euro nicht zugestanden worden waren.
III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Metternich Eisenrauch Bayer Fa