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1 Ni 1/12 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 1/12 (EP) (hinzuverb.

Ni 25/12 (EP))

(Aktenzeichen)

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

23. Januar 2013 …

In der Patentnichtigkeitssache

…

BPatG 253 08.05

…

betreffend das europäische Patent 1 275 192 (DE 601 28 214)

hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2013 durch die Präsidentin Schmidt sowie die Richter Voit, Dr.-Ing. Scholz, Dipl.-Ing. Müller und Dipl.-Geophys. Dr. Wollny für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent EP 1 275 192 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 1 275 192 (Streitpatent), das am 20. März 2001 unter Inanspruchnahme der Priorität der britischen Patentanmeldung GB 0009248 vom 15. April 2000 (WO 01/01220) angemeldet wurde. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Englisch abgefasst und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 601 28 214 geführt. Es betrifft einen Rotor, eine Rotoranordnung, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines Rotorelements und umfasst in der erteilten Fassung 9 Ansprüche, die von beiden Klägerinnen vollständig angegriffen sind.

Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 7 der erteilten Fassung lauten in der Verfahrenssprache wie folgt:

-4In der deutschen Übersetzung haben diese Patentansprüche folgenden Wortlaut:

Wegen der weiter angegriffenen und unmittelbar oder mittelbar auf die Ansprüche 1 beziehungsweise 7 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 6 sowie 8 und 9 wird auf die Streitpatentschrift EP 1 275 192 B1 Bezug genommen.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber den ursprünglich beim europäischen Patentamt eingereichten Unterlagen (WO 01/01220) unzulässig erweitert, jedenfalls aber wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig. Zum Beleg der fehlenden Patentfähigkeit berufen sie sich auf folgende Druckschriften:

Nummerierung in 1 Ni 25/12 NK10: FR 1 215 804 A NK11: EP 0 995 257 B1 Nummerierung in 1 Ni 1/12:

NK12: US 4 616 151 Anl. 6 NK13: JP 57-097337 A NK14: JP 08-294242 A NK17: EP 0 658 383 A1 Anl. 11 NK18: US 5 604 971 A Anl. 12 JP 03 078447 A Anl. 10 NK19: JP 08-223829 A (mit engl. Übers. NK19' und dt. Übers. NK19'')

NK20: JP 2000-139063 A (mit engl. Übers. NK20' und dt. Übers. NK20'')

NK21: JP 59-141332 A (mit engl. Übers. NK21' und mit dt. Übers.NK21'').

Beide Klägerinnen beantragen,

das europäische Patent EP 1 275 192 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Klägerinnen rügen die Hilfsanträge, die erst nach Ablauf der im Zwischenbescheid gesetzten Frist bzw. erst in der mündlichen Verhandlung eingereicht wurden, als verspätet.

Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise verteidigt sie ihr Patent mit der Maßgabe, dass das Streitpatent die Fassung gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 7 erhält.

-7Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1, (Änderungen gekennzeichnet):

-8Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 (Änderungen gekennzeichnet):

-9Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 (Änderungen gekennzeichnet):

- 10 Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 (Änderungen gekennzeichnet):

- 11 Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 (Änderungen gekennzeichnet):

- 12 Anspruch 1 nach Hilfsantrag 6 (Änderungen gekennzeichnet):

- 13 Anspruch 1 nach Hilfsantrag 7 (Änderungen gekennzeichnet):

Alle Hilfsanträge enthalten einen auf dem erteilten Verfahrensanspruch 7 basierenden Verfahrensanspruch mit Änderungen, die den jeweiligen Änderungen im Anspruch 1 entsprechen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift sowie die Anlagen zum Schriftsatz der Beklagten vom 30. November 2012 Bezug genommen.

Gründe I.

Die zulässige Klage ist begründet und führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, da der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der ursprüglich eingereichten Fassung hinausgeht (Art. II § 6 IntPatÜG, Abs. 1 Nr. 3, Art. 100 Buchst. c) EPÜ). 1. Das Patent betrifft eine Vorrichtung zum Herstellen von Elementen aus bandförmigem Material, wobei die Elemente im Gebrauch aufeinander gestapelt werden, um eine Anordnung von gestapelten Elementen für eine elektrische Maschine zu bilden.

Elektrische Maschinen mit ausgeprägten Polen sind unter dem Fachbegriff „Schenkelpolmaschine“ bekannt. Die Polschenkel bestehen gewöhnlich aus dem Polschaft, der die Erregerwicklung trägt, und dem Polschuh oder Polkopf. Auch herkömmliche Gleichstrommotoren haben ausgeprägte Pole für die Erregerwicklung. Die Erregerwicklung führt gewöhnlich Gleichstrom, weshalb Polschaft und Polschuh in der Regel massiv ausgeführt werden. Sie werden nur dann aus Blechen aufgebaut, wenn Wirbelströme durch Wechselfelder zu befürchten sind.

Für Käfig- und Drehstromwicklungen ist es üblich, zur Geräusch- und Oberwellendämpfung die Nuten zu schrägen. Die Einzelbleche werden gegeneinander versetzt, so dass die Nuten und die Leiter wendelförmig verlaufen, gelegentlich auch abschnittsweise mit unterschiedlicher Schrägungsrichtung, so dass sich die von der Patentinhaberin als Winkel oder Pfeilform („chevron“) bezeichnete Form ergibt. Die Einzelbleche haben aber gewöhnlich alle die gleiche Form.

Das Streitpatent spricht nicht von Polschaft (nach dict.leo.org: „pole body“) und Polschuh („pole piece, pole shoe“) sondern von Grundkörper („body/base portion“) und Polabschnitten („pole portion“). Das kann das gleiche bedeuten, muss es aber nicht.

Nach dem Streitpatent sollen die Polabschnitte (winkelförmig / „chevron“) geschrägt werden, die Grundkörper dagegen unverändert bleiben, wie in Fig. 2 des Streitpatents dargestellt. Dazu müssen entweder die beiden Teile einzeln gefertigt und beispielsweise durch Schweißen verbunden werden, was nach Patent vermieden werden soll (Abs. 0006 der B1-Schrift der Streitpatentschrift). Andernfalls sei bislang für jedes Blech eine gesonderte Form zu stanzen, was eine große Zahl verschiedener Stanzwerkzeuge erfordern würde.

Dem Patent liegt die Aufgabe zu Grunde, einen Rotor mit dem gewünschten Winkelprofil relativ einfach unter Verwendung einer halbautomatischen Vorrichtung herzustellen (Abs. 0008).

Patentgemäß wird das durch zwei Stanzwerkzeuge erreicht, die schrittweise (incremental) gegeneinander bewegt werden, und so eine sukzessive Verschiebung von Polabschnitt und Grundkörper realisieren.

2. Einschlägiger Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur der Elektrotechnik mit Berufserfahrung in der Entwicklung von elektrischen Maschinen, speziell in der Fertigung des Blechpakets beziehungsweise der Jochpakete und Erfahrungen im Umgang mit Stanzmaschinen hierfür. Er arbeitet bedarfsweise mit einem Entwickler von Stanzanlagen zusammen.

3. Der Hauptantrag und die Hilfsanträge werden nicht als verspätet zurückgewiesen.

Die Hilfsanträge 4 bis 7 wurden zwar erst nach der im qualifizierten Hinweis genannten Frist, Hauptantrag und die Hilfsanträge 1-3 sogar erst in der mündlichen Verhandlung eingereicht, wie die Klägerinnen zutreffend feststellten. Die Ansprüche entsprechen aber bereits diskutierten Ansprüchen so weitgehend, dass nach Überzeugung des Senats eine Stellungnahme der Klägerinnen und eine abschließende Beurteilung ohne Vertagung möglich war. Das gleiche gilt für die mehr als einen Monat vor dem Verhandlungstermin eingereichten Hilfsanträge 4 bis 7. Eine Vertagung wurde auch von den Klägerinnen nicht beantragt.

4. Verständnis und ursprüngliche Offenbarung des erteilten Anspruchs 1 Der erteilte Patentanspruch 1 gemäß Streitpatent EP 1 275 192 B1 lautet aufgegliedert:

1.1. A machine for the manufacture of elements (8) 1.2 from strip stock, 1.3 the elements (8) in use being stacked to provide an assembly of stacked elements (8) for an electrical motor,

1.4 each element (8) including body (10) and pole (12) portions which are integrally formed,

the machine including a die assembly including 2.1 a first die member (22) for providing by punching at least parts of the body portions (10) of each element and 2.2 a second die member (32) for providing by punching, the pole portions (12) of each element (8), and characterised in that 3.1 the body and pole die members (22, 32) are relatively moveable between successive punching operations 3.2 when the body and pole portions (10, 12) of the elements (8) are provided, 4 whereby incremental adjustment of the position of the second die member (32) relative to the first die member (22) is effected so 4.1 that whilst each of the body portions (10) of the elements (8) is provided along a common centre line, 4.2 the pole portion (12) of each of the successive elements (8) is incrementally offset relative to the pole portion (12) of each of the respective previous elements (8) with respect to the said common centre line of the body portion (10).

In deutscher Übersetzung:

1.1 Vorrichtung zum Herstellen von Elementen (8) 1.2 aus bandförmigem Material, 1.3 wobei die Elemente (8) im Gebrauch aufeinander gestapelt werden, um eine Anordnung von gestapelten Elementen (8) für eine elektrische Maschine zu bilden, 1.4 wobei jedes Element (8) Grundkörper- (10) und Polabschnitte (12) aufweist, die integral ausgebildet sind,

wobei die Maschine eine Stanzanordnung aufweist, 2.1 die mit einem ersten Stanzelement (22) versehen ist, zum Bereitstellen durch Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte (10) eines jeden Elements, 2.2 und ein zweites Stanzelement (32) zum Bereitstellen durch Ausstanzen der Polabschnitte (12) eines jeden Elements (8), und dadurch gekennzeichnet, 3.1 daß die Stanzelemente (22, 32) für Grundkörper und Pole relativ zueinander bewegbar sind, zwischen aufeinanderfolgenden Stanzvorgängen, 3.2 wenn die Grundkörper- und Polabschnitte (10, 12) der Elemente (8) gebildet werden, 4 wobei eine schrittweise Einstellung der Position des zweiten Stanzelements (32) relativ zu dem ersten Stanzelement (22) so ausgeführt wird, 4.1 daß während jeder der Grundköperabschnitte (10) der Elemente (8) entlang einer gemeinsamen Mittellinie gebildet wird, 4.2 der Polabschnitt (12) eines jeden der aufeinanderfolgenden Elemente (8) schrittweise relativ zu dem Polabschnitt (12) eines jeden entsprechenden vorangehenden Elements (8) in Bezug auf die genannte gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts (10) versetzt ist.

Der Anspruch 1 stützt sich auf den Anspruch 11 der WO 01/01220, wobei a) die Merkmale 1.2 bis 1.4 neu hinzugekommen sind, b) die Zuordnung der Grundkörperabschnitte und der Polabschnitte zu den Stanzelementen nach Merkmal 2.1 und 2.2 vertauscht wurde, b1) nach Merkmal 2.1, 2.2 zumindest Teile der Grundkörperabschnitte und die Polabschnitte (insgesamt) ausgestanzt werden, während es nach Anspruch 11 der WO 01/01220 umgekehrt ist.

c) in Merkmal 3.1 der zweite Halbsatz neu dazugekommen ist, d) und in Merkmal 4 und 4.2 „schrittweise“ ergänzt wurde, e) der auf Rotorelemente beschränkte Anspruch 11 auf Elemente verallgemeinert wurde. f) aus der Mittellinie des zugehörigen Grundkörperabschnitts (centre line of their associated body portion) eine gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts (common centre line of the body portion) wurde.

Die Merkmale 1.2 bis 1.4 stützen sich auf die Ansprüche 2, 5 und 8 der WO 01/01220 A1, wobei der Fachmann nach Überzeugung des Senats die Begriffe „strip stock“ und „strip material“ als gleichbedeutend ansieht. Auch die Ergänzungen in Merkmal 3, sowie Merkmal 4 und 4.2 lassen sich aus Anspruch 5 ableiten.

In der WO 01/01220 A1 wird zwar konsequent der Begriff „rotor element“ verwendet. Die Änderung e) könnte aber als zulässige Verallgemeinerung im Prüfungsverfahren angesehen werden.

Die weiteren Änderungen sind jedoch nicht mehr zulässig:

Im Anspruch 11 der WO 01/01220 A1 wird angegeben:

„a first die member for the punching of part at least of the pole portion of the rotor element, and a second die member for the punching of a body portion of the rotor element“…

Im erteilten Patent heißt es in Anspruch 1:

2.1 „a first die member (22) for providing by punching at least parts of the body portions (10) of each element and“

2.2 „a second die member (32) for providing by punching, the pole portions (12) of each element (8)“

in der deutschen Übersetzung:

2.1 die mit einem ersten Stanzelement (22) versehen ist, zum Bereitstellen durch Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte (10) eines jeden Elements,

2.2 und ein zweites Stanzelement (32) zum Bereitstellen durch Ausstanzen der Polabschnitte (12) eines jeden Elements (8).

Die Patentinhaberin ist der Auffassung, es handle sich bei der geänderten Formulierung um einen offensichtlichen Fehler, der berichtigt werden könne, bzw. vom Senat berichtigt werden müsse. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Ein offensichtlicher Fehler muss aus sich heraus erkennbar sein, und die Berichtigung derart offensichtlich, dass sofort erkennbar ist, dass nichts anderes beabsichtigt sein konnte, als das, was als Berichtigung vorgeschlagen wird (Schulte Patentgesetz, 8. Aufl. § 38, Rdn. 38, Regel 139 EPÜ). An beidem fehlt es hier. Der Anspruch 1 ist in sich schlüssig und lässt keine Widersprüche erkennen. Etwas anderes hat auch die Patentinhaberin nicht vorgetragen. Sie sieht aber Widersprüche zur Beschreibung und zu den Zeichnungen. Letztere können jedoch nur im Rahmen der Auslegung berücksichtigt werden. Ein offensichtlicher Fehler lässt sich daraus nicht erschließen. Auch wenn man diesen Widerspruch als Fehler im Anspruch 1 annähme, so wäre er nicht eindeutig, und es wäre nicht sofort erkennbar, dass nichts anderes beabsichtigt sein konnte. Das ergibt sich zum einen daraus, dass gar nicht feststellbar ist, ob die Stanzelemente („die members“), oder die Abschnitte („body/pole portions“) vertauscht wurden oder ob die Bezugszeichen falsch gesetzt wurden, und zum anderen aus den vielen Möglichkeiten einer Korrektur, wie auch die zahlreichen unterschiedlichen Ansätze zur Korrektur in den Hilfsanträgen zeigen.

Zur Auslegung des Anspruchs 1:

Der erteilte Anspruch 1 lässt in Merkmal 3.1, 3.2 und 4 offen, welcher Teil stationär und welcher beweglich ist. Beansprucht ist nur die Relativbewegung. Der Anspruch 1 spricht in Merkmal 4.1, 4.2 von einer gemeinsamen Mittellinie bzw. einer „common center line of the body portion” als Bezugslinie für die Bewegung.

In den ursprünglichen Unterlagen und der Beschreibung wird die Mittellinie auf den Grundkörperabschnitt bezogen (B1-Schrift, Abs. 0020, 0032). Damit wäre auch die Bewegung der beiden Stanzelemente nur auf den Grundkörperabschnitt bezogen und damit ebenfalls eine Relativbewegung. Die beiden Stanzelemente wären damit auch unter Berücksichtigung der Merkmale 4.1 und 4.2 austauschbar und der Anspruch 1 widerspruchsfrei zum ursprünglich Offenbarten.

Wird diese Mittellinie aber auf das Blechband oder die Stanzanlage bezogen, so wäre das erste Stanzelement und die Grundkörperabschnitte stationär und folglich die zweiten Stanzelemente und die Polabschnitte beweglich angeordnet, was ein Aliud zu der ursprünglich offenbarten und in den Figuren dargestellten Anlage darstellt. Damit wären die Ansprüche unzulässig erweitert.

Hier folgt der Senat der Argumentation der Klägerinnen, die in der beanspruchten gemeinsamen Mittellinie des Grundkörperabschnitts („common centre line of the body portion“) etwas anderes sehen als in der ursprünglich offenbarten Mittellinie des zugehörigen Grundkörperabschnitts („centre line of their associated body portion“). Das wird insbesondere in dem Kontext des Merkmals

4.2 „the pole portion (12) of each of the successive elements (8) is incrementally offset relative to the pole portion (12) of each of the respective previous elements (8) with respect to the said common centre line of the body portion (10).

in der Übersetzung:

„der Polabschnitt (12) eines jeden der aufeinanderfolgenden Elemente (8) schrittweise relativ zu dem Polabschnitt (12) eines jeden entsprechenden vorangehenden Elements (8) in Bezug auf die genannte gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts (10) versetzt ist.“

deutlich. Hier wird nämlich ein Bezug der Elemente zueinander, beziehungsweise zu dem vorangehenden Element hergestellt und in diesem Zusammenhang von einer gemeinsamen Mittellinie gesprochen. Der Fachmann kann darunter nichts anderes verstehen als eine allen Elementen gemeinsame Mittellinie. Damit ist erstmals eine Anlage beansprucht, bei der die Grundkörperabschnitte beim Ausstanzen auf einer nunmehr gemeinsamen Mittellinie liegen, folglich das zugehörige Stanzwerkzeug stationär ist, und das zu den Polabschnitten gehörige Stanzwerkzeug bewegt wird. Die ursprünglich offenbarte Anlage mit einem stationären Stanzwerkzeug für die Polabschnitte und einem beweglichen Stanzwerkzeug für die Grundkörperabschnitte ist damit ausgeschlossen, die beanspruchte Anlage ein Aliud dazu.

Eine andere Deutung der gemeinsamen Mittellinie, etwa in der Weise, dass die Mittellinie - wie die dem Grundkörperabschnitt zugeordnete Mittelinie - dem fertig geschichten Blechpaket zugeordnet werden könnte, scheidet schon deshalb aus, weil dort die Mittellinien der einzelnen Bleche wie die Bleche selbst parallel zueinander verlaufen, es also keine gemeinsame Mittellinie gibt. Eine gemeinsame Mittellinie senkrecht zu den Blechen ergäbe wiederum im Kontext des Anspruchs 1 keinen Sinn.

Dass sich die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele ausschließlich auf eine Anlage mit einem stationären Stanzwerkzeug für die Polabschnitte und einem beweglichen Stanzwerkzeug für die Grundkörperabschnitte beziehen, kann den Sinngehalt der Patentansprüche ebenfalls nicht in ihr Gegenteil verkehren. Eine Auslegung entgegen dem Wortlaut (im Sinn einer Auslegung entgegen dem Sinngehalt) der Patentansprüche ist nicht zulässig; (vgl. BGH BlPMZ 2007, 235 Schussfädentransport). Bei dieser Sachlage scheidet eine Umdeutung des Anspruchs 1 im Wege der Auslegung aus.

5. Der Anspruch 7 entspricht in der Sache dem Anspruch 1, insbesondere in Hinblick auf die hier interessierenden Merkmale 2.1, 2.2, 4, 4.1 und 4.2. Für ihn gilt die Beurteilung des Anspruchs 1 in gleicher Weise. Die abhängigen Ansprüche leiden wegen ihres Bezugs auf die Ansprüche 1 beziehungsweise 7 unter dem gleichen Mangel.

6. Die Änderungen der Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 7 sind nicht zulässig.

Soweit die Klägerin zu 1) bemängelt, dass die Hilfsanträge teilweise in englischer Verfahrenssprache ohne deutsche Übersetzung eingereicht wurden, ist das ohne Belang. Die beschränkte Verteidigung in der ausschlaggebenden Verfahrenssprache (Art. 70 EPÜ) wird als vorteilhafte Möglichkeit in der Rechtsprechung seit langem für zulässig gehalten (BGH, GRUR 2004, 407 – Fahrzeugleitsystem). Inwieweit eine – nicht verbindliche – Übersetzung beizubringen ist, bestimmt sich dabei nach den Sprachkenntnissen des Gerichts und war hier nicht erforderlich.

Die Hilfsanträge weisen jedoch andere Mängel auf:

Die Ansprüche der Hilfsanträge 1 bis 3 sind in gleicher Weise wie die erteilten Ansprüche auf ein Aliud zur ursprünglich offenbarten Anlage gerichtet.

Im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 werden das erste Stanzelement (22) als bewegliches Stanzelement 32 („moving die member 32“) und das zweite Stanzelement (32) als stationäres Stanzelement 22 („stationary die member 22) bezeichnet und einige andere Umformulierungen vorgenommen. Im Ergebnis ist damit die ur- sprünglich offenbarte Zuordnung der Stanzelemente und gegenüber dem erteilten Patent ein Aliud beansprucht.

In den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 werden die Stanzelemente als bewegliche und stationäre Stanzelemente („moving / stationary die member“) bzw. als Stanzelemente zum Erzeugen der Polabschnitte bzw. Grundkörperabschnitte „die member for providing the pole portions / at least parts of the body portions“) bezeichnet. Die geänderte Kennzeichnung der Stanzelemente führt dazu, dass die ursprünglich offenbarte Zuordnung der Stanzelemente beansprucht wird.

Die Ansprüche der Hilfsanträge 6 und 7 sind in ähnlicher Weise auf die ursprünglich offenbarte Zuordnung der Stanzelemente gerichtet.

Die Ansprüche der Hilfsanträge 4 bis 7 würden somit zu einer Erweiterung des Schutzbereichs gegenüber dem erteilten Patent nach Art. 138d EPÜ führen, denn die ursprünglich offenbarte Zuordnung der Stanzelemente ist gemäß erteiltem Anspruch 1 und 7 ausgeschlossen.

Eine Änderung der Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 7 ist somit nicht zulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Schmidt Voit Dr. Scholz Müller Dr. Wollny Ko

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1 70 EPÜ
1 138 EPÜ
1 139 EPÜ
1 84 PatG
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1 91 ZPO
1 709 ZPO

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