7 W (pat) 35/15
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 35/15 An Verkündungs Statt zugestellt am 10. April 2017 BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das deutsche Patent 699 25 588 (= EP 1 070 276) wegen Wiedereinsetzung hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr BPatG 154 05.11 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf eine internationale Anmeldung vom 9. April 1999 erteilte das Europäische Patentamt das Patent 1 070 276 mit der Bezeichnung „Mehrfarbige reflektierende Anzeigevorrichtung mit polychromatischen Subpixeln“ mit Wirkung u. a. für Deutschland. Im Europäischen Patentblatt wurde der Hinweis auf die Erteilung am 1. Juni 2005 veröffentlicht. Beim Deutschen Patent- und Markenamt wird das Patent unter dem Aktenzeichen 699 25 588.0 geführt.
Bezüglich der 16. Jahresgebühr (1.230,- €) wurde in der Gebührenakte des Patentamts unter dem Erfassungsdatum 14. Juli 2014 zunächst die Zahlung verbucht, aber unter dem Erfassungsdatum 22. Juli 2014 eine Rücklastschrift. Am 31. Oktober 2014 machten die Verfahrensbevollmächtigten der Patentinhaberin gegenüber dem Patentamt Angaben zum Verwendungszweck eines erteilten SEPA-Basislastschriftmandats über einen Betrag von 10.010,- €. Damit sollten gemäß beigefügter Einzahlungsliste Gebühren in einer Reihe von Verfahren bezahlt werden, darunter die 16. Jahresgebühr für das vorliegende Patent mit Verspätungszuschlag. In einem an die Verfahrensbevollmächtigten der Patentinhaberin gerichteten Schreiben vom 19. November 2014 teilte das Patentamt (Zahlungsverkehr Jena) mit, dass u. a. für die genannte Einzahlungsliste wegen Rücklastschrift keine Abbuchung der verfügten Gebührenzahlung habe erfolgen können. Als Tag des Zahlungseingangs der 16. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag – entrichtet mittels Überweisung – wurde vom Patentamt schließlich der 19. November 2014 vermerkt.
Am 26. März 2015 stellte die Patentinhaberin einen Antrag auf Wiedereinsetzung für das vorliegende, auf der Einzahlungsliste vom 31. Oktober 2014 aufgeführte Schutzrecht. Zur Begründung wird ausgeführt, ihre Verfahrensbevollmächtigten hätten die Einzahlungsliste zusammen mit den Angaben zum Verwendungszweck des SEPA-Basislastschriftmandats am 31. Oktober 2014 beim Patentamt eingereicht. Am 26. Januar 2015 sei in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten zu der Leitakte 50 2004 008 735 - diese Leitakte ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens 7 W (pat) 18/16 - eine Mitteilung des Patentamts vom 21. Januar 2015 eingegangen, wonach die Gebührenzahlung in dieser Leitakte verspätet sei. Daraufhin sei umgehend eine Überprüfung sämtlicher Einzahlungslisten und Mandate der letzten Jahre eingeleitet worden. Diese Überprüfung habe sich als schwierig erwiesen, weil die in der Kanzlei vorliegenden Unterlagen lückenhaft und teilweise nicht auffindbar gewesen seien. Ein Teil der Unterlagen habe sich bei einem der Anwälte in dessen Heimbüro befunden. Auch seien Nachfragen bei Banken erforderlich gewesen, um den Sachverhalt aufzuklären.
Nach dem Ergebnis der Überprüfung sei der Betrag des Mandats vom 31. Oktober 2014 zwar am 15. November 2014 von einem Konto der Kanzlei bei der D… abgebucht, jedoch am selben Tag offensichtlich wegen unzureichender Deckung zurückgebucht worden. Dies sei unverständlich und nicht zu erwarten gewesen, weil mit dieser Bank aus Sicherheitsgründen eine Vereinbarung bestanden habe, dass bei einer fehlenden Kontodeckung eine telefonische Mitteilung an die Kanzlei erfolgen solle, damit durch Überweisung von anderen Konten ein Ausgleich erfolgen könne.
Das Verfahren der telefonischen Verständigung durch die Banken sei vor langen Jahren vereinbart worden, weil die Kanzlei auf Wunsch von Mandanten Konten sowohl bei der D… als auch bei der H… und der P…… unterhalte. Zahlungseingänge und Abbuchungen auf Grund von Einzugsermächtigungen könnten zu nicht vorhersehbaren Zeiten erfolgen, so dass der Fall eintreten könne, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Konto keine ausreichende Deckung aufweise und deshalb durch eine sofortige Überweisung von einem der anderen Konten aufgefüllt werden müsse. Die Banken hätten sich immer an die Vereinbarung gehalten. In den Kanzleiunterlagen sei nur ein Hinweis aufgefunden worden, in dem auf Grund der Abwesenheit eines Sachbearbeiters der D… im Jahr 2007 ein Problem aufgetreten sei. In dem als Beleg für diesen Vorfall vorgelegten Schreiben der D… vom 10. Oktober 2007 (Anlage 4 zum Wiedereinsetzungsantrag) erklärte der Sachbearbeiter u. a.: „Aufgrund meiner Abwesenheit in dem fraglichen Zeitraum wurden die Lastschriften der Bundeskasse nicht rechtzeitig disponiert und letztendlich maschinell zurückgegeben. Sofort bei Kenntnisnahme wurden die Lastschriften nachüberwiesen.“
Ob und an wen im vorliegenden Fall eine eventuelle Benachrichtigung erfolgt sei, habe trotz mehrerer Anfragen an die Bank nicht endgültig festgestellt werden können. Es sei aber nicht auszuschließen, dass die Kanzleimitarbeiterin Frau F…… eine entsprechende telefonische Mitteilung der Bank erhalten habe. Die D…, mit der die Kanzlei seit sehr langer Zeit in Geschäftsbeziehung stehe, habe immer in zuverlässiger Weise telefonisch auf die Gefahr der Rückgabe einer Lastschrift hingewiesen. Jedenfalls habe Frau F… am 19. November 2014, als der Kontoauszug mit der Rückbuchung eingegangen sei, unmittelbar einen Betrag in Höhe von 6.500,- € von dem Konto der Kanzlei bei der H… auf das Konto bei der D… umgebucht, um dort für ausreichende Deckung zu sorgen. Der Betrag in Höhe von 10.010,- € sei daraufhin ebenfalls am 19. November 2014 als Eilüberweisung erneut auf das DPMAKonto bei der Bundeskasse überwiesen worden. Frau F… habe die Angelegenheit dann aus unerklärlichen Gründen als erledigt angesehen, obwohl sie mehrfach auf die kritischen Fristen bei dem Einzugsverfahren hingewiesen worden sei.
Frau F… sei in der Kanzlei seit 1981 weitgehend, und seit dem Tod eines der Anwälte am 1. Juni 2014 ausschließlich für die Buchhaltung sowie seit dem Jahr 1998 auch für die Überwachung und Einzahlung von Jahresgebühren für Schutzrechte im In- und Ausland verantwortlich. Dementsprechend habe sie Vollmachten für alle Bankkonten der Kanzlei. Sie sei für diese Aufgaben durch ihre Ausbildung als Diplom-Übersetzerin prädestiniert. Auch sei sie eingehend in der Kanzlei ausgebildet worden und habe zunehmend weitere Tätigkeitsbereiche in der Kanzlei übernommen. Ein denkbarer Grund dafür, dass Frau F… die Rückgabe des Mandats entgangen sei, und dass sie keine rechtzeitigen Schritte zur Korrektur eingeleitet habe, bestehe möglicherweise in der relativ späten Abbuchung des Gebührenbetrages am 17. November 2014 von einem Konto bei der D…, das an diesem Tag auf Grund einer höheren Abbuchung von einem anderen Amt keine ausreichende Deckung aufgewiesen habe. Ein weiterer denkbarer Grund bestehe in den Nachwirkungen von Belastungen durch die Krankheit ihrer Mutter und deren Tod am 8. Juli 2014. Das Versäumnis beruhe demnach auf dem kurzfristigen Zusammentreffen mehrerer Umstände in einem Jahr, nämlich dem Tod eines langjährigen Anwaltspartners und der durch Erkrankung und Tod ihrer Mutter hervorgerufenen Überbelastung von Frau F….
Inzwischen sei ein Teil der Tätigkeiten von Frau F… auf weitere Mitarbeiter übertragen und eine strikte Überprüfung der ordnungsgemäßen Zahlung von Gebühren durch zumindest zwei Mitarbeiter und einen Partner eingeführt worden. Weiterhin sei ein vollständig getrenntes Konto, das ausschließlich zur Zahlung von Amtsgebühren des Patentamts diene, eingeführt worden.
Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags legte die Patentinhaberin eine eidesstattliche Versicherung von Frau F… vom 25. März 2015 vor. Darin gibt diese u. a. an, nach Einsicht in die Kontoauszüge müsse sie davon ausgehen, dass sie am 17. November 2014 von der Bank telefonisch über die drohende LastschriftRückgabe informiert worden sei, jedoch nicht in geeigneter Weise, d. h. durch Ausgleich des Fehlbetrags von einem der anderen Konten, reagiert habe, so dass es zur Rückbuchung gekommen sei. Sie habe dann am 18. November 2014 eine Eilüberweisung von der H… veranlasst, um eine ausreichende Deckung bei der D… zu erreichen. Der Betrag sei jedoch erst am
19. November 2014 auf dem Konto der D… gutgeschrieben worden. Die Bank habe daraufhin am gleichen Tag die Überweisung des Betrages von 10.010,- € an die Bundeskasse in Weiden vorgenommen.
In einem Zwischenbescheid des Patentamts vom 9. Juni 2015 wurde die Verwerfung des Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig in Aussicht gestellt, weil er nicht innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden sei. Die Patentinhaberin habe durch zwei Ereignisse positive Kenntnis von der Versäumung der Zahlungsfrist erhalten, zum einen durch den Eingang des Kontoauszugs und die von Frau F… umgehend vorgenommene Umbuchung eines Betrags von 6.500,- €, zum anderen durch die Mitteilung des Patentamts vom 19. November 2014. Gehe man von einem Zugang dieser Mitteilung spätestens am 24. November 2014 aus, sei die Zweimonatsfrist spätestens am 26. Januar 2015 abgelaufen (da der 24. Januar 2015 ein Samstag war). Der am 26. März 2015 gestellte Antrag sei somit verspätet und daher unzulässig.
Darüber hinaus sei er auch unbegründet, weil nicht ausreichend dargelegt worden sei, inwieweit und in welcher Weise Frau F… im Einzelnen überprüft worden sei und welche Maßnahmen in der Kanzlei getroffen seien, um derartige Fehler grundsätzlich zu vermeiden (z. B. das Führen eines Fristenbuches). Es fehlten auch Angaben, in welcher Weise die Entlastung von Frau F… erfolgt sei und inwieweit die Mitarbeiter dazu eingearbeitet worden seien. Bei den vorgetragenen Gründen zu den Vereinbarungen bezüglich Kontodeckung und Benachrichtigungen durch die Bank handele es sich um amtsbekannte Tatsachen, die in einer Reihe von Wiedereinsetzungsanträgen im April und Mai 2014 ebenfalls als Begründung angeführt und nicht ausreichend belegt worden seien. Es sei festzustellen, dass es offenbar in der Kanzlei weiterhin zu Organisationsmängeln komme bzw. dass die bekannten Mängel nicht ausreichend abgestellt worden seien. Es fehle auch an einer ausreichenden Dokumentation, inwieweit und an wen die Benachrichtigung der Bank erfolgt sei. Im Übrigen sei bei Zahlungen, die wie im vorliegenden Fall bei Fristende vorgenommen würden, eine besondere Sorgfalt anzuwenden.
Hierauf ging keine Stellungnahme der Patentinhaberin ein. Durch (im Beschlusstext undatierten) Beschluss der Patentabteilung 51.EP des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. September 2015 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Zahlung der 16. Jahresgebühr zurückgewiesen. Er sei, weil außerhalb der Antragsfrist eingegangen, unzulässig, darüber hinaus sei von einem Organisationsverschulden der Kanzlei auszugehen. Zur Begründung verweist der Beschluss auf den Zwischenbescheid vom 9. Juni 2015.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin, mit der sie beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts – Patentabteilung 51.EP – vom 9. September 2015 aufzuheben und ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 16. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag zu gewähren.
Zur Begründung wird ausgeführt, das Schreiben des Zahlungsverkehrs vom 19. November 2014 habe in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten nicht aufgefunden werden können. Im Jahr 2014 habe es immer wieder Probleme mit der Postzustellung gegeben. Frau F… habe die von ihr vorgenommene Eilüberweisung vom 18. November 2014 auf Grund einer Mitteilung der D… … - und nicht des Patentamts - veranlasst. Erst durch die (am 26. Januar 2015 in der Kanzlei eingegangene) Mitteilung des Patentamts vom 21. Januar 2015 in der Leitakte 50 2004 008 735 sei man in der Kanzlei auf Fehler hinsichtlich der Abwicklung der Einzahlungsliste vom 31. Oktober 2014 aufmerksam geworden. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 26. März 2015 sei daher fristgemäß und zulässig. Auf einen gerichtlichen Hinweis wird in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass beim Tode des Anwaltspartners nochmals eine eingehende Prüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten von Frau F… vorgenommen worden sei; diese Prüfung habe die Kenntnis von Fristen und deren Bedeutung eingeschlossen und damit auch die Bedeutung von Einzugsermächtigungen und die absolute Notwendigkeit der Unterrichtung eines der Anwälte über möglicherweise auftretende Probleme.
Zum Ausschluss eines Verschuldens an der Versäumung der Jahresgebührenfrist wird - in Ergänzung zum Vortrag im Wiedereinsetzungsantrag - geltend gemacht, dass die Tätigkeit von Frau F… regelmäßig von den Anwälten der Kanzlei überwacht worden sei, ohne dass Fehler festgestellt worden seien. Das sowohl in schriftlicher als auch in elektronischer Form geführte Fristenbuch werde regelmäßig überprüft, insbesondere in Bezug auf den korrekten und vollständigen Vermerk von Fristen, die sich aus dem Posteingang ergäben. Die in dem Zwischenbescheid des Patentamts gerügten Organisationsmängel seien auf Grund der regelmäßigen Überprüfung von Frau F… nicht gegeben bzw. nicht zu erwarten gewesen, und die Organisation sei ab dem Jahr 2015 so umgestellt worden, dass selbst bei Eintreten eines Zusammentreffens nicht zu erwartender Umstände keine Fehler mehr auftreten könnten.
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Patentinhaberin seine Argumente wiederholt und vertieft. Das Vorhandensein von Konten bei drei verschiedenen Banken, zu denen er SEPA-Basislastschriftmandate für patentamtliche Gebühren erteilt habe, habe normalerweise keine Schwierigkeiten bereitet. Die Geldabflüsse seien zwar nicht immer vorhersehbar gewesen; so sei es vorliegend zur Unterdeckung des betreffenden Kontos und damit zur Rücklastschrift gekommen, weil zufällig gleichzeitig das Finanzamt eine Forderung eingezogen habe. Jedoch sei in der Kanzlei täglich online nach dem Kontostand geschaut worden. Wenn die Unterdeckung eines der Konten gedroht habe, habe die Möglichkeit bestanden, bis spätestens 13 Uhr am Geldautomaten eine Sofortüberweisung an das betreffende Konto zu veranlassen, die noch am selben Tag die nötige Deckung hergestellt habe. Die mit dieser Überwachungsaufgabe beauftragte Kanzleimitarbeiterin Frau F… sei entsprechend belehrt worden, und ihr sei auch völlig klar gewesen, dass es nicht zur Rücklastschrift kommen dürfe. Jetzt bestehe in der Kanzlei aber die Anweisung, dass zeitkritische Gebühren immer nur auf dem Weg einer Direktüberweisung zu begleichen seien. Die früheren Wiedereinsetzungsfälle, die das Patentamt in seinem Zwischenbescheid erwähnt habe, beträfen den verstorbenen Anwaltspartner Dr. K….
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Patentamt hat zu Recht dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entsprochen.
1. Die Patentinhaberin hat die Frist zur Zahlung der 16. Jahresgebühr mit Zuschlag versäumt. Die 16. Jahresgebühr war - ausgehend vom Anmeldetag 9. April 1999 - am 30. April 2014 fällig und konnte in Höhe von 1230,- € (Gebührenverzeichnis zum PatKostG Nr. 312 160) bis zum 30. Juni 2014 bzw. mit einem Verspätungszuschlag in Höhe von 50,- € (GebVerz Nr. 312 162) bis zum 31. Oktober 2014 bezahlt werden (§ 17 PatG i. V. m. § 3 Abs. 2, § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 PatKostG).
Eine fristgerechte Zahlung ist nicht erfolgt. Zwar hat die Patentinhaberin am 31. Oktober 2014 – und damit an sich noch rechtzeitig – beim Patentamt auf Grundlage eines bereits erteilten SEPA-Basislastschriftmandats die Angaben zum Verwendungszweck des Mandats eingereicht und hierbei im Rahmen einer Einzahlungsliste die korrekte Gebührenangabe genannt. Doch gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 PatKostG i. V. m. § 2 Nr. 4 PatKostZV hätte dies nur dann einen wirksamen Zahlungstag begründet, wenn die Einziehung zugunsten der zuständigen Bundeskasse für das Patentamt erfolgt wäre (vgl. Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., PatKostZV § 2 Rn. 28). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, nachdem die zunächst erfolgte Einziehung des Gebührenbetrages zugunsten der Bundeskasse durch die Rücklastschrift von Mitte November 2014 wieder rückgängig gemacht worden ist. Die Gebühr ist erst im Wege einer Überweisung am 19. November 2014 (§ 2 Nr. 2 PatKostZV) und somit verspätet gezahlt worden.
Da die 16. Jahresgebühr nicht rechtzeitig entrichtet worden ist, ist das Patent gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 PatG seit dem 1. November 2014 erloschen.
2. Der wegen Erlöschens des Patents und damit eines Rechtsnachteils i. S. v. § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist zwar statthaft, aber nicht zulässig, weil die zweimonatige, mit Wegfall des Hindernisses zu laufen beginnende Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG nicht eingehalten ist.
Der Wegfall des Hindernisses tritt ein, sobald das Ereignis seine hindernde Wirkung auf den Säumigen oder dessen Vertreter verliert, also wenn Säumiger oder Vertreter bei der Anwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen oder wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Das ist dann der Fall, sobald die Partei oder ihr Vertreter bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt die Versäumung hätten erkennen können (vgl. Schulte/Schell, a. a. O., § 123 Rn. 25). Grundsätzlich steht hierbei die Kenntnis des Vertreters der Kenntnis der Partei gleich (vgl. Schulte/Schell, a. a. O, § 123 Rn. 28).
Positive Kenntnis von der Fristversäumung haben die Verfahrensbevollmächtigten der Patentinhaberin zwar erst durch den Zugang der patentamtlichen Mitteilung vom 21. Januar 2015 zur Leitakte 50 2004 008 735.3 am 26. Januar 2015 erhalten, wobei hiervon ausgehend die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags am 26. März 2015 noch rechtzeitig erfolgt wäre. Auf das Schreiben des Patentamts vom 19. November 2014, mit dem die Rücklastschrift bezüglich der Einzahlungsliste vom 31. Oktober 2014 mitgeteilt worden ist, kann dagegen nicht abgestellt werden, denn der Empfang des Schreibens wird von den Vertretern nicht bestätigt und Zustellnachweise sind nicht vorhanden.
Allerdings ist hier anzunehmen, dass die Verfahrensbevollmächtigten der Patentinhaberin die Säumnis bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt schon früher hätten erkennen können. Auf die Kenntnis von Frau F… als Hilfsperson, die aufgrund des Kontoauszugs der D… am 18. oder 19. November 2014 (oder noch früher aufgrund telefonischer Mitteilung der Bank am 17. November 2014) von der Rücklastschrift wusste, kommt es zwar nicht an (vgl. Schulte/Schell, a. a. O, § 123 Rn. 28). Doch kann weder dem Wiedereinsetzungsantrag noch der eidesstattlichen Versicherung entnommen werden, dass für Frau F… eine Anweisung bestanden hatte, die Anwälte über die Rücklastschrift zu informieren. In einer Anwaltskanzlei muss aber durch geeignete organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden, dass ein so außergewöhnlicher und bedeutsamer Vorgang wie die Rückbuchung eines Gebührenbetrages, der zum Verlust des betroffenen Schutzrechts führen kann, unmittelbar dem Anwalt zur Kenntnis gebracht wird (vgl. z. B. die Senatsbeschlüsse vom 21. Januar 2016, 7 W (pat) 90/14 unter II.4, juris Tz. 25, und vom 25. April 2016, 7 W (pat) 5/15, juris Tz. 49). Aufgrund dieses Organisationsmangels ist als Wegfall des Hindernisses bereits der Zeitpunkt anzunehmen, in dem Mitte November 2014 die D… … die Kanzlei mittels der Kontoauszüge über die Rücklastschrift informiert hat.
Soweit im Beschwerdeverfahren vorgetragen worden ist, dass die Prüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten von Frau F… auch die Notwendigkeit der Unterrichtung eines der Anwälte über auftretende Probleme eingeschlossen habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Zum einen handelt es sich insoweit um neuen Sachvortrag, der außerhalb der Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG gemacht worden und deshalb grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist. Zum anderen ergibt sich aus einer solchen Anweisung nicht hinreichend deutlich, unter welchen Voraussetzungen eine Unterrichtung des Anwalts zwingend erforderlich ist (vgl. BGH GRUR 2014, 102, Tz. 16 – Bergbaumaschine - bezüglich einer Anweisung, alle erkennbaren Probleme und Fragen mit dem verantwortlichen Anwalt zu klären). Der mit der Gebührenzahlung betrauten Mitarbeiterin war damit die Möglichkeit eröffnet, auch im Falle einer Rücklastschrift die Angelegenheit ohne Rücksprache mit dem Anwalt zu erledigen, wenn sie der Auffassung war, dass eine anderweitige Zahlung das Problem lösen könnte. Dies ist angesichts der weitreichenden Folgen, die eine Rücklastschrift für den Bestand des Schutzrechts mit sich bringt, nicht ausreichend.
Die zweimonatige Antragsfrist hat deshalb bereits Mitte Januar 2015 geendet mit der Folge, dass der am 26. März 2015 gestellte Wiedereinsetzungsantrag verspätet war.
3. Im Übrigen ist der Antrag auf Wiedereinsetzung aber auch in der Sache nicht begründet. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG darf Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn der Säumige die Frist ohne Verschulden versäumt hat. Der Vortrag der Patentinhaberin ist jedoch nicht geeignet, ein ihr gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden ihrer anwaltlichen Vertreter an der Versäumung der Frist auszuschließen.
Vorliegend ist die fristgerechte Zahlung der Jahresgebühr mittels SEPA-Lastschrift unstreitig deshalb fehlgeschlagen, weil auf Grund einer unzureichenden Deckung des bezogenen Kontos eine Rücklastschrift stattgefunden hat. Dies fällt grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des Zahlungsschuldners und ist von diesem zu vertreten (vgl. z. B. die Senatsbeschlüsse vom 21. Januar 2016, 7 W (pat) 90/14 unter II.4, juris Tz. 24, und vom 25. April 2016, 7 W (pat) 5/15, juris Tz. 28). Die vorliegende, in der Kanzlei der Verfahrensbevollmächtigten geschilderte Vorgehensweise im Zusammenhang mit Lastschriften rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
Das in der Kanzlei im Zusammenhang mit Gebührenzahlungen damals praktizierte Verfahren war vielmehr mit einem hohen Risiko behaftet und stellte daher einen gravierenden Organisationsmangel dar. Dies betrifft zunächst die in dem Wiedereinsetzungsantrag geschilderte Vorgehensweise der telefonischen Verständigung. Ein Anwalt, der zur Zahlung einer Patentgebühr beim Patentamt eine SEPA-Last- schrift einreicht, muss dafür Sorge tragen, dass das bezogene Konto ausreichend gedeckt ist bzw. dass ein ausreichender Rahmen für die Überziehung des Kontos zur Verfügung steht. Er darf sich keineswegs darauf verlassen, im Fall einer drohenden Unterdeckung von einem Bankmitarbeiter einen Hinweis zu erhalten, damit dann seitens der Kanzlei für den erforderlichen Kontostand gesorgt werden kann. Dass dieser Hinweis nicht immer mit ausreichender Zuverlässigkeit erfolgt, wird aus dem vorgelegten Schreiben eines Mitarbeiters der … (Anlage 4 zum Wiedereinsetzungsantrag) deutlich. Auch im vorliegenden Fall steht aufgrund der Angaben im Wiedereinsetzungsantrag bzw. in der eidesstattlichen Versicherung von Frau F… nicht fest, dass tatsächlich eine rechtzeitige telefonische Mitteilung erfolgt ist. Hinzu kommt, dass sich die mit den verschiedenen Bankangestellten getroffenen Vereinbarungen offenbar auf die Meldung einer drohenden Lastschrift-Rückgabe beschränkten. Sie waren nicht darauf angelegt, die Lastschrift-Rückgabe dadurch zu verhindern, dass das jeweilige Konto erst zu einem Zeitpunkt belastet wurde, in dem eine ausreichende Deckung vorhanden war.
Soweit darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, dass in der Kanzlei die Anweisung bestanden habe, täglich online die Konten am Vormittag zu kontrollieren und bei Erkennen einer Überbuchung bzw. Unterdeckung am Geldautomaten eine Sofortüberweisung auf das betreffende Konto zu veranlassen, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der außerhalb der Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG gemacht worden und deshalb grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist.
Doch auch unter Einbeziehung dieser Angaben stellt sich die geschilderte Verfahrensweise als risikobehaftet dar. Dies zeigt sich bereits darin, dass sie bei früheren Gelegenheiten Rücklastschriften nicht verhindern konnte. Dabei ist nicht nur an die vom Patentamt genannten früheren Wiedereinsetzungsfälle zu denken, sondern auch an die im vorliegenden Fall bereits im Juli 2014 erfolgte Rücklastschrift. Auf Grund dieser Vorfälle hätte es die anwaltliche Sorgfaltspflicht geboten, die Zahlung der Patentgebühren neu und zuverlässig zu organisieren. Damit bleibt es auch unter Berücksichtigung dieses neuen Vortrags dabei, dass den Verfahrensbevollmächtigten der Patentinhaberin im Zusammenhang mit der Abwicklung der Gebührenzahlung ein Sorgfaltsverstoß zur Last fällt.
Somit hätte der Antrag auf Wiedereinsetzung selbst bei unterstellter Zulässigkeit keinen Erfolg haben können.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be- schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Rauch Püschel Dr. Schnurr prö