7 Ni 8/15 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 8/15 (EP) (Aktenzeichen)
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL An Verkündungs Statt zugestellt am
3. August 2016 …
In der Patentnichtigkeitssache …
BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 882 795 (DE 501 15 523)
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, des Richters Dipl.-Ing. Küest, der Richterin Dr. Schnurr und der Richter Dr.-Ing. Großmann und Dipl.-Ing. Univ. Richter für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 882 795 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten:
1. Großmanipulator für Betonpumpen, mit einem auf einem Gestell (11) angeordneten, vorzugsweise um eine vertikale Drehachse (13) drehbaren Mastbock (21), mit einem aus mindestens drei Mastarmen (23 bis 27) zusammengesetzten, als Betonverteilermast ausgebildeten, eine Betonförderleitung tragenden Knickmast (22), welche Mastarme (23 bis 27) um jeweils horizontale, zueinander parallele Knickachsen (28 bis 32) paarweise gegenüber dem benachbarten Mastbock (21) oder Mastarm (28 bis 26) mittels je eines Antriebsaggregats (34 bis 38) begrenzt verschwenkbar sind, mit einer vorzugsweise fernbedienbaren Steuereinrichtung (50, 62, 52) für die Mastbewegung mit Hilfe von den einzelnen Antriebsaggregaten (34 bis 38) zugeordneten Stellgliedern (68 bis 76), und mit Mitteln (82, 84, 86) zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast (22), dadurch gekennzeichnet, dass jedes der Antriebsaggregate (34 bis 38) einen doppeltwirkenden Hydrozylinder aufweist, an dessen stangen- und bodenseitigen Ende je ein Druckaufnehmer (84, 86) zur Bestimmung der von den mechanischen Schwingungen des betreffenden Mastarms (23 bis 27) abgeleiteten zeitabhängigen Messgröße Δp, welche die zeitabhängige Druckdifferenz zwischen Boden- und Stangenseite des Hydrozylinders ist, angeordnet ist, die über ein Vergleicher- oder Differenzglied mit einer ausgangsseitig an das zugehörige Stellglied (68 bis 76) angeschlossenen Auswerteeinheit zur Erzeugung eines Dämpfungssignals verbunden sind, und durch eine Anordnung zur Driftkompensation des in eine Arbeitsstellung ausgefahrenen Knickmasts (22), die mindestens einen an einem der Mastarme (27) angeordneten Raumwinkelsensor (94) oder Abstandssensor, einen Sollwertspeicher (96) sowie einen mit dem Sollwertspeicher und dem Ausgang des Raumwinkel- oder Abstandssensors verbundenen Vergleicher zur Ansteuerung der Stellglieder (68 bis 76) aufweist, und die dazu ausgebildet ist, dass der Knickmast bei einer Abweichung vom Sollwert während der Pumptätigkeit nachgeführt wird.
2. Großmanipulator nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Raumwinkel- oder Abstandssensor am Endarm (27) des Knickmasts (22) angeordnet ist.
3. Großmanipulator nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Sollwertspeicher (96) über eine Steuerroutine mit dem digitalen Ausgangssignal des Raumwinkel- oder Abstandssensors (94) beaufschlagbar ist.
4. Großmanipulator nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Hydrozylinder über je ein das zugehörige Stellglied bildendes Proportionalwechselventil (68 bis 76) mit Drucköl beaufschlagbar sind.
5. Großmanipulator nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Auswerteeinheit (82) einen analogen oder digitalen Hochpassfilter (90, 92) enthält.
6. Großmanipulator nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Grenzfrequenzen der zu den einzelnen Mastarmen (23 bis 27) gehörenden Hochpassfilter (90, 92) unabhängig voneinander einstellbar sind.
7. Großmanipulator nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Grenzfrequenzen der Hochpassfilter (90, 92) nach Maßgabe der Eigenfrequenz der zugehörigen Mastarme (23 bis 27) einstellbar sind.
8. Großmanipulator nach einem der Ansprüche 5 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Grenzfrequenzen der Hochpassfilter (90, 92) auf einen Wert von 0,2 bis 10 Hz einstellbar sınd.
9. Großmanipulator nach einem der Ansprüche 5 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Hochpassfilter durch einen Tiefpassfilter (90) gebildet ist, dessen Eingang über einen Vergleicher (92) auf dessen Ausgang aufgeschaltet ist.
10. Großmanipulator nach einem der Ansprüche 5 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass jeder Hochpassfilter (90, 92) eine aperiodische Übergangsfunktion bildet.
11. Großmanipulator nach einem der Ansprüche 5 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass jedem Hochpassfilter (90, 92) eine Bewertungs- und Sicherheitsschaltung oder –routine (93) nachgeordnet ist.
12. Großmanipulator nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Bewertungs- und Sicherungsschaltung oder –routine (94) eingangsseitig mit den Ausgangssignalen (ps, pb) der beiden Drucksensoren (84, 86) beaufschlagbar ist.
13. Großmanipulator nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinrichtung einen Mikrocontroller (52) mit einem Koordinatengeber (64) zur Ansteuerung der Stellglieder (68 bis 76) aufweist, der eingabeseitig über ein BUS-System (63) und eine Fernsteuereinrichtung (50, 64) mit Fahrdaten für die Mastbewegung beaufschlagbar ist, dass jedem Stellglied zusätzlich ein die Dämpfungseinheit (82) bildender Übertrager zugeordnet ist, der eingabeseitig mit der zum betreffenden Mastarm (23 bis 27) gehörenden Messgröße (Δp) beaufschlagbar ist.
14. Verfahren zur Dämpfung mechanischer Schwingungen eines als, eine Betonförderleitung tragenden, Betonverteilermast ausgebildeten, Knickmasts (22) in einem Großmanipulator, bei welchem die Mastarme (23 bis 27) des Knickmasts (22) mittels je eines als Hydrozylinder ausgebildeten Antriebsaggregats (34 bis 38) relativ zueinander verschwenkbar sind, wobei die Mastbewegung mit einer vorzugsweise fernbedienbaren Steuereinrichtung (50, 62, 52) erfolgt, dadurch gekennzeichnet, dass an jedem der Antriebsaggregate (34 bis 38) eine von den mechanischen Schwingungen des betreffenden Mastarms (23 bis
27) abgeleitete zeitabhängige Druckdifferenz Δp zwischen Boden- und Stangenseite des Hydrozylinders bestimmt wird, die in einer Auswerteeinheit (82) unter Bildung eines dynamischen Dämpfungssignals ausgewertet wird, das einem das betreffende Antriebsaggregat ansteuernden Stellglied (68 bis 76) aufgeschaltet wird, und dadurch, dass zur Driftkompensation bei in eine Arbeitsstellung ausgefahrenem Knickmast (22) die Neigung oder der Bodenabstand des Endarms in vorgegebenen Zeitabständen gemessen und mit einem zuvor abgespeicherten Sollwert verglichen wird, und dass beim Auftreten einer Abweichung vom Sollwert während der Pumptätigkeit der Knickmast durch Ansteuerung der Stellglieder (68 bis 76) nachgeführt wird.
II. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Klage richtet sich gegen das europäische Patent 1 882 795, das im Wege der Teilung aus der internationalen Anmeldung WO 2002/025036 vom 4. Juli 2001 hervorgegangen ist und die Priorität der deutschen Voranmeldung 100 46 546 vom 19. September 2000 in Anspruch nimmt. Das Streitpatent ist in deutscher Sprache u. a. für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilt worden und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 501 15 523 geführt. Es betrifft eine als „Großmanipulator mit Schwingungsdämpfer“ bezeichnete Erfindung und umfasst in der erteilten Fassung 19 Ansprüche, wobei die Ansprüche 2 bis 14 unmittelbar bzw. mittelbar auf den Erzeugnisanspruch 1 rückbezogen sind, während Anspruch 15 und die darauf unmittelbar bzw. mittelbar rückbezogenen Ansprüche 16 bis 19 ein Verfahren zum Gegenstand haben.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 15 haben in der erteilten Fassung folgenden Wortlaut:
1. Großmanipulator, insbesondere für Betonpumpen, mit einem auf einem Gestell (11) angeordneten, vorzugsweise um eine vertikale Drehachse (13) drehbaren Mastbock (21), mit einem aus mindestens drei Mastarmen (23 bis 27) zusammengesetzten, vorzugsweise als Betonverteilermast ausgebildeten Knickmast (22), welche Mastarme (23 bis 27) um jeweils horizontale, zueinander parallele Knickachsen (28 bis 32) paarweise gegenüber dem benachbarten Mastbock (21) oder Mastarm (28 bis 26) mittels je eines Antriebsaggregats (34 bis 38) begrenzt verschwenkbar sind, mit einer vorzugsweise fernbedienbaren Steuereinrichtung (50, 62, 52) für die Mastbewegung mit Hilfe von den einzelnen Antriebsaggregaten (34 bis 38) zugeordneten Stellgliedern (68 bis 76), und mit Mitteln (82, 84, 86) zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast (22), gekennzeichnet durch eine Anordnung zur Driftkompensation des Knickmasts (22), die mindestens einen an einem der Mastarme (27) angeordneten Raumwinkelsensor (94) oder Abstandssensor, einen Sollwertspeicher (96) sowie einen mit dem Sollwertspeicher und dem Ausgang des Raumwinkel- oder Abstandssensors verbundenen Vergleicher zur Ansteuerung mindestens eines der Stellglieder (68 bis 76) aufweist.
15. Verfahren zur Dämpfung mechanischer Schwingungen eines Knickmasts (22) in einem Großmanipulator, bei welchem die Mastarme (23 bis 27) des Knickmasts (22) mittels eines Antriebsaggregats (34 bis 38) relativ zueinander verschwenkbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass bei in eine Arbeitsstellung ausgefahrenem Knickmast (22) die Neigung oder der Bodenabstand des Endarms in vorgegebenen Zeitabständen gemessen und mit einem zuvor abgespeicherten Sollwert verglichen wird, und dass beim Auftreten einer Abweichung vom Sollwert der Knickmast durch Ansteuerung mindestens eines der Stellglieder (68 bis 76) nachgeführt wird.
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 14 und 16 bis 19 wird auf die Streitpatentschrift EP 1 882 795B1 Bezug genommen.
Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ) geltend und beruft sich hierfür auf folgende Publikationen:
NK1 NK2 NK3 NK4 Dr.-Ing. Hartmut Benckert: Rechnergesteuerte Betonverteilung, in: BMT Baumaschine + Bautechnik, Heft 6, Dezember 1992, Seiten 359 - 362 Werner Bernzen: Zur Regelung elastischer Roboter mit hydrostatischen Antrieben, Dissertation, in: Fortschritt-Berichte VDI, Reihe 8, Nr. 788, VDI Verlag GmbH, Düsseldorf, 1999 Dirk Nissing, Werner Bernzen, Torsten Wey: Initial Steps to Vibration Control of a Concrete Pump, 16th ISAARC/IFAC/IEEE, International Symposium on Automation and Robotics in Construction, Madrid, 22. - 24. 9. 1999 DE 39 25 276 C2 NK5 NK6 NK7 NK8 NK9 DE 195 03 895 A1 DE 195 00 738 C1 Kuntze, H.-B.; Hirsch, U.; Jacubasch, A.; Eberle, F.; Göller, B.: On the dynamic control of a hydraulic large range roboter for construction applications, in: Automation in Construction 4, 1995, Seiten 61 - 73 Schumacher, H.; Braun, J.: Skywash: Innovative Steuerungsfunktionen für Großroboter, in: VDI-Berichte Nr. 1094, 1993, Seiten 97 - 109 JP 63-65508 A mit deutscher Übersetzung NK9a Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 882 795 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im gesamten Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat zuletzt beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die Patentansprüche 1 bis 14 in der Fassung des Hauptantrags (Anlage B3 zum Schriftsatz vom 11. April 2016, Bl. 216 ff. d. A.) richtet, hilfsweise, soweit sie sich gegen die Patentansprüche 1 bis 14 in der Fassung des ersten Hilfsantrags (Anlage 1 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung) richtet, weiter hilfsweise, soweit sie sich gegen die Patentansprüche 1 bis 8 in der Fassung des zweiten Hilfsantrags (Anlage 2 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung) richtet.
In der Fassung gemäß Hauptantrag lauten die dort nebengeordneten Ansprüche 1 und 14 wie folgt (Änderungen gegenüber den erteilten Ansprüchen 1 bzw. 15 durch Streichung bzw. Unterstreichung kenntlich gemacht):
1. Großmanipulator, insbesondere für Betonpumpen, mit einem auf einem Gestell (11) angeordneten, vorzugsweise um eine vertikale Drehachse (13) drehbaren Mastbock (21), mit einem aus mindestens drei Mastarmen (23 bis 27) zusammengesetzten, vorzugsweise als Betonverteilermast ausgebildeten, eine Betonförderleitung tragenden Knickmast (22), welche Mastarme (23 bis 27) um jeweils horizontale, zueinander parallele Knickachsen (28 bis 32) paarweise gegenüber dem benachbarten Mastbock (21) oder Mastarm (28 bis 26) mittels je eines Antriebsaggregats (34 bis 38) begrenzt verschwenkbar sind, mit einer vorzugsweise fernbedienbaren Steuereinrichtung (50, 62, 52) für die Mastbewegung mit Hilfe von den einzelnen Antriebsaggregaten (34 bis 38) zugeordneten Stellgliedern (68 bis 76), und mit Mitteln (82, 84, 86) zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast (22), dadurch gekennzeichnet, dass jedes der Antriebsaggregate (34 bis 38) einen doppeltwirkenden Hydrozylinder aufweist, an dessen stangen- und bodenseitigen Ende je ein Druckaufnehmer (84, 86) zur Bestimmung der von den mechanischen Schwingungen des betreffenden Mastarms (23 bis 27) abgeleiteten zeitabhängigen Messgröße Δp, welche die zeitabhängige Druckdifferenz zwischen Boden- und Stangenseite des Hydrozylinders ist, angeordnet ist, die über ein Vergleicher- oder Differenzglied mit einer ausgangsseitig an das zugehörige Stellglied (68 bis 76) angeschlossenen Auswerteeinheit zur Erzeugung eines Dämpfungssignals verbunden sind, und gekennzeichnet durch eine Anordnung zur Driftkompensation des in eine Arbeitsstellung ausgefahrenen Knickmasts (22), die mindestens einen an einem der Mastarme (27) angeordneten Raumwinkelsensor (94) oder Abstandssensor, einen Sollwertspeicher (96) sowie einen mit dem Sollwertspeicher und dem Ausgang des Raumwinkeloder Abstandssensors verbundenen Vergleicher zur Ansteuerung mindestens eines der Stellglieder (68 bis 76) aufweist, und die dazu ausgebildet ist, dass der Knickmast bei einer Abweichung vom Sollwert während der Pumptätigkeit nachgeführt wird.
14. Verfahren zur Dämpfung mechanischer Schwingungen eines als, eine Betonförderleitung tragenden, Betonverteilermast ausgebildeten, Knickmasts (22) in einem Großmanipulator, bei welchem die Mastarme (23 bis 27) des Knickmasts (22) mittels je eines als Hydrozylinder ausgebildeten Antriebsaggregats (34 bis 38) relativ zueinander verschwenkbar sind, wobei die Mastbewegung mit einer vorzugsweise fernbedienbaren Steuereinrichtung (50, 62, 52) erfolgt, dadurch gekennzeichnet, dass an jedem der Antriebsaggregate (34 bis 38) eine von den mechanischen Schwingungen des betreffenden Mastarms (23 bis 27) abgeleitete zeitabhängige Druckdifferenz Δp zwischen Boden- und Stangenseite des Hydrozylinders bestimmt wird, die in einer Auswerteeinheit (82) unter Bildung eines dynamischen Dämpfungssignals ausgewertet wird, das einem das betreffende Antriebsaggregat ansteuernden Stellglied (68 bis 76) aufgeschaltet wird, und dadurch gekennzeichnet, dass zur Driftkompensation bei in eine Arbeitsstellung ausgefahrenem Knickmast (22) die Neigung oder der Bodenabstand des Endarms in vorgegebenen Zeitabständen gemessen und mit einem zuvor abgespeicherten Sollwert verglichen wird, und dass beim Auftreten einer Abweichung vom Sollwert während der Pumptätigkeit der Knickmast durch Ansteuerung mindestens eines der Stellglieder (68 bis 76) nachgeführt wird.
Zum Wortlaut der Ansprüche nach den beiden Hilfsanträgen sowie der mit dem Hauptantrag verteidigten, unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche wird auf die Anlage B3 zum Schriftsatz vom 11. April 2016 sowie auf die Anlagen 1 und 2 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Die Klägerin hält die von der Beklagten in den verschiedenen Anspruchsfassungen vorgenommenen Änderungen für unzulässig, weil sie gegenüber der ursprünglichen Anmeldung unzulässig erweitert seien. Außerdem seien die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 1 und 14 gemäß Hauptantrag der Beklagten dem Fachmann am Prioritätstag ausgehend von der Druckschrift NK5 in Kombination z. B. mit NK4 oder NK9 nahegelegt gewesen. Auch die hilfsweise verteidigten Anspruchsfassungen seien nicht patentfähig.
Die Beklagte hält die nebengeordneten Ansprüche 1 und 14 in der von ihr mit Hauptantrag und erstem Hilfsantrag, zumindest die Ansprüche 1 und 8 gemäß zweitem Hilfsantrag, für bestandsfähig; die Unteransprüche hätten auf Grund ihres Rückbezugs an dieser Bestandskraft teil.
Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 25. Februar 2016 einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG zukommen lassen.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die beiderseits eingereichten Schriftsätze und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe Die auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ) gestützte Klage ist zulässig und in der Sache teilweise begründet. Soweit das Streitpatent über die von der Beklagten mit Hauptantrag verteidigte Fassung hinausgeht, ist es ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (Schulte/Voit, PatG, 9. Aufl., § 81 Rn. 127). Im Übrigen erweist sich das Streitpatent als bestandsfähig.
I.
1. In der Beschreibung der Streitpatentschrift (Absätze 1 und 2) wird von einem im Stand der Technik bekannten Großmanipulator ausgegangen, der alle im Oberbegriff des (erteilten) Anspruchs 1 des Streitpatents genannten Merkmale aufweise, bei dem allerdings keine Anordnung zur Driftkompensation vorgesehen sei. Der Knickmast eines solchen Großmanipulators sei seiner Konstruktion nach ein elastisch schwingungsfähiges System, das zu Eigenschwingungen angeregt werden könne. Eine resonante Anregung solcher Schwingungen könne dazu führen, dass die Mastspitze mit Amplituden von einem Meter und mehr schwinge. Eine Schwingungsanregung sei zum Beispiel durch den pulsierenden Betrieb einer Betonpumpe und durch die hieraus resultierende periodische Beschleunigung und Verzögerung der durch die Förderleitung gedrängten Betonsäule möglich. Dies habe zur Folge, dass der Beton nicht mehr gleichmäßig verteilt werden könne und der Arbeiter, der den Endschlauch führt, gefährdet werde. Um dies zu vermeiden, werde bei einer aus DE 195 03 895 A1 (= Entgegenhaltung NK5) bekannten Betonpumpe mit Knickmast die Verwendung eines Lageregelkreises vorgeschlagen, der innerhalb eines vorgebbaren Variationsbereichs das Niveau der Mastspitze bezüglich einer ortsfesten horizontalen Bezugsebene stabilisiere. Hierzu sei eine Sensoreinrichtung vorgesehen, über deren Ausgangssignale ein Koordinatenstellantrieb zur kompensatorischen Auslenkung der Mastspitze oder des Endschlauchs ansteuerbar sei. Es habe sich gezeigt, dass diese Maßnahmen recht aufwendig seien und nicht immer zu dem gewünschten Ergebnis führten. Die für die Regelung erforderliche Armbewegungssensorik spreche erst an, wenn die Bewegung bereits ausgeführt werde, wenn es also schon zu spät sei. Es lasse sich damit also keine ausreichende Regelgüte erzielen. Außerdem sei damit eine Driftkompensation nicht möglich.
Ausgehend hiervon liege der Erfindung die Aufgabe zugrunde, Vorkehrungen und Verfahrensmaßnahmen zu treffen, um mit einfachen Mitteln eine optimale Mastbedämpfung mit Driftkompensation zu ermöglichen (Beschreibung Absatz 3).
2. Diese Aufgabe will das Streitpatent durch ein Erzeugnis mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 sowie durch ein Verfahren gemäß Anspruch 14 lösen. Die Merkmale dieser Ansprüche in der von der Beklagten mit ihrem Hauptantrag verteidigten Fassung können - entsprechend einem Vorschlag der Beklagten - wie folgt gegliedert werden:
Anspruch 1 gemäß Hauptantrag Großmanipulator für Betonpumpen mit 1.1 einem auf einem Gestell (11) angeordneten, vorzugsweise um eine vertikale Drehachse (13) drehbaren Mastbock (21), 1.2 einem aus mindestens drei Mastarmen (23 bis 27) zusammengesetzten, als Betonverteilermast ausgebildeten, eine Betonförderleitung tragenden Knickmast (22), 1.3. die Mastarme (23 bis 27) sind um jeweils horizontale, zueinander parallele Knickachsen (28 bis 32) paarweise gegenüber dem benachbarten Mastbock (21) oder Mastarm (28 bis 26) mittels je eines Antriebsaggregats (34 bis 38) begrenzt verschwenkbar, 1.4 eine vorzugsweise fernbedienbare Steuereinrichtung (50, 62, 52) für die Mastbewegung mit Hilfe von den einzelnen Antriebsaggregaten (34 bis 38) zugeordneten Stellgliedern (68 bis 76), und 1.5 Mittel (82, 84, 86) zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast (22), 1.5.1 jedes der Antriebsaggregate (34 bis 38) weist einen doppelt wirkenden Hydrozylinder auf, an dessen stangen- und bodenseitigen Ende je ein Druckaufnehmer (84, 85) zur Bestimmung der von den mechanischen Schwingungen des betreffenden Mastarms (23 bis 27) abgeleiteten zeitabhängigen Messgröße Δp angeordnet ist,
1.5.1.a die zeitabhängige Messgröße Δp ist die zeitabhängige Druckdifferenz zwischen Bodenund Stangenseite des Hydrozylinders,
1.5.1.b die Druckaufnehmer sind über ein Vergleicheroder Differenzglied mit einer ausgangsseitig an das zugehörige Stellglied (68 bis 76) angeschlossenen Auswerteeinheit zur Erzeugung eines Dämpfungssignals verbunden,
1.6 eine Anordnung zur Driftkompensation des in eine Arbeitsposition ausgefahrenen Knickmasts (22) weist auf
1.6.1 mindestens einen an einem der Mastarme (27) angeordneten Raumwinkelsensor (94) oder Abstandssensor,
1.6.2 einen Sollwertspeicher (96) sowie
1.6.3 einen mit dem Sollwertspeicher und dem Ausgang des Raumwinkel- oder Abstandssensors verbundenen Vergleicher zur Ansteuerung der Stellglieder (68 bis 76),
1.6.4 die Anordnung zur Driftkompensation ist dazu ausgebildet,
dass der Knickmast bei einer Abweichung vom Sollwert während der Pumptätigkeit nachgeführt wird.
Anspruch 14 gemäß Hauptantrag Verfahren zur Dämpfung mechanischer Schwingungen 14.1 eines als Betonverteilermast ausgebildeten, eine Betonförderleitung (16) tragenden Knickmasts (22) in einem Großmanipulator, 14.2 bei welchem die Mastarme (23 bis 27) des Knickmasts (22) mittels je eines als Hydrozylinder ausgebildeten Antriebsaggregats (34 bis 38) relativ zueinander verschwenkbar sind,
14.3 wobei die Mastbewegung mit einer vorzugsweise fernbedienbaren Steuereinrichtung (50, 62, 52) erfolgt, und
14.4 wobei an jedem der Antriebsaggregate (34 bis 38) eine von der mechanischen Schwingung des betreffenden Mastarms abgeleitete zeitabhängige Messgröße Δp zwischen Bodenund Stangenseite des Hydrozylinders bestimmt wird,
14.4.1 die zeitabhängige Druckdifferenz Δp wird in einer Auswerteeinheit (82) unter Bildung eines dynamischen Dämpfungssignals ausgewertet,
14.4.2 das Dämpfungssignal wird einem das betreffende Antriebsaggregat ansteuernden Stellglied (68 bis 76) aufgeschaltet,
14.5. bei in eine Arbeitsstellung ausgefahrenem Knickmast (22) wird zur Driftkompensation
14.5.1 die Neigung oder der Bodenabstand des Endarms in vorgegebenen Zeitabständen gemessen und
14.5.2 mit einem zuvor abgespeicherten Sollwert verglichen, und
14.5.3 beim Auftreten einer Abweichung vom Sollwert während der Pumptätigkeit wird der Knickmast durch Ansteuerung der Stellglieder (68 bis 76)
nachgeführt.
3. Zuständiger Durchschnittsfachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents und für die Interpretation des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein Diplomingenieur (TU) der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Antriebs- und Steuerungseinheiten bei Manipulatoren für Betonpumpen bzw. Verteilermasten für Autobetonpumpen, der entweder selbst über ausreichende regelungstechnische Kenntnisse verfügt oder hierfür einen entsprechend ausgebildeten Steuerungs-und Regelungstechniker zu Rate zieht.
4. Der Fachmann geht bei der Auslegung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag von folgendem Verständnis aus:
Die Merkmale 1.1 bis 1.4 definieren einen Großmanipulator für Betonpumpen, der im Wesentlichen einen aus mindestens drei Mastarmen zusammengesetzten, eine Betonförderleitung tragenden Knickmast sowie eine Steuereinrichtung für die Mastbewegung aufweist. Dabei sind die Mastarme über Antriebsaggregate, denen entsprechende Stellglieder zugeordnet sind, um horizontale Knickachsen verschwenkbar.
Gemäß dem Merkmal 1.5 sind Mittel zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast vorgesehen, wobei die zu dämpfenden Schwingungen des Knickmastes durch den Betrieb der pulsierend arbeitenden Betonpumpe angeregt werden (vgl. Streitpatentschrift, Beschreibung Spalte 1, Absatz 18, erster Satz). Die Mittel zur Dämpfung umfassen Drucksensoren am bodenseitigen und stangenseitigen Ende eines jeden als Hydrozylinder ausgebildeten Antriebsaggregates (Merkmal 1.5.1). Da die mechanischen Schwingungen des Mastarms bzw. die hieraus resultierenden Kräfte zu Druckschwankungen im Hydrozylinder führen, kann aus diesen Druckschwankungen ein zeitabhängiges, für die Schwingung relevantes Signal abgeleitet werden.
Entsprechend Merkmal 1.5.1.a wird als zeitabhängige Messgröße die Druckdifferenz der beiden unveränderten Drucksignale verwendet. Hiervon ausgehend wird in einer Auswerteeinheit, die ausgangsseitig an das jeweilige zugehörige Stellglied angeschlossen ist, gemäß Merkmal 1.5.1.b ein Dämpfungssignal erzeugt.
Da diese Art der Schwingungsdämpfung zu einer Driftbewegung führen kann und während des Pumpbetriebs keine Positionsregelung erfolgt, ist gemäß Merkmalsgruppe 1.6 eine Anordnung zur Driftkompensation vorgesehen, um den Knickmast in seiner definierten, d. h. stationären Arbeitsposition zu halten (Streitpatentschrift, Beschreibung Absätze 5 und 20, jeweils erster Satz).
Soweit die Klägerin einwendet, dass auch während des Pumpbetriebs bzw. bei der Betonförderung eine Verfahrbewegung stattfinden könne, hat die Beklagte dem zutreffend entgegengehalten, dass eine Driftkompensation aus fachmännischer Sicht in diesem Fall unnötig ist, weil eine geregelte Verfahrbewegung ohnehin mit einer Positionsänderung verbunden ist.
Die beanspruchte Anordnung ist dazu ausgebildet, den Knickmast bei einer Abweichung vom Sollwert während der Pumptätigkeit wieder in die (Soll-) Arbeitsstellung zurückzuführen (Merkmal 1.6.4). Hierfür weist sie mindestens einen Raumwinkelsensor oder Abstandssensor sowie einen Sollwertspeicher auf (Merkmale 1.6.1, 1.6.2). Über einen Soll-Ist-Vergleich der aus den beiden vorgenannten Komponenten erhaltenen Informationen erfolgt die Ansteuerung aller Stellglieder des Knickmastes (Merkmal 1.6.3).
Somit ist festzuhalten, dass die Anordnung zur Driftkompensation Abweichungen der Mastspitze von der (stationären) Sollposition einer definierten Arbeitsstellung während des Zeitraums des Pumpbetriebs kompensieren soll, in dem zwar eine Mastbedämpfung, jedoch keine Positionsregelung erfolgt.
II.
Die Fassung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag der Beklagten ist zulässig.
1. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist diese Anspruchsfassung gegenüber den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen (vgl. WO 2002/025036 A1) nicht unzulässig erweitert.
Dem steht nicht entgegen, dass die Kombination der zusätzlich aufgenommenen Merkmale 1.5.1 und 1.5.1.a in den Unterlagen der ursprünglichen Anmeldung
(WO 2002/025036 A1, Seite 8, zweiter Absatz) in einem Ausführungsbeispiel im Kontext mit weiteren Merkmalen, u. a. der speziellen Ausgestaltung der Antriebsaggregate und der zugehörigen Sensorik einschließlich der damit gewonnenen Messgrößen (Druckdifferenz), offenbart ist. Es ist nämlich nicht generell unzulässig, von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels nur einzelne in den Patentanspruch aufzunehmen. Die beanspruchte Kombination muss lediglich in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann (vgl. BGH BlPMZ 1990, 325 - Spleißkammer; BGH BlPMZ 2014, 363 Kommunikationskanal (zur Beanspruchung der Priorität); BGH BlPMZ 2015, 315 Schleifprodukt). Diese Voraussetzung ist hier gegeben, denn der Fachmann weiß, dass die genannten Merkmale des Ausführungsbeispiels - wie das Vorhandensein eines Hochpassfilters und die Einstellung des für die Schwingungsdämpfung notwendigen Verstärkungsgrades - lediglich übliche Maßnahmen darstellen, die als solche mit den Merkmalsgruppen 1.5.1 und 1.5.1a gerade nicht untrennbar verknüpft sind.
Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Verwendung von doppelt wirkenden Hydrozylindern. Auch wenn diese in den Unterlagen der ursprünglichen Anmeldung nur in Kombination mit Proportionalwechselventilen als Stellgliedern offenbart sind (WO 2002/025036 Seite 7, zweiter Absatz), stellt es keine unzulässige Erweiterung dar, wenn nach dem geänderten Anspruchswortlaut (Merkmal 1.5.1) zwar Hydrozylinder, nicht jedoch Proportionalwechselventile, bei denen es sich um fachübliche Ausgestaltungen handelt, verlangt werden. Dabei mag es sich im Hinblick auf die Schwingungsbedämpfung durchaus um eine vorteilhafte Kombination handeln. Dem Fachmann ist hierbei jedoch bewusst, dass auch andere Ventile eingesetzt werden können. Auch diese Merkmalsgruppen sind nicht untrennbar miteinander verknüpft, so dass der Erfindungsgegenstand auch im Hinblick auf die Verwendung von doppelt wirkenden Hydrozylindern nicht über die ursprünglich eingereichte Fassung hinausgeht.
III.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag der Beklagten ist gegenüber dem von der Klägerin angeführten Stand der Technik als neu anzusehen.
1. Die Offenlegungsschrift NK5 mit dem Titel „Betonpumpe mit Verteilermast“ zeigt in den Figuren 1 und 2 einen Großmanipulator mit den Merkmalen 1 bis 1.4. Dabei werden verschiedene Varianten bzw. Methoden zur Mastbedämpfung sowie zur Stabilisierung des Niveaus des Mastendes aufgezeigt, wobei die auftretenden Auslenkungen aus dem Betonierbetrieb resultieren (siehe Spalte 1, Zeile 56, bis Spalte 2, Zeile 5). Hierzu ist das Endsegment des Mastarms bzw. die Mastspitze mit einem schwingungsneutralisierenden Lageregelkreis ausgestattet, der über eine Driftkompensation verfügt, weil er während des Betonierens das Niveau des mastseitigen Endes bezüglich einer horizontalen Bezugsebene stabilisiert und damit auch eine Lageabweichung der Mastspitze kompensiert.
In NK5 werden auch Mittel zur Schwingungsdämpfung angesprochen, z. B. der Einsatz von Neutralisierungssteuerventilen (siehe NK5, Spalte 2, Zeilen 37 bis 42, i. V. m. Spalte 3, Zeilen 23 bis 28) oder die Erzeugung eines Dämpfungssignals im Sinne des Merkmals 1.5.1.b (siehe NK5, Spalte 9, Zeilen 2 bis 8). Nirgends ist jedoch offenbart, dass das charakteristische Schwingungssignal aus der Druckdifferenz der stangen- und bodenseitige Drücke am Hydrozylinder abgeleitet, und dass diese Maßnahme für jedes Antriebsaggregat eines jeden Mastarms ausgeführt wird (vgl. Merkmale 1.5.1, 1.5.1.a und 1.5.1.b des Streitpatents).
Des Weiteren unterscheidet sich die in NK5 gezeigte Anordnung von der streitpatentgemäßen Anordnung in der Art der Ansteuerung der Stellglieder. Dem Ausführungsbeispiel nach NK5, Figur 6, ist eine Lagerückführung entnehmbar, die unter Einsatz mindestens eines an einem der Mastarme 27 angebrachten Abstandssensors 67 arbeitet und somit nach Aufbau und Arbeitsweise den Anforderungen des Merkmals 1.6.1 entspricht. Während des Betriebs der Betonpumpe wird das Ist-Signal des Abstandssensors 67 in einem Vergleicher 71 mit einem Sollwert- Signal verglichen, das, wie der Fachmann weiß, in einem Sollwertspeicher hinterlegt sein muss. Bei Abweichungen steuert diese Vergleichsstufe also - lediglich das Stellglied des Antriebsaggregates (Hydrozylinder 51) des letzten Mastarms 27 so an, dass der Mastarm 27 in seine Solllage zurückgeführt wird (siehe NK 5, Figur 6, sowie insbesondere Spalte 5, Zeilen 51 bis 67). Es werden damit gerade nicht - wie in Merkmal 1.6.3 vorgesehen - alle Stellglieder und Mastarme angesteuert.
2. Im Unterschied zur Streitpatentschrift betrifft die deutsche Patentschrift NK4 nicht lediglich einen Großmanipulator mit Schwingungsdämpfer, sondern allgemein fluidangetriebene Manipulatoren und Roboter. Es werden dort zwar schwere und große Geräte erwähnt (siehe Spalte 1, Zeilen 34 bis 36), Großmanipulatoren für Betonpumpen in der konkret beanspruchten Bauweise gemäß den Merkmalen 1.1 bis 1.4 werden jedoch nicht ausdrücklich genannt.
NK4 ist ein Lageregelkreis entnehmbar, der zur Schwingungsbedämpfung die wesentlichen Mittel gemäß den Merkmalen 1.5 bis 1.5.1.b, insbesondere die Erzeugung des Dämpfungssignals auf der Grundlage von stangen- und bodenseitigen Drucksignalen am Hydrozylinder aufweist (vgl. NK4 Figur 2 i. V. m. Spalte 1, Zeilen 47 bis 49, Spalte 2, Zeilen 24 bis 38, sowie Ansprüche 21 und 2). Eine Anordnung zur Driftkompensation ist allerdings nicht vorgesehen. Diese Problematik ist in NK4 überhaupt nicht angesprochen, der offenbarte Gegenstand weist mithin die Merkmalsgruppe 1.6 nicht auf.
3. In der japanischen Offenlegungsschrift NK9/NK9a werden Betonverteiler als Anwendungsgebiet erwähnt, so dass die Merkmale 1.1 bis 1.4 der dortigen Figur 1 entnehmbar sind. Aufgabengemäß soll bei dieser Entgegenhaltung das Steuersystem so optimiert werden, dass keine Oszillationen des Steuersystems und damit verbunden keine unerwünschten Schwingungen auftreten (NK9a, Seite 3, Kapitel C). Hierfür werden in einem untergeordneten Regelungssystem 57 entsprechend Figur 3b aus den stangen- und bodenseitigen Drucksignalen pH und pR der Hydrozylinder (17 bis 19) über eine mit den zugehörigen Kolbenflächen gewichtete Differenzbildung Dämpfungssignale erzeugt. Dieses mastspezifische Signal wird dem Steuersignal der Lagesteuerung überlagert. Somit ist das Merkmal 1.5.1a, welches die nicht mit der Kolbenfläche gewichtete Bildung der zeitabhängigen Messgröße Δp betrifft, nicht offenbart.
NK9/NK9a zeigt auch keine Anordnung zur Driftkompensation mit den Merkmalen 1.6 bis 1.6.4, durch die der Mast während einer (stationären) Pumptätigkeit bei Positionsabweichungen wieder in die Soll-Arbeitsstellung nachgeführt wird.
4. Letzteres betrifft ebenso die Veröffentlichungen NK1, NK2, NK3, NK7 und NK8. Vom Gegenstand des Anspruchs 1 in der verteidigten Fassung unterscheiden sich diese zumindest dadurch, dass sie keinen Großmanipulator für eine Betonpumpe mit streitpatentgemäßen Mitteln zur Schwingungsdämpfung zeigen, bei dem eine Anordnung zur Driftkompensation vorgesehen ist, durch die der gesamte Knickmast während der Pumptätigkeit zu seiner Soll-Arbeitsstellung nachgeführt wird.
IV.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag der Beklagten beruht auf erfinderischer Tätigkeit.
Als nächstliegender Stand der Technik ist die Vorrichtung der Druckschrift NK5 anzusehen, die - wie im Neuheitsvergleich unter III.1 ausgeführt - einen gattungsgemäßen Großmanipulator offenbart, der sowohl Mittel zur Dämpfung von mechanischen Schwingungen im Knickmast als auch verschiedene Anordnungen zum Rückführen eines Mastarms in seine Sollstellung aufweist. Der Fachmann entnimmt dieser Schrift, dass eine lediglich auf den letzten Mastarm bezogene Regelung bei Schwingungen eines Knickmasts mit mehreren langen Mastarmen nicht ausreichend sein kann, und dass in diesem Fall weitere Mastarme in die Lageregelung mit einbezogen werden müssen, um den letzten Mastarm in der Arbeitsstellung halten zu können (siehe Spalte 9, Zeilen 29 bis 41).
Der Fachmann wird durch diesen Hinweis, eine Lageregelung an mindestens einem weiteren Stellantrieb vorzunehmen, jedoch nicht dazu angeregt, sämtliche Stellantriebe mit einer Regelung zu versehen, und diese Regelung gleichzeitig für die Dämpfung von Mastschwingungen und für eine Driftkompensation während des Pumpbetriebs einzusetzen. Die streitpatentgemäße Erkenntnis, dass die Dämpfungsmaßnahmen während des Pumpbetriebs, d. h. wenn keine Positionsregelung stattfindet, zu einer Drift führen (s. o. I.4, letzter Absatz), geht aus NK5 nämlich nicht hervor. Vielmehr wird in dieser Entgegenhaltung jede der beiden Maßnahmen für sich beschrieben, wobei sich der vorgenannte Zusammenhang mit steigender Anzahl von bedämpften Stellgliedern zunehmend bemerkbar macht. Bei NK5 mit einem einzigen Lageregelkreis tritt diese Problematik noch nicht in dem Maße in Erscheinung wie bei der streitpatentgemäßen Vorrichtung, bei der alle Stellantriebe mit Dämpfungsmaßnahmen versehen sind.
Zwar war der Fachmann durch den in NK5 gegebenen Hinweis angeregt, sich auch im weiteren Stand der Technik nach Möglichkeiten zur effektiven Bedämpfung von strukturbedingten Schwingungen bei Manipulatoren umzusehen (vgl. BGH GRUR 2014, 647 - Farbversorgungssystem). Gleichwohl konnte er dabei mit Hilfe seines Fachwissens nicht zum beanspruchten Gegenstand gelangen.
Aus der Schrift NK4 konnte der Fachmann zwar den ausdrücklichen Hinweis entnehmen, dass die Verwendung des Drucks in den Hydrozylindern zur Erzeugung eines Dämpfungssignals gegenüber anderen Sensorsignalen, wie sie z. B. in NK5 angeführt sind, Vorteile bietet (siehe NK4, Spalte 1, Zeilen 47 bis 49). Ein Lageregelkreis mit den wesentlichen Dämpfungsmitteln entsprechend den Merkmalen 1.5 ff. in Verbindung mit einer Anordnung zur Driftkompensation für alle Stellantriebe (Merkmale 1.6 ff.) wurde ihm dadurch aber nicht nahegelegt.
Auch der vollständige Ersatz der in NK5 vorgesehenen schwingungsneutralisierenden und damit dämpfenden Lageregelung, durch die der letzte Mastarm mit Hilfe eines Abstandssensors in einer definierten Arbeitsstellung gehalten wird, durch die in NK4 oder NK9 gezeigten, alle Mastarme umfassenden Positionsre- gelungen mit integrierter Schwingungsdämpfung, hätte den Fachmann nicht zum Streitgegenstand geführt. Denn diese Entgegenhaltungen befassen sich mit der aktiven Schwingungsbedämpfung in Verbindung mit der Positionsregelung bei einer Verfahrbewegung, wobei ein Dämpfungssignal der Positionsregelung überlagert wird (vergleiche NK4, Spalte 1, Zeilen 50 bis 61, sowie Figur 2; NK9a, Seite 3, Kapitel C, erster Absatz, sowie Figur 3b, Bezugszeichen 57). Da während der Pumptätigkeit allerdings keine Verfahrbewegung bzw. Positionsregelung stattfindet, wäre eine derartige Regelung während dieses Zeitraums inaktiv, d. h. im „stationären“ Zustand würde weder eine Mastbedämpfung noch die hierdurch bedingte Lagekorrektur bzw. eine „Driftkompensation“ erfolgen (siehe hierzu auch Punkt I.4, drittletzter Absatz).
Der Fachmann wäre daher durch Kombination der Entgegenhaltung NK5 mit NK4 oder NK9 zwar zu einem Gegenstand gelangt, bei dem alle Mastarme von einer schwingungsdämpfenden Regelung erfasst worden wären. Die einzelnen Elemente dieses Gegenstands hätten jedoch nicht im streitpatentgemäßen Sinne zusammengewirkt, und sie wären auch nicht dementsprechend ausgebildet gewesen. Beispielsweise erfolgt die Positionsregelung bei NK4 oder NK9 mit Hilfe von Winkelsensoren in den Armgelenken und nicht mittels eines Raumwinkel- oder Abstandssensors gemäß Merkmal 1.6.1 (vgl. NK4, Anspruch 1; NK9a, Figur 1, Bez. 24 bis 27).
Somit gibt der gesamte Stand der Technik keine Hinweise zu der streitpatentgemäßen Driftkompensation während der Pumptätigkeit. Einzelheiten des beanspruchten Großmanipulators offenbaren sich in den entgegengehaltenen Druckschriften nur bei einer rückschauenden Betrachtung in Kenntnis der Erfindung. Der Gegenstand in seiner Merkmalskombination war dem Fachmann am Prioritätstag daher nicht nahegelegt, weshalb sich Patentanspruch 1 in seiner mit Hauptantrag verteidigten Fassung als bestandsfähig erweist.
V.
Die auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 13 werden von dessen Bestandskraft mitgetragen. Aus den zu Anspruch 1 genannten Gründen beruht auch das Verfahren nach Anspruch 14 gemäß Hauptantrag der Beklagten auf erfinderischer Tätigkeit.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wobei davon ausgegangen wird, dass das Streitpatent durch die im Hauptantrag der Beklagten vorgenommenen Beschränkungen etwa die Hälfte seines Schutzumfangs eingebüßt hat.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
VII.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Rauch Kuest Dr. Schnurr Dr. Großmann Richter Pr