4 StR 228/25
BUNDESGERICHTSHOF StR 228/25 BESCHLUSS vom 13. August 2025 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
ECLI:DE:BGH:2025:130825B4STR228.25.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag und nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. August 2025 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 23. Dezember 2024 a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch widerstandsunfähiger Personen, mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, mit Besitz kinderpornographischer Inhalte und mit Besitz jugendpornographischer Inhalte sowie des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch widerstandsunfähiger Personen, mit Besitz kinderpornographischer Inhalte und mit Besitz jugendpornographischer Inhalte schuldig ist,
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch widerstandsunfähiger Personen und in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch widerstandsunfähiger Personen sowie wegen des Besitzes kinderpornographischer Inhalte in Tateinheit mit dem Besitz jugendpornographischer Inhalte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch ist nicht frei von Rechtsfehlern; ihm liegt eine unzutreffende konkurrenzrechtliche Beurteilung der Taten durch das Landgericht zugrunde.
Soweit die Strafkammer den Angeklagten wegen tatmehrheitlich zu den anderen Taten begangenen Besitzes von kinderpornographischen Inhalten in Tateinheit mit Besitz von jugendpornographischen Inhalten verurteilt hat (Fall II.3. der Urteilsgründe), hat sie verkannt, dass der Angeklagte die bei ihm am 23. August 2023 gefundenen Dateien mit kinder- und jugendpornographischen Inhalten gleichzeitig mit den ebenfalls kinderpornographische Inhalte zeigenden, vom Angeklagten selbst hergestellten Videoaufnahmen der Tatgeschehen aus den Jahren 2006 und 2007 (Fälle II.1. und 2. der Urteilsgründe) auf Speichermedien aufbewahrte und damit besaß. Bei dieser Sachlage bleibt für eine tatmehrheitliche Verurteilung wegen Besitzes (weiteren) kinder- und jugendpornographischen Materials kein Raum mehr (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2024 – 4 StR 132/24 Rn. 5 mwN). Vielmehr steht der – erst mit der Sicherstellung beendete – Besitz des selbst hergestellten kinderpornographischen Materials mit der jeweiligen Missbrauchstat, bei der das Material hergestellt wurde (Fälle II.1. und 2. der Urteilsgründe), in Tateinheit. Zwar tritt der Besitz als Auffangtatbestand regelmäßig hinter die Verschaffungsdelikte und damit auch hinter die Tatvariante des Herstellens kinderpornographischer Schriften zurück; ist die Herstellungstat allerdings – wie hier – verjährt, so lebt der subsidiäre Besitztatbestand wieder auf (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2024 – 5 StR 591/24 Rn. 2 mwN). Dieser stellt mit dem Besitz an den weiteren, nicht selbst gefertigten kinder- sowie den jugendpornographischen Dateien, die bei dem Angeklagten gleichzeitig, wenn auch auf anderen Datenträgern, sichergestellt wurden, eine einheitliche Tat dar (vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 2025 – 1 StR 494/24 Rn. 7; vom 20. Juni 2024 – 4 StR 132/24 Rn. 4 mwN). Da die Besitztatbestände allerdings nicht die Kraft haben, die Verschaffungsvorgänge zu einer Tat zu verklammern (vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 2025 – 1 StR 494/24 Rn. 7; vom 29. November 2023 – 3 StR 301/23 Rn. 5), hat die tatmehrheitliche Verurteilung in den Fällen II.1. und 2. der Urteilsgründe Bestand.
Der Senat ändert den Schuldspruch nach § 354 Abs. 1 StPO analog dementsprechend. Die Vorschrift des § 265 StPO steht nicht entgegen, denn der – geständige – Angeklagte hätte sich nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
2. Die Änderung des Schuldspruchs lässt die Einzelstrafe im Fall II.3. der Urteilsgründe entfallen, weshalb es auf den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts im Ausgangspunkt zutreffend bezeichneten Rechtsfehler bei dem im Urteil insoweit herangezogenen Strafrahmen des § 184b Abs. 3 StGB nicht mehr ankommt. Im Hinblick darauf, dass die Taten II.1. und II.2. der Urteilsgründe durch die mit ihnen jeweils tateinheitlich verwirklichten Besitztatbestände einen höheren Unrechtsgehalt aufweisen als vom Landgericht bisher zugrunde gelegt, unterliegen auch die für sie verhängten Einzelstrafen der Aufhebung (vgl. BGH,
Beschluss vom 3. April 2025 – 1 StR 494/24 Rn. 9). Der Wegfall aller Einzelstrafen entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO).
Bei der Bemessung der neu festzusetzenden Einzelstrafen für die zu einer Tateinheit zusammengefassten Delikte wird der neue Tatrichter zu beachten haben, dass das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) die Verhängung höherer Einzelstrafen nicht verbietet, deren Summe ebenso wie die Gesamtstrafe aber nicht höher sein darf als bisher (vgl. BGH, aaO, Rn. 11 mwN).
3. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Quentin Marks Maatsch Momsen-Pflanz Gödicke Vorinstanz: Landgericht Detmold, 23.12.2024 - 23 KLs-22 Js 1438/23-23/24