10 Ni 22/11 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 22/11 (EP) verb. mit Ni 26/11 (EP)
(Aktenzeichen)
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In der Patentnichtigkeitssache Verkündet am
1. August 2013 …
…
BPatG 253 08.05
-2…
betreffend das europäische Patent 1 373 672 (DE 502 13 634)
hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 1. August 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, des Richters Dipl.-Ing. Hildebrandt, der Richterin Dr. Kober-Dehm, des Richters Dipl.-Ing. Univ. Richter und des Richters Dr.-Ing. Großmann für Recht erkannt:
I. Die Klagen werden abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerinnen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagten sind Inhaberinnen des am 2. April 2002 angemeldeten europäischen Patents 1 373 672, das die Priorität der österreichischen Voranmeldung 5252001 vom 3. April 2001 in Anspruch nimmt. Das Streitpatent betrifft einen „Flügel für Fenster oder eine Tür“ und umfasst zehn Patentansprüche. Anspruch 1 und die darauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 6 schützen einen Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit einem Profilrahmen, Anspruch 7 und die darauf rückbezogenen Unteransprüche 8 bis 10 ein Verfahren zum Herstellen des genannten Erzeugnisses.
Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 7 haben folgenden Wortlaut:
(1) Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit einem Profilrahmen (1), der einen eine Isolierverglasung (2) aufnehmenden Falz (3) mit einer die Isolierverglasung (2) stirnseitig umschließenden Umfangsfläche (6) und einer den Rand der Isolierverglasung (2) übergreifenden Falzfläche (12) bildet, und mit einer die lsolierverglasung (2) im Falz (3) befestigenden Klebstoffschicht (7), die einen Umfangsspalt (8) zwischen den Stirnflächen (5) der Isolierverglasung (2) und der diesen Stirnflächen (5) gegenüberliegenden Umfangsfläche (6) des Falzes (3) zumindest in Umfangsbereichen ausfüllt, dadurch gekennzeichnet, dass im Bereich einer der Falzfläche (12) zugekehrten Deckscheibe (11) der Isolierverglasung (2) mit Abstand vor der Falzfläche (12) ein in Umfangsrichtung verlaufender Begrenzungssteg (22) für die Klebstoffschicht (7) vorgesehen ist.
(7) Verfahren zum Herstellen eines Flügels für ein Fenster oder eine Tür nach Anspruch 1, wobei die Isolierverglasung (2) in den Falz (3) des liegenden Profilrahmens (1) eingesetzt und festgeklebt wird, dadurch gekennzeichnet, dass zunächst die Isolierverglasung (2) in den Falz (3) des Profilrahmens (1) eingesetzt und dann der Umfangsspalt (8) zwischen den Stirnflächen (5) der Isolierverglasung (2) und der diesen Stirnflächen (5) gegenüberliegenden Umfangsfläche (6) des Falzes (3) zumindest in Umfangsbereichen bis zum Begrenzungssteg (7) mit elastischem Klebstoff ausgefüllt wird.
Wegen des Wortlauts der übrigen Ansprüche wird auf die Streitpatentschrift EP 1 373 672 B1 Bezug genommen.
Die Klägerinnen machen geltend, die Gegenstände des Streitpatents seien nicht patentfähig (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ).
Zum Nachweis mangelnder Patentfähigkeit beziehen sie sich u. a. auf folgenden Stand der Technik (wobei im weiteren Text die fett gedruckten Anlagenbezeichnungen verwendet werden):
D1 K11 NK6 D2 NK8 D3 K2 NK7 D4 K6 NK9 US 5 086 596 A US 5 014 466 A EP 1 070 824 A2 US 3 566 542 A D6 K5 D7 K3 NK15 D8 NK10 K4 K10 NK16 K12 K14 K21 K22 K27a K27b K28a K28b K29 K30 NK11 NK13
-5- DE 85 34 651 U1 EP 1 004 740 A2 FR 2 722 236 A1 DE 41 42 151 A1 DE 44 29 666 A1 EP 0 225 473 A1 EP 0 301 462 A1 Abschlussbericht „Einbruchhemmende Holzfenster“ des Instituts für Fenstertechnik, Rosenheim, Stand 20/02/1998 Beitrag „Einbruchhemmung Holzfenster“, i.f.t. forum 2/96 Beitrag „Abdichtungen im Fensterbereich“, Bauelemente Bau, Heft 6/7 1987 Beitrag „Abdichtungen im Fensterbereich“ Teil 2, Bauelemente Bau, Heft 8 1987 Schüco International, Exhibition Guide, Interbuild ‘97 Schüco PVC-U Systems, Windows and Doors, Order Manual, Edition January 1994 Schüco Aluminium-Système Fenster und Türen, Fertigungskatalog 1 Royal S Ausgabe 2.2000 mit Nachtrag September 2000 DE 299 05 777 U1 US 5 339 583 A DE 197 21 578 A1 Die Klägerinnen machen insbesondere geltend, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 durch die Druckschriften D1, D7, K10, NK11, K29 und K30 jeweils neuheitsschädlich vorweg genommen und dem Fachmann zudem durch den Stand der Technik gemäß D1 (in Kombination mit D2 oder D3) bzw. D4 (in Kombination mit D2 oder D3) bzw. K21, K22 (in Kombination mit D7) nahe gelegt sei.
Die Klägerinnen zu 1 und 2 stellen den Antrag,
das europäische Patent EP 1 373 672 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 6 für nichtig zu erklären.
Die Klägerin zu 3 stellt den Antrag,
das europäische Patent EP 1 373 672 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagten stellen den Antrag,
die Klagen in vollem Umfang, hilfsweise nach Maßgabe der in der Reihenfolge ihrer Nummerierung gestellten Hilfsanträge 1 bis 4 gemäß Anlagen MB 12 bis MB 15 zum Schriftsatz vom 17. Mai 2013 abzuweisen.
Sie sind der Ansicht, dass die Gegenstände des Streitpatents – zumindest in der Fassung der Hilfsanträge – durch den Stand der Technik weder vorweggenommen noch nahe gelegt seien.
Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 26. März 2013 einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG übersandt.
Wegen der Einzelheiten – auch hinsichtlich des Anspruchswortlauts gemäß den Hilfsanträgen der Beklagten - wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere auf die Schriftsätze der Parteien mit sämtlichen Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe I.
Die Klagen sind zulässig, jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Streitpatent hat in seiner erteilten Fassung Bestand.
1. Das Streitpatent betrifft nach seiner Beschreibung einen Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit einem Profilrahmen und einer Isolierverglasung. Aus der europäischen Offenlegungsschrift 1 070 824 A2 (= Entgegenhaltung D3) sei es bekannt, die Montage einer Isolierverglasung dadurch zu vereinfachen, dass die Isolierverglasung in einen Falz des Profilrahmens eingeklebt wird. Zu diesem Zweck werde entlang der zur Isolierverglasung parallelen Falzfläche des umlaufenden Rahmenfalzes ein Klebstoff streifenförmig aufgetragen, bevor die Isolierverglasung in den Falz eingesetzt wird. Beim Einsetzen werde daher die Isolierverglasung an den umlaufenden Klebstoffstreifen angedrückt, der die Verbindung zwischen der Isolierverglasung und dem Profilrahmen übernimmt. Nachteilig bei dieser bekannten Konstruktion sei allerdings, dass die durch die lsolierverglasung bedingte Last ausschließlich über den die lsolierverglasung übergreifenden Falzsteg auf den Profilrahmen abgetragen werden müsse. Dazu komme, dass lediglich die Innenscheibe am Rahmen abgestützt wird, nicht aber die Außenscheibe, die über die randseitige Verbindung zwischen Innen- und Außenscheibe von der Innenscheibe getragen werde, was die Gefahr eines einseitigen Absenkens der Außenscheiben zufolge des Umfangsspaltes zwischen den Stirnflächen der Isolierverglasung und der zu diesen Stirnflächen parallelen Umfangsflächen des Falzes mit sich bringe (Beschr. Abs. 2).
Aus der europäischen Offenlegungsschrift 1 004 740 A2 (= Entgegenhaltung D7) sei es bekannt, eine Verbundglasscheibe in dem Profilrahmen eines explosionssicheren Fensters zu befestigen. Dies geschehe dadurch, dass die in einen Rahmenfalz eingesetzte Verbundglasscheibe mit Hilfe einer Klebstoffschicht, die den Umfangsspalt zwischen der Verbundglasscheibe und dem Falz ausfülle, befestigt werde. Um die Klebstoffschicht auf die Stirnflächenbereiche der Verbundglasscheibe zu beschränken, könne im Übergangsbereich zwischen der Umfangsfläche des Falzes und der anschließenden, den Rand der Verbundglasscheibe übergreifenden Falzfläche ein Profilstab eingeklebt werden, der die Klebstoffschicht begrenze. Dieser Profilstab behindere aber ein Auswechseln der Verbundglasscheibe, weil, wenn die Klebstoffschicht durchtrennt werde, über den Profilstab eine Haftbrücke zum Profilrahmen verbleibe. Dazu komme, dass durch den Profilstab das Ableiten von Feuchtigkeit, die zwischen der Verbundglasscheibe und dem Rahmenprofil eindringe, erschwert werde, weshalb die Klebstoffschicht dem nachteiligen Einfluss der Feuchtigkeit ausgesetzt werde (Beschr. Abs. 3).
Als weiterer Stand der Technik werden in der Beschreibung die Druckschriften DE 41 42 151 A1 (= Entgegenhaltung K4), DE 85 34 651 U1 (= Entgegenhaltung D6) und US 3 566 542 A1 (= Entgegenhaltung D4) angeführt (Beschr. Abs. 4, 5).
Ausgehend hiervon formuliert das Streitpatent die Aufgabe, einen Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit einfachen Mitteln so zu verbessern, dass die Vorteile der bekannten Klebeverbindung zwischen der Isolierverglasung und dem Profilrahmen, insbesondere hinsichtlich der Montage genützt werden können, ohne deren Nachteile, vor allem bezüglich der Auswechselbarkeit der Isolierverglasung, in Kauf nehmen zu müssen.
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent (entsprechend einer von der Klägerin zu 3 vorgelegten und von den Beklagten mit Bezugsziffern ergänzten Gliederung) einen Flügel gemäß Anspruch 1 und ein Verfahren zum Herstellen eines Flügels gemäß Anspruch 7 mit folgenden Merkmalen vor:
Patentanspruch 1:
1.1 Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit 1.2 einem Profilrahmen (1),
1.3 der einen eine Isolierverglasung (2) aufnehmenden Falz (3) bildet,
1.4 mit einer die Isolierverglasung (2) stirnseitig umschließenden Umfangsfläche (6)
1.5 und einer den Rand der Isolierverglasung (2) übergreifenden Falzfläche (12)
1.6 und mit einer die Isolierverglasung (2) im Falz (3) befestigenden Klebstoffschicht (7),
1.7 die einen Umfangsspalt (8) zwischen den Stirnflächen (5) der Isolierverglasung (2) und der diesen Stirnflächen (5) gegenüberliegenden Umfangsflächen (6) des Falzes (3) zumindest in Umfangsbereichen ausfüllt,
- Oberbegriff - dadurch gekennzeichnet, dass
1.8 im Bereich einer der Falzfläche (12) zugekehrten Deckscheibe (11) der Isolierverglasung
1.9 mit Abstand vor der Falzfläche (12) 1.10 ein in Umfangsrichtung verlaufender Begrenzungssteg (22)
für die Klebstoffschicht (7) vorgesehen ist.
- Kennzeichen - Patentanspruch 7:
7.1 Verfahren zum Herstellen eines Flügels für ein Fenster oder eine Tür nach Anspruch 1,
7.2 wobei die Isolierverglasung (2) in den Falz (2) des liegenden Profilrahmens (1) eingesetzt
7.3 und festgeklebt wird,
- Oberbegriff –
dadurch gekennzeichnet, dass
7.4 zunächst die Isolierverglasung (2) in den Falz (3) des Profilrahmens (1) eingesetzt
7.5 und dann der Umfangsspalt (8) zwischen den Stirnflächen der Isolierverglasung (2) und der diesen Stirnflächen gegenüberliegenden Umfangsfläche (6) des Falzes zumindest in Umfangsbereichen bis zum Begrenzungssteg (22) mit elastischem Kunststoff ausgefüllt wird.
- Kennzeichen -
2. Der mit der Konstruktion und der Herstellung von Fenstern mit Isolierverglasung befasste Durchschnittsfachmann, bei dem es sich um einen FachhochschulIngenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Kunststofftechnik mit besonderen Kenntnissen und Erfahrungen auf dem Gebiet der Konstruktion von Fenstern und Türen handelt (ggf. auch um einen langjährig mit einschlägigen Konstruktionsaufgaben befassten Bau- oder Maschinenbautechniker), geht bei der Auslegung des Patentanspruchs 1 somit von einem Fenster- oder Türflügel mit Isolierverglasung aus, bei dem die Glasscheiben auf bestimmte Weise in dem Flügel verklebt sind. Bei derartigen Verglasungen soll insbesondere eine Vereinfachung der Montage und des Auswechselns von Scheiben erreicht werden. Als auslegungsbedürftig haben sich auf Grund der Erörterungen im Verfahren insbesondere folgende Merkmale erwiesen.
a) Unter dem in Merkmal 1.3 erwähnten Falz versteht der Fachmann eine Stufe im Rand eines Profils, die zur Aufnahme der Isolierverglasung dient. Bei der in Merkmal 1.4 angesprochenen Umfangsfläche handelt es sich um die den Stirn- seiten der Isolierverglasung gegenüberliegende Fläche des Falzes, wobei diese Fläche parallel zu den (i. d. R. vier) Stirnseiten um die Scheibe herum verläuft.
b) Die in Merkmal 1.5 genannte Falzfläche erstreckt sich senkrecht zur Umfangsfläche und übergreift den Rand der Isolierverglasung auf der dem Falz zugewandten Seite (während auf der anderen Seite der Isolierverglasung üblicherweise eine Glashalteleiste angebracht wird).
c) Der Spalt zwischen der Umfangsfläche und der Stirnseite der Isolierverglasung bildet den Umfangsspalt (Merkmal 1.7). In diesen Umfangsspalt ist eine Klebstoffschicht (Merkmal 1.6) eingebracht. Sie füllt den Spalt zumindest in „Umfangsbereichen“ aus, wobei offen bleibt, ob sich die Angabe „Bereiche“ auf die Quer- oder die Längsausrichtung des Spaltes bezieht. Die Verklebung muss also nicht vollflächig erfolgen, sie muss sich aber zumindest über Teilflächen erstrecken.
d) Die kennzeichnenden Merkmale 1.8 bis 1.10 betreffen einen „Begrenzungssteg“ für die Klebstoffschicht. Dieser Steg hat die Aufgabe, die Ausbreitung der Klebstoffschicht zu begrenzen. Daraus ist aber nicht zu entnehmen, dass jedes Mittel, das diese Begrenzungsfunktion erfüllt, als Steg anzusehen ist. Vielmehr entnimmt der Fachmann dem Begriff „Steg“, dass es sich dabei um einen von einer Fläche abragenden, langgestreckten Körper handelt.
e) Der Begrenzungssteg verläuft gemäß Merkmal 1.10 in Umfangsrichtung, d. h. in der Längsrichtung des Umfangsspalts. Der Anspruchswortlaut lässt offen, ob der Steg vollständig oder nur teilweise umläuft. Auch an welchem Bauteil des Flügels der Steg angebracht ist, wird in Anspruch 1 nicht festgelegt (Angaben hierzu enthalten erst die Unteransprüche).
f) Gemäß Merkmal 1.9 muss zwischen dem Steg und der Falzfläche ein Abstand sein, d. h. der Steg darf nicht unmittelbar an die Falzfläche angrenzen.
g) Der Begrenzungssteg muss sich nach Merkmal 1.8 „im Bereich einer der Falzfläche zugekehrten Deckscheibe“ (d. h. der äußeren Deckscheibe) befinden. Dies ist dann der Fall, wenn der Steg, der die Klebstoffschicht örtlich auf den Stirnflächenbereich der Isolierverglasung beschränken soll (Beschr. Spalte 2 Zeilen 32 bis 34), die genannte Deckscheibe entweder berührt oder wenn ein zwischen ihm und der Scheibe vorhandener Abstand jedenfalls so klein ist, dass der noch nicht ausgehärtete Klebstoff nicht durch ihn hindurchtreten kann (wie breit der Abstand zwischen Steg und Scheibe maximal sein darf, hängt von der Fließfähigkeit des Klebstoffs ab). Denn nur dann ist gewährleistet, dass der in den Umfangsspalt eingebrachte Klebstoff nicht in einen Bereich jenseits der Stirnflächen der Isolierverglasung gelangt.
II.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist neu und er beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ).
1. Keine der von den Klägerinnen als neuheitsschädlich angeführten Druckschriften zeigt einen Fenster- oder Türflügel mit sämtlichen in Patentanspruch 1 genannten Merkmalen:
a) Das Fenstersystem gemäß der D1 weist die im Oberbegriff genannten Merkmale 1.1 bis 1.7 auf. Die Isolierglasscheibe ist mit dem Rahmen durch eine Klebstoffschicht verbunden (glazing compound 32, 34). Diese Klebstoffschicht dringt auch in den Umfangsspalt ein und füllt diesen zwischen den Stirnflächen der Isolierverglasung und der diesen Stirnflächen gegenüberliegenden Umfangsflächen des Falzes in Umfangsbereichen aus. Der Klebstoff wird durch ein geschlossenzelliges Klebeband (30) am weiteren Eindringen in den Umfassungsspalt gehindert, vor allem aber daran, in die Entwässerungsrinnen (16, 18) zu gelangen.
Es fehlen bei dem Fensterflügel nach der D1 aber die kennzeichnenden Merkmale 1.8. bis 1.10. Entgegen den Behauptungen der Klägerinnen kann das geschlossenzellige Klebeband 30 nicht als Begrenzungssteg angesehen werden. Dieses Band hat die Aufgabe, die Rinne 18 vom Klebstoff freizuhalten, d. h. es erfüllt eine andere Funktion als der streitpatentgemäße Begrenzungssteg. Das Band 30 ist auch nicht im Bereich der der Falzfläche zugekehrten Deckscheibe der Isolierverglasung angebracht, sondern an dem Abstandhalter zwischen den Scheiben und erstreckt sich bis in den Bereich der der Falzfläche abgewandten Scheibe (siehe Figur 5). Mit der Klebstoffschicht im Bereich der der Falzfläche zugewandten Seite (inner bead 32) kommt das Band nicht in Berührung. Die Angabe, dass das Band 30 ein geschlossenzelliges Band (closed cell tape, Spalte 3, Zeile 38) ist, besagt zwar, dass es eine gewisse Dicke hat, aber auch, dass es zusammendrückbar ist und deshalb keinen Steg, also einen von einer Fläche abragenden, langgestreckten Körper, bildet. Dem Durchschnittsfachmann legt das Merkmal „geschlossenzellig“ nahe, dass das Band dafür vorgesehen ist, Unebenheiten oder Fertigungstoleranzen auszugleichen, um den Umfassungsspalt zu schließen. Es kann aber nicht als Steg angesehen werden.
b) Die Entgegenhaltung D7 zeigt eine Konstruktion mit einer Verbundglasscheibe, die in einen Falz eingeklebt ist, wobei die Klebstoffschicht den Umfangsspalt ausfüllt. Eine Leiste 57 verhindert auf der der Falzseite zugewandten Seite des Umfangsspalts das Austreten des Klebstoffs aus dem Umfangsspalt; die Leiste 57 bildet daher eine Begrenzung für die Ausbreitung des Klebstoffs . Allerdings kann sie nicht als Steg angesehen werden, da sie nicht von einer Fläche abragt, und sie ist auch nicht mit Abstand vor der Falzfläche angeordnet ist, sondern reicht bis unmittelbar an die Falzfläche heran.
Der explosionssichere Rahmen nach der D7 weist also die Merkmale 1.8 bis 1.10 nicht auf.
c) Die Schrift K10 zeigt in den Figuren 5 und 8 eine Flügelkonstruktion, bei der eine durchgängige Klebeschicht die Stirnseite der Isolierglasscheibe (Verbundrü- cken 8) mit einem Rahmenteil (9) verbindet. Die Leiste (in Figur 5, rechts neben dem Fuß der rechten Scheibe 4, ohne Bezugsziffer schraffiert eingezeichnet), könnte zwar auch als Begrenzung für die Klebeschicht 14 dienen, ein Durchschnittsfachmann würde ohne rückschauende Betrachtung aber eher annehmen, dass diese Leiste als Abstandhalter zwischen der Isolierglasscheibe und dem Hohlprofil 20 eingesetzt ist, insbesondere weil sie ohne Abstand zur Falzfläche (Hohlprofil 20) angebracht ist. Es fehlt daher auch hier zumindest das Merkmal 1.9.
d) Die NK11 zeigt einen Fensterrahmen mit einer Nut, in die eine Scheibe eingesetzt wird. In Figur 12 ist zwar eine Klebstoffschicht (silicone 38) dargestellt, die den Umfangsspalt ausfüllt, das Austreten des Klebstoffs aus dem Umfangsspalt wird aber durch die jeweiligen Seitenwände der Nut und die Butyl-Dichtung 34 begrenzt, ein in Umfangsrichtung verlaufender Begrenzungssteg ist nicht vorhanden. Auch die in den Figuren 9 und 10 dargestellten zusammendrückbaren Plättchen (compressible pads 58) können nicht als Begrenzungssteg angesehen werden, da sie ausschließlich eine Stützfunktion erfüllen, nicht aber eine Begrenzungsfunktion, insbesondere begrenzen sie keine Klebstoffschicht.
e) Die D6 zeigt ebenfalls einen Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit den Merkmalen 1.1 bis 1.7. Die Dichtung 10 kann auch als Butylverklebung ausgeführt werden (Seite 6, Zeile 9), die Verklebung wird aber nicht durch einen Steg im Bereich der der Falzfläche zugekehrten Deckscheibe der Isolierverglasung begrenzt. Das als Steg anzusehende Verankerungsteil 15 ist seitlich versetzt zu diesem Bereich angeordnet. Das Merkmal 1.8 ist somit nicht erfüllt.
f) In der K14 ist ein Satz von Profilen zur Herstellung von Gebäudefassaden aus Traggerüsten und Glastafeln beschrieben und in Figur 15 ein Querschnitt durch ein solches Profil dargestellt. Gemäß der Beschreibung ist für große Isolierglasscheiben die stirnseitige Anordnung einer Kittschicht (15) vorgesehen, die durch zwei Stege an der Umfassungsfläche des Falzes begrenzt wird. Die Verklebung der Isolierglasscheibe mit dem Profilrahmen erfolgt an der Falzfläche, nicht an der Umfangsfläche des Falzes. Wenn auch die Kittschicht eine gewisse Verklebung der Isolierscheibe mit dem Profilrahmen herstellt, hat sie doch nicht die Funktion die Isolierglasscheibe im Profilrahmen zu befestigen. Die Stege begrenzen daher nicht die Klebstoffschicht. Damit ist das Merkmal 1.10 nicht vorhanden.
g) Das Gebrauchsmuster K30 zeigt eine Konstruktion, bei der die Scheiben nicht in einen Falz, sondern in einen Haltewinkel 8 eingeklebt sind. In dem Haltewinkel wird die Isolierglasscheibe mittels Verglasungskeilen 13 ausgerichtet. Solche Verglasungskeile werden üblicherweise im Eckbereich der Scheibe angebracht und haben eine begrenzte Länge. Gemäß der Beschreibung wird die Scheibe über einen Klebstoff mit dem Haltewinkel verbunden. Angaben dazu, wo sich diese Klebstoffschicht befindet, gehen weder aus der Beschreibung noch aus der Figur eindeutig hervor, sodass eine Deutung der Verglasungskeile oder des Einfassungsschenkels als Begrenzungssteg nur durch eine rückschauende Betrachtung möglich ist.
h) Das Dokument K29 ist von der Klägerin zu 3) erst durch einen am 2. Juli 2013 (d. h. nach Ablauf der in dem frühen gerichtlichen Hinweis gesetzten, bis zum 17. Mai 2013 laufenden Frist zur abschließenden Stellungnahme) bei Gericht eingegangenen Schriftsatz eingereicht worden. Die Beklagten haben gerügt, dass die Veröffentlichung des Dokuments (bei dem es sich um ein Austauschblatt zu einem in 12.000-facher Auflage gedruckten und an Kunden der Fa. S… gelieferten Katalog handeln soll) vor dem Prioritätstag des Streitpatents nicht nachgewiesen sei. Die Klägerin zu 3) hat zum Nachweis der Vorveröffentlichung Zeugenbeweis angeboten, dessen Durchführung eine Vertagung der Verhandlung notwendig gemacht hätte. Nachdem der Vertreter der Klägerin zu 3) zu Protokoll der mündlichen Verhandlung anwaltlich versichert hat, dass ihm das Dokument K29 erst etwa eine Woche vor seiner Einreichung bei Gericht zur Verfügung gestanden habe, hat der Senat eine Vertagung grundsätzlich für möglich gehalten (vgl. § 83 Abs. 4 Nr. 2 PatG).
Allerdings hat es der angebotenen Zeugenvernehmung nicht bedurft, weil das Dokument K29 keinen Fenster- oder Türflügel mit den Merkmalen des Streitpatents zeigt. Das vorgelegte Austauschblatt zum Firmenkatalog zeigt verschiedene Ausgestaltungen von Fensterflügeln. Auf dem Blatt ist angegeben, dass bei Verwendung einer Zusatzverriegelung zur Stabilisierung griff- und bandseitig im Falzbereich auf ca. 200 mm ein 2-Komponenten-Polysulfidkleber einzubringen ist. Die Verklebung dient nicht dazu, die Isolierglasscheibe im Falz zu befestigen. Zumindest das Merkmal 1.6 ist somit nicht vorhanden.
Die Abbildung 3 zeigt eine Ausgestaltung, bei der sich diese Verklebung über die ganze Stirnseite der Isolierglasscheibe erstreckt. Die Klebstoffschicht reicht aber nicht bis an den in Richtung der Umfangsfläche weisenden Steg des zwischen Falz und Scheibe geklemmten Dichtungselements. Dieser Steg dient nicht als Begrenzungssteg für den Klebstoff, seine Funktion ist es, eine Luftbewegung durch den ansonsten nicht ausgefüllten Umfassungsspalt hindurch zu verhindern (Konvektionssperre). In der Abbildung ist auch eindeutig zu erkennen, dass dieser Steg zur Scheibe beabstandet ist, also nicht als im Bereich der Deckscheibe verlaufend angesehen werden kann.
i) Die übrigen Entgegenhaltungen betreffen keine Flügel, bei denen eine Isolierglasscheibe an der Umfangsfläche des Falzes durch eine Klebstoffschicht befestigt wird, sie weisen daher zumindest die Merkmale 1.6 und 1.7 nicht auf.
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 war dem Fachmann am Prioritätstag durch den damals bekannten Stand der Technik auch nicht nahegelegt.
Ausgehend von einem Flügel mit den im Oberbegriff des Anspruchs 1 genannten Merkmalen, soll nach der Aufgabenstellung des Streitpatents (s. o. I.1) der Flügel so verbessert werden, dass die Vorteile der bekannten Klebeverbindung zwischen der Isolierglasscheibe und dem Profilrahmen genützt werden können, ohne deren Nachteile beim Auswechseln der Isolierglasscheibe in Kauf nehmen zu müssen. Gelöst wird die Aufgabe dadurch, dass im Bereich der der Falzfläche zugekehrten Deckscheibe der Isolierverglasung mit Abstand vor der Falzfläche ein in Umfangsrichtung verlaufender Begrenzungssteg für die Klebstoffschicht vorgesehen ist.
Zu einer solchen Lösung konnte keine der entgegengehaltenen Druckschriften allein oder in einer Zusammenschau mit weiteren Druckschriften und dem Wissen und Können des Durchschnittsfachmanns einen Hinweis oder eine Anregung geben.
a) Die D7 betrifft einen Rahmen oder Flügel, in den eine Verbundglasscheibe eingeklebt ist. In den Figuren ist dargestellt, dass in die Ecke des Falzes eine Leiste eingelegt ist (z. B. Fig. 2, Bezugszeichen 57). Die Umfassungsfuge ist mit Klebstoff ausgefüllt, der Klebstoff reicht bis zu dieser Leiste. Wie in der Streitpatentschrift ausgeführt wird, hat das Fenster gemäß D7 den Nachteil, dass der dort vorgesehene Profilstab ein Auswechseln des Verbundglases und die Ableitung von eingedrungener Feuchtigkeit erschwert. In der D7 wird kein Hinweis gegeben, dass auch eine andere Anordnung der Leiste möglich wäre. Es fehlt somit ein Hinweis, die Leiste durch einen Begrenzungssteg zu ersetzen und diesen Steg im Bereich einer der Falzfläche zugekehrten Deckscheibe der Isolierglasscheibe mit Abstand vor der der Falzfläche vorzusehen. Die D7 vermittelt lediglich die Lehre, eine Leiste im Eckbereich des Falzes anzukleben (Beschr. Abs. 27).
Somit erhält der Fachmann von dem in der D7 gezeigten Verbundglas-Fensterflügel keine Hinweise, mit deren Hilfe er zum Gegenstand des Streitpatents gelangen könnte.
b) Die K10 zeigt ebenfalls eine stirnseitige Verklebung einer Isolierglasscheibe, dieser Druckschrift sind aber keine Einzelheiten zur Begrenzung der Klebstoffschicht zu entnehmen, die nicht auch bereits aus der D7 bekannt sind.
c) Die K14 betrifft ein Traggerüst für Glastafeln zur Bildung einer Gebäudefassade. Die Traggerüste für die Scheiben solcher Gebäudefassaden sind ähnlich gestaltet wie die Flügel von Fenstern und werden häufig von den gleichen Herstellern produziert. Dem Durchschnittsfachmann sind daher die in der K14 dargestellten Profile wohl bekannt. In dieser Entgegenhaltung sind durchweg Profile dargestellt, bei denen die Isolierglasscheiben mit der Falzfläche verklebt sind. In den Figuren 13, 14 und 15 sind zusätzliche Versiegelungsstreifen 15, die aus Kittstreifen bestehen, dargestellt, die die Isolierglasscheibe stirnseitig mit der Umfangsfläche verbinden, in der Figur 15 sind zusätzlich zwei Stege dargestellt, die den Kittstreifen seitlich einfassen. Der Kittstreifen bewirkt auch eine Verklebung, da die Verglasung durch ihn unlösbar an den Profilen des Tragrahmens befestigt wird (Beschr. Abs. 24). Die Verklebung mit der Umfangsfläche erfolgt mit dem zwischen den Glasscheiben sitzenden Abstandhalter (quadratisches Profil zwischen den Scheiben), aber nicht mit den Stirnflächen der Verglasung. In der in Figur 15 dargestellten Ausführung kann der Kittstreifen nicht nach dem Einsetzen der Isolierglasscheibe in den Rahmen eingebracht worden sein, sondern er muss bereits vor dem Zusammensetzen an der Scheibe oder zwischen den Stegen platziert worden sein. Zu den Stegen 41 wird ausgeführt, dass sie einen weiteren Verankerungssitz bilden, insbesondere für Fenster mit besonders großen Abmessungen. Diese Anordnung von Stegen ist offensichtlich nicht für eine Scheibe geeignet, bei der der Umfassungsspalt mit einer Klebstoffschicht ausgefüllt werden soll.
Einem Durchschnittsfachmann erschließt sich also weder aus den Figuren noch aus der Beschreibung, bei einem Flügel, bei dem die Isolierglasscheibe mit einer Klebstoffschicht im Umfangsspalt befestigt ist, im Bereich der der Falzfläche zugekehrten Deckscheibe der Isolierglasscheibe einen einzelnen Steg vorzusehen. Die K14 konnte also keine Anregung zu einer solchen Gestaltung geben.
d) Die Druckschriften K21 und K22 betreffen die einbruchhemmende Verglasung von Fenstern. Dazu enthalten sie die Anweisung, das Ansetzen eines Werkzeugs im Umfangsspalt durch eine Randverklebung mit der Stirnseite einer Scheibe zu verhindern. Dafür wird eine Randverklebung vorgesehen, die aber lediglich eine Scheibe der Isolierglasscheibe erfassen soll. Deshalb wird ihre Breite durch ein Vorlegeband oder eine Dichtschnur begrenzt. Aus diesen Angaben kann ein Durchschnittsfachmann zwar entnehmen, dass die Ausbreitung von Klebstoff im Umfangsspalt zu begrenzen ist. Außer dem konkreten Vorschlag, dazu ein Vorlegeband oder eine Dichtschnur zu verwenden, gibt diese Schrift aber keinen weiteren Hinweis, dazu andere Mittel anzuwenden, insbesondere enthält sie keine Hinweise auf einen Steg und dessen Anordnung in Bezug auf die Falzfläche.
Diesen Schriften ist also keine Anregung zu entnehmen, einen Begrenzungssteg vorzusehen und diesen im Bereich der der Falzfläche zugeordneten Deckscheibe im Abstand vor der Falzfläche anzuordnen.
e) Die übrigen Druckschriften betreffen keine Flügelgestaltungen, bei denen die Isolierglasscheibe durch eine Klebstoffschicht im Umfangsspalt zwischen den Stirnflächen der Isolierverglasung und der gegenüberliegenden Umfangsfläche des Falzes mit dem Profilrahmen verbunden ist. Bei solchen Flügeln tritt das Problem, die Klebstoffschicht zu begrenzen, nicht auf.
Die D1 zeigt die Abdichtung einer Isolierglasscheibe in einem Falz, wobei das Vordringen des Dichtstoffs (glazing compound) in den Umfangsspalt durch ein Band (tape 30) verhindert wird. Die Isolierglasscheibe wird durch eine Glashalteleiste (wood bead) im Profilrahmen gehalten. Eine Verklebung der Stirnseite der Isolierglasscheibe mit der Umfangsfläche des Falzes ist nicht vorgesehen.
Die Druckschriften D2 und D3 betreffen Flügel, bei denen die Isolierglasscheiben über die Falzflächen mit dem Rahmen verbunden sind, sie zeigen keine Verklebung im Umfassungsspalt und können daher auch keine Anregung zur Begrenzung einer solchen Verklebung geben.
In der Druckschrift D4 ist die Befestigung einer Scheibe in einer Nut eines Rahmens beschrieben. Besonderheit dieser Befestigung ist das Zusammenwirken eines bezüglich der Scheibenfläche schrägen Randes des Scheibe mit am Nutgrund angeordneten, keilförmigen Stegen (members 15 and 16). Deren Spitzen werden zusammengedrückt oder abgebrochen, wenn die Scheibe in die Nut gegen sie gedrückt wird. Die Scheibe wird dabei gegen den einen Rand der Nut (throat 12d in groove 12) gezwängt und so ausgerichtet und gehalten (vgl. Beschr. Spalte 2, Zeilen 59 bis 69). Auf der anderen Seite der Nut wird der Raum zwischen Scheibe und der Flanke der Nut durch eine Verglasungsmasse (glazing compound 20) ausgefüllt, die die Scheibe im Rahmen einbettet und gegen Feuchtigkeit versiegelt. (Beschr. Spalte 3, Zeilen 1 bis 17). Zwar ist auch erwähnt, dass durch die keilförmigen Stege ein Vordringen der Verglasungsmasse in der Bereich zwischen der Stirnseite der Glasscheibe und den Nutgrund verhindert oder zumindest behindert wird, der keilförmige Steg hat aber ursprünglich die Aufgabe, die Scheibe unter Hinnahme der eigenen Verformung auszurichten und zu halten. Eine Anregung für die Gestaltung der Klebefuge einer stirnseitig in einem Falz durch Verklebung befestigten Scheibe konnte der Durchschnittsfachmann dieser Druckschrift nicht entnehmen. Der keilförmige Steg 15 kann nur bei einer rückschauenden Betrachtung als Vorwegnahme des Begrenzungsstegs und dessen spezieller Anordnung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents angesehen werden.
Die NK11 betrifft das Einsetzen einer Isolierglasscheibe in eine Nut, die stirnseitige Verklebung der Scheibe in einem Falz wird nicht beschrieben. Die zusammendrückbaren Auflageelemente (compressible pads 58) dienen dem Abstützen der Scheibe (Figuren 6 bis 10); bei einer stirnseitigen Verklebung, wie sie in Figur 12 dargestellt ist, werden sie nicht eingesetzt.
Die K30 betrifft ein einbruchhemmendes Fenster mit einem Rahmen aus Kunststoffhohlprofilen. Um das Ansetzen eines Hebelwerkzeugs zu verhindern oder zumindest zu erschweren, wird ein zusätzlicher Haltewinkel mit dem Rahmen verschraubt, in den dann die Isolierglasscheibe verklebt wird. Zur Verklebung ist in der Beschreibung lediglich angegeben, dass ein 2-Komponenten-Klebstoff verwendet wird; sie enthält aber keine Aussage darüber, ob die Klebstoffschicht den Umfangsspalt bis zum Einfassungsschenkel ausfüllt oder nur unter der in der Figur rechten Scheibe eingebracht ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Kleb- stoffschicht bis zum Einfassungsschenkel reicht und von diesem begrenzt wird, würde dies keine Anregung dazu geben, einen Begrenzungssteg vorzusehen, der mit Abstand vor der Falzfläche angeordnet ist, vor allem deshalb nicht, da der Einfassungsschenkel als Bestandteil des Rahmens selbst die Falzfläche bildet.
Die K29 ist ein Fertigungskatalog, in dem eine im Umfangsspalt verklebte Isolierglasscheibe dargestellt ist, bei der der Klebstoff bis an eine von einer Dichtung abragende Lippe reicht. Auf dem Konstruktionsblatt steht der Hinweis, dass die Verklebung nur bei der Verwendung einer Zusatzverriegelung anzubringen ist und dann auch nur auf einer Länge von ca. 200 mm. Ein Vergleich der in den beiden unteren Abbildungen gezeigten Querschnitte, bezeichnet mit Abb. 3 und Abb. 2, lässt erkennen, dass die Klebstoffschicht unabhängig vom Vorhandensein dieser Lippe an der gleichen Stelle endet, so dass offensichtlich die Lippe nicht zur Begrenzung der Klebstoffschicht dient. Selbst wenn diese Funktion unterstellt werden würde, würde sie nicht nahelegen, einen Begrenzungssteg im Bereich der der Falzfläche zugekehrten Scheibe anzuordnen, da in den Zeichnungen klar zu erkennen ist, dass die Lippe in diesem Bereich von der Scheibe wegspringt. Im Übrigen betreffen die in diesem Abschnitt des Fertigungskatalogs dargestellten Flügel keine Profilrahmen, bei denen die Isolierglasscheibe durch eine Klebstoffschicht im Umfassungsspalt befestigt wird. Ein Durchschnittsfachmann würde daher von der Lippe, die an einer Dichtung angebracht ist und deutlich vom Umfangsspalt wegspringt, nicht erwarten, dass sie zur Begrenzung einer lokal in den Umfangsspalt eingebrachten Klebstoffschicht dienen könnte.
Alle weiteren Druckschriften zeigen also keine die Isolierverglasung im Umfangsspalt befestigende Klebstoffschicht, die einen Umfangsspalt zwischen den Stirnflächen der Isolierverglasung und der diesen Stirnflächen gegenüberliegenden Umfangsfläche des Falzes zumindest in Umfangsbereichen ausfüllt. Sie können deshalb auch in einer Zusammenschau mit den übrigen Entgegenhaltungen keinerlei Anregung dazu geben, für eine solche Klebstoffschicht einen in Umfangsrichtung verlaufenden Begrenzungssteg vorzusehen und diesen im Bereich einer der Falzfläche zugekehrten Deckscheibe der Isolierverglasung mit Abstand vor der Falzfläche anzuordnen. Auch die Einbeziehung des Wissens und Könnens des Durchschnittsfachmanns kann eine solche Gestaltung nicht nahelegen, insbesondere weil auch das Problem der Auswechselbarkeit der Isolierglasscheibe in keiner Entgegenhaltung angesprochen wird.
Ein Flügel für ein Fenster oder eine Tür mit allen im Anspruch 1 genannten Merkmalen ist somit durch den aufgedeckten Stand der Technik, auch in Verbindung mit dem Wissen und Können eines Durchschnittsfachmanns, nicht nahegelegt.
III.
Nachdem sich Patentanspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung als patentfähig erweist, werden dadurch die übrigen Ansprüche des Streitpatents mitgetragen. Dies gilt insbesondere auch für den nebengeordneten Verfahrensanspruch 7.
Das Patent ist somit insgesamt als bestandsfähig, weshalb die Klage abzuweisen war, ohne dass es auf die Hilfsanträge der Beklagten angekommen wäre.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
Rauch Hildebrandt Dr. Kober-Dehm Richter Dr. Großmann prö