VII ZR 266/20
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VII ZR 266/20 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 24. März 2022 Zimmermann, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2022:240322UVIIZR266.20.0 Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 10. März 2022 eingereicht werden konnten, durch den Vorsitzenden Richter Pamp, den Richter Halfmeier sowie die Richterinnen Sacher, Dr. Brenneisen und Dr. C. Fischer für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 1. Dezember 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis zu 19.000 € festgesetzt.
Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Der Kläger nimmt die beklagte Kraftfahrzeugherstellerin wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger erwarb am 14. September 2015 von einem Autohaus ein von der Beklagten hergestelltes Fahrzeug Audi A4 als Gebrauchtwagen. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet und unterfiel dem sogenannten Abgasskandal. Der Motor verfügte über eine Motorsteuerungssoftware, die erkannte, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus durchlief, und in diesem Fall eine höhere Abgasrückführungsrate und einen geringeren Stickoxidausstoß als im Normalbetrieb bewirkte.
Der Kläger hat die Beklagte erstinstanzlich auf Erstattung des Kaufpreises nebst Verzugszinsen und 4 % Deliktszinsen Zug um Zug gegen "Rückgabe" und Übereignung des Fahrzeugs, auf Feststellung des Annahmeverzugs sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat in der Hauptsache der Klage unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung nebst Verzugszinsen stattgegeben, die Deliktszinsen abgewiesen, den Annahmeverzug seit dem 14. Dezember 2018 festgestellt sowie die Beklagte zum Ersatz der auf 1,3 Gebühren aus dem reduzierten Gegenstandswert gekürzten außerprozessualen Anwaltskosten verpflichtet. Der Kläger hat seine Berufung, die auf die Zuerkennung von Deliktszinsen und den Abzug einer niedrigeren Nutzungsentschädigung gerichtet war, zurückgenommen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Nutzungsentschädigung auf die zwischenzeitliche weitere Nutzung durch den Kläger angepasst, den Annahmeverzug erst ab dem 21. Oktober 2020 festgestellt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung aus den Vorinstanzen weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB. Zur Begründung werde mit Ausnahme der Anspruchsgegnerschaft zunächst auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 25. Mai 2020 (VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316) und vom 30. Juli 2020 (VI ZR 5/20, ZIP 2020, 1715) Bezug genommen. Die Beklagte sei passiv legitimiert, auch wenn sie den Motor EA 189 nicht unmittelbar entwickelt habe. Aufgrund jeweils offenkundiger Indizien habe das Berufungsgericht keinen Zweifel daran, dass die Verwendung und der Einbau des makelbehafteten Motors auf einer Grundsatzentscheidung des Volkswagen-Konzerns einschließlich der nach § 31 BGB verantwortlichen Repräsentanten der Beklagten beruhten. Jedenfalls griffen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast und die Verteidigung der Beklagten genüge den Anforderungen nicht.
Die Verwendung der Abschaltsoftware sei eine grundlegende weltweite Strategieentscheidung mit gravierenden unternehmerischen Risiken; allein der letzte Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) für die Modelle Audi A6 und A7 habe 30.000 Autos in Deutschland und mehr als 60.000 Autos weltweit betroffen. Seit Aufdeckung des Dieselskandals sei zunächst an dieser Unternehmensentscheidung festgehalten worden. Die Beklagte sei nicht quasi Dritter im Verhältnis zur Volkswagen AG, vieles spreche für eine Anwendung der Zurechnungsnormen § 31 BGB analog/§ 166 BGB analog. Sowohl die Beklagte als auch die Volkswagen AG und die weitere Konzerntochter Porsche AG verfügten über eigene technische Entwicklungsabteilungen, die jeweils Motoren mit unzulässigen Abschalteinrichtungen entwickelt hätten, die sodann übergreifend im Konzern zum Einsatz gekommen seien. Die Beklagte sei seit 2018 von diversen Rückrufen für von ihr hergestellte Motoren unter anderem in den Modellen A6, A7, A8, Q5 beziehungsweise Q7 mit 3.0 l beziehungsweise 4.2 l - Motoren betroffen gewesen, sowohl hinsichtlich der Schadstoffnorm Euro 5 als auch Euro 6. Auf vom KBA veröffentlichten Listen seien über zehn Motoren mit unzulässigen Abschalteinrichtungen enthalten, die allein die Beklagte entwickelt habe. Die manipulierten Motoren hätten jeweils zu einer Haftung gemäß § 826 BGB geführt. Das Berufungsgericht habe sich insoweit in gleichgelagerten Fällen der Auffassung des OLG Oldenburg in der Entscheidung vom 16. Oktober 2020 - 11 U 2/20, juris angeschlossen und entschieden, dass die Feststellungen des KBA, die Beklagte habe eine unzulässige Abschalteinrichtung verwandt, die auf den Prüfstand zugeschnitten sei, bindend seien. Die manipulierten Motoren seien in der gesamten Fahrzeugflotte des Volkswagen-Konzerns zum Einsatz gekommen. Modelljahre und Produktionszeiträume der betroffenen Fahrzeuge seien vergleichbar; vom Dieselskandal betroffen seien überwiegend Fahrzeuge, die seit 2009 hergestellt worden seien. Vor diesem Hintergrund und wegen der Dimension des Skandals sei der Rückschluss zwingend, dass sich die Spitze des Volkswagen-Konzerns in enger Abstimmung mit der Beklagten als Strategie des Gesamtkonzerns zum Zweck der Gewinnmaximierung zur Entwicklung und dem Einsatz von unzulässigen Abschalteinrichtungen entschieden habe. Die Beklagte habe diese Indizien nicht erschüttert. Dass sie sich auf die Unkenntnis des eigenen Vorstands berufe, sei abwegig. Träfe dies zu, wäre die Beklagte selbst jahrelang von der Volkswagen AG getäuscht worden, ohne Regress zu nehmen oder ihr den Streit zu verkünden, was keiner weiteren Kommentierung bedürfe.
Als Rechtsfolge könne der Kläger den gezahlten Kaufpreis in Höhe von 23.600 € Zug um Zug gegen "Rückgabe" und Übereignung des Fahrzeugs verlangen. Er müsse sich jedoch nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 6.873 € anrechnen lassen, da er das Fahrzeug, dessen geschätzte Gesamtlaufleistungserwartung 300.000 km betrage, über eine Fahrstrecke von 85.792 km genutzt habe. Die Beklagte befinde sich erst seit der Rücknahme der Berufung des Klägers im Annahmeverzug, da sich daraus die Bereitschaft des Klägers ergebe, sich Nutzungsvorteile anrechnen zu lassen. Die vorprozessualen Anwaltskosten schulde die Beklagte unmittelbar aus § 826 BGB, so dass es auf Verzugsgesichtspunkte nicht ankomme. Die landgerichtliche Entscheidung sei insoweit und hinsichtlich der Verzugszinsen nicht zu beanstanden.
II.
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB können mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bejaht werden. Das Berufungsgericht hat nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten im Sinne von § 31 BGB die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat.
a) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht. Ob ein Verhalten sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB ist, ist dabei eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Kontrolle des Revisionsgerichts unterliegt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19 Rn. 17 f., NJW 2021, 1669; Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 Rn. 14 f., BGHZ 225, 316; jeweils m.w.N.).
b) Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, handelt ein Automobilhersteller gegenüber dem Fahrzeugkäufer sittenwidrig, wenn er entsprechend seiner grundlegenden strategischen Entscheidung im eigenen Kostenund Gewinninteresse unter bewusster Ausnutzung der Arglosigkeit der Erwerber, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die ordnungsgemäße Durchführung des Typgenehmigungsverfahrens als selbstverständlich voraussetzen, Fahrzeuge mit einer Motorsteuerung in Verkehr bringt, deren Software bewusst und gewollt so programmiert ist, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten werden, und damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielt. Ein solches Verhalten steht einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugerwerber in der Bewertung gleich (BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19 Rn. 19, NJW 2021, 1669; Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 Rn. 16 ff., BGHZ 225, 316).
Bereits die objektive Sittenwidrigkeit des Herstellens und des Inverkehrbringens von Kraftfahrzeugen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Verhältnis zum Fahrzeugerwerber setzt dabei voraus, dass es in Kenntnis der Abschalteinrichtung und im Bewusstsein ihrer - billigend in Kauf genommenen Unrechtmäßigkeit geschieht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 Rn. 28, VersR 2021, 661; Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19 Rn. 21, NJW 2021, 1669; Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19 Rn. 19, VersR 2021, 388).
c) Ein derartiges Vorstellungsbild hat das Berufungsgericht im Hinblick auf Personen, für deren Verhalten die Beklagte einzustehen hat, nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.
aa) Nicht nachvollziehbar ist insoweit bereits die Feststellung des Berufungsgerichts, seit dem Bekanntwerden des Dieselskandals sei an der Unternehmensentscheidung zum Einsatz der Manipulationssoftware festgehalten worden. Es bleibt unklar, welches Unternehmen an der Entscheidung festgehalten und worin sich dies geäußert haben soll. Nicht tragfähig ist auch der Schluss von einem fehlenden Regress der Beklagten gegen die Konzernmutter Volkswagen AG auf eine Einbeziehung in die Entscheidung über die Verwendung der Manipulationssoftware.
bb) Die für die Argumentation des Berufungsgerichts zentrale Feststellung, die Beklagte habe parallel oder zeitnah zur Entwicklung des Motortyps EA 189 durch die Volkswagen AG selbst verschiedene Motoren mit prüfstandsbezogenen Abschalteinrichtungen entwickelt, ist verfahrensfehlerhaft getroffen, wie die Revision zu Recht rügt.
(1) Die vom Berufungsgericht in Bezug genommene, nur anonymisiert veröffentlichte Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 16. Oktober 2020 - 11 U 2/20, juris, lässt nicht erkennen, welche Herstellerin, welchen Motortyp und welche Abschalteinrichtung sie betrifft. Jedenfalls geht es nur um einen Motortyp, während das Berufungsgericht auf über zehn Motortypen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen abstellt. Die vermeintlich gleichgelagerten Fälle benennt es nicht.
(2) Soweit das Berufungsgericht auf veröffentlichte Listen des KBA abstellt, aus denen über zehn Motoren mit unzulässigen Abschalteinrichtungen ersichtlich seien, die von der Beklagten allein entwickelt worden seien, bezeichnet es auch hier die in Bezug genommenen Unterlagen nicht nachvollziehbar. Verfehlt ist darüber hinaus die Auffassung, ein verpflichtender Rückruf seitens des KBA indiziere bereits ausreichend das Vorliegen einer unzulässigen prüfstandsbezogenen Abschalteinrichtung, über die das KBA bei Erteilung der Typgenehmigung getäuscht worden sein müsse. Damit eine unzulässige Abschalteinrichtung eine Haftung der Beklagten wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB auslösen kann, müssen nach der mittlerweile gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2021 - VII ZR 190/20 Rn. 16, WM 2021, 2108; Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19 Rn. 19, ZIP 2021, 297; Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 Rn. 28, VersR 2021, 661). Solche stellt das Berufungsgericht nicht nachvollziehbar fest.
cc) Soweit das Berufungsgericht die von ihm benannten Indizien als offenkundig im Sinne des § 291 ZPO behandelt, verletzt es zudem die Beklagte in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör, wie die Revision zu Recht rügt. Sollen offenkundige Tatsachen verwertet werden, muss dies zur Wahrung des rechtlichen Gehörs der Parteien vorab bekannt gegeben werden, es sei denn, es handelt sich um Umstände, die allen Beteiligten ohne weiteres gegenwärtig sind und von deren Entscheidungserheblichkeit sie wissen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2020 - 2 BvR 1605/16, NJW 2021, 50, juris Rn. 15; BGH, Beschluss vom 27. Januar 2022 - III ZR 195/20 Rn. 8, juris; Urteil vom 14. Mai 2013 - II ZR 76/12 Rn. 8, WM 2013, 1210; Urteil vom 10. Mai 2007 - III ZR 115/06 Rn. 8, WuM 2007, 394). Daran fehlt es hier.
Diese Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich: Die Revision macht geltend, dass sie auf einen entsprechenden Hinweis die eigene Entwicklung prüfstandsbezogener Abschalteinrichtungen bestritten und die Offenkundigkeit des Gegenteils in Abrede gestellt hätte.
dd) Auf der Basis der bisherigen Feststellungen kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch keine sekundäre Darlegungslast der Beklagten angenommen werden, der sie nicht genügt habe.
(1) Wer einen Anspruch aus § 826 BGB geltend macht, trägt im Grundsatz die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Bei der Inanspruchnahme einer juristischen Person hat der Anspruchsteller dementsprechend auch darzulegen und zu beweisen, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter (§ 31 BGB) die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat. In bestimmten Fällen ist es Sache der Gegenpartei, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungslast zu den Behauptungen der beweisbelasteten Partei substantiiert zu äußern. Dabei hängen die Anforderungen an die Substantiierung des Bestreitens zunächst davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner - hier der Kläger - vorgetragen hat. In der Regel genügt ein einfaches Bestreiten. Eine sekundäre Darlegungslast kann den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei treffen, wenn diese keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Gegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchstellers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. nur BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19 Rn. 25 ff. m.w.N., NJW 2021, 1669).
(2) Nach diesen Grundsätzen setzt eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu Vorgängen innerhalb ihres Unternehmens, die auf eine Kenntnis ihrer verfassungsmäßigen Vertreter von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung schließen lassen sollen, jedenfalls voraus, dass das Klagevorbringen hinreichende Anhaltspunkte enthält, die einen solchen Schluss nahelegen (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19 Rn. 28 m.w.N., NJW 2021, 1669). Derartige Anhaltspunkte ergeben sich aus dem der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegenden Verfahrensstoff indes nicht. Die vom Berufungsgericht angeführten offenkundigen Indizien erweisen sich aus den dargelegten Gründen nicht als tragfähig.
2. Die Verurteilung der Beklagten zum Schadensersatz stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
a) Die vom Berufungsgericht offen gelassene Frage, ob eine Haftung der Beklagten auf eine Wissenszurechnung im Volkswagen-Konzern analog § 31 BGB oder § 166 BGB gestützt werden könne, ist zu verneinen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2021 - VII ZR 257/20 Rn. 24, WM 2022, 87).
b) Ein Anspruch des Klägers aus § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 826 BGB besteht nicht, weil das Berufungsgericht eine im Unternehmen der Beklagten vorhandene Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht festgestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19 Rn. 33 ff., NJW 2021, 1669).
c) Ansprüche gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 VO 715/2007/EG scheiden aus (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2021 - VII ZR 190/20 Rn. 35 f., WM 2021, 2108; Beschluss vom 7. Juli 2021 - VII ZR 218/21, juris; Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 Rn. 10 ff., ZIP 2020, 1715; jeweils m.w.N.).
III.
1. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine Entscheidung in der Sache durch den Senat ist nicht veranlasst, weil der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus §§ 826, 31 BGB können nicht abschließend beurteilt werden.
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Sollte das Berufungsgericht feststellen, dass eine Person, deren Handeln die Beklagte sich zurechnen lassen muss, die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat, sind auch Feststellungen zur haftungsbegründenden Kausalität zu treffen. Hinsichtlich der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung hat der Kläger die Erteilung eines Mandats darzulegen und zu beweisen, nachdem die Beklagte die Mandatserteilung bestritten hat, wie die Revision zutreffend aufzeigt. Dies betrifft die Voraussetzungen, unter denen eine Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG überhaupt entstehen kann. Dem kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit dem Hinweis begegnet werden, auf die Verzugsvoraussetzungen komme es nicht an, weil sich die Ersatzfähigkeit der Kosten unmittelbar aus § 826 BGB ergebe. Bei der Kostenentscheidung ist gegebenenfalls schon angesichts der Kosten, die die Rücknahme der Berufung des Klägers gerichtet auf Reduzierung des Nutzungsersatzes sowie Zuerkennung von Deliktszinsen in Höhe von 4 % aus 23.600 € in der Zeit vom 17. September 2015 bis zum 13. Dezember 2018 verursacht hat, eine Kostenquotelung in den Blick zu nehmen.
Pamp Halfmeier Sacher Brenneisen C. Fischer Vorinstanzen: LG Ingolstadt, Entscheidung vom 07.02.2020 - 31 O 2539/18 OLG München, Entscheidung vom 01.12.2020 - 28 U 1417/20 -