Paragraphen in 17 W (pat) 38/10
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 38/10 Verkündet am 26. November 2013
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 101 96 593.1-53 …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, der Richterin Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung und des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann BPatG 154 05.11 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die vorliegende Patentanmeldung geht hervor aus der internationalen Anmeldung PCT/US01/28261, die am 10. September 2001 eingereicht wurde und zwei USamerikanische Prioritäten, die ältere vom 11. September 2000, beansprucht. Sie trägt die Bezeichnung
„Steuerung einer Wertschöpfungskette“.
Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06Q des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung vom 8. Dezember 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung führt die Prüfungsstelle aus, dass der Gegenstand des damals geltenden Hauptanspruchs keine Erfindung auf dem Gebiet der Technik im Sinne des § 1 PatG sei.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Zur mündlichen Verhandlung ist sie, wie angekündigt, nicht erschienen. Sie beantragt (sinngemäß):
1) den Zurückweisungsbeschluss vom 08. Dezember 2009 aufzuheben und die Patentanmeldung mit den Ansprüchen vom 24. Juli 2009 zur Prüfung hinsichtlich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit an die Prüfungsstelle zurückzuverweisen.
2) hilfsweise den Zurückweisungsbeschluss vom 8. Dezember 2009 aufzuheben und die Patentanmeldung unter Berücksichtigung der mit der Beschwerde am 18. Februar 2010 eingereichten geänderten Ansprüche 1-34 nach Hilfsantrag zur Prüfung hinsichtlich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit an die Prüfungsstelle zurückzuverweisen, sofern der Hauptantrag nicht gewährbar ist.
Im Beschwerdeverfahren wurde vom Senat folgende Druckschrift genannt:
D1 US 5 974 395 A Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, da das System des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag gemäß § 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und Abs. 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen ist.
1. Die Patentanmeldung betrifft ein System und ein Verfahren mit dem Planungsdaten innerhalb einer Wertschöpfungskette zwischen einer Mehrzahl von Entitäten ausgetauscht und bedarfsweise modifiziert werden können. Durch die Lehre der Anmeldung soll die Aufgabe gelöst werden, die Nachteile und Probleme früherer Unternehmungsführungssysteme, insbesondere Kommunikations- und Abstimmungsprobleme, deutlich zu verringern oder gänzlich zu beseitigen (vgl. Beschreibung S 1 Z. 15-26).
Diese Aufgabe soll durch das in Patentanspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag angegebene System gelöst werden. Der Patentanspruch 1 des Hauptantrags (mit einer möglichen Gliederung versehen) lautet:
System zur Übermittlung von Planungsdaten zwischen einer Vielzahl von Entitäten innerhalb einer Wertschöpfungskette und Modifikation der Planungsdaten, wobei zwischen mindestens zwei dieser Entitäten keine direkte Übermittlung von Planungsdaten stattfindet, das System aufweisend: a) eine Planungs-Anwendung zur Entgegennahme von Planungsdaten von der Vielzahl von Entitäten und zur Erstellung eines Plans nach Vorgabe der Planungsdaten und b) eine Steuerungs-Anwendung zur b1) Feststellung von einem oder mehreren Ausnahmefällen in dem Plan, b2) Übermittlung von Planungsdaten mit einem Bezug zu den Ausnahmefällen an eine oder mehrere der Entitäten, b3) Entgegennahme von Anweisungen von einer oder mehreren der Entitäten bezüglich der Lösung der Ausnahmefälle, und b4) Modifikation der Planungsdaten als Reaktion auf den Erhalt der Anweisungen.
Der nebengeordnete Anspruch 13 des Hauptantrags ist gerichtet auf ein Verfahren zur Übermittlung von Planungsdaten zwischen einer Vielzahl von Entitäten innerhalb einer Wertschöpfungskette und Modifikation der Planungsdaten, wobei zwischen mindestens zwei dieser Entitäten keine direkte Übermittlung von Planungsdaten stattfindet, das Verfahren die Schritte aufweisend: A) Entgegennahme von Planungsdaten von der Vielzahl von Entitäten, B) Erstellung eines Plans nach Vorgabe dieser Planungsdaten,
B1) Feststellung von einem oder mehreren Ausnahmefällen in diesem Plan, B2) Übermittlung von Planungsdaten mit einem Bezug zu den Ausnahmefällen an eine oder mehrere der Entitäten, B3) Entgegennahme von Anweisungen von einer oder mehreren der Entitäten bezüglich der Lösung der Ausnahmefälle, und B4) Modifikation der Planungsdaten als Reaktion auf den Erhalt der Anweisungen.
Zu den nebengeordneten Ansprüchen 22, 31, 32, 33, 34 und zu den Unteransprüchen 2 bis 12, 14 bis 21, 23 bis 30 des Hauptantrags wird auf die Akte verwiesen.
Der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags, mit einer möglichen Gliederung und unterstrichen markierten Änderungen gegenüber der Fassung des Hauptantrags versehen, lautet:
System zur Übermittlung von Planungsdaten zwischen einer Vielzahl von Entitäten innerhalb einer Wertschöpfungskette und Modifikation der Planungsdaten, um eine Überalterung von Werkstoffen zu vermeiden, wobei zwischen mindestens zwei dieser Entitäten keine direkte Übermittlung von Planungsdaten stattfindet, das System aufweisend: a) eine Planungs-Anwendung zur Entgegennahme von Planungsdaten von der Vielzahl von Entitäten und zur Erstellung eines Plans nach Vorgabe der Planungsdaten und b) eine Steuerungs-Anwendung zur b1) Feststellung von einem oder mehreren Ausnahmefällen in dem Plan, b2) Übermittlung von Planungsdaten mit einem Bezug zu den Ausnahmefällen an eine oder mehrere der Entitäten, b3) Entgegennahme von Anweisungen von einer oder mehreren der Entitäten bezüglich der Lösung der Ausnahmefälle und b4) Modifikation der Planungsdaten als Reaktion auf den Erhalt der Anweisungen.
Der nebengeordnete Patentanspruch 13 des Hilfsantrags, hier ebenfalls mit einer möglichen Gliederung und unterstrichen markierten Änderungen gegenüber der Fassung des Hauptantrags versehen, lautet:
Verfahren zur Übermittlung von Planungsdaten zwischen einer Vielzahl von Entitäten innerhalb einer Wertschöpfungskette und Modifikation der Planungsdaten, um eine Überalterung von Werkstoffen zu vermeiden, wobei zwischen mindestens zwei dieser Entitäten keine direkte Übermittlung von Planungsdaten stattfindet, das Verfahren die Schritte aufweisend: A) Entgegennahme von Planungsdaten von der Vielzahl von Entitäten, B) Erstellung eines Plans nach Vorgabe dieser Planungsdaten,
B1) Feststellung von einem oder mehreren Ausnahmefällen in diesem Plan, B2) Übermittlung von Planungsdaten mit einem Bezug zu den Ausnahmefällen an eine oder mehrere der Entitäten, B3) Entgegennahme von Anweisungen von einer oder mehreren der Entitäten bezüglich der Lösung der Ausnahmefälle und B4) Modifikation der Planungsdaten als Reaktion auf den Erhalt der Anweisungen.
Zu den nebengeordneten Ansprüchen 22, 31, 32, 33, 34 und zu den Unteransprüchen 2 bis 12, 14 bis 21, 23 bis 30 des Hilfsantrags wird auf die Akte verwiesen.
Die Lehre, die der Anmeldung nach Haupt- und Hilfsantrag zugrunde liegt, ermöglicht die Übermittlung von Planungsdaten zwischen einer Vielzahl von Entitäten innerhalb einer Wertschöpfungskette und eine Modifikation der Planungsdaten, um eine Überalterung von Werkstoffen zu vermeiden, wobei zwischen mindestens zwei dieser Entitäten keine direkte Übermittlung von Planungsdaten stattfindet.
Hierzu werden die Planungsdaten der Entitäten (von einem elektronischen Marktplatz) entgegengenommen und ein Plan auf der Grundlage dieser Planungsdaten erstellt (Merkmal a)). Anschließend wird der Plan überprüft, um Ausnahmefälle zu erfassen (Merkmal b1)). Die Planungsdaten werden mit den festgestellten Ausnahmefällen an die Entitäten übermittelt (Merkmal b2)). Von den Entitäten werden, als Reaktion auf die Ausnahmefälle, Anweisungen mit möglichen Lösungen zur Verfügung gestellt (Merkmal b3)), aufgrund derer die Planungsdaten modifiziert werden (Merkmal b4)).
Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird eine betriebswirtschaftliche Planung einer Wertschöpfungskette auf einem Computersystem zu implementieren, sieht der Senat einen Programmierer mit fundierten Kenntnissen von betrieblichen Abläufen und Zusammenhängen an.
2. Das Verfahren des nebengeordneten Patentanspruchs 13 nach Hauptantrag und ebenso das Verfahren des nebengeordneten Patentanspruchs 13 nach Hilfsantrag sind vom Patentschutz ausgeschlossen. In beiden Fällen handelt es sich um Pläne bzw. Regeln für geschäftliche Tätigkeiten als solche (§ 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und Abs. 4 PatG). Auch das jeweilige System des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag ist nicht patentfähig.
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei Erfindungen mit Bezug zu Geräten und Verfahren zunächst zu klären, ob der Gegenstand der Erfindung zumindest mit einem Teilaspekt auf technischem Gebiet liegt. Danach ist zu prüfen, ob dieser Gegenstand lediglich ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches darstellt und deshalb aufgrund des Ausschlusstatbestandes vom Patentschutz ausgeschlossen ist. Der Ausschlusstatbestand greift nicht ein, wenn die Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln dienen (BGH in GRUR 2011, 610 – „Webseitenanzeige“). Nichts Anderes gilt, wenn in Rede steht, ob eine beanspruchte Lehre als mathematische Methode, als Regel oder Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten oder als Wiedergabe von Informationen nicht als Erfindung anzusehen ist (BGH in GRUR 2005, 143, III.4.a. – „Rentabilitätsermittlung“).
Die vorliegende Anmeldung liegt zweifelsohne mit einem Teilaspekt (z. B. Übermittlung von Daten) auf technischem Gebiet, jedoch löst sie kein technisches Problem mit technischen Mitteln.
Welches Problem durch eine Erfindung gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet (BGH in GRUR 2005, 141, II.4.b. – „Anbieten interaktiver Hilfe“).
Das beanspruchte System bzw. Verfahren leistet es, Planungsdaten zwischen Entitäten zu übermitteln und stellt somit jeder Entität die notwendigen Daten zur Verfügung. Bei Abweichungen von dem Plan werden die Entitäten benachrichtigt und können ihrerseits Lösungen anbieten, die dann in einer modifizierten Planung berücksichtigt werden. Das Ziel liegt somit darin, zuerst anhand der Grunddaten einen Plan z. B. für eine Fertigung zu erstellen und bei Abweichungen z. B. bei Lieferengpässen nach Alternativen zu suchen, die in einem geänderten Plan berücksichtigt sind. Damit wird sicher gestellt, dass die geschäftlichen Abläufe wie z.B. die Produktion eines Wirtschaftsgutes optimiert werden. Dies stellt aber kein technisches Problem, sondern einen Plan für eine geschäftliche Tätigkeit dar.
Die zur Problemlösung eingesetzten Mittel erschöpfen sich in bekannten Datenverarbeitungsanlagen (Rechnern), die untereinander verbunden sind, wobei weder die Rechner noch das Netzwerk über den bestimmungsgemäßen Gebrauch hinaus weitere Merkmale aufweisen, die ein technisches Problem mit technischen Mitteln lösen. Es wird auch in keiner Weise auf technische Gegebenheiten außerhalb des beanspruchten Systems bzw. des Verfahrens Rücksicht genommen. Denn es findet keine Außenwirkung im Sinne einer Steuerung der Fertigung statt, sondern es werden lediglich geschäftliche Parameter wie bspw. Lieferengpässe verarbeitet, die zu einer Modifizierung eines geschäftlichen Plans führen. Ebenso fließt die Vermeidung der Überalterung von Werkstoffen (siehe Hilfsantrag) in dem gegebenen Zusammenhang lediglich in die Auswahl von solchen Parametern ein und beruht auf rein geschäftlichen Überlegungen. Denn diese Auswahl berücksichtigt die Lebensdauer von Komponenten und Werkstoffen für die Produktfertigung, um Ausschuss und Abfall möglichst zu vermeiden und somit die Kosten gering zu halten. Die beanspruchte Lehre führt zwar zu Verbesserungen bei der Planerstellung, leistet jedoch keinen Beitrag zur Lösung eines technischen Problems.
Hinsichtlich der Betrachtung eines Systems bzw. eines Verfahrens ergibt sich im Ergebnis kein Unterschied, da auch bei der vorrichtungsmäßigen Einkleidung einer Lehre, die sich der elektronischen Datenverarbeitung bedient, deren Patentfähigkeit nur dann zu bejahen ist, sofern hierbei die Lösung eines konkreten technischen Problems mit Mitteln gelehrt wird, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind (BGH a. a. O. – „Rentabilitätsermittlung“).
Demnach sind die auf ein System gerichteten Ansprüche der Anmeldung nicht anders zu bewerten als die auf ein Verfahren gerichteten nebengeordneten Ansprüche.
3. Das System des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und ebenso das System des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag sind somit nicht gewährbar. Auch die übrigen Ansprüche nach Haupt- und Hilfsantrag sind nicht gewährbar, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (BGH in GRUR 1997, 120 – „Elektrisches Speicherheizgerät“). Da die Sache entscheidungsreif war, hat der Senat von einer Zurückverweisung abgesehen (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 79 Rdnr. 15 ff.).
Dr. Morawek Eder Dr. Thum-Rung Hoffmann Me
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