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X ZR 99/23

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES X ZR 99/23 URTEIL in der Patentnichtigkeitssache Verkündet am: 29. Juli 2025 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Nachschlagewerk: BGHZ: BGHR: JNEU:

ja nein ja ja Oberflächendefekte PatG § 3 Abs. 1 Satz 2; EPÜ Art. 54 Abs. 2 Der Offenbarungsgehalt von Präsentationsfolien, die in einem öffentlichen Workshop zur Illustration eines Vortrags verwendet und den Teilnehmern als Ausdruck überlassen worden sind, ist unabhängig von eventuellen einschränkenden Zusatzinformationen zu würdigen, die während des Vortrags gegeben wurden.

BGH, Urteil vom 29. Juli 2025 - X ZR 99/23 - Bundespatentgericht ECLI:DE:BGH:2025:290725UXZR99.23.0 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juli 2025 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bacher, die Richter Hoffmann und Dr. Deichfuß, die Richterin Dr. Kober-Dehm und den Richter Dr. Rensen für Recht erkannt:

Die Berufung gegen das Urteil des 7. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 2. August 2023 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents 10 2015 119 240 (Streitpatents), das am 9. November 2015 angemeldet worden ist und das automatisierte Erkennen und robotergestützte Bearbeiten von Defekten in einer Werkstückoberfläche betrifft. Patentanspruch 1, auf den neun weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet:

Verfahren zum automatisierten Erkennen und robotergestützten Bearbeiten von Defekten in einer Werkstückoberfläche; das Verfahren weist auf: optische Inspektion der Oberfläche zur Detektion von Defekten (Di); dreidimensionale Vermessung der Werkstückoberfläche mittels optischer Sensoren (21, 22, 23) im Bereich detektierter Defekte (Di); Ermitteln der Topographie der Werkstückoberfläche im Bereich von zumindest einem Defekt (Di); Ermitteln eines Parametersatzes (Pi), welcher den zumindest einen Defekt (Di) charakterisiert; Kategorisieren des zumindest einen Defekts (Di) anhand des ermittelten Parametersatzes (Pi), wobei der Defekt (Di) einer Defektkategorie (Kj) zugeordnet wird; Auswahl eines Bearbeitungsprozesses (Rj) abhängig von der Defektkategorie (Kj) des mindestens einen Defekts (Di), wobei jedem Bearbeitungsprozess (Rj) mindestens eine Vorlage (Xi) einer Bearbeitungsbahn zugeordnet ist, entlang der der Defekt (Di) bearbeitet werden soll; Ermitteln einer Bearbeitungsbahn (Xi‘) für den zumindest einen Defekt (Di) mittels Projektion der mindestens einen Vorlage (Xi) auf die Werkstückoberfläche gemäß einem CAD-Modell des Werkstücks (10); computergestütztes Erstellen eines Roboterprogramms zur robotergestützten Bearbeitung des zumindest einen Defekts (Di).

Patentanspruch 11 schützt sinngemäß ein System mit entsprechenden Eigenschaften. Die Patentansprüche 12 und 17 schützen sinngemäß ein Verfahren und ein System mit einer modifizierten Teilmenge dieser Merkmale.

Die Klägerin hat das Streitpatent wegen fehlender Patentfähigkeit angegriffen. Die Beklagte hat das Schutzrecht unter anderem in der erteilten Fassung und hilfsweise in drei geänderten Fassungen verteidigt. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung, der die Klägerin entgegentritt, verteidigt die Beklagte das Streitpatent in den Fassungen der drei erstinstanzlichen Hilfsanträge.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I. Das Streitpatent betrifft das automatische Detektieren und robotergestützte Bearbeiten von Oberflächendefekten.

1. Die Beschreibung des Streitpatents führt aus, bei einer automatisierten, robotergestützten Fertigung, zum Beispiel im Automobilbereich, stelle sich unter anderem das Problem, Defekte in Oberflächen eines Werkstücks, etwa in einer Lackschicht, automatisiert zu erkennen und mittels Roboter zu reparieren (Abs. 2).

Die meisten aktuell eingesetzten Systeme beschränkten sich darauf, Defekte zu detektieren und zu markieren. Bei einem aus dem US-Patent 6 714 831 bekannten System würden die Positionen der Defekte in dem Koordinatensystem des untersuchten Objekts bestimmt, eine Reparaturstrategie entwickelt und aufbauend darauf ein Reparatursystem angesteuert. Die Reparaturstrategie umfasse die Wahl des Pfads, entlang dem die Defekte angefahren würden, und die Wahl der Werkzeuge und Roboter. Es bestehe jedoch Verbesserungsbedarf, weil nicht alle Oberflächendefekte auf die gleiche Weise behandelt werden könnten und manche Defekte gar nicht behandelt werden müssten (Abs. 3).

2. Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, die automatische Detektion von Fehlern und deren robotergestützte Reparatur weiter zu verbessern.

3. Zur Lösung schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 in der von der Berufung in erster Linie verteidigten Fassung ein Verfahren vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind hervorgehoben):

1.1 Verfahren zum automatisierten Erkennen und robotergestützten Bearbeiten von Defekten in einer Werkstückoberfläche, aufweisend:

1.2 optische Inspektion der Oberfläche zur Detektion von Defekten (Di);

1.3 dreidimensionale Vermessung der Werkstückoberfläche mittels optischer Sensoren (21, 22, 23) im Bereich detektierter Defekte (Di);

1.4 Ermitteln der Topographie der Werkstückoberfläche im Bereich von zumindest einem Defekt (Di);

1.5' Ermitteln eines Parametersatzes (Pi), welcher den die Topographie des zumindest einen Defekts (Di) beschreibt charakterisiert;

1.6 Kategorisieren des zumindest einen Defekts (Di) anhand des ermittelten Parametersatzes (Pi), wobei der Defekt (Di) einer Defektkategorie (Kj) zugeordnet wird;

1.7 Auswahl eines Bearbeitungsprozesses (Rj) abhängig von der Defektkategorie (Kj) des mindestens einen Defekts (Di),

1.7.1 wobei jedem Bearbeitungsprozess (Rj) mindestens eine Vorlage (Xi) einer Bearbeitungsbahn zugeordnet ist, entlang der der Defekt (Di) bearbeitet werden soll;

1.8 Ermitteln einer Bearbeitungsbahn (Xi) für den zumindest einen Defekt (Di)

1.8.1 mittels Projektion der mindestens einen Vorlage (Xi) auf die Werkstückoberfläche gemäß einem CAD-Modell des Werkstücks (10);

1.9 computergestütztes Erstellen eines Roboterprogramms zur robotergestützten Bearbeitung des zumindest einen Defekts (Di)

-610 4. Die Merkmale der Ansprüche 1, 11, 12 und 17 sind in der nachfolgenden Übersicht zusammengestellt.

1.1 Verfahren zum automatisierten 11. System zum automatisierten Er- 12. Verfahren zum automatisier- 17. System zum automatisierten Erkennen und robotergestützten 1 kennen und robotergestützten 1 ten Erkennen von Defekten 1 Erkennen von Defekten und Bearbeiten von Defekten in einer Bearbeiten von Defekten in einer und Erzeugung eines Robo- Erzeugung eines Roboterpro- Werkstückoberfläche, aufwei- Werkstückoberfläche, umfasterprogramms zur Bearbeigramms zur Bearbeitung des send:

send:

tung des Werkstücks (10),

Werkstücks (10), aufweisend:

aufweisend:

1.2 optische Inspektion der Oberflä- 11. optisches Inspektions- und 12. Lokalisieren von Defekten 17. ein optisches Inspektionssysche zur Detektion von Defekten 2 Messsystem zur Inspektion der 2 (Di) in einer Oberfläche eines 2 tem zum Lokalisieren von De-

(Di); Oberfläche zur Detektion von Werkstücks (10); fekten (Di) in einer Oberfläche Defekten (Di); eines Werkstücks (10);

1.3 dreidimensionale Vermessung 11. sowie zur dreidimensionalen der Werkstückoberfläche mittels 3 Vermessung der Werkstückoberoptischer Sensoren (21, 22, 23)

fläche mittels optischer Sensoim Bereich detektierter Defekte ren (21, 22, 23) im Bereich detek-

(Di); tierter Defekte (Di);

11. eine Datenverarbeitungsanlage, 5 welche dazu ausgebildet ist,

17. eine Datenverarbeitungsan3 lage, die dazu ausgebildet ist,

1.4 Ermitteln der Topographie der 11. die Topographie der Werkstück- 12. Ermitteln einer dreidimensio- 17. eine dreidimensionale Topo- Werkstückoberfläche im Bereich 5.1 oberfläche im Bereich von zu- 3 nalen Topographie der lokali- 3.1 graphie der lokalisierten Devon zumindest einem Defekt (Di); mindest einem Defekt (Di) zu ersierten Defekte (Di); fekte (Di) zu ermitteln; mitteln;

1.5' Ermitteln eines Parametersatzes 11. einen Parametersatz (Pi) zu er- 12. Kategorisieren von zumindest 17. zumindest einen lokalisierten

(Pi), welcher die Topographie 5.2' mitteln, welcher die Topographie 4 einem lokalisierten Defekt (Di) 3.2 Defekt (Di) basierend auf desdes zumindest einen Defekts (Di)

des zumindest einen Defekts (Di)

basierend auf dessen Toposen Topographie einer Debeschreibt; beschreibt; graphie; fektkategorie zuzuordnen;

1.6 Kategorisieren des zumindest 11. den zumindest einen Defekt (Di)

einen Defekts (Di) anhand des 5.3 anhand des ermittelten Parameermittelten Parametersatzes (Pi),

tersatzes (Pi) zu kategorisieren,

wobei der Defekt (Di) einer Dewobei der Defekt (Di) einer Defektkategorie (Kj) zugeordnet fektkategorie (Kj) zugeordnet wird; wird;

1.7

1.7.1 11. 5.4.1 1.8 1.8.1

1.9

1 Auswahl eines Bearbeitungsprozesses (Rj) abhängig von der Defektkategorie (Kj) des mindestens einen Defekts (Di),

11. 5.4 einen in einer Datenbank hinterlegten Bearbeitungsprozesses (Rj) abhängig von der Defektkategorie (Kj) des mindestens einen Defekts (Di) auszuwählen,

12. 4 wobei jedem Bearbeitungsprozess (Rj) mindestens eine Vorlage (Xi) einer Bearbeitungsbahn zugeordnet ist, entlang der der Defekt (Di) bearbeitet werden soll; Ermitteln einer Bearbeitungs- 11. bahn (Xi) für den zumindest 5.5 einen Defekt (Di)

eine Bearbeitungsbahn (Xi) für den zumindest einen Defekt (Di) zu ermitteln mittels Projektion der mindestens einen Vorlage (Xi) auf die Werkstückoberfläche gemäß einem CAD-Modell des Werkstücks (10);

11. 4 computergestütztes Erstellen eines Roboterprogramms zur robotergestützten Bearbeitung des zumindest einen Defekts (Di).

11. 5.6 Mindestens einen Industrieroboter zur Bearbeitung der Werkstückoberfläche; ein Roboterprogramm zur robo- 12. tergestützten Bearbeitung des 6 zumindest einen Defekts (Di).

Auswahl eines Bearbeitungsprozesses (Rj) abhängig von der Defektkategorie (Kj) des mindestens einen Defekts (Di),

17. 3.3 computergestütztes Erstellen eines Roboterprogramms zur robotergestützten Bearbeitung des zumindest einen Defekts (Di).

17. 3.4 abhängig von der Defektkategorie (Kj) des mindestens einen Defekts (Di), einen Bearbeitungsprozess auszuwählen,

ein Roboterprogramm zur robotergestützten Bearbeitung des zumindest mindestens einen Defekts (Di) gemäß des ausgewählten Bearbeitungsprozesses zu erstellen.

1.

5. Einige Merkmale bedürfen der Erörterung.

a) Wie das Patentgericht zu Recht angenommen hat, sehen die Merkmale 1.2 und 1.3 ein zweistufiges Vorgehen vor.

aa) In einem ersten Schritt wird gemäß Merkmal 1.2 die zu untersuchende Oberfläche optisch inspiziert, um Defekte zu detektieren.

bb) Im Bereich von detektierten Defekten wird in einem zweiten Schritt gemäß Merkmal 1.3 die Oberfläche des Werkstücks dreidimensional vermessen.

cc) Patentanspruch 1 gibt nicht vor, wie die Inspektion und die dreidimensionale Vermessung zu erfolgen haben.

Die vorgesehene Vorgehensweise ermöglicht es aber, für den zweiten Schritt eine aufwendigere Methode einzusetzen und den Gesamtaufwand dadurch gering zu halten, dass diese Methode nur für Bereiche angewendet wird, in denen ein Defekt erkannt worden ist.

So wird in der Beschreibung geschildert, für die Erkennung und Lokalisierung von Defektkandidaten reichten ein zweidimensionales Kamerabild sowie ein CAD-Modell des Werkstücks aus. Eine dreidimensionale Vermessung sei danach nur für Bereiche erforderlich, in denen ein Defektkandidat lokalisiert worden sei (Abs. 27).

dd) Eine dreidimensionale Vermessung im Sinne von Merkmal 1.3 erfordert nicht zwingend eine erneute Aufnahme von Bildern. Nach der Beschreibung kann es ausreichen, zweidimensionale Kamerabilder auszuwerten, die Krümmungsinformationen enthalten (Abs. 27).

Auch bei dieser Vorgehensweise kann das zweistufige Vorgehen den Gesamtaufwand beschränken, weil die dreidimensionale Auswertung mehr Aufwand erfordert als das Suchen nach Defektkandidaten.

ECLI:DE:BGH:2025:290725UXZR99.23.0 b) Das Ergebnis der dreidimensionalen Vermessung ist, wie das Patentgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, die in Merkmal 1.4 vorgesehene Topographie.

Als Topographie wird in der Beschreibung die dreidimensionale Struktur des betreffenden Oberflächenbereichs bezeichnet (Abs. 29). Dieses Verständnis liegt auch Merkmal 1.4 zugrunde.

Dem steht nicht entgegen, dass Merkmal 1.4 - anders als die Merkmale 12.3 und 17.3.1 - nicht ausdrücklich von einer dreidimensionalen Topographie spricht. Aus der Abfolge der Merkmale 1.3 und 1.4 geht hinreichend deutlich hervor, dass auch Patentanspruch 1 den Begriff so verwendet, wie er in der Beschreibung definiert ist, also im Sinne einer Darstellung der dreidimensionalen Struktur.

c) Um den Bearbeitungsprozess auf die Art des Fehlers abstimmen zu können, sieht Merkmal 1.5' die Ermittlung eines Satzes von Parametern vor, der den Defekt kategorisiert. Anhand dieses Parametersatzes wird der Defekt gemäß Merkmal 1.6 einer Kategorie zugeordnet.

aa) Als geeignete Parameter bezeichnet die Beschreibung für einen einfachen Fall die laterale Ausdehnung des Defekts und dessen Ausdehnung normal zur Oberfläche des Werkstücks. Die laterale Ausdehnung di kann zum Beispiel die Länge eines Kratzers oder den Durchmesser einer annähernd runden Erhöhung bezeichnen, die Ausdehnung ti normal zur Oberfläche die Tiefe des Kratzers bzw. die Höhe der Erhöhung.

Eine komplexere Parametrisierung ist je nach Anwendung möglich. So kann auch die Steilheit des Defekts als Parameter herangezogen werden. Diese kann das Verhältnis zwischen Fläche und Höhe bzw. Tiefe des Defekts, das Verhältnis zwischen ti und di oder eine mittlere Steigung der Oberflächenstruktur im Bereich des Defekts angeben.

Position und Orientierung eines Defekts können repräsentiert werden durch einen Punkt Oi, der zum Beispiel den Flächenschwerpunkt angibt, und einen dazu gehörenden Normalvektor ni, der eine als Defektebene bezeichnete Ebene Ei definiert (Abs. 32).

bb) Merkmal 1.5' lässt offen, welche Parameter im Einzelnen herangezogen werden.

Aus der Vorgabe, dass der Parametersatz die Topographie des Defekts beschreibt, ergibt sich jedoch, dass die Parameter Angaben zur dreidimensionalen Ausdehnung des Defekts umfassen müssen.

d) Die Auswahl des Bearbeitungsprozesses zur Behebung des Defekts erfolgt gemäß Merkmal 1.7 abhängig von der Kategorie des Defekts. Dies ist die Kategorie, der der Defekt gemäß Merkmal 1.6 zugeordnet worden ist.

Entgegen der Auffassung der Berufung ist damit nicht ausgeschlossen, die Auswahl des Bearbeitungsprozesses von der Größe eines Defekts abhängig zu machen. Wie oben bereits dargelegt wurde, lässt das Streitpatent Länge bzw. Durchmesser und Tiefe bzw. Höhe eines Defekts als Parameter im Sinne von Merkmal 1.5 und damit als Kriterien für die Zuordnung zu einer Kategorie gemäß Merkmal 1.6 zu.

Aus Merkmal 1.7.1, wonach jedem Bearbeitungsprozess mindestens eine Vorlage einer Bearbeitungsbahn zugewiesen ist, entlang der der Defekt bearbeitet werden soll, ergeben sich insoweit keine weitergehenden Einschränkungen. Dabei kann zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass für jeden Bearbeitungsprozess und damit für jede Defektkategorie stets dieselbe Vorlage bzw. dieselbe Kombination von Vorlagen herangezogen wird. Auch unter dieser Prämisse ist nicht ausgeschlossen, die Fehlerkategorien so einzuteilen, dass sich einzelne Kategorien nur durch die Abmessungen des Fehlers voneinander unterscheiden, nicht aber durch sonstige Parameter wie etwa die Steilheit.

e) Die für den jeweiligen Defekt anzuwendende Bearbeitungsbahn wird gemäß den Merkmalen 1.8 und 1.8.1 dadurch ermittelt, dass die der Defektkategorie zugeordnete Vorlage gemäß einem CAD-Modell auf die Werkstückoberfläche projiziert wird.

Diese Vorgehensweise ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 4 schematisch dargestellt.

Die Projektion der Vorlage auf die Oberfläche anhand des CAD-Modells trägt dem Umstand Rechnung, dass die zu bearbeitende Oberfläche um einen identifizierten Mittelpunkt Oi herum nicht zwingend entlang der Defektebene Ei verläuft, sondern Krümmungen aufweisen kann. Die projizierten Punkte Xi1', Xi2' usw. bilden die tatsächliche Bearbeitungsbahn ab. Jedem Punkt ist ein Normalvektor ni1', ni2' usw. zugeordnet. Zwischen solchen Punkten kann die Bahn durch Interpolation ergänzt werden. Dies ermöglicht es, dass das Bearbeitungswerkzeug mit definierter, einstellbarer Kraft immer normal zur Oberfläche auf das Werkstück drückt (Abs. 36).

f) Anhand der so ermittelten Bearbeitungsbahn wird gemäß Merkmal 1.9 mit Hilfe eines Computers ein Programm erstellt, das die robotergestützte Bearbeitung des Defekts ermöglicht.

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 11 beruhten ausgehend von der US-Patentanmeldung 2003/0139836 (NK5/D3) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

D3 offenbare ein Verfahren und ein System mit den Merkmalen 1.1, 1.2 und 1.7 bis 1.9. Ein Abbildungssystem (12) mache Aufnahmen, registriere Defekte und bilde Daten dafür. Diese Daten umfassten Größe, Typ und Ort eines Defekts. Die in D3 offenbarte robotergestützte Reparaturstrategie sei abhängig von einer Defektkategorie "type". Dies entspreche dem fachmännischen Handeln bei bekannten Lackdefekten. Jedem Bearbeitungsprozess werde mindestens eine Vorlage einer Bearbeitungsbahn zugewiesen; dabei würden auch die Größe des Defekts und der Verlauf der Werkstückoberfläche mitberücksichtigt. Dies entspreche der Vorgehensweise gemäß den Merkmalen 1.8 und 1.8.1.

Die in D3 nicht offenbarten Merkmale 1.3, 1.4, 1.5' und 1.6 seien in Präsentationsfolien offenbart, die ein Mitarbeiter eines mit der Beklagten verbundenen Unternehmens für einen Vortrag im Rahmen eines Workshops verwendet habe (Kickingereder, Roboterbasierte 3D Lackfehlerkontrolle in der Automobilindustrie auf der Basis von phasenverschiebender Deflektometrie, NK9/D14). Diese Folien gehörten zum Stand der Technik, weil der Workshop frei zugänglich gewesen sei. Sie beträfen ein als reflectCONTROL bezeichnetes Bildgebungsverfahren für eine roboterbasierte 3D-Lackfehlerkontrolle in der Automobilindustrie. Zur Detektion von Defekten würden eine optische Inspektion der Werkstückoberfläche und eine dreidimensionale Messung im Bereich detektierter Systeme durchgeführt. Aus dem Ablauf sei ersichtlich, dass eine automatische Defekterkennung und -filterung stattfinde. Die Ergebnisse seien auf Bildern dargestellt, die die ermittelte Topographie im Bereich von zumindest einem Defekt durch farbige Abstufungen darstellten. In einer jeweils zugehörigen Grafik seien Höhenlinien dargestellt. Damit sei Merkmal 1.4 offenbart. Die so ermittelten Topographien würden Lackfehlertypen wie "Krater" oder "Beule" zugeordnet. Damit seien die Merkmale 1.5' und 1.6 offenbart.

Ausgehend von D3 habe für den Fachmann, einen Hochschulabsolventen der Fachrichtung Automatisierungstechnik bzw. Robotik mit mehrjähriger Berufserfahrung in der industriellen Bildverarbeitung und vertieften Kenntnissen in der Nachbearbeitung von insbesondere lackierten Oberflächen im Rahmen industrieller Fertigungsprozesse, Anlass bestanden, im Stand der Technik nach ähnlichen Verfahren und Systemen zu suchen und hierbei insbesondere neuere Entwicklungen zu berücksichtigen, die eine weitere Verbesserung erwarten ließen. Die in D14 offenbarte dreidimensionale Vermessung, die darauf basierende Ermittlung der Topographie und die daraus abgeleitete Kategorisierung begründeten einen Vorteil bei der damit verbundenen Oberflächenbehandlung.

Für die Gegenstände der Ansprüche 12 und 17 und die mit den Hilfsanträgen 2 und 3 verteidigten Gegenstände gelte Entsprechendes.

III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand.

1. Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass D3 die Merkmale 1.1, 1.2 und 1.7 bis 1.9 offenbart.

a) D3 befasst sich mit dem Auffinden und der Reparatur von Fehlern auf lackierten Oberflächen von Fahrzeugen.

D3 führt aus, das Auffinden und Beheben solcher Fehler könne aufwendig und ineffizient sein (Abs. 3). Automatische Systeme zur optischen Inspektion hätten sich als erfolgreich beim Lokalisieren von Fehlern erwiesen. Sie lieferten jedoch oft nur unzureichende Informationen zu deren Behebung. Häufig müssten Bediener Reparaturen vornehmen, bevor das Fahrzeug auf der Produktionslinie weiterbefördert werden könne. Andere Systeme markierten den Fehler zum Zwecke einer späteren Bearbeitung (Abs. 4).

Ein bemerkenswerter Fortschritt sei durch den Einsatz von CAD-Informationen zusammen mit optischen Abbildungssystemen erzielt worden. Solche Systeme könnten in der Struktur vorhandene Abweichungen von den Solldaten erkennen. Es sei erstrebenswert, diese Technologie weiterzuentwickeln und in eine automatische Anordnung zur Suche und Reparatur zu integrieren (Abs. 5).

b) Zur Lösung schlägt D3 vor, ein Abbildungssystem (imaging system 12) mit einer Steuereinheit (vision cell controller 18) zu kombinieren.

Das Abbildungssystem (12) kann aus einem aus dem Stand der Technik bekannten Bildscanner bestehen, vorzugsweise mit telezentrischer Optik. Dieses System erzeugt Lackfehlerdaten (14). Diese können eine Vielzahl von Attributen umfassen. Bei einer Ausführungsform sind dies Größe, Typ und Ort eines Lackfehlers (Abs. 14).

Die Steuereinheit (18) empfängt Informationen vom Abbildungssystem (12) und von den CAD-Daten des Fahrzeugs, um dreidimensionale Lackfehlerkoordinaten (20) für jeden Lackfehler zu entwickeln. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass alle geometrischen Dimensionen mit Hilfe der CAD-Masterkoordinaten kalibriert werden, was die Genauigkeit verbessert.

Ein Beispiel für die Zuordnung von Bildinformationen (21) zu CAD-Daten (22) ist in der nachfolgenden Figur 3A dargestellt. Figur 3B zeigt ein Detail eines Lackfehlers (Abs. 15).

Die Steuereinheit (18) liefert x-, y- und z-Koordinaten und Angaben zum Oberflächennormal. Die damit erreichte höhere Genauigkeit ermöglicht es, einen Fehler zu einem späteren Zeitpunkt wiederzufinden. Darüber hinaus kann die Steuereinheit (18) genutzt werden, um Lackdefekte nach Größe, Typ und Ort zu sortieren (Abs. 15).

Die Steuereinheit (18) speichert die Daten zu Lackfehlern (14) und deren Koordinaten (20) in Bezug auf die Fahrzeugoberfläche (16). Hierzu kann eine Datenbank eingesetzt werden. Anhand der CAD-Geometrie können ferner Untersuchungs- und Reparaturmasken mit präzisen Toleranzen im Umkreis von Kanten und charakteristischen Linien automatisch erzeugt werden. Das beschriebene modulare System kann auf einfache Weise in vorhandenen Anlagen implementiert werden (Abs. 16).

Die Anlage umfasst darüber hinaus eine Roboterzellensteuerung (24). Diese entwickelt auf Grundlage der Lackfehlerdaten und der Koordinaten eine Reparaturstrategie. Diese kann Pfad- und Bearbeitungsparameter, Werkzeuge und die Auswahl des Roboters umfassen. Die Steuerung kann weitere Aufgaben erfüllen, zum Beispiel Roboterpfade und Werkzeugparameter erstellen, Qualitätsdaten erfassen und Fehler melden (Abs. 17).

Schließlich umfasst die Anlage ein automatisches Roboterreparatursystem (26). Dieses kann eine Vielzahl von Robotern (28) umfassen, die zur Reparatur einer Vielzahl von unterschiedlichen Lackdefekten geeignet sind. Als ein Vorteil der Erfindung wird hervorgehoben, der Roboter könne sich der Fahrzeugoberfläche entlang des Normalenvektors nähern, um eine gleichmäßige Kraftverteilung über das Schleifkissen oder ein anderes Werkzeug hinweg zu gewährleisten. Ferner können automatisch die bereits erwähnten Inspektions- und Ausbesserungsmasken mit präzisen Toleranzen erzeugt werden, so dass die Behandlung für einen vorhandenen Fehler spezialisiert werden kann (Abs. 18).

c) Wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, sind damit die Merkmale 1.1, 1.2 und 1.9 offenbart.

d) Wie das Patentgericht zu Recht angenommen hat, offenbart D3 nicht die Merkmale 1.3 und 1.4.

Eine dreidimensionale Vermessung der Werkstückoberfläche und eine darauf basierende Ermittlung von deren Topographie sind in D3 nicht erwähnt.

Die Steuereinheit liefert zwar dreidimensionale Koordinaten zum Ort des Fehlers. Diese stammen aber aus den CAD-Daten, können also keine Angaben zur dreidimensionalen Struktur von Fehlern enthalten.

e) Ebenfalls nicht offenbart sind die Merkmale 1.5' und 1.6.

aa) Wie die Berufungserwiderung im Ansatz zutreffend geltend macht, kann der in D3 als Unterscheidungskriterium herangezogene Typ des jeweiligen Fehlers allerdings als Kategorie im Sinne von Merkmal 1.6 angesehen werden.

D3 lässt jedoch nicht erkennen, nach welchen Kriterien diese Typen eingeteilt werden und dass dabei ein Parametersatz zum Einsatz kommt, der die Topographie des Defekts beschreibt, wie dies Merkmal 1.5' vorsieht.

bb) Aus demselben Grund sind die Merkmale 1.5' und 1.6 auch nicht durch die in D3 offenbarte Unterscheidung von Fehlern desselben Typs nach Größe, Ort oder Oberflächennormal verwirklicht.

Der bei dieser Unterscheidung herangezogene Parametersatz beschreibt nicht die Topographie des Defekts.

f) Dementsprechend sind die Merkmale 1.7 und 1.7.1 nur teilweise offenbart.

aa) Das in D3 offenbarte System legt die Reparaturstrategie anhand der Lackfehlerdaten fest. Wie bereits oben dargelegt wurde, gehört zu diesen Daten der Typ des jeweiligen Fehlers und damit eine Defektkategorie im Sinne von Merkmal 1.6.

Dies entspricht im Ausgangspunkt der in Merkmal 1.7 festgelegten Vorgehensweise.

Entgegen der Auffassung der Berufung steht dem nicht entgegen, dass D3 bei der Festlegung der Reparaturstrategie auch Größe, Ort und Oberflächennormal berücksichtigt.

Wie bereits oben dargelegt wurde, können diese Parameter auch nach dem Streitpatent ergänzend zur Bildung von Kategorien und zum Zuordnen eines Fehlers zu einer Kategorie herangezogen werden.

Die in D3 offenbarte Vorgehensweise unterscheidet sich von der Vorgehensweise nach Patentanspruch 1 insoweit allenfalls in der Nomenklatur, nicht aber in der Sache. Die Festlegung unterschiedlicher Reparaturstrategien für Fehler, die im Sinne von D3 zwar denselben Typ aufweisen, sich aber in Größe, Ort oder Oberflächennormal unterscheiden, entspricht einer Einteilung in mehrere unterschiedliche Kategorien im Sinne des Streitpatents.

bb) Nach den Feststellungen des Patentgerichts ergibt sich aus den Ausführungen in der Beschreibung von D3, wonach die Festlegung von Pfaden möglich ist und die Reparaturstrategien auf bekannten Vorgehensweisen beruhen, hinreichend deutlich, dass auch Bahnen festgelegt werden, entlang derer das eingesetzte Werkzeug sich auf der zu bearbeitenden Oberfläche bewegt, wie dies Merkmal 1.7.1 vorsieht.

Diese Feststellungen stehen in Einklang mit den Ausführungen des Technischen Beschwerdesenats im Einspruchsverfahren. Danach ist das Hinterlegen von zumindest einer Master-Bahnvorlage in Form einer beim manuellen Anschleifen oder Nachpolieren üblichen Bearbeitungsbahn in der Datenbank der Datenverarbeitungsanlage durch die Ausführungen in D3 implizit mit offenbart (BPatG, Beschluss vom 26. August 2020 - 11 W (pat) 12/19, juris Rn. 107 = NK12 S. 18).

Die Berufung zeigt keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen begründen (§ 117 PatG, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Der von der Berufung vorgebrachte Einwand, D3 offenbare eine individuelle Festlegung der Reparaturstrategie und damit auch der Bearbeitungsbahn für jeden einzelnen Fehler, beruht auf einem abweichenden Verständnis des Offenbarungsgehalts von D3. Dieser wird indes durch das vom Patentgericht festgestellte Verständnis des Fachmanns geprägt. Dass die Berufung die Sicht des Patentgerichts nicht teilt, begründet keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

cc) Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob die in D3 erwähnten Reparaturmasken, wie die Berufung meint, lediglich dem Zweck dienen, Bereiche festzulegen, in denen eine Reparatur möglich ist.

dd) An einer vollständigen Offenbarung der Merkmale 1.7 und 1.7.1 fehlt es danach nur deshalb, weil die in D3 eingesetzten Bearbeitungsprozesse und Bahnvorlagen nicht anhand eines Parametersatzes ausgewählt werden, der den Anforderungen von Merkmal 1.5' genügt.

g) Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass D3 die Merkmale 1.8 und 1.8.1 offenbart.

aa) Dass anhand der jeweiligen Fehlertypisierung eine Bearbeitungsbahn im Sinne von Merkmal 1.8 ermittelt wird, wurde bereits im Zusammenhang mit den Merkmalen 1.7 und 1.7.1 dargelegt.

bb) Eine Projektion im Sinne von Merkmal 1.8.1 ist in D3 offenbart, weil das Werkzeug entsprechend dem Normalenvektor der zu bearbeitenden Oberfläche ausgerichtet werden kann.

Dies erfordert, wie bereits der Technische Beschwerdesenat im Einspruchsverfahren dargelegt hat (BPatG, Beschluss vom 26. August 2020 - 11 W (pat) 12/19, juris Rn. 107 = NK2 S. 18/19) und wovon implizit auch der Nichtigkeitssenat ausgegangen ist, eine Projektion der hinterlegten Vorlage auf den zu bearbeitenden Bereich der Oberfläche.

Auch insofern zeigt die Berufung keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellung begründen.

2. Ebenfalls zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 ausgehend von D3 durch D14 nahegelegt war.

a) Entgegen der Auffassung der Berufung wird der Offenbarungsgehalt von D14 nicht durch Erläuterungen beschränkt, die der Referent, der diese Folien benutzt hat, während seines Vortrags gegeben hat.

aa) Nach dem unbestrittenen Vorbringen der Klägerin ist der Foliensatz den Teilnehmern des Workshops, auf dem der Vortrag am 21. März 2013 gehalten wurde, als Ausdruck überlassen worden. Der Workshop war für einen nicht näher abgegrenzten Kreis von Teilnehmern zugänglich. Diese unterlagen keinen Geheimhaltungsverpflichtungen und standen auch sonst nicht zwingend in näherer Beziehung zum Veranstalter.

Bei dieser Ausgangslage gehören die für die Präsentation verwendeten Folien zum Stand der Technik.

Durch die Aushändigung der Folien an einen nicht nach bestimmten Kriterien abgegrenzten und keiner Geheimhaltungspflicht unterliegenden Kreis von Teilnehmern war die hinreichende Wahrscheinlichkeit begründet, dass die darin enthaltenen Informationen einer unbegrenzten Anzahl von Personen zugänglich werden. Damit gehörte dieser Foliensatz vom Tag der Veranstaltung an zum Stand der Technik.

bb) Entgegen der Auffassung der Berufung ist der Offenbarungsgehalt der Folien unabhängig von eventuellen einschränkenden Zusatzinformationen zu würdigen, die während des Vortrags gegeben wurden.

Solche Informationen mögen das Verständnis derjenigen Zuhörer geprägt haben, die dem Vortrag aufmerksam gefolgt sind. Sie waren für Personen, die nicht an dem Workshop teilgenommen und nur die Folien ausgehändigt erhalten haben, indes nicht zugänglich.

b) D14 betrifft ein als reflectCONTROL bezeichnetes Bildgebungsverfahren für eine roboterbasierte 3D-Lackfehlerkontrolle in der Automobilindustrie auf der Basis von phasenschiebender Deflektometrie.

Die ersten Folien (in der vom Patentgericht eingefügten Paginierung: S. 2-5) stellen anhand von mehreren Abbildungen das Messprinzip dar.

In der nachfolgenden Folie finden sich unter der Überschrift "Herausforderungen" unter anderem die folgenden Einträge: "Vermessung von Defekten mit x-, y- z-Ausdehnung" sowie "Bewertung und Klassifikation" (S. 5 unten).

Der Ablauf wird wie folgt dargestellt (S. 6 oben):

- 22 93 Sodann werden verschiedene Arten von Fehlern dargestellt (S. 8 oben bis S. 9 oben). Die erste dieser Folien ist nachfolgend wiedergegeben:

Die anschließenden Folien (S. 9 unten bis S. 10 unten) enthalten für die Fehlerarten "Delle", "Krater" und "Beule" jeweils eine Darstellung der nachfolgend wiedergegebenen Art:

Daran schließt sich folgende Darstellung an (S. 11 oben):

c) Damit sind, wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, die Merkmale 1.3 und 1.4 offenbart.

Den Folien zu den Rubriken "Beispiele für Detektion" und "3D-Rekonstruktion'" ist zu entnehmen, dass das vorgestellte System die Oberfläche der Werkstücke im Bereich von Fehlern dreidimensional vermisst und hieraus die angeordnete Topographie der Werte ermittelt (rekonstruiert) werden.

d) Zu Recht hat das Patentgericht angenommen, dass damit auch das Ermitteln eines Parametersatzes im Sinne von Merkmal 1.5' offenbart ist.

Die Folien mit der Überschrift "3D-Rekonstruktion" zeigen mit dem Durchmesser, der maximalen und minimalen Erstreckung sowie dem anhand von Farbstufen dargestellten Höhenprofil Messwerte an, die die Topographie des Fehlers beschreiben und auch vom Streitpatent als für die Charakterisierung von Fehlern geeignet bezeichnet werden.

e) Ob sich aus der Folie mit der Überschrift "RC-Robotik: Ergebnisse" ergibt, dass das in D14 vorgestellte System auch eine Kategorisierung im Sinne von Merkmal 1.6 vornimmt, kann offenbleiben.

Schon aus den Folien zu den Herausforderungen, zum Ablauf und zur 3D-Rekonstruktion ergibt sich, dass die dort dargestellten Parameter (Durchmesser, maximale und minimale Erstreckung und Höhenprofil) herangezogen werden, um einen erkannten Fehler automatisiert einer der aufgeführten Kategorien (Delle, Krater, Beule) zuzuordnen.

aa) Dem Vorbringen der Berufung, die in den Folien dargestellte Charakterisierung sei nicht maschinell erfolgt, sondern unabhängig von Messdaten durch einen menschlichen Auditor, kommt in diesem Zusammenhang keine entscheidende Bedeutung zu.

Wie bereits oben dargelegt wurde, ist der Offenbarungsgehalt der Folien unabhängig von eventuellen Zusatzinformationen zu bestimmen, die aus dem Inhalt der Folien nicht hervorgehen.

bb) Für sich gesehen vermitteln die oben genannten Folien in ihrer Gesamtheit den Eindruck, dass die Zuordnung der Fehler zu den dargestellten Kategorien automatisiert anhand der ermittelten 3D-Parameter erfolgt.

Für dieses Verständnis spricht schon die Folie zum Thema "RC-Robotic: Herausforderungen". Dort werden Bewertung und Klassifikation als eine von sieben Rubriken aufgelistet. Dies wäre wenig verständlich, wenn diese Aufgaben nicht von dem vorgestellten System, sondern durch einen Auditor wahrgenommen würden.

Dieser Eindruck wird bestätigt durch die Folie zum Thema "RC-Robotic: Ablauf". Diese sieht zwar am Ende zwei Schritte (Visualisierung, automatische Markierung) vor, an die sich manuelle Tätigkeiten anschließen. Sie lässt aber nicht erkennen, dass auch die in der Folie selbst dargestellten Schritte nicht vom System absolviert werden, sondern menschlichen Eingriffs bedürfen.

Vor diesem Hintergrund vermitteln die Folien zum Thema "3D-Rekonstruktion" den Eindruck, dass die dort dargestellten Angaben zur räumlichen Struktur des jeweiligen Fehlers dafür genutzt werden, um ihn automatisiert der jeweils dargestellten Kategorie zuzuordnen.

f) Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass ausgehend von D3 Anlass bestand, das in D14 offenbarte System zur Messung einzusetzen und die in D3 gelehrte, für die Auswahl des Bearbeitungsprozesses mitentscheidende Einteilung der Fehler in unterschiedliche Typen anhand der Parameter vorzunehmen, wie sie D14 in den Folien zur 3D-Rekonstruktion vorstellt.

aa) D3 weist ausdrücklich auf den modularen Aufbau des dort eingesetzten Systems und auf die Möglichkeit zur Integration in vorhandene Anlagen hin.

Daraus ergab sich, wie das Patentgericht zu Recht angenommen hat, die Anregung, zur weiteren Optimierung des Gesamtsystems nach leistungsfähigeren Modulen zu suchen.

Das in D14 vorgestellte System bot sich als solches Modul an, weil es ausweislich der Folien eine schnelle und zuverlässige Erkennung von Fehlern und eine automatische Kategorisierung ermöglicht.

bb) Vor diesem Hintergrund führt der Umstand, dass D14 als nachfolgende Bearbeitungsschritte lediglich eine Visualisierung und optional eine automatische Markierung vorsieht, nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

Eine Nutzung der Messdaten und vorhandener CAD-Daten zur automatischen Auswahl eines Bearbeitungsprozesses im Sinne der Merkmale 1.7 bis 1.9 ergab sich schon aus D3. Ausgehend davon lag es nahe, das in D14 offenbarte Messsystem als erstes Modul des in D3 vorgeschlagenen Gesamtsystems einzusetzen und zur Zuordnung zu verschiedenen Fehlertypen die in D14 eingesetzten Angaben zur dreidimensionalen Struktur des Fehlers heranzuziehen, wie dies die Merkmale 1.3 bis 1.6 vorsehen.

3. Der Gegenstand von Patentanspruch 11 wird trotz einzelner Abweichungen im Wortlaut durch die auch in Patentanspruch 1 vorgesehenen Merkmale geprägt und unterliegt deshalb derselben Beurteilung.

4. Für die Gegenstände der Patentansprüche 12 und 17 gilt Entsprechendes.

Dass die Patentansprüche 12 und 17 keine mit den Merkmalen 1.8 und 1.8.1 korrespondierenden Merkmale enthalten, führt nicht zu einer anderen Beurteilung.

5. Zu Recht hat das Patentgericht den mit Hilfsantrag 2 verteidigten Gegenstand ebenfalls als nicht patentfähig beurteilt.

a) Nach Hilfsantrag 2 sollen - zusätzlich zu den mit dem zuletzt gestellten Hauptantrag vorgesehenen Änderungen - die Patentansprüche 12 und 17 - letzterer nunmehr als Anspruch 16 - um folgende Merkmale ergänzt werden:

12.3.1 Ermitteln eines Parame- 17.3.1.1 einen Parametersatz (Pi) zu tersatzes (Pi), welcher die ermitteln, welcher die Topo- Topographie des zumingraphie des zumindest einen dest einen Defekts (Di)

Defekts (Di) charakterisiert; charakterisiert; b) Diese Merkmale entsprechen inhaltlich dem Merkmal 1.5'.

Eine Ausgestaltung mit diesen Merkmalen war aus den oben dargelegten Gründen durch D3 und D14 ebenfalls nahegelegt.

6. Zu Recht hat das Patentgericht auch die mit Hilfsantrag 3 verteidigten Gegenstände als nicht patentfähig angesehen.

a) Nach Hilfsantrag 3 sollen die Patentansprüche 12 und 16 - letzterer nunmehr als Anspruch 15 - um Merkmale ergänzt werden, die den Merkmalen 1.7.1, 1.8 und 1.8.1 entsprechen.

Ferner sollen diese Ansprüche sowie die Ansprüche 1 und 11 - ebenfalls in der Fassung von Hilfsantrag 2 - jeweils um folgendes Merkmal ergänzt werden:

1.10 Die Vorlage (X) einer Bearbeitungsbahn sind [sic] mittels einer Menge Punkte (X1i, X2i) in einer Defektebene (Ei) definiert, und die Punkte (X1i, X2i) werden auf die Werkstückoberfläche gemäß CAD Modell des Werkstücks projiziert, um eine korrespondierende Menge projizierter Punkte zu erhalten, welche die Bearbeitungsbahn für den jeweiligen Defekt (Di) definieren.

b) Eine Ausgestaltung nach den Merkmalen 1.7.1, 1.8 und 1.8.1 ist aus den bereits zu der in erster Linie verteidigten Fassung der Ansprüche 1 und 11 genannten Gründen durch D3 und D14 nahegelegt. Im Kontext der - nunmehr weitgehend inhaltsgleichen - Ansprüche 12 und 16 gilt dasselbe.

c) Die Vorabdefinition von Bearbeitungsbahnen mittels einer Punktemenge und deren Projektion auf die Oberfläche des Werkstücks gehören nach den Feststellungen des Patentgerichts zum fachüblichen Vorgehen bei einem robotergestützten Reparaturvorgang.

Die Berufung zeigt keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellung begründen.

Entgegen der Auffassung der Berufung unterscheidet sich die durch D3 nahegelegte Vorgehensweise von derjenigen des Streitpatents nicht deshalb, weil D3 die Möglichkeit zur individuellen Anpassung des jeweiligen Reparaturvorgangs hervorhebt.

Wie bereits oben dargelegt wurde, gibt das Streitpatent nicht vor, in welcher Weise die unterschiedlichen Fehlerkategorien gebildet werden. Dies lässt die Möglichkeit einer feingliedrigen Einteilung offen, um eine möglichst große Anzahl unterschiedlicher Fehlerarten behandeln zu können, wie dies schon in den einleitenden Bemerkungen (Abs. 3 f.) als erstrebenswert bezeichnet wird.

Die in D3 vorgeschlagene Vorgehensweise lässt im Vergleich dazu keine wesentlichen Abweichungen erkennen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO.

Bacher Hoffmann Deichfuß Kober-Dehm Rensen Vorinstanz: Bundespatentgericht, Entscheidung vom 02.08.2023 - 7 Ni 10/21 -

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