1 StR 83/24
BUNDESGERICHTSHOF StR 83/24 BESCHLUSS vom 9. April 2025 in der Strafsache gegen
1. 2.
wegen zu 1.: gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u.a. zu 2.: gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels u.a.
hier: Revision der Einziehungsbeteiligten A.
ECLI:DE:BGH:2025:090425B1STR83.24.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und der Europäischen Staatsanwaltschaft – zu 1. Satz 2 und 2. auf deren Antrag – am 9. April 2025 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO analog, § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Einziehungsbeteiligten A. wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom
22. August 2023 dahin abgeändert, dass gegen sie die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.059.180,25 Euro angeordnet wird; die weitergehende Einziehung in Höhe von 112.145,24 Euro entfällt. In Höhe eines weiteren Betrags von 104.757,51 Euro wird mit Zustimmung der Europäischen Staatsanwaltschaft von einer Einziehung abgesehen. 2. Die weitergehende Revision der Einziehungsbeteiligten wird als unbegründet verworfen. 3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Gründe: 1 Das Landgericht hat gegen die Einziehungsbeteiligte die Einziehung von vier in den Fällen B. II. 5., 8., 11. und 24. der Urteilsgründe näher bezeichneten Fahrzeugen sowie des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.276.083 Euro angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Einziehungsbeteiligten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Hinsichtlich eines weiteren Betrags in Höhe von 104.757,51 Euro hat der Senat mit Zustimmung der Europäischen Staatsanwaltschaft gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO von einer Einziehung abgesehen.
1. Die Einziehungsentscheidung des Landgerichts bedarf nur in Höhe eines Betrages von 112.145,24 Euro der Korrektur; insoweit entfällt die Einziehung.
a) Soweit das Landgericht in den Fällen B. II. 5., 8., 11. und 24. der Urteilsgründe die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe der Ersparnis des verkürzten Zolls von insgesamt 45.349,44 Euro angeordnet hat, ist die Einziehung nach § 73e Abs. 1 Satz 1 StGB ausgeschlossen. In diesen vorgenannten Fällen hat das Landgericht jeweils die auf dem Betriebsgelände der Einziehungsbeteiligten sichergestellten Fahrzeuge rechtsfehlerfrei als Tatobjekte einer Straftat nach § 375 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO in Verbindung mit § 74 Abs. 2, § 74e Satz 1 Nr. 5 StGB eingezogen. Nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. e Unionszollkodex (UZK) erlischt mit der Einziehung der Waren die Einfuhr- oder Ausfuhrzollschuld (EuGH, Urteil vom 7. April 2022 – C-489/20 Rn. 27 ff.).
b) Weiter hat die Einziehung auch bei Fall 10 der Urteilsgründe in Höhe von 66.795,80 Euro zu entfallen, da die Einziehungsbeteiligte durch die Tat selbst nichts im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangte. Nach den Feststellungen des Landgerichts handelten hier die beiden Angeklagten R. und W.
zwar gemeinschaftlich im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB. Das Fahrzeug wurde jedoch zugunsten der R.
in das Gebiet der Europäischen Union eingeführt. Bei dieser Einziehungsbeteiligten ist der Wert der Taterträge in Höhe der hinterzogenen Zölle und Einfuhrumsatzsteuern auch rechtsfehlerfrei eingezogen worden. Eine zusätzliche Einziehung nach § 73 Abs. 1, § 73 c Satz 1 StGB bei der Einziehungsbeteiligten A.
scheidet damit aus.
2. Zusätzlich sieht der Senat mit Zustimmung der Europäischen Staatsanwaltschaft gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO aus verfahrensökonomischen Gründen von einer Einziehung des Wertes von Taterträgen bezogen auf die hinterzogene Einfuhrumsatzsteuer in den Fällen B. II. 5., 8., 11. und 24. der Urteilsgründe in Höhe eines Betrags von insgesamt 104.757,51 Euro ab; die bereits entrichtete und daher vom Landgericht abgezogene Einfuhrumsatzsteuer ist weiterhin zu berücksichtigen. Ein Absehen von der Einziehung nach § 421 StPO erfordert in der Revisionsinstanz – anders als Entscheidungen nach § 349 Abs. 2 und 4 StPO – auch im Beschlusswege (vgl. § 349 Abs. 5 StPO) keine Einstimmigkeit. Die Frage, ob nach § 21 Abs. 2 erster Halbsatz UStG – weitergehend als von der Mehrwertsteuerrichtlinie verlangt (dazu EuGH aaO Rn. 40 ff.) – der Erlöschenstatbestand des Art. 124 Abs. 1 Buchst. e UZK auch auf die Einfuhrumsatzsteuer anzuwenden ist (vgl. zu Art. 233 Buchst. d ZK aF etwa BFH, Urteil vom 7. März 2006 – VII R 24/04 Rn. 14 f. BFHE 213, 473), kann daher offenbleiben.
3. Der lediglich geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, die Beschwerdeführerin mit dessen gesamten Kosten zu belasten (vgl. § 473 Abs. 4 StPO; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2021 – 1 StR 311/20 Rn. 29 aE). Im Übrigen kommt in der Konstellation des § 421 StPO eine gesonderte Entscheidung über die Auslagen und Kosten, die die Einziehung betreffen, nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Januar 2025 – 1 StR 370/24 Rn. 4; vom 8. Dezember 2021 – 5 StR 296/21 Rn. 7 f. und vom 26. Mai 2021 – 5 StR 458/20 Rn. 4 f.).
Jäger Wimmer Bär Leplow Welnhofer-Zeitler Vorinstanz: Landgericht Osnabrück, 22.08.2023 - 2 KLs 302 Js 2/21 (2/22)