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XIII ZB 84/20

BUNDESGERICHTSHOF XIII ZB 84/20 BESCHLUSS vom 22. März 2022 in der Abschiebungshaftsache ECLI:DE:BGH:2022:220322BXIIIZB84.20.0 Der XIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. März 2022 durch den Richter Prof. Dr. Kirchhoff, die Richterin Dr. Roloff, den Richter Dr. Tolkmitt sowie die Richterinnen Dr. Picker und Dr. Vogt-Beheim beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 13. Oktober 2020 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Recklinghausen vom 29. April 2019 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden dem Kreis Unna auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

I. Der Betroffene, ein bosnischer Staatsangehöriger, reiste am 11. November 2018 erneut nach Deutschland ein, nachdem er sich schon zuvor in Deutschland aufgehalten hatte und sein Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden war. Am 26. November 2018 stellte er einen Folgeantrag, der mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 28. November 2018 als unzulässig abgelehnt wurde. Nach Durchführung eines Ausreisegesprächs, Belehrung gemäß § 50 Abs. 4 AufenthG und über die Folgen eines nicht angezeigten Aufenthaltswechsels war der Betroffene seit dem 2. April 2019 nicht mehr auffindbar. Am 28. April 2019 wurde er festgenommen. Am 29. April 2019 hat das Amtsgericht Abschiebungshaft bis zum 31. Mai 2019 angeordnet. Dagegen hat der Betroffene Beschwerde eingelegt. Nachdem er am 28. Mai 2019 abgeschoben worden war, hat das Landgericht die noch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.

II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es habe ein zulässiger Haftantrag vorgelegen. Die durch die beteiligte Behörde im Haftantrag gemachten Angaben genügten angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Falls den Anforderungen des § 417 Abs. 2 Nr. 3 und 4 FamFG. Der Betroffene habe umgehend auf eine Maßnahme zur Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina am 28. Mai 2019 gebucht werden sollen. Ein Linienflug sei somit nicht vorgesehen gewesen. Der Zeitbedarf für die Haft sei daher konkret eingegrenzt und auf viereinhalb Wochen begrenzt gewesen. Die beteiligte Behörde habe mitgeteilt, dass es sich dabei um das kürzest mögliche Maß handele.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Haftanordnung des Amtsgerichts war rechtswidrig und hat den Betroffenen während der Dauer ihres Vollzugs in seinen Rechten verletzt, was nach § 62 FamFG auf dessen Antrag hin festzustellen ist. Es fehlt schon an einem zulässigen Haftantrag.

a) Ein zulässiger Haftantrag der beteiligten Behörde ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung.

Zulässig ist der Haftantrag nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zur zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungs- oder Überstellungsvoraussetzungen, zur Erforderlichkeit der Haft, zur Durchführbarkeit der Abschiebung oder Überstellung und zur notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein; sie müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte ansprechen. Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, InfAuslR 2012, 25 Rn. 8; vom 12. November 2019 - XIII ZB 5/19, InfAuslR 2020, 165 Rn. 8; vom 26. Januar 2021 - XIII ZB 14/20, juris Rn. 9).

b) Diesen Anforderungen wird der Haftantrag nicht gerecht. Es fehlt jedenfalls an ausreichenden Angaben zu der erforderlichen Dauer der Haft. Die beteiligte Behörde hat in dem Haftantrag lediglich ausgeführt, der Betroffene werde "umgehend auf die nächste Maßnahme nach Bosnien und Herzegowina" am 28. Mai 2019 gebucht. Das reichte nicht aus, weil dadurch die notwendige Haftdauer nicht erklärt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2021 - XIII ZB 63/20, juris Rn. 7 mwN). Der Angabe ist schon nicht zu entnehmen, was unter der "nächsten Maßnahme" zu verstehen ist. Es erschließt sich nicht, aus welchen Gründen eine frühere Abschiebung - etwa mit einem Linienflug - nicht möglich war, nachdem auch nicht mitgeteilt wird, dass die Abschiebung mit Sicherheitsbegleitung erfolgen solle.

c) Auf die Rüge der Rechtsbeschwerde, im Haftantrag fehlten entgegen § 417 Abs. 2 Nr. 5 FamFG ferner Darlegungen zur wirksamen Zustellung des der Ausreisepflicht zugrundeliegenden Bescheids, kommt es danach nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

Kirchhoff Picker Roloff Tolkmitt Vogt-Beheim Vorinstanzen: AG Recklinghausen, Entscheidung vom 29.04.2019 - 64 XIV(B) 41/19 LG Bochum, Entscheidung vom 13.10.2020 - I-7 T 192/19 -

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1 430 FamFG
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