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XI ZR 155/21

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES XI ZR 155/21 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 22. Februar 2022 Schwaninger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2022:220222UXIZR155.21.0 Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 3. Februar 2022 eingereicht werden konnten, durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, den Richter Dr. Grüneberg sowie die Richterinnen Dr. Menges, Dr. Derstadt und Ettl für Recht erkannt:

Der Antrag des Klägers auf Aussetzung des Verfahrens wird abgelehnt. Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2021 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Streitwert: bis 22.000 €

Von Rechts wegen

-3Tatbestand: 1 Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers. 2 Der Kläger erwarb im Oktober 2014 einen gebrauchten Mercedes zum Kaufpreis von 20.000 €. Zur Finanzierung des über eine Anzahlung von 4.000 € hinausgehenden Kaufpreises und einer Ratenabsicherungs-Prämie in Höhe von 436,95 € schlossen die Parteien mit Datum vom 28. Oktober 2014 einen Darlehensvertrag über 16.436,95 €. Über sein Widerrufsrecht informierte die Beklagte den Kläger auf Seite 2 des Darlehensvertrags wie folgt:

Mit Schreiben vom 29. Juni 2018 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Nachdem die Beklagte den Widerruf als verfristet zurückgewiesen hatte, forderte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 25. September 2018 die Beklagte auf, die geleistete Anzahlung sowie die Tilgungszahlungen abzüglich einer Nutzungsentschädigung herauszugeben und ihm mitzuteilen, wann und wo die Übergabe des Fahrzeugs stattfinden solle. 4 Mit der Klage begehrt der Kläger (1.) die Zahlung von 23.934,74 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen, hilfsweise nach Herausgabe des finanzierten Fahrzeugs abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 0,0439964 € je gefahrenen Kilometer und (2.) die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - vom Senat im Hinblick auf den Zahlungsantrag zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Begehren insoweit weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Kläger habe seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht wirksam widerrufen. Der Widerruf sei verfristet, weil die dem Kläger erteilte Widerrufsinformation inhaltlich nicht zu beanstanden sei und die ihm zur Verfügung gestellte Vertragsurkunde alle für die Ingangsetzung der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB enthalten habe. Die erteilte Widerrufsinformation genüge bereits wegen der Fiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB den gesetzlichen Vorgaben. Die Angabe des im Widerrufsfall pro Tag zu zahlenden Zinsbetrags mit "0,00 €" sei dahin zu verstehen, dass die Beklagte im Fall der Ausübung des Widerrufsrechts zugunsten des Klägers auf die Geltendmachung des Zinsanspruchs verzichtet habe, und daher zutreffend. Die dem Kläger erteilten weiteren Pflichtangaben seien ebenfalls nicht zu beanstanden. Ob der Hinweis zur pauschalierten Vorfälligkeitsentschädigung fehlerhaft sei, könne offenbleiben, weil dies das Anlaufen der Widerrufsfrist unberührt lasse.

II.

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.

Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein wirksamer Widerruf des streitgegenständlichen, gemäß § 358 Abs. 3 BGB mit einem Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug verbundenen (Allgemein-)Verbraucherdarlehensvertrags nicht verneint werden. Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrags gemäß § 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zustand und die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann, bevor der Kläger die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hatte. Es hat aber zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte ihre aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB in der hier maßgeblichen, vom 13. Juni 2014 bis 20. März 2016 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) resultierende Verpflichtung, über das nach § 495 Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht zu informieren, ordnungsgemäß erfüllt hat.

1. Wie der Senat nach Erlass der Berufungsentscheidung entschieden und im Einzelnen begründet hat, ist die dem Kläger erteilte Widerrufsinformation fehlerhaft, weil die in ihr enthaltene Verweisung auf "alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB" zwar nach den Maßstäben des nationalen Rechts klar und verständlich i.S.d. Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB aF ist, dies aber im Geltungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40 und ABl. 2011, L 234, S. 46; im Folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie) in Bezug auf (Allgemein-)Verbraucherdarlehensverträge bei einer richtlinienkonformen Auslegung gleichwohl zu verneinen ist (vgl. Senatsurteile vom 27. Oktober 2020 - XI ZR 498/19, BGHZ 227, 253 Rn. 13 ff. und vom 10. November 2020 - XI ZR 426/19, WM 2021, 44 Rn. 14 ff.).

2. Die Beklagte kann sich - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF berufen. Dies setzt voraus, dass die Widerrufsinformation der Beklagten dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF entspricht. Dies ist, was der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 26), nicht der Fall.

In der Widerrufsinformation der Beklagten fehlen entgegen den bei einem mit einem Darlehensvertrag verbundenen Vertrag nach § 358 BGB - hier von der Beklagten zutreffend mit dem Fahrzeug-Kaufvertrag und dem Beitritt zur Ratenabsicherung angegeben - anwendbaren Gestaltungshinweisen 2 und 6 die beiden zwingend vorgeschriebenen Unterüberschriften "Besonderheiten bei weiteren Verträgen" sowie die nach Gestaltungshinweis 6g zwingend vorgeschriebene Überschrift "Einwendungen bei verbundenen Verträgen". Damit entspricht die Widerrufsinformation der Beklagten nicht dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF (vgl. Senatsurteil vom 10. November 2020 - XI ZR 426/19, WM 2021, 44 Rn. 19 mwN).

III.

Das Berufungsurteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§ 561 ZPO).

Der vom Kläger mit der Revision verfolgte Klageanspruch aus § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB auf Rückgewähr der von ihm an die Beklagte geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen ist jedenfalls derzeit unbegründet. Insoweit steht der Beklagten - was sie mit der Klageerwiderung geltend gemacht hat - nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB gegenüber dem vorleistungspflichtigen Kläger ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis sie das finanzierte Fahrzeug zurückerhalten hat oder der Kläger den Nachweis erbracht hat, dass er das Fahrzeug abgesandt hat. Dass die Beklagte angeboten hätte, das Fahrzeug beim Kläger abzuholen (§ 357 Abs. 4 Satz 2 BGB), ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Soweit der Kläger die Zahlung hilfsweise "nach" Herausgabe des Fahrzeugs begehrt, setzt dies in entsprechender Anwendung des § 322 Abs. 2 BGB voraus, dass die Beklagte mit der Entgegennahme des Fahrzeugs im Verzug der Annahme ist (vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 2020 - XI ZR 498/19, BGHZ 227, 253 Rn. 29). Dies ist indes nicht der Fall. Zwischen den Parteien steht aufgrund der rechtskräftigen Abweisung des Antrags des Klägers auf Feststellung des Annahmeverzugs fest, dass sich die Beklagte nicht in Annahmeverzug befunden hat (§ 322 Abs. 1 ZPO). Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 Satz 1 BGB steht der Beklagten - was der Senat mit Urteil vom 25. Januar 2022 (XI ZR 559/20, juris Rn. 17) entschieden und im Einzelnen begründet hat - auch in Bezug auf die von dem Kläger nach der Widerrufserklärung auf das Darlehen erfolgten Zahlungen zu.

Vorsorglich weist der Senat für ein etwaiges Folgeverfahren darauf hin, dass aus der Abweisung des Rückgewähranspruchs als derzeit unbegründet lediglich in Rechtskraft erwächst, dass der Kläger gegen die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keinen zur Zahlung fälligen Anspruch hatte, nicht dagegen, dass die Beklagte einem solchen Anspruch nicht weitere Einreden und Einwendungen entgegenhalten kann (vgl. Senatsurteil vom 30. März 2021 - XI ZR 193/20, BKR 2021, 371 Rn. 18 mwN).

IV.

Der Antrag des Klägers auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Ravensburg vom 30. Dezember 2020 (2 O 238/20, juris), vom 8. Januar 2021 (2 O 160/20, 2 O 320/20, juris) und vom 19. März 2021 (2 O 282/19, 2 O 384/19, 2 O 474/20, 2 O 480/20, juris) hat keinen Erfolg, weil sich die dort aufgeworfenen Fragen vorliegend nicht stellen oder - im Hinblick auf die Vorleistungspflicht des Käufers und Darlehensnehmers - vom Senat bereits beantwortet worden sind (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2021 - XI ZR 608/20, WM 2021, 2248 Rn. 19 f.).

Ellenberger Derstadt Grüneberg Menges Ettl Vorinstanzen: LG Stuttgart, Entscheidung vom 24.06.2019 - 14 O 98/19 OLG Stuttgart, Entscheidung vom 24.02.2021 - 6 U 345/19 -

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