5 StR 34/25
BUNDESGERICHTSHOF StR 34/25 BESCHLUSS vom 16. Juli 2025 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2025:160725B5STR34.25.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Juli 2025 gemäß § 44 Satz 1, § 46 Abs. 1, § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird für die Verfahrensrüge auf seinen Antrag und auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den Stand vor Ablauf der Frist zur Begründung der Revision gewährt.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin I vom 12. Juli 2024 wird als unbegründet verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Handeltreiben mit Cannabis und wegen Handeltreibens mit Cannabis in zwanzig Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und vier Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich seine auf eine Verfahrensrüge und sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützte Revision.
1. Dem Angeklagten war auf Antrag seines Verteidigers Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Begründung seiner Verfahrensrüge zu gewähren. Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt:
Das Urteil des Landgerichts vom 12. Juli 2024 wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 6. September 2024 zugestellt (SA Bd. II, Bl. 157, 158). Die Frist zur Begründung der Revision lief gemäß § 43 Abs. 2 StPO am 7. Oktober 2024 ab. Der Eingang der elektronischen Datei mit der Revisionsbegründung an diesem Tag (SA Bd. II, Bl. 160, 161) war daher rechtzeitig. Allerdings konnte die Datei – offenbar aufgrund einer aus der Sphäre des Verteidigers herrührenden Beschädigung (SA Bd. III, Bl. 8) – weder durch die Bediensteten des Landgerichts geöffnet (SA Bd. III, Bl. 8) noch dort vollständig ausgedruckt werden (SA Bd. II, Bl. 161; Bd. III, Bl. 4). Ein auf die Bitte des Landgerichts hin (SA Bd. III, Bl. 1, 2) durchgeführter erneuter Übersendungsversuch schlug mit demselben Ergebnis fehl (SA Bd. III, Bl. 3, 4, 8, 17). Nach Mitteilung der festgestellten Umstände an den Verteidiger auf der Grundlage der Verfügung des Vorsitzenden vom 6. November 2024 (SA Bd. III, Bl. 9; dort unter Nr. 2 der Verfügung) übersandte der Verteidiger am 13. November 2024 neben einem Begleitschreiben – darin der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – den Schriftsatz mit der Revisionsbegründung vom 7. Oktober 2024 erneut und diesmal beanstandungsfrei als elektronische Datei (SA Sonderband Revisionsbegründung, Bl. 1).
Der rechtzeitige Eingang der elektronischen Datei mit der Revisionsbegründung führte, da die erhobene Sachrüge auf dem Teilausdruck der Revisionsbegründung enthalten war, zur insoweit wirksamen Begründung des Rechtsmittels. Die zugleich erhobene Verfahrensrüge blieb jedoch unvollständig ausgeführt und wäre deshalb nicht in zulässiger Weise erhoben. Zwar kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Begründung von unzulässig erhobenen Verfahrensrügen regelmäßig nicht in Betracht, wenn das Rechtsmittel – wie hier – bereits formund fristgerecht begründet worden war. Hiervon lässt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch in besonders gelagerten Fällen Ausnahmen zu. Dies gilt gerade dann, wenn infolge eines vom Angeklagten nicht verschuldeten technischen Fehlers die Übersendung der Revisionsbegründung nicht (vollständig) gelingt (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2021 – 5 StR 140/21, Rn. 2 mwN) oder – dem gleichzustellen und wie hier – zur Verarbeitung durch die Justiz nicht (vollständig) geeignet ist. Da auch die weiteren Voraussetzungen der Wiedereinsetzung vorliegen, ist diese auf Kosten des Beschwerdeführers zu gewähren.
Dem schließt sich der Senat an.
2. Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
Soweit der Beschwerdeführer in der Gegenerklärung zum Antrag des Generalbundesanwalts beanstandet hat, dass das Landgericht die im Bundeszentralregister eingetragene Verurteilung durch das Amtsgericht Tiergarten vom 17. Februar 2014 wegen Besitzes von Betäubungsmitteln (zwölf Gramm Cannabis) zu einer Geldstrafe strafschärfend berücksichtigt hat, obwohl diese gemäß § 40 Abs. 1 KCanG tilgungsfähig gewesen sei, dringt er nicht durch. Dies gilt schon deshalb, weil mit dieser Strafe und einer weiteren wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 460 StPO nachträglich eine Gesamtstrafe gebildet wurde, sodass die Tilgung nach § 40 Abs. 3 KCanG ausgeschlossen ist (vgl. Loose, NJW 2025, 927, 930).
Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass ein Verwertungsverbot gemäß § 51 Abs. 1 BZRG erst mit einer die Tilgungsfähigkeit feststellenden Entscheidung der Staatsanwaltschaft Berlin (§§ 41, 42 Abs. 1 KCanG) und der entsprechenden Mitteilung an das Bundeszentralregister (§ 42 Abs. 2 KCanG iVm § 48 Satz 3 BZRG) eintreten würde (vgl. BayObLG, Beschlüsse vom 27. Juni 2024 – 204 StRR 205/24 Rn. 21; vom 17. Juli 2024 – 204 StRR 215/24 Rn. 36; OLG Hamm, Beschluss vom 22. August 2024 – III-3 ORs 49/24 Rn. 18).
Cirener Mosbacher Köhler Resch Werner Vorinstanz: Landgericht Berlin I, 12.07.2024 - (547 KLs) 279 Js 25/23 (4/24)