VII ZR 70/21
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VII ZR 70/21 URTEIL Verkündet am: 21. April 2022 Boppel, Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2022:210422UVIIZR70.21.0 Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. April 2022 gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 4. April 2022 eingereicht werden konnten, durch den Vorsitzenden Richter Pamp, den Richter Prof. Dr. Jurgeleit sowie die Richterinnen Sacher, Dr. Brenneisen und Dr. C. Fischer für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Dezember 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 27. September 2019 (10 O 202/19) abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Der Streitwert für die Revisionsinstanz wird auf bis 19.000 € festgesetzt.
Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Der Kläger nimmt die Beklagte hinsichtlich eines von ihm im Dezember von seinem Bruder als Gebrauchtwagen erworbenen und von der Beklagten hergestellten Fahrzeugs VW Tiguan in Anspruch. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt.
In dem Fahrzeug war eine Motorsteuerungssoftware installiert, die erkannte, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus durchfährt, und dann einen besonderen Modus aktivierte (sogenannte Umschaltlogik). Die Software war dabei so programmiert, dass das Fahrzeug bei der Messung der Schadstoffemissionen auf dem Prüfstand diese Situation erkannte und im NOx-optimierten Modus 1 lief, bei dem es zu einer höheren Abgasrückführungsrate kam, während beim Betrieb im Straßenverkehr durchgehend Modus 0 aktiv war. Bei dem Fahrzeug wurde ein von der Beklagten entwickeltes und vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) freigegebenes Software-Update aufgespielt, mit dem die "Umschaltlogik" verändert wurde. Der Kläger wusste vor dem Kauf, dass das Update bereits installiert worden war.
Der Kläger verlangt von der Beklagten, ihn im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als habe er den Kaufvertrag für das Fahrzeug nicht abgeschlossen.
Das Landgericht hat der auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben, den Annahmeverzug der Beklagten festgestellt und sie zum Ersatz vorprozessualer Rechtsanwaltskosten verurteilt. Die Berufung der Beklagten hatte nur hinsichtlich der Feststellung des Annahmeverzugs, teilweise hinsichtlich der Zinsforderung und wegen der auf die weitere Nutzung angepassten Nutzungsentschädigung Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiter die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (BeckRS 2020, 35968), soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB zu. Zwar habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 30. Juli 2020 (VI ZR 5/20, ZIP 2020, 1715) angenommen, bei einem Erwerb eines vom "Abgasskandal" betroffenen Fahrzeugs, dessen Motor des Typs EA 189 mit einer Manipulationssoftware zur Steuerung des Abgasrückführungssystems ausgestattet gewesen sei, sei im Jahr 2016 regelmäßig nicht mehr von einer vorsätzlich-sittenwidrigen Schädigung des Käufers auszugehen, weil die Beklagte seit dem 22. September 2015 ihre strategische unternehmerische Entscheidung, im eigenen Kosten- und Gewinninteresse das KBA und letztlich die Fahrzeugkäufer zu täuschen, durch die Strategie ersetzt habe, an die Öffentlichkeit zu treten, Unregelmäßigkeiten einzuräumen und in Zusammenarbeit mit dem KBA Maßnahmen zur Beseitigung des gesetzwidrigen Zustandes zu erarbeiten, um die Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung zu bannen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 Rn. 32 ff., ZIP 2020, 1715; vgl. auch Urteil vom 8. Dezember 2020 - VI ZR 244/20 Rn. 12 ff., ZIP 2021, 84).
Die Besonderheiten des Falles rechtfertigten es indes, gleichwohl eine Haftung der Beklagten für das vom Kläger mehr als ein Jahr nach der Ad-hocMitteilung erworbene Fahrzeug anzunehmen. Der Kläger habe das Fahrzeug bereits mit dem von der Beklagten entwickelten Software-Update gekauft, hinsichtlich dessen der Beklagten der Vorwurf des sittenwidrigen Verhaltens zu machen sei. Er habe eine Reihe von Aspekten aufgezeigt, die in ihrer Zusammenschau einen schlüssigen Vortrag für ein vorsätzlich-sittenwidriges Verhalten der Beklagten ergeben dürften. Er habe ausgeführt, mit dem Software-Update sei eine neue unzulässige Abschalteinrichtung verbaut worden. Zudem würden trotz des Updates, das sich zudem negativ auswirke, die Abgasgrenzwerte nicht eingehalten. Dies habe die Beklagte bewusst verschwiegen. Einer weiteren Sachaufklärung habe es insoweit nicht bedurft, weil das Gericht von einer weiteren unzulässigen Abschalteinrichtung auszugehen habe. Die Beklagte - tatsächlich wohl gemeint: der Kläger - habe unwidersprochen zu einer Rückrufaktion des KBA betreffend einen VW Eos mit dem Motor EA 189 trotz des im Rahmen der "Aktion 23R7" durchgeführten Software-Updates vorgetragen. Dieselbe "Aktion 23R7" sei bei dem Fahrzeug des Klägers durchgeführt worden. Dieser Rückruf belege, dass das Software-Update nicht zu einem gesetzmäßigen Zustand geführt habe. Hinzu komme, dass nach dem Vortrag des Klägers das On-Board-DiagnoseSystem (OBD) manipuliert gewesen sei, welches auch nach dem Software-Update nicht ordnungsgemäß funktioniere. Auch insoweit fehle es an einer Stellungnahme der Beklagten, so dass dieser Vortrag gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen sei.
II.
Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31, 831 BGB zu.
1. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen den Vorwurf der (fortgesetzten) Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten im Dezember 2016 (Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs durch den Kläger) nicht.
a) Sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht. Ob ein Verhalten sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB ist, ist dabei eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Kontrolle des Revisionsgerichts unterliegt (st. Rspr., etwa BGH, Urteil vom 16. September 2021 - VII ZR 192/20 Rn. 20, WM 2021, 2056; Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19 Rn. 17 f., NJW 2021, 1669; Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 Rn. 14 f. m.w.N., BGHZ 225, 316).
b) Gemessen daran erweist sich die Auffassung des Berufungsgerichts, nach dem gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehenden Vortrag des Klägers sei in dem im Klägerfahrzeug verbauten Motor mit dem Software-Update neben einem Thermofenster eine weitere unzulässige Abschalteinrichtung implementiert worden, deretwegen der ursprünglich im Hinblick auf die "Umschaltlogik" begründete Vorwurf eines sittenwidrigen Verhaltens nicht entfallen sei, als rechtsfehlerhaft.
aa) Zwar hat es nach mit der "Aktion 23R7" durchgeführtem Software-Update unstreitig einen weiteren Rückruf durch das KBA betreffend den VW Eos gegeben. Der Vortrag des Klägers, mit der "Aktion 23R7" sei auch sein Fahrzeug umprogrammiert worden, trägt aber den Schluss nicht, die mit dem SoftwareUpdate berechtigterweise erwartete Gesetzeskonformität sei auch beim Fahrzeug des Klägers nicht hergestellt und eine weitere unzulässige Abschalteinrichtung implementiert worden, auch wenn die Beklagte dem Vortrag zum erneuten Rückruf des VW Eos nicht mehr entgegengetreten ist. Weder ergibt sich aus dem Klägervortrag, um welche unzulässige Abschalteinrichtung es gehen soll noch betrifft der Rückruf ein Fahrzeug des vom Kläger erworbenen Typs (VW Tiguan).
bb) Selbst unterstellt die Beklagte hätte im Klägerfahrzeug mit dem Software-Update eine neue unzulässige Abschalteinrichtung implementiert, hätte sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten deshalb nicht in lediglich veränderter Form fortgesetzt. Ein Gesetzesverstoß allein rechtfertigte das Verdikt eines besonders verwerflichen Verhaltens der Beklagten in der gebotenen Gesamtbetrachtung nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht. Bereits die objektive Sittenwidrigkeit des Herstellens und des Inverkehrbringens von Kraftfahrzeugen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Verhältnis zum Fahrzeugerwerber setzt vielmehr voraus, dass dies in Kenntnis der Abschalteinrichtung und im Bewusstsein ihrer - billigend in Kauf genommenen - Unrechtmäßigkeit geschieht (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2021 - III ZR 261/20 Rn. 22, NJW-RR 2022, 243; Urteil vom 16. September 2021 - VII ZR 190/20 Rn. 16 ff., WM 2021, 2108; Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20 Rn. 13, VersR 2021, 1252; Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 Rn. 26, NJW 2021, 1814). Hierfür bedürfte es weiterer Umstände im Zusammenhang mit der Entwicklung und Genehmigung des Software-Updates, an denen es im Streitfall fehlt. Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass die für die Beklagte handelnden Personen in dem Bewusstsein gehandelt haben, erneut eine - welche? - unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen haben, stellt das Berufungsgericht nicht fest und sind auch nicht ersichtlich, wie die Revision zu Recht beanstandet. Selbst ein erneuter verpflichtender Rückruf seitens des KBA, der für das Klägerfahrzeug nicht einmal vorliegt, indizierte nicht bereits ausreichend das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung, über die das KBA bei Erteilung der Typgenehmigung getäuscht worden sein muss (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2021 - VII ZR 126/21 Rn. 14, juris).
2. Eine Haftung der Beklagten gemäß §§ 826, 31 BGB kann nicht auf eine Manipulation des OBD gestützt werden. Die Ausführungen des Berufungsgerichts tragen den Vorwurf eines besonders verwerflichen Verhaltens der Beklagten und die Annahme der Voraussetzungen des § 826 BGB insoweit ebenso wenig. Wie die Revision zutreffend aufzeigt, lässt sich dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Sachvortrag des Klägers in dem Schriftsatz vom 8. September 2020 zwar die Behauptung entnehmen, das OBD-System habe im Zusammenwirken mit der ursprünglichen, durch das Software-Update entfernten Manipulationssoftware keine Fehlermeldung angezeigt. Demgegenüber wird im Zusammenhang mit der Entwicklung des Software-Updates kein erneuter Manipulationseingriff durch die für die Beklagte handelnden Personen dargelegt. Der Vortrag des Klägers beschränkt sich auf die substanzlose Behauptung, eine Nachbesserung des OBD-Systems sei der Beklagten nicht möglich und dieses funktioniere nicht ordnungsgemäß (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2021 - III ZR 261/20 Rn. 26, NJW-RR 2022, 243).
3. Der Vorwurf einer im Sinne von § 826 BGB sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung des Klägers kann nicht damit begründet werden, die Beklagte habe mit dem Software-Update eine temperatur- und höhenlageabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) implementiert, was das Berufungsgericht offen gelassen hat. Dies unterstellt rechtfertigte es nicht die Annahme, die Beklagte habe ihr verwerfliches Verhalten hierdurch in lediglich veränderter Form fortgesetzt.
Für seine Feststellung, mit dem Software-Update sei eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters implementiert worden, verweist das Berufungsgericht auf den Vortrag des Klägers, nach dem die Abgasreinigung nur bei Temperaturen zwischen 10 °C und 32 °C aktiviert sei und ab Höhen von mehr als 1.000 m ausgeschaltet werde. Dies rechtfertigte den Vorwurf besonderer Verwerflichkeit in der gebotenen Gesamtbetrachtung indes nicht.
Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass eine derartige durch Temperatur und Höhenlage beeinflusste Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren ist (vgl. zu Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 auch EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - C-693/18, NJW 2021, 1216; OGH Österreich, Vorabentscheidungsersuchen vom 17. März 2020 - 10 Ob 44/19x, RZ 2020, 212 EÜ235 - beim EuGH geführt unter C-145/20). Der darin liegende - unterstellte - Gesetzesverstoß reicht aber nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht aus, um das Gesamtverhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren. Anhaltspunkte dafür, dass die für die Beklagte handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Applikation der temperatur- und höhenlageabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein gehandelt haben, damit eine (weitere) unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen, trägt der Kläger auch insoweit nicht vor, so dass bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt ist. Soweit die Revisionserwiderung zu einem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Ingenieure der Beklagten bei der Entwicklung des Software-Updates auf Vortrag zu einer Berichterstattung durch ZDF Zoom verweist, wird die zitierte Anlage einmal als Anlage K 4, an der anderen Stelle als Anlage K 18 bezeichnet. Bei der Anlage K 4 handelt es sich um eine rechtsgutachterliche Stellungnahme zur Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen, bei der Anlage K 18 um eine Anklageschrift des Generalstaatsanwalts von New York.
Die Applikation einer temperatur- und höhenlageabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems ist nicht mit der Verwendung der Prüfstandserkennungssoftware zu vergleichen, die die Beklagte zunächst im Motortyp EA 189 zum Einsatz gebracht hatte. Während letztere unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abzielte und einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugerwerber in der Bewertung gleichsteht, ist der Einsatz einer temperatur- und höhenlageabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems nicht von vornherein durch Arglist geprägt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19 Rn. 17 f., ZIP 2021, 297). Auch nach dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Vortrag des Klägers funktioniert bei Implementierung des Thermofensters die Abgasreinigung im Grundsatz auf dem Prüfstand und im realen Betrieb in gleicher Weise; es liegt damit gerade kein System der Prüfstandserkennung vor. Dass der Temperatur- oder Höhenbereich des Thermofensters exakt auf die Bedingungen des Prüfstands zugeschnitten wäre, lässt sich dem Klägervortrag genauso wenig entnehmen (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2021 - VII ZR 190/20 Rn. 19 f., WM 2021, 2108).
4. Soweit das Software-Update negative Auswirkungen - worauf genau stellt das Berufungsgericht allerdings nicht fest - haben sollte, rechtfertigte dies den Vorwurf der Sittenwidrigkeit in der gebotenen Gesamtbetrachtung ebenso wenig. Der Umstand, dass mit dem Update nicht nur die unzulässige Manipulationssoftware entfernt wird, sondern damit auch eine - unterstellt nachteilige - Veränderung des Kraftstoffverbrauchs oder sonstiger Parameter verbunden ist, reicht nicht, um das Gesamtverhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren (BGH, Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 Rn. 30, NJW 2021, 1814). Ebenso wenig genügt der Hinweis auf Diskrepanzen zwischen Stickoxidemissionen unter Prüfstandsbedingungen, die nach damaliger Rechtslage (Euro-5Norm) zur Erlangung der Typgenehmigung allein maßgeblich waren, und unter normalen Betriebsbedingungen auf der Straße (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20 Rn. 23, WM 2021, 1609).
III.
Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO.
Ein Anspruch aus §§ 826, 31, 831 BGB scheidet aus. Ein fortgesetzt sittenwidriges Verhalten der Beklagten im Hinblick auf das Software-Update kommt auf der Basis der getroffenen Feststellungen nicht in Betracht; weitere Feststellungen sind nicht zu erwarten.
Der Klageanspruch ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB, § 31 BGB (BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 Rn. 10 ff., 17 ff., ZIP 2020, 1715; vgl. auch Beschluss vom 10. Februar 2022 - III ZR 87/21 Rn. 12 ff., juris).
- 12 24 Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Pamp Brenneisen Jurgeleit C. Fischer Sacher Vorinstanzen: LG Bonn, Entscheidung vom 27.09.2019 - 10 O 202/19 OLG Köln, Entscheidung vom 18.12.2020 - 20 U 288/19 -