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IX ZR 21/25

BUNDESGERICHTSHOF IX ZR 21/25 BESCHLUSS vom 20. November 2025 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:201125BIXZR21.25.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Schoppmeyer, den Richter Dr. Schultz, die Richterin Dr. Selbmann, die Richter Dr. Harms und Kunnes am 20. November 2025 beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 10. Januar 2025 wird auf Kosten des Beklagten zu 1 als unzulässig verworfen. Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf bis zu 600 € festgesetzt.

Gründe: I.

Die Klägerin hat fünf Rechtsanwälte aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Gegenüber den Beklagten zu 1 und 2 hat die Klage in erster Instanz teilweise Erfolg gehabt. Sowohl die Beklagten zu 1 und 2 als auch die Klägerin haben Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt. Da der Beklagte zu 2 im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufungen säumig gewesen ist, hat das Berufungsgericht über die Berufungen betreffend die Klage gegen den Beklagten zu 2 durch (Teil-)Versäumnisurteil entschieden, im Übrigen durch (Teil-)Endurteil. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Der Beklagte zu 1 hat Nichtzulassungsbeschwerde gegen das (Teil-)Endurteil eingelegt, das auch eine ihn betreffende Kostenentscheidung enthält. Diese Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage als unbegründet zurückgewiesen.

Der Beklagte zu 2 hat Einspruch gegen das echte (Teil-)Versäumnisurteil eingelegt. Das Berufungsgericht hat über den Einspruch durch weiteres Urteil entschieden, den Säumnisausspruch teilweise abgeändert und seine Entscheidung unter Einbeziehung des (Teil-)Endurteils insgesamt neu gefasst. Darin erblickt der Beklagte zu 1 eine selbständige, ihn treffende Beschwer. Da das Berufungsgericht in der Einspruchsentscheidung die Revision nicht zugelassen hat, hat der Beklagte zu 1 Nichtzulassungsbeschwerde auch gegen die Einspruchsentscheidung eingelegt.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Das angefochtene Urteil über den Einspruch des Beklagten zu 2 gegen das (Teil-)Versäumnisurteil des Berufungsgerichts beschwert den Beklagten zu 1 nicht. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt 20.000 € nicht (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

1. Für die Bewertung der Beschwer ist allein der rechtskraftfähige Inhalt des angefochtenen Urteils maßgebend (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - VIII ZR 133/06, NZM 2007, 499 Rn. 7; vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, WM 2021, 2262 Rn. 12; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 22. Aufl., Vorbemerkung § 511 Rn. 20). Das Urteil muss nicht zwingend materielle Rechtskraft erlangen können.

Dass es der formellen Rechtskraft fähig ist, kann ausreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2021 - IX ZR 270/19, WM 2021, 457 Rn. 4).

Für den rechtskraftfähigen Inhalt der Entscheidung kommt es grundsätzlich auf den Wortlaut der Urteilsformel an. Gibt diese zu Zweifeln Anlass, so können zu ihrer Auslegung auch Tatbestand, Entscheidungsgründe und das dort in Bezug genommene Parteivorbringen herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2009 - VIII ZR 29/09, NJW-RR 2010, 19 Rn. 15; Beschluss vom 12. April 2016 - VI ZB 63/14, NJW-RR 2016, 759 Rn. 15; vom 12. Oktober 2021 - VIII ZR 255/20, WM 2021, 2262 Rn. 12). Eine solche Auslegung ist jedoch nur eingeschränkt möglich; sie hat sich im Interesse der Rechtssicherheit allein an das zu halten, was der Richter erkennbar zum Ausdruck gebracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2009, aaO; Beschluss vom 12. April 2016, aaO; vom 12. Oktober 2021, aaO).

2. Nach diesen Grundsätzen fehlt es an einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung zum Nachteil des Beklagten zu 1. Ausweislich der Urteilsformel hat das Berufungsgericht der Rechtskraft fähig nur über den Einspruch des Beklagten zu 2 entschieden und nur den Säumnisausspruch des Teilend- und Versäumnisurteils vom 5. September 2024 teilweise abgeändert. Die Gründe des angefochtenen Urteils enthalten allein die Anträge des Beklagten zu 2 und den hierauf bezogenen Zurückweisungsantrag der Klägerin und ergeben keinen überschießenden Entscheidungsinhalt. Vielmehr stellt das Berufungsgericht eingangs der Entscheidungsgründe klar, dass es nur über den Einspruch des Beklagten zu 2 entscheidet und vor diesem Hintergrund nur über diejenigen Teile der Rechtsmittel der Klägerin und des Beklagten 2 zu befinden hat, über die zuvor durch echtes Teilversäumnisurteil entschieden worden ist. Die klarstellende Zusammenfassung der Einspruchsentscheidung mit dem ursprünglichen (Teil-)Endurteil im Tenor des angefochtenen Urteils ist kein der Rechtskraft fähiger, den Beklagten zu 1 gesondert beschwerender Inhalt der Entscheidung. Seine Beschwer liegt ausschließlich in dem (Teil-)Endurteil, das im Blick auf den Beklagten auch eine abschließende Kostenentscheidung enthält.

Schoppmeyer Harms Schultz Kunnes Selbmann Vorinstanzen: LG Leipzig, Entscheidung vom 14.12.2023 - 3 O 1776/22 OLG Dresden, Entscheidung vom 10.01.2025 - 8 U 2075/23 -

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