19 W (pat) 41/17
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 41/17 Verkündet am 22. Mai 2017
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
BPatG 154 05.11 betreffend das Patent 101 54 495 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Ing. Matter und Dr.-Ing. Kapels beschlossen:
Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 1.35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. November 2014 aufgehoben und das Patent 101 54 495 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 1 vom 30. März 2016 mit der Maßgabe, dass in den Patentansprüchen 1, 2 und 12 jeweils das Bezugszeichen „100;“ gestrichen ist,
Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt.
Gründe I.
Auf die am 7. November 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist mit Beschluss vom 25. Januar 2012 das Patent 101 54 495 mit der Bezeichnung „Konzept zur Kompensation der Einflüsse externer Störgrößen auf physikalische Funktionsparameter von integrierten Schaltungen“ erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 26. April 2012 erfolgt.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 24. Juli 2012, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt per Fax am 26. Juli 2012, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Sie hat sinngemäß geltend gemacht, der Gegenstand des Patents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht neu bzw. beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, der Gegenstand des Patents ginge über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden sei und das Patent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne (§ 59 Abs. 1 Satz 3 PatG in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 PatG).
Zur Stützung ihres Vorbringens verweist die Einsprechende auf die folgenden Dokumente:
E1: Infineon Technologies AG: Linear Output Hall Effect IC TLE 4990, Data Sheet, Edition 2001-09-19, Published by Infineon Technologies AG, St.-Martin-Strasse 53, 81541 München E2: Micronas GmbH: HAL805 Programmable Linear Hall Effect Sensor, Preliminary Data Sheet, Edition Feb. 2, 2000, Micronas GmbH, Hans-Bunte-Strasse 19, 79108 Freiburg, Order No. 6251-513-1PD.
Die Patentinhaberin ist dem Vorbringen der Einsprechenden mit Schreiben vom 13. Dezember 2012 entgegengetreten und hat beantragt, den Einspruch als unzulässig und zumindest als unbegründet zurückzuweisen und das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten.
Mit Schriftsatz vom 6. November 2014 reichte die Einsprechende weitere Dokumente ein, um die Vorveröffentlichung der Druckschriften E1 und E2 zu belegen.
Mit dem am Ende der Anhörung vom 18. November 2014 verkündeten Beschluss hat die Patentabteilung 1.35 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent widerrufen. In der schriftlichen Begründung des Beschlusses ist ausgeführt, dass der Einspruch zulässig sei und der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sowohl in der erteilten Fassung als auch nach den geltenden Hilfsanträgen 1 bis 7 – ausgehend von den als vorveröffentlicht zu beurteilenden Druckschriften E1 bzw. E2 – nicht als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend oder nicht als neu gelten würde.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 6. Mai 2015, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt per Fax am selben Tag.
Die Patentinhaberin hat ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom 30. März 2016 begründet und mit dieser Begründung neue Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 eingereicht.
Die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 3. Mai 2017 auf die Einlassungen der Beschwerdeführerin reagiert und weitere Dokumente eingereicht:
B1: 2-seitige Kopie eines Google-Suchergebnisses zur Suche „tle4990“ vom 2. Mai 2017 B2: 6-seitiger Auszug der von Google im „cache“ gespeicherten Version der E1 B3: 2-seitige Kopie eines Google-Suchergebnisses zur Suche „Hal 805“ vom 3. Mai 2017 B4: 4-seitiger Auszug der von Google im „cache“ gespeicherten Version der E2 B5: WO 91/05222 A1.
In der mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2017 überreichte der Vertreter der Einsprechenden noch die Dokumente:
B6: Kopie eines Fotos der CD „MICRONAS Technical Product Documentation, Edition 4, January 2000, Order No. 6200-5041CD“
B7: Inhaltsverzeichnis der unter B6 genannten CD B8: 2 Screenshots der Metadaten der auf der unter B6 genannten CD gespeicherten Datei „hal805.pdf“.
Zum Stand der Technik wird in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents unter anderem auf die Druckschrift P13: EP 1 010 987 A2 verwiesen.
Der Vertreter der Patentinhaberin beantragt in der mündlichen Verhandlung,
den Beschluss der Patentabteilung 1.35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. November 2014 aufzuheben und das Patent 101 54 495 beschränkt mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:
Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 1 vom 30. März 2016 mit der Maßgabe, dass in den Patentansprüchen 1, 2 und 12 jeweils das Bezugszeichen „100;“ gestrichen ist,
übrige Unterlagen, Beschreibung und Zeichnungen, wie erteilt.
Der Vertreter der Einsprechenden beantragt,
die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Die geltenden, einander nebengeordneten, Patentansprüche 1 und 12 haben, mit der Maßgabe, dass jeweils das Bezugszeichen „100;“ gestrichen ist, folgenden Wortlaut:
1. Schaltung (150; 200) zum Erzeugen eines Ausgangssignals (116), das von einer physikalischen Nutzgröße (108) abhängt, mit folgenden Merkmalen:
- einer Einrichtung (106) zum Erfassen der physikalischen Nutzgröße (108), wobei die Einrichtung (106) zum Erfassen angeordnet ist, um ein Ausgangssignal (116) zu erzeugen, das von der physikalischen Nutzgröße (108), von einem Steuersignal (112) für die Einrichtung (106) zum Erfassen, und bei einem unveränderten Steuersignal (112) von einer externen Störgröße (118'; 118, 119) abhängt;
- einer Sensoreinrichtung (120) zum Erfassen der externen Störgröße (118'; 118, 119) und zum Liefern eines Sensorsignals (122), das von der externen Störgröße (118'; 118, 119) abhängt; und
- einer Einrichtung (124) zum Verarbeiten des Sensorsignals (122), um das Steuersignal (112) abhängig von dem Sensorsignal (122) so zu beeinflussen, daß der Einfluß der externen Störgröße (118'; 118, 119) auf das Ausgangssignal reduziert ist;
- wobei die Schaltung ferner einen Speicher (152) aufweist, der ausgebildet ist, um Informationen zu speichern, die den Einfluß der externen Störgröße (118'; 118, 119) auf das Sensorsignal (122), das Steuersignal (112) und/oder das Ausgangssignal (116) wiedergeben;
- wobei die Schaltung (150; 200) eine integrierte Schaltung auf einem Halbleitersubstrat ist;
- wobei die externe Störgröße (118‘; 118, 119) eine mechanische Verspannung in dem Halbleitersubstrat ist, die das Ausgangssignal (116) beeinflußt, wobei die Sensoreinrichtung (120) zum Erfassen der externen Störgröße (118‘; 118, 119) ein Verspannungssensor zum Erfassen zumindest einer Komponente der mechanischen Verspannung (118‘; 118, 119) in dem Halbleitermaterial ist.
12. Verfahren zum Erzeugen eines Ausgangssignals einer Schaltung (150; 200), das von einer physikalischen Nutzgröße abhängt, wobei die Schaltung (150; 200) eine integrierte Schaltung auf einem Halbleitersubstrat ist, mit folgenden Schritten:
- Erfassen der physikalischen Nutzgröße, um ein Ausgangssignal zu erzeugen, das von der physikalischen Nutzgröße, von einem Steuersignal und bei einem unveränderten Steuersignal von einer externen Störgröße abhängt, wobei die externe Störgröße (118‘; 118, 119) eine mechanische Verspannung in dem Halbleitersubstrat ist, die das Ausgangssignal (116) beeinflußt, wobei die Sensoreinrichtung (120) zum Erfassen der externen Störgröße (118‘; 118, 119) ein Verspannungssensor zum Erfassen zumindest einer Komponente der mechanischen Verspannung (118‘; 118, 119) in dem Halbleitermaterial ist;
- Erfassen der externen Störgröße und Liefern eines Sensorsignals, das von der externen Störgröße abhängt;
- Verarbeiten des Sensorsignals, um das Steuersignal abhängig von dem Sensorsignal so zu beeinflussen, daß der Einfluß der externen Störgröße auf das Ausgangssignal reduziert ist; und
- Speichern von Informationen, die den Einfluß der externen Störgröße (118'; 118, 119) auf das Sensorsignal (122), das Steuersignal (112) und/oder das Ausgangssignal (116) wiedergeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere zum Einspruchsverfahren vor der Patentabteilung sowie zum Wortlaut der abhängigen Patentansprüche 2 bis 11 und 13, 14 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde der Einsprechenden ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 PatG, § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG).
2. Die Beschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Beschlusses der Patentabteilung 1.35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. November 2014 und zur Aufrechterhaltung des Patents in dem beantragten beschränkten Umfang.
3. Hinsichtlich der Zulässigkeit des Einspruchs gemäß § 59 Abs. 1 PatG bestehen keine Bedenken.
Vorliegend ist der form- und fristgerecht erhobene Einspruch zulässig, weil zumindest zu dem geltend gemachten Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit aufgrund fehlender Neuheit (§ 59 Abs. 1 Satz 3 PatG i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. § 3 PatG) substantiiert Stellung genommen wurde. So hat die Einsprechende im Einspruchsschriftsatz vom 24. Juli 2012 u. a. detailliert angegeben,
wo welche Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 1 des Streitpatents in der Druckschrift E1 offenbart sind. Auch zu den Merkmalen der Unteransprüche wurde Stellung genommen. Der maßgebliche Zeitpunkt der öffentlichen Zugänglichkeit der Druckschrift E1 ergibt sich durch den Datumsaufdruck „2001-09-19“ i. V. m. dem Zusatz „Published“ und dem Copyright konkludent aus dem Dokument selbst. Wird der Zeitpunkt der öffentlichen Zugänglichkeit in Zweifel gezogen, so betrifft das nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit des Einspruchs (vgl. Schulte PatG, 9. Auflage, § 59 Rdn. 96). Insgesamt sind somit die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen angegeben (§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG).
4. Das Patent bezieht sich auf integrierte Schaltungen und insbesondere auf ein Systemkonzept zur Verringerung bzw. zur Kompensation von Einflüssen externer Störgrößen, wie z. B. von mechanischen Verspannungen in einem Halbleitermaterial, auf die physikalischen Funktionsparameter von integrierten Schaltungen (Patentschrift, Absatz 0001).
Das Problem der Beeinflussung physikalischer Funktionsparameter von integrierten Schaltungen durch externe Störgrößen falle insbesondere bei integrierten Sensoren störend auf, da diese einen physikalischen Funktionsparameter des jeweiligen Sensorelements verwenden, um damit eine zu erfassende physikalische Nutzgröße in eine elektrische Ausgangsgröße umzuwandeln (Absatz 0002).
Mit integrierten Sensoranordnungen, wie z. B. Hallsonden einschließlich deren Ansteuer- und Auswerteelektronik, ergebe sich die Möglichkeit, sehr genaue Magnetfeldsensoren mit umfangreichen Zusatzfunktionen in CMOS- oder BiCMOS-Technologie mit Silizium als Halbleitergrundmaterial zuverlässig und kostengünstig in großen Stückzahlen zu fertigen (Absätze 0004, 0005).
Dabei träten in zunehmendem Maße bestimmte Nachteile, wie Piezo-Effekte, von indirekten Halbleitermaterialien zu Tage. Insbesondere werde bei den Piezo-Effekten zwischen dem piezoresistiven Effekt und dem Piezo-Hall-Effekt in einem Halb- leitermaterial unterschieden. Durch den Piezo-Hall-Effekt ändere sich beispielsweise die strombezogene Empfindlichkeit der Hallsonde. Darüber hinaus ändere sich infolge des piezoresistiven Effekts bei Anliegen mechanischer Verspannungen in dem Halbleitermaterial der Hallstrom durch die Hallsonde (Absätze 0006 bis 0012).
Bei integrierten Sensorschaltungen, die in einem Gehäuse untergebracht seien, sei ferner zu beachten, dass die Vergussmasse des Gehäuses im Allgemeinen einen anderen thermischen Ausdehnungskoeffizienten als das Halbleitermaterial, wie z. B. der Silizium-Chip, aufweise, wodurch sich die beiden Komponenten bei verschiedenen Temperaturen gegeneinander verspannen könnten. Aus Platzmangel in den dünnen Gehäusen von Magnetfeldsensoren könne kein Gel auf den die Sensoranordnung tragenden Halbleiter-Chip aufgebracht werden, wie es ansonsten häufig verwendet werde, um den Halbleiterchip verspannungsarm zu vergießen (Absätze 0013, 0016).
Aus dem Stand der Technik seien verschiedene Verfahren und Systeme zur Kompensation der Temperatureinflüsse bekannt. Beispielsweise sei bei einem Hallbauelement mit Sperrschicht-Schutzbarriere bekannt, mittels eines zusätzlichen temperaturempfindlichen Elementes die Dicke der Sperrschicht auf einen Wert zu regeln, der es möglich mache, die Magnetfeldempfindlichkeit des Hallelements unabhängig von der Temperatur einzustellen (Absatz 0018).
Ferner sei ein Hallsensor mit einer Einrichtung zur orthogonalen Umschaltung des Hallsensor-Versorgungsstroms sowie der Hallspannungsgriffe bekannt, mit der ein Offset-kompensierter Hallspannungswert gebildet werden könne. Wahlweise könne zur herkömmlichen Magnetfeldmessung noch eine Stressmessung sowie eine Temperaturmessung durchgeführt werden (Absatz 0019).
Darüber hinaus sei bekannt, neben einem Messsensor einen weiteren Sensor anzuordnen, dessen Messeffekt im Wesentlichen nur von physikalischen Störgrö- ßen abhänge. Mittels einer Signalverarbeitungsschaltung sei das gewünschten Übertragungsverhalten in Abhängigkeit von den Eigenschaften des Messsensors einstellbar, wodurch der Einfluss der Störgröße auf den Messeffekt des Messsensors kompensiert werde (Absatz 0021).
Auch sei bekannt, zusätzlich zu einem Messsensor einen Kompensationssensor zu verwenden, der lediglich einer Störgröße ausgesetzt sei, oder zur Verringerung eines auftretenden Offset-Anteils eines Sensorsignals einzelne Hall-Sensorelemente einzelner Hall-Sensorpaare speziell geometrisch anzuordnen und deren Anschlüsse speziell zu verschalten (Absätze 0022, 0025).
Aufgabe sei es daher, ein verbessertes Konzept zur Kompensation von störenden Einflüssen auf physikalische Parameter von integrierten Schaltungen zu schaffen (Absatz 0026).
4.1 Als Fachmann legt der Senat seiner Entscheidung vor diesem Hintergrund einen Diplom-Ingenieur (Univ.) oder Master der Fachrichtung Elektrotechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von integrierten Schaltungen, insbesondere von integrierten Hallsensoranordnungen, zu Grunde.
4.2 Die gestellte Aufgabe soll durch die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 12 gelöst werden.
Die Merkmale der Schaltung nach Patentanspruch 1 lassen sich wie folgt gliedern:
M1 Schaltung (150; 200) zum Erzeugen eines Ausgangssignals (116),
M2 das von einer physikalischen Nutzgröße (108) abhängt, mit folgenden Merkmalen:
M3 - einer Einrichtung (106) zum Erfassen der physikalischen Nutzgröße (108),
M4 wobei die Einrichtung (106) zum Erfassen angeordnet ist, um ein Ausgangssignal (116) zu erzeugen, das von der physikalischen Nutzgröße (108),
M5 von einem Steuersignal (112) für die Einrichtung (106) zum Erfassen, und M6 bei einem unveränderten Steuersignal (112) von einer externen Störgröße (118'; 118, 119) abhängt; M7 - einer Sensoreinrichtung (120) zum Erfassen der externen Störgröße (118'; 118, 119) und zum Liefern eines Sensorsignals (122), das von der externen Störgröße (118'; 118, 119) abhängt; und M8 - einer Einrichtung (124) zum Verarbeiten des Sensorsignals (122), um das Steuersignal (112) abhängig von dem Sensorsignal (122) so zu beeinflussen, daß der Einfluß der externen Störgröße (118'; 118, 119) auf das Ausgangssignal reduziert ist; M9 - wobei die Schaltung ferner einen Speicher (152) aufweist, der ausgebildet ist, um Informationen zu speichern,
M10 die den Einfluß der externen Störgröße (118'; 118, 119) auf das Sensorsignal (122), das Steuersignal (112) und/oder das Ausgangssignal (116) wiedergeben; M11 - wobei die Schaltung (150; 200) eine integrierte Schaltung auf einem Halbleitersubstrat ist; M12 - wobei die externe Störgröße (118‘; 118, 119) eine mechanische Verspannung in dem Halbleitersubstrat ist, die das Ausgangssignal (116) beeinflußt,
M13 wobei die Sensoreinrichtung (120) zum Erfassen der externen Störgröße (118‘; 118, 119) ein Verspannungssensor zum Erfassen zumindest einer Komponente der mechanischen Verspannung (118‘; 118, 119) in dem Halbleitermaterial ist.
Die Merkmale des Verfahrens nach Patentanspruch 12 lassen sich wie folgt gliedern:
N1 N2.1 M11 N2.2 Verfahren zum Erzeugen eines Ausgangssignals einer Schaltung (150; 200), das von einer physikalischen Nutzgröße abhängt, wobei die Schaltung (150; 200) eine integrierte Schaltung auf einem Halbleitersubstrat ist, mit folgenden Schritten:
N3 - Erfassen der physikalischen Nutzgröße, N4 um ein Ausgangssignal zu erzeugen, das von der physikalischen Nutzgröße, N5 von einem Steuersignal und N6 bei einem unveränderten Steuersignal von einer externen Störgröße abhängt; M12 wobei die externe Störgröße (118‘; 118, 119) eine mechanische Verspannung in dem Halbleitersubstrat ist, die das Ausgangssignal (116) beeinflußt, M13 wobei die Sensoreinrichtung (120) zum Erfassen der externen Störgröße (118‘; 118, 119) ein Verspannungssensor zum Erfassen zumindest einer Komponente der mechanischen Verspannung (118‘; 118, 119) in dem Halbleitermaterial ist; N7 - Erfassen der externen Störgröße und Liefern eines Sensorsignals, das von der externen Störgröße abhängt; N8 - Verarbeiten des Sensorsignals, um das Steuersignal abhängig von dem Sensorsignal so zu beeinflussen, daß der Einfluß der externen Störgröße auf das Ausgangssignal reduziert ist; und N9 - Speichern von Informationen, M10 die den Einfluß der externen Störgröße (118'; 118, 119) auf das Sensorsignal (122), das Steuersignal (112) und/oder das Ausgangssignal (116) wiedergeben.
4.3 Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung:
Dem Merkmal M3 entnimmt der Fachmann, dass die Schaltung eine Einrichtung zum Erfassen einer physikalischen Nutzgröße, beispielsweise einen Hallsensor samt Auswerteelektronik zum Erfassen eines Magnetfelds, umfasst (vgl. Absatz 0046).
Das Merkmal M4 versteht der Fachmann derart, dass diese Einrichtung, also beispielsweise der Hallsensor samt Auswerteelektronik, angeordnet ist, um ein Ausgangssignal zu erzeugen, wobei dieses Ausgangssignal dabei von der physikalischen Nutzgröße, beispielsweise dem Magnetfeld, abhängig ist.
Darüber hinaus ist das Ausgangssignal, gemäß Merkmal M5, auch von einem Steuersignal abhängig. Unter diesem Steuersignal versteht der Fachmann im Sinne der Anmeldung ein Signal, das der Einrichtung, also z. B. dem Hallsensor samt Auswerteelektronik, von einer Kompensationsschaltung zugeführt wird, um eine Kompensation zu steuern (vgl. Absätze 0049, 0056). Somit versteht der Fachmann dieses Steuersignal als Kompensationssteuersignal.
Das Merkmal M6 versteht der Fachmann derart, dass das Ausgangssignal der Einrichtung, z. B. des Hallsensors samt Auswerteelektronik, ohne Änderung des Steuersignals, also bei einem statischen oder bei Null bleibendem Kompensationssteuersignal, von einer externen Störgröße, beispielsweise einer mechanischen Verspannung, abhängig ist (vgl. Absatz 0050).
Unter einer Sensoreinrichtung im Merkmal M7 wird beispielsweise ein integrierter Widerstand verstanden, der infolge eines piezoresistiven Effekts von einem mechanischen Verspannungszustand in dem Halbleitermaterial beeinflusst wird und als Sensorsignal einen Widerstandswert liefert (vgl. Absatz 0056).
Unter einer Einrichtung zum Verarbeiten des Sensorsignals bzw. Widerstandswertes, gemäß Merkmal M8, wird in dem Streitpatent beispielsweise eine Stromquelle verstanden, die mittels des Widerstands einen Ansteuerstrom definiert (vgl. Absatz 0056).
Nach den Anweisungen im Merkmal M10 sollen die in einem Speicher gespeicherten Informationen den Einfluss der externen Störgröße, beispielsweise der mechanischen Spannung, auf mindestens eines der drei Signale (Sensorsignal oder Steuersignal oder Ausgangssignal) wiedergeben. Dabei handelt es sich beispielsweise um Betriebsparameter bzw. einen Code zur geeigneten Beeinflussung der Betriebsparameter der Kompensationsregelschleife (vgl. Absätze 0093, 0098). Der Inhalt des Speichers wird beispielsweise so gewählt, dass das Ausgangssignal der integrierten Schaltung weitestgehend unabhängig von dem mechanischen Verspannungszustand des Halbleitermaterials wird (vgl. Absatz 0109).
Die Angabe „einen im wesentlichen determinierten Zusammenhang“ im geltenden Anspruch 2 versteht der Fachmann derart, dass ein im Wesentlichen bestimmter bzw. festgelegter Zusammenhang zwischen der das Ausgangssignal der Schaltung beeinflussenden Störgröße und der von der Sensoreinrichtung erfassten Störgröße bestehen soll. Dieses wird gemäß Absatz [0052] der Patentschrift und Anspruch 4 beispielsweise dadurch erreicht, dass die Sensoreinrichtung und die Erfassungseinrichtung verschachtelt oder benachbart zueinander auf dem Halbleitersubstrat angeordnet werden.
Unter Verschachteln im Anspruch 4 versteht der Fachmann ein Ineinanderfügen oder abwechselndes Anordnen einzelner Teile der Einrichtung und der Sensoreinrichtung auf dem Halbleitersubstrat, beispielsweise durch abwechselndes Anordnen jeweiliger Zuleitungen oder Schaltungsteile.
5. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig.
Ihre Gegenstände gehen nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen hinaus (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Der geltende Anspruch 1 basiert auf dem Anspruch 1 vom Anmeldetag 7. November 2001. Der offensichtliche Fehler „Steuergröße“ im Merkmal M6 wurde gemäß ursprünglicher Beschreibung, Seite 14, Zeilen 10 bis 13, berichtigt. Die Merkmale M9 und M10 sind im ursprünglichen Anspruch 7 bzw. der ursprünglichen Beschreibung, Seite 21, Zeilen 18 bis 30, Seite 23, Zeile 32 bis Seite 24, Zeile 4, Seite 24, Zeilen 19 bis 31, Seite 25, Zeilen 8, 9 und Seite 31, Zeilen 11 bis 27 i. V. m. den Figuren 2, 3 offenbart. Die Merkmale M11 bis M13 sind in den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 3 offenbart.
Die Merkmale des geltenden Anspruchs 12 gehen auf den ursprünglichen Anspruch 14 sowie die zum Anspruch 1 genannten Offenbarungsstellen zurück.
Die Patentansprüche 2 bis 11 und 13, 14 stützen sich auf die ursprünglichen Ansprüche 4 bis 13 und 15, 16 und sind somit zulässig.
Mit den geltenden Patentansprüchen 1 bis 14 wird der Schutzbereich des Patents gegenüber der erteilten Fassung nicht erweitert (§ 22 Abs. 1 Halbsatz 2 PatG).
6. Die Erfindung ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG).
Die Einsprechende hat in ihrem Schriftsatz vom 24. Juli 2012 geltend gemacht, dass dem Fachmann verborgen bleibe, in welcher Weise beim Anspruch 1 die Einrichtung zum Erfassen angeordnet sei, um ein Ausgangssignal zu erzeugen.
Diesbezüglich wird auf den Absatz 0062 der Patentschrift i. V. m. der Figur 2 hingewiesen, in der offenbart ist, dass die Einrichtung 106 zum Erfassen, bei der es sich beispielsweise um ein Hall-Sensorelement handelt, in dem ersten Schaltungsteil 102 der integrierten Schaltung 150 angeordnet ist.
Bezüglich der Zweifel, dass dem Fachmann verborgen bleibe, in welcher Weise in Anspruch 4 ein im Wesentlichen deterministischer Zusammenhang in Verbindung mit einer Schaltungsanordnung erfolgen solle und dass beim Anspruch 6 die Bedeutung des Ausdrucks verschachtelt in Zusammenhang mit der Einrichtung zum Erfassen nicht vollständig offenbart sei, wird auf die Ausführungen unter 4.3 verwiesen.
7. Vorveröffentlichung der Druckschriften E1 und E2 Das Datenblatt „Linear Output Hall Effect IC TLE 4990“ (Druckschrift E1) der Infineon Technologies AG weist auf der letzten Seite den Datumsvermerk „Edition 2001-09-19“ auf. Direkt darunter befindet sich der Hinweis „Published by Infineon Technologies AG“ und ein Copyright-Vermerk „© Infineon Technologies AG 2001“. Der Datumsvermerk „2001-09-19“ befindet sich zudem auf jeder einzelnen Seite des Datenblattes unten rechts. Bei dem Datumsaufdruck „2001-09-19“ i. V. m. dem Zusatz „Published“ und dem Copyright-Vermerk handelt es sich zweifelsfrei um einen Datumsvermerk, der den allgemeinen Gepflogenheiten im Druckgewerbe entsprechend auf derartigen Datenblättern zum Nachweis der Drucklegung aufgebracht wird. Es ist daher davon auszugehen, dass die Druckschrift E1 am
19. September 2001 und damit vor dem Anmeldetag (7. November 2001) des Streitpatents gedruckt wurde. Da es sich bei der Druckschrift E1 um ein für die Verteilung an Kunden vorgesehenes Datenblatt zu einem Produkt handelt, ist nach der Lebenserfahrung auch von einer Verteilung an die Öffentlichkeit unmittelbar nach dem Druckdatum auszugehen (vgl. BPatG, Beschluss vom 24. Oktober 2007 – 20 W (pat) 355/03, juris). Darüber hinaus kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass eine auf einer Druckschrift angegebene „copyright notice“ mit der öffentlichen Zugänglichkeit identisch ist (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 3 Rdn. 42).
Die Patentinhaberin führt in ihrem Schriftsatz vom 13. Dezember 2012 aus, dass nach der Fertigstellung des Datenblattes am 19. September 2001 interne Abläufe vorgesehen hätten, dass eine mehrere Wochen bis Monate erfordernde interne Freigabe erfolgen müsste. Da hierfür keine weiteren Nachweise erbracht wurden, ist von einer typischen alsbaldigen Verteilung nach dem Druckdatum auszugehen. Die Druckschrift E1 war damit zur Überzeugung des Senats vor dem Anmeldetag, dem 7. November 2001, der Öffentlichkeit zugänglich.
Das Datenblatt „HAL805 Programmable Linear Hall Effect Sensor“ (Druckschrift E2) weist auf allen Seiten den Zusatz „Preliminary data sheet“ auf. Darüber hinaus ist auf der letzten Seite rechts unten der Hinweis „No part of this publication may be reproduced, photocopied, stored on a retrieval system, or transmitted without the express written consent of Micronas GmbH“ angebracht. Der Datumsvermerk auf der ersten Seite lautet “Edition Feb. 2, 2000“ und der einzige weitere auf der letzten Seite „Feb. 2, 2000“. Zusätzlich ist auf der letzten Seite der Hinweis „First release of the preliminary data sheet“ aufgedruckt.
Es mag sein, dass das Datenblatt am 2. Februar 2000 innerhalb des Geschäftsbetriebs der M… GmbH entstanden ist. Dieser Umstand macht es jedoch noch nicht zum Stand der Technik, es hätte auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein müssen. Für die Zugänglichkeit von Informationen genügt es, dass die Öffentlichkeit auf sie Zugriff nehmen kann. Informationen, auf die lediglich zur Geheimhaltung verpflichtete Personen Zugriff nehmen können, sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich, solange die Geheimhaltung gewahrt wird (BPatG Beschluss vom 1. Februar 2010 – 20 W (pat) 340/05, juris). Vorliegend trägt das Datenblatt E2 einen Geheimhaltungsvermerk, der jede Weitergabe des Dokuments an Dritte ohne die vorherige Zustimmung der M… GmbH untersagt.
Die Einsprechende hat in ihrem Schriftsatz vom 8. November 2014 vorgetragen, dass das Datenblatt E2 mittels einer CD-ROM mit dem Titel „Technical Product Documentation – Integrated Circuits and Sensors, Edition 4, Januar 2000 (Edition 4/2000)“ auf der Messe CeBIT 2000, die vom 24. Februar bis 1. März 2000 stattfand, verteilt worden wäre. Diese sei auf der in der mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2017 übergebene Kopie eines Fotos der CD-ROM „MICRONAS Technical Product Documentation, Edition 4, January 2000“ (Dokument B6) abgebildet.
Bei dem Datenblatt E2 bestehen erhebliche Zweifel des Senats an der öffentlichen Zugänglichkeit, da es sich zum einen um ein Dokument mit Geheimhaltungsvermerk handelt und zum anderen die Ablage des Dokuments auf der genannten CDROM nicht zweifelsfrei erwiesen wurde. Maßgebliche Zweifel ergeben sich vor allem daraus, dass die CD-ROM den Datumsaufdruck „Januar 2000“ trägt, wobei das Datenblatt E2 erst zu einem späteren Zeitpunkt, dem 2. Februar 2000, entstanden ist. Darüber hinaus soll, gemäß Dokument B7, das Datenblatt E2 auf besagter CD-ROM erst am 10. Februar 2000 gespeichert worden sein. Daher ist die öffentliche Zugänglichkeit des Datenblatts E2 nicht zweifelsfrei nachgewiesen.
Dies kann indes dahinstehen, weil die Druckschrift E2 nicht patenthindernd entgegensteht (wie noch ausgeführt wird).
8. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 gilt gegenüber dem Stand der Technik als neu (§ 3 PatG), auch wenn eine Vorveröffentlichung des als E2 vorgelegten Dokuments zugunsten der Beschwerdegegnerin unterstellt wird.
8.1 Die Druckschrift E1 offenbart – ausgedrückt mit den Worten des geltenden Patentanspruchs 1 – eine M1 Schaltung zum Erzeugen eines Ausgangssignals (Figur 1 i. V. m. Seite 3: „Vout, Output voltage“),
M2 das von einer physikalischen Nutzgröße (Seite 3: „magnetic flux“) abhängt, mit folgenden Merkmalen:
M3 - einer Einrichtung (Figur 1: „Chopped Hallprobe“) zum Erfassen der physikalischen Nutzgröße („magnetic flux“),
M4 wobei die Einrichtung („Chopped Hallprobe“) zum Erfassen angeordnet ist, um ein Ausgangssignal („Vout“) zu erzeugen, das von der physikalischen Nutzgröße („magnetic flux“),
M5 von einem Steuersignal (Signal von der gesteuerten Stromquelle zur „Chopped Hallprobe“, vgl. Figur 1) für die Einrichtung („Chopped Hallprobe“) zum Erfassen, und M6 bei einem unveränderten Steuersignal (Signal von der gesteuerten Stromquelle zur „Chopped Hallprobe“) von einer externen Störgröße (Figur 1 i. V. m. Seite 2: „temperature“) abhängt; M7 - einer Sensoreinrichtung (Figur 1: „Temperature Linearization“) zum Erfassen der externen Störgröße („temperature“) und zum Liefern eines Sensorsignals (Signal vom Block „Temperature Linearization“ zur gesteuerten Stromquelle, vgl. Figur 1), das von der externen Störgröße („temperature“) abhängt; und M8 - einer Einrichtung (gesteuerte Stromquelle, vgl. Figur 1) zum Verarbeiten des Sensorsignals (Signal vom Block „Temperature Linearization“ zur gesteuerten Stromquelle), um das Steuersignal (Signal von der gesteuerten Stromquelle zur „Chopped Hallprobe“) abhängig von dem Sensorsignal (Signal vom Block „Temperature Linearization“ zur gesteuerten Stromquelle) so zu beeinflussen, daß der Einfluß der externen Störgröße („temperature“) auf das Ausgangssignal („Vout“) reduziert ist (Seiten 2, 5: „… temperature compensation …“); M9 - wobei die Schaltung ferner einen Speicher (Figur 1: „OTPROM/RAM“) aufweist, der ausgebildet ist, um Informationen zu speichern (Seite 5: „The calibration of the temperature gain compensation is performed during production for each device individually, and is stored permanently in its OTPROM“),
M10 die den Einfluß der externen Störgröße („temperature“) auf das Ausgangssignal („Vout“) wiedergeben (Seite 2: „The temperature compensation of the sensitivity is programmable“); M11 - wobei die Schaltung eine integrierte Schaltung auf einem Halbleitersubstrat ist (Figur 1 i. V. m. Seite 2: „The IC is produced in BICMOS technology …“).
Das Merkmal M6 liest der Fachmann dabei selbstverständlich mit, denn dem Fachmann ist bekannt, dass das Signal einer Hall-Sensor-Zelle grundsätzlich eine Temperaturdrift aufweist. Gelangt in der Figur 1 der Druckschrift E1 kein oder ein unverändertes Signal der gesteuerten Stromquelle zur Hall-Sensor-Zelle, wird die Temperaturdrift nicht beeinflusst, so dass das Signal der Hall-Sensor-Zelle von der externen Störgröße, der Temperatur, abhängig bleibt.
Des Weiteren entnimmt der Fachmann der Seite 5 der Druckschrift E1 unmittelbar und eindeutig, dass in dem OTPROM Kalibrierwerte abgespeichert werden. Da das OTPROM somit nur zur Speicherung verwendet wird, ist für den Fachmann selbstverständlich, dass die Temperaturerfassung in dem Block „Temperature Linearization“ mittels eines Temperatursensors, gemäß Merkmal M7, erfolgt. Die Patentinhaberin machte diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung geltend, dass das Ausgangssignal des Blocks „Temperature Linearization“ eine spezifische, insbesondere stark gekrümmte, Temperaturabhängigkeit mit hohen Signalwerten bei sowohl sehr niedrigen als auch sehr hohen Temperaturen aufweise, so dass ein konkreter Temperaturwert nicht direkt aus dem Signal am Ausgang des Blocks ermittelt werden könne. Hierzu ist festzustellen, dass mit dem Merkmal M7 nur zum Ausdruck gebracht wird, dass von der Sensoreinrichtung ein von der externen Störgröße abhängiges Signal geliefert werden soll. Die Art der Abhängigkeit und insbesondere die Forderung, dass aus dem Signal ein konkreter Temperaturwert bestimmt werden solle, werden nicht beansprucht.
Dem Einwand der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung, dass es sich bei der in der Figur 1 der Druckschrift E1 offenbarten gesteuerten Stromquelle nicht um eine Einrichtung zum Verarbeiten des Sensorsignals gemäß Merkmal M8 handele, kann nicht gefolgt werden, da bereits im Absatz 0056 des Streitpatents darauf hingewiesen wird, dass als Einrichtung zum Verarbeiten des Sensorsignals eine Stromquelle angesehen werden kann.
Der Druckschrift E1 ist aber nicht zu entnehmen, dass die externe Störgröße eine mechanische Verspannung in dem Halbleitersubstrat ist und dass die Sensoreinrichtung zum Erfassen der externen Störgröße ein Verspannungssensor zum Erfassen zumindest einer Komponente der mechanischen Verspannung in dem Halbleitermaterial ist (Merkmale M12 und M13).
Die Schaltung gemäß geltendem Anspruch 1 ist daher neu gegenüber dem Gegenstand der Druckschrift E1.
8.2 Der Druckschrift E2 – ihre Vorveröffentlichung zugunsten der Einsprechenden unterstellt – ist in Worten des geltenden Patentanspruchs 1 ausgedrückt, Folgendes entnehmbar: eine M1 Schaltung zum Erzeugen eines Ausgangssignals (Figur 2-2 i. V. m. Absatz 2.1.: „output voltage“),
M2 das von einer physikalischen Nutzgröße (Absatz 2.1.: „magnetic flux“) abhängt, mit folgenden Merkmalen:
M3 - einer Einrichtung (Figur 2-2: „Switched Hall Plate“) zum Erfassen der physikalischen Nutzgröße („magnetic flux“),
M4 wobei die Einrichtung („Switched Hall Plate“) zum Erfassen angeordnet ist, um ein Ausgangssignal („output voltage“) zu erzeugen, das von der physikalischen Nutzgröße („magnetic flux“) (Absatz 2.1.: „… which provides an output voltage proportional to the magnetic flux through the Hall plate …“),
M5 von einem Steuersignal (Signal von dem Block „Temperature Dependent Bias“ zum Block „Switched Hall Plate“, vgl. Figur 2-2) für die Einrichtung („Switched Hall Plate“) zum Erfassen, und M6 bei einem unveränderten Steuersignal (Signal von dem Block „Temperature Dependent Bias“ zum Block „Switched Hall Plate“) von einer externen Störgröße (Figur 2-2 i. V. m. Absatz 2.1: „temperature“) abhängt; M7 - einer Sensoreinrichtung zum Erfassen der externen Störgröße („temperature“) und zum Liefern eines Sensorsignals, das von der externen Störgröße („temperature“) abhängt; und M8 - einer Einrichtung zum Verarbeiten des Sensorsignals, um das Steuersignal („Bias“) abhängig von dem Sensorsignal so zu beeinflussen, daß der Einfluß der externen Störgröße („temperature“) auf das Ausgangssignal („output voltage“) reduziert ist (Absatz 2.1: „… temperature compensation …“); M9 - wobei die Schaltung ferner einen Speicher (Figur 2-2: „EEPROM Memory“) aufweist, der ausgebildet ist, um Informationen zu speichern (Absatz 1: „… EEPROM memory with redundancy and lock function for the calibration data …“),
M10 die den Einfluß der externen Störgröße („temperature“) auf das Ausgangssignal („output voltage“) wiedergeben (Seite 8, Abschnitt TC and TCSQ: „The adaption is done by programming the TC (Temperature Coefficient) and the TCSQ registers (Quadratic Temperature Coeffident). … As a result, the output voltage characteristic can be fixed over the full temperature range“); M11 - wobei die Schaltung eine integrierte Schaltung auf einem Halbleitersubstrat ist (Figur 2-2 i. V. m. Absatz 2.1: „The HAL 805 is a monolithic integrated circuit …“).
Der Fachmann liest selbstverständlich mit, dass in dem Block „Temperature Dependent Bias“ ein Temperatursensor gemäß Merkmal M7 enthalten ist, da eine Größe, hier der Bias, temperaturspezifisch nur bereitgestellt werden kann, wenn gleichzeitig die jeweilige Temperatur bekannt ist.
Der Auffassung der Einsprechenden ist zuzustimmen, dass die Druckschrift E2 im Block „Temperature Dependent Bias“ auch eine Einrichtung zum Verarbeiten des Sensorsignals („temperature“), um das Steuersignal („Bias“) zu beeinflussen, gemäß Merkmal M8 enthalten muss, da in diesem Block ein temperaturabhängiger Bias erzeugt wird. Dass diese Einrichtung das Steuersignal („Bias“) so beeinflusst, dass der Einfluss der Temperatur auf das Ausgangssignal reduziert ist, liest der Fachmann bei einer Temperaturkompensation selbstverständlich mit.
Die Druckschrift E2 offenbart aber weder, dass die externe Störgröße eine mechanische Verspannung in dem Halbleitersubstrat ist (Merkmal M12), noch, dass die Sensoreinrichtung zum Erfassen der externen Störgröße ein Verspannungssensor zum Erfassen zumindest einer Komponente der mechanischen Verspannung in dem Halbleitermaterial ist (Merkmal M13).
Die Schaltung gemäß geltendem Anspruch 1 ist daher neu gegenüber dem Gegenstand der Druckschrift E2.
8.3 Der übrige Stand der Technik liegt vom Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 noch weiter ab und bedarf daher keiner Erörterung.
9. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 gilt gegenüber dem Stand der Technik als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (§ 4 PatG).
Die Druckschrift E1 offenbart in dem Blockdiagramm des Hall-Sensor-ICs eine „Chopped Hallprobe“ (vgl. Figur 1). Dem Fachmann ist aus seinem Fachwissen bekannt, dass es sich bei einer „Chopped Hallprobe“ um einen Hallsensor mit Orthogonalumschaltung handelt, bei dem die Anschlüsse für den Hallsensor-Versorgungsstrom sowie für die Hallspannungsabgriffe durch eine entsprechende Schaltersteuerung vertauscht werden. Diese bewirkt, dass die Offsetfehler in den beiden orthogonalen Hallspannungen infolge Stress bzw. mechanischer Verspannungen mit einem anderen Vorzeichen auftreten und sich bei der Summierung kompensieren (vgl. zum Beleg des Fachwissens Druckschrift P13, Figuren 1a, 1b i. V. m. den Absätzen 0003, 0004, 0024). Für den Fachmann ergibt sich somit ein Gesamtverständnis dahingehend, dass durch diese Orthogonalumschaltung die dynamische Offset-Unterdrückung „dynamic offset cancellation technique“ der Druckschrift E1 (vgl. Seite 2, Absatz 2) realisiert wird. Der technische Zweck, externe Störgrößen, wie Verspannungen, die beispielsweise nach dem Vergießen des Hallsensors in einem Modul auftreten, zu kompensieren, wird somit in der Druckschrift E1 bereits durch die „Chopped Hallprobe“ vollständig erfüllt.
Auch die Druckschrift E2 offenbart dem Fachmann die Verwendung einer „Switched Hall Plate“ „with choppered offset compensation“ (vgl. Druckschrift E2, Figur 2-2 i. V. m. Seite 3, linke Spalte, 3. Absatz; Seite 5, rechte Spalte 3. Absatz).
Eine Abkehr von diesem in den Druckschriften E1 und E2 offenbarten Konzept der „Chopped Hallprobe“ wird der Fachmann nicht ohne einen Anlass oder von sich aus in Betracht ziehen. Denn um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungswegs nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es – abgesehen von den Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – in der Regel jedoch zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH, Urteil vom 30. April 2009 – Xa ZR 92/05, GRUR 2009, 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).
Die Patentabteilung führt in ihrer Beschlussbegründung aus, dass in der Druckschrift E1 keine weiteren Angaben zu finden seien, wie genau die Kompensation mechanischer Effekte umzusetzen sei. Diese Argumentation beruht auf einem unvollständigen Verständnis der Druckschrift E1 und kann daher nicht gefolgt werden. Da in der Druckschrift E1 nur weitere Angaben dazu fehlen, wie die „Chopped Hallprobe“ im Detail weiter ausgeführt werden soll, wird sich der Fachmann zur weiteren konkreten Realisierung im Stand der Technik informieren und wird dabei auf die Druckschrift P13 stoßen, welche eine detaillierte Ausführung eines „chopped“ Hallsensors beschreibt (vgl. Druckschrift P13, a. a. O.). Dort ist überdies auch offenbart, dass bereits die Orthogonalumschaltung mechanische Effekte infolge von Stress kompensiert (vgl. Absatz 0024). Somit kann der Fachmann bereits der Druckschrift E1 i. V. m. der Druckschrift P13 alle Angaben entnehmen, wie der Aufbau der Hallsensorschaltung und folglich die Kompensation mechanischer Verspannungen im Detail zu realisieren sind. Entsprechend würde der Fachmann auch ausgehend von der Druckschrift E2 vorgehen. Da die Kompensation somit bereits durch die Orthogonalumschaltung des Hallsensors erfolgt, fehlt es neben dem technischen Problem auch an einem Anlass, einen zusätzlichen Verspannungssensor, entsprechend Merkmal M13, einzusetzen.
Die Einsprechende führte in der mündlichen Verhandlung aus, dass die in den Druckschriften E1 bzw. E2 offenbarten mechanischen Verspannungen nur eliminiert werden könnten, wenn diese gemessen würden. Eine Kompensation ohne zusätzlichen Verspannungssensor sei nicht möglich. Aus der Druckschrift B5 sei dem Fachmann bekannt, dass Dehnmessstreifen zur Messung einer Verformung eingesetzt werden. Da die Hall-Sensoren jeweils ein Interface aufweisen würden, könne der Fachmann an diesen einen entsprechenden Sensor anschließen.
Der Argumentation der Einsprechenden, dass die Störgröße erfasst werden müsse, ist zwar grundsätzlich zuzustimmen. Diese Erfassung erfolgt nach Überzeugung des Senats jedoch sowohl in der Druckschrift E1 als auch in der Druckschrift E2 bereits durch den Hallsensor mit Orthogonalumschaltung („Chopped Hallprobe“ bzw. „Switched Hall Plate“). Sollte sich darüber hinaus dem Fachmann die Aufgabe stellen, für eine kontinuierliche Weiterentwicklung den stressbedingten Fehler als Signal explizit messen und weiterverarbeiten zu müssen, wird er dieses Signal mittels des bereits vorhandenen Hallsensors und gemäß dem in den Figuren 2a und 2b der Druckschrift P13 offenbarten Verfahren ermitteln (vgl. Druckschrift P13, Fig. 2a, 2 b i. V. m. Absatz 0025). Da die Aufgabe einer Unterdrückung störender mechanischer Effekte somit bereits befriedigend gelöst war, vermögen daher weder die Druckschrift E1, noch die Druckschrift E2 den Fachmann dazu anzuregen, einen zusätzlichen Verspannungssensor, gemäß Merkmal M13, einzusetzen.
Ferner ist der Fachmann bei der Entwicklung integrierter Schaltungen immer bestrebt, auf zusätzliche Komponenten zu verzichten, um die Schaltung und damit die Abmessungen des Gehäuses möglichst klein zu halten (vgl. Druckschrift E1, Seite 1: „slim package“, sowie Druckschrift E2, Seite 3: „very small leaded package“). Auch aus diesem Grunde würde der Fachmann zur Überzeugung des Senats keinen zusätzlichen Verspannungssensor mit zusätzlichem Platzbedarf zur nochmaligen Messung der bereits durch den Hallsensor mit Orthogonalumschaltung ermittelten mechanischen Verspannung einsetzen.
Somit gelangte der Fachmann weder durch die Druckschriften E1 oder E2, noch in Verbindung mit den übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften in naheliegender Weise zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1.
10. Hinsichtlich des nebengeordneten Anspruchs 12 gelten die vorstehenden Überlegungen sinngemäß.
Der Gegenstand des Anspruchs 12 gilt somit gegenüber dem Stand der Technik als neu (§ 3 PatG) und als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (§ 4 PatG).
10.1 Die Unteransprüche und übrigen Unterlagen erfüllen ebenso die an sie zu stellenden Anforderungen.
11. Das Patent war daher unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses im beantragten beschränkten Umfang aufrecht zu erhalten (§ 21 Abs. 2 PatG).
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu, wenn der Beschwerdesenat sie in dem Beschluss zugelassen hat (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Hat der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. 3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt. 4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. 5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind. 6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/ BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
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