2 Ni 43/13 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 43/13 (EP) (Aktenzeichen)
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
9. Juli 2015 …
In der Patentnichtigkeitssache …
BPatG 253 08.05
-2…
betreffend das europäische Patent 1 274 288 (DE 501 05 542)
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Guth, die Richter Dipl.-Phys. Brandt, Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Friedrich und Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Zebisch sowie die Richterin Dr. Hoppe in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2015 für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 274 288 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Ansprüche folgende Fassung erhalten: „1. Leiterbahnstrukturen auf einem nichtleitenden Trägermaterial aus thermoplastischem oder duroplastischem Kunststoff, die aus Schwermetallkeimen und einer nachfolgend auf diese aufgebrachten Metallisierung bestehen, wobei die Schwermetallkeime mittels elektromagnetischer Strahlung eines Lasers durch Aufbrechen von feinstverteilt in dem Trägermaterial enthaltenen nichtleitenden Metallverbindungen entstanden sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Schwermetallkeime aus elementarem Metall bestehen und dass die nichtleitenden Metallverbindungen von thermisch hochstabilen, in wässrigen sauren oder alkalischen Metallisierungsbädern beständigen und nicht löslichen anorganischen Metallverbindungen gebildet sind, die in den Bereichen im Umfeld der Leiterbahnstrukturen unverändert auf dem Trägermaterial verblieben sind.
2. Verfahren zur Herstellung der Leiterbahnstrukturen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine thermisch hochstabile, in wässrigen sauren oder alkalischen Metallisierungsbädern beständige und nicht lösliche anorganische Metallverbindung in das Trägermaterial aus thermoplastischem oder duroplastischem Kunststoff eingemischt wird, dass das Trägermaterial zu Bauteilen verarbeitet oder auf Bauteile als Beschichtung aufgetragen wird und dass im Bereich der zu erzeugenden Leiterbahnstrukturen mittels einer elektromagnetischen Strahlung eines Lasers Schwermetallkeime bestehend aus elementarem Schwermetall freigesetzt und diese Bereiche dann chemisch reduktiv metallisiert werden.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass mittels der elektromagnetischen Strahlung gleichzeitig die Schwermetallkeime freigesetzt werden und ein Abtrag unter Ausbildung einer haftvermittelnden Oberfläche erfolgt.
4. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die anorganischen Metallverbindungen von Metallen der d- und f-Gruppe des Periodischen Systems mit Nichtmetallen gebildet sind.
5. Verfahren nach den Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die anorganischen Metallverbindungen Metalloxide sind.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Metalloxide Monoxide der d-Metalle des Periodischen Systems sind.
7. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Metalloxide höhere Oxide sind.
8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die höheren Oxide Spinelle sind.
9. Verfahren nach zumindest einem der Ansprüche 2 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die anorganischen Metallverbindungen Kupfer enthalten.
10. Verfahren nach zumindest einem der Ansprüche 2 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass das nichtleitende Trägermaterial neben wenigstens einer anorganischen Metallverbindung wenigstens einen organischen thermisch stabilen Metallchelatkomplex enthält.
11. Verfahren nach zumindest einem der Ansprüche 2 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass das nichtleitende Trägermaterial einen oder mehrere anorganische Füllstoffe enthält.
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass das nichtleitende Trägermaterial als Füllstoff Kieselsäure und/oder Kieselsäurederivate enthält.
13. Verfahren nach zumindest einem der Ansprüche 2 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass elektromagnetische Strahlung eines Lasers mit einer Wellenlänge von 248 nm, 308 nm, 355 nm, 532 nm, 1064 nm oder 10600 nm eingesetzt wird.“
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 1/3 sowie die Klägerin und die Nebenintervenientin je zu 1/3 zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung des europäischen Patents 1 274 288. Die Beklagte ist Inhaberin dieses am 19. Dezember 2001 angemeldeten Patents, für das die Priorität der deutschen Patentanmeldung 10132092 vom 5. Juli 2001 in Anspruch genommen wird. Das in der Verfahrenssprache Deutsch abgefasste Patent mit der Bezeichnung „Leiterbahnstrukturen und Verfahren zu ihrer Herstellung“ wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 501 05 542 geführt.
Das Streitpatent umfasst die selbständigen Ansprüche 1 und 2 sowie die auf den Anspruch 2 rückbezogenen Ansprüche 3 bis 15.
Anspruch 1 und 2 des erteilten Streitpatents lauten in der deutschen Verfahrenssprache:
Anspruch 1:
Leiterbahnstrukturen auf einem nichtleitenden Trägermaterial, die aus Metallkeimen und einer nachfolgend auf diese aufgebrachten Metallisierung bestehen, wobei die Metallkeime durch Aufbrechen von feinstverteilt in dem Trägermaterial enthaltenen nichtleitenden Metallverbindungen entstanden sind, dadurch gekennzeichnet,
dass die nichtleitenden Metallverbindungen von thermisch hochstabilen, in wässrigen sauren oder alkalischen Metallisierungsbädern beständigen und nicht löslichen anorganischen Metallverbindungen gebildet sind, die den Bereichen im Umfeld der Leiterbahnstrukturen unverändert auf dem Trägermaterial verblieben sind. Anspruch 2:
Verfahren zur Herstellung der Leiterbahnstrukturen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
dass eine thermisch hochstabile, in wässrigen sauren oder alkalischen Metallisierungsbädern beständige und nicht lösliche anorganische Metallverbindung in das Trägermaterial eingemischt wird, dass das Trägermaterial zu Bauteilen verarbeitet oder auf Bauteile als Beschichtung aufgetragen wird und dass im Bereich der zu erzeugenden Leiterbahnstrukturen mittels einer elektromagnetischen Strahlung Schwermetallkeime freigesetzt und diese Bereiche dann chemisch reduktiv metallisiert werden.
Diesem Anspruch schließen sich die rückbezogenen Ansprüche 3 bis 15 an. Hinsichtlich des Wortlauts dieser weiteren Patentansprüche wird auf die Patentschrift EP 1 274 288 B1 verwiesen.
Die selbständigen Ansprüche 1 und 2 nach dem geltenden Hilfsantrag 1 (die hinsichtlich des Hauptantrags zusätzlichen Merkmale sind unterstrichen) haben folgenden Wortlaut:
Diesem Anspruch schließen sich die rückbezogenen Ansprüche 3 bis 15 an. Hinsichtlich des Wortlauts dieser weiteren Patentansprüche wird auf den Hilfsantrag 1 vom 1. Juli 2015, eingereicht mit Schriftsatz vom gleichen Tag verwiesen.
Wegen des Wortlauts der weiteren von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträge 2, 3 und 4 wird auf die mit Schriftsatz vom 1. Juli 2015 eingereichten Hilfsanträge Bezug genommen. Wegen des Wortlauts der der weiter eingereichten Hilfsanträge 1a, 2a, 3a und 4a, mit denen sich die Beklagte auf Verfahrensansprüche beschränkt hat, wird auf die in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2015 eingereichten Hilfsanträge verwiesen.
Die Klägerin greift das Streitpatent in vollem Umfang an und macht die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Ausführbarkeit und der fehlenden Patentfähigkeit geltend. Zudem meint sie, dass es sowohl dem erteilten Patent als auch den eingereichten Hilfsanträgen an einer deutlichen und vollständigen Offenbarung der streitpatentgemäßen Lehre fehle.
Zur Stützung ihres Vorbringens nennt sie u. a. folgende Druckschriften und Stellungnahmen:
D1 D1a D2 D3 NK7 NK9 DE 695 00 550 T2 (Deutsche Übersetzung der D1a) EP 0 693 138 B1 US 4 159 414 G. Naundorf, H. Wißbrock, A fundamentally new mechanism for additive metallization of polymeric substrates in ultra fine line technology illustrated for 3D-MIDs, Galvanotechnik Nr. 9 Band 91 (2000), S. 2449 – 2451 pdf-Dokument der Erteilungsakte des US-Patents 7 060 421 (Familienmitglied des Streitpatents) seitens der Beklagten beauftragte, im Verletzungsverfahren vorgelegte Stellungnahme von Prof. Dr. Heinz Kück, „Gutachten zu Bauteilen aus Mobiltelefonen“
NK13 seitens der Klägerin beauftragte Stellungnahme von Herrn Lucien D. Laude, „Expert report on the Use of Spinels fort he Method of Prior Art D1“
NK16 Anlagenkonvolut umfassend die in NK13 angeführten Referenzen 16 bis 22 NK17 seitens der Klägerin beauftragte Stellungnahme von Prof. Dr. Christiane Ziegler, „Stellungnahme zum Prüfbericht P5636-K0840 der Fa. Nanoanalytics“
NK18 seitens der Klägerin beauftragte Stellungnahme von Ernest Siriois, „Opinion on the Presence of metallic Chromium“
Die Klägerin meint, dass das Streitpatent die Erfindung hinsichtlich des Merkmals der Ausbildung von Metallkeimen durch Laserbestrahlung nicht so ausführlich offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne. In dem Streitpatent werde insbesondere kein nacharbeitbares Beispiel genannt, das zur Ausbildung elementarer Metallkeime führe. Die Ausbildung von Metallkeimen durch Laserbestrahlung setze Füllstoffe im Trägermaterial voraus, die nicht benannt würden. Ebenso fehle es an der Benennung weiterer, für die Ausführbarkeit notwendiger Parameter, wie insbesondere der Spezifizierung der Laser-Parameter, der Metallverbindungen und einer Anweisung zur Entfernung der Laserdebris. Des Weiteren seien die Begriffe „thermisch hochstabil“, „Metallkeim“ und „Schwermetallkeim“ unklar. Der Gegenstand des erteilten Patents sei zudem gegenüber der D1, die auch Leiterbahnen betreffe, und gegenüber deren Familienmitglied D1b, das in Anspruch 7 sogar ein Spinell Fe3O4 offenbare, nicht neu. Dies gelte jedenfalls, wenn man den Begriff „Metallkeim“ dahingehend auslege, dass darunter nicht nur elementare Metallkeime, sondern auch als Metallkeim fungierende Metalloxide fallen könnten. Im Übrigen werde der Gegenstand des erteilten Patents dem Fachmann jedenfalls durch die Druckschrift D2 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen oder durch eine Kombination der Druckschrift D1 mit D2 oder D3 oder der D2 mit D3 nahegelegt. Insbesondere unterscheide sich das Erzeugnis der D1 nicht von dem durch Patentanspruch 1 des erteilten Patents erzielbaren Erzeugnis. Das von der Beklagten in diesem Zusammenhang vorgelegte Privatgutachten B5 werde durch die von der Klägerin eingeholte Stellungnahme von Prof. Dr. Christiane Ziegler
(NK17) widerlegt. Auch die Gegenstände möglicher Hilfsanträge seien nicht patentfähig. Im Hinblick auf die Hilfsanträge sei zu berücksichtigen, dass die in der D1 genannte Energiedichte des Laserstrahls gesteigert werden könne. Im Übrigen würden die als Metallkeime dienenden Kupferspinelle routinemäßig als Farbpigmente in elektrischen Anwendungen verwendet. Komme es durch die Verwendung eines Kupferspinells zur Entstehung elementarer Metallkeime, so handele es sich dabei um einen Bonus-Effekt, der aber nicht geeignet sei, eine Patentfähigkeit zu begründen.
Die Nebenintervenientin ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 8. April 2015 auf Seiten der Klägerin beigetreten. Sie hat die Klägerin in der Vergangenheit mit Mobiltelefonen beliefert, bei denen nach Auffassung der Beklagten vom Gegenstand des Streitpatents Gebrauch gemacht wird.
Die Nebenintervenientin schließt sich den Ausführungen der Klägerin im Wesentlichen an. Sie stützt ihr Vorbringen ergänzend u. a. auf folgende Stellungnahmen und Druckschriften:
D1b US 5 599 592 A E1 K. S. DE J. Ghose und K. S. R. C. Murthy, Electrical Properties of the CuCrO2C4 Spinel Catalyst, Journal of Solid State Chemistry 43, 261-266 (1982) E2 S. Boumaza, R. Bouarab, M. Trari und A. Bouguelia, Hydrogen photo-evolution over the spinel CuCrO2C4, Energy Conversion and Management 50 (2009) 62-68 E3 Yanshuai Zhao, Wei Zhou, Conductivity measurement of PK3095 Powder at 20°C E4 S. Roy und J. Ghose, Syntheses and studies on some copper chromite spinel oxide Composites, Materials Research Bulletin, Bd. 34, Nr. 7, S. 1179-1186, 1999 E5 S. L. Kakani, Amit Kakani, Material Science, 2004, S. 434 E7 seitens der Nebenintervenientin beauftragte Stellungnahme des Herrn Ph.D, Associate Professor Qian-ming Gong, „Test Report
- About the Surface Morphology and Phase Transformation of Composite Polycarbonate sheet Pre- and After Treatment“ E9 DE 197 31 346 A1 E10 DE 35 37 161 C2 E11 EP 0 311 274 A2 E12 G. Eßer et al., Laser assisted techniques for patterning of conductive tracks on molded interconnect devices, Februar 1998, S. 225-233 E13 G.A. Shafeev, Laser Activation and Metallisation of Oxide Ceramics, Advanced Materials for Optics and Electronics, Bd. 2, 183-189 (1993)
Die Nebenintervenientin macht geltend, die Lehre des Streitpatents sei nicht ausführbar. Insoweit fehle es auch an einem nacharbeitbaren Ausführungsbeispiel, weil das in dem einzigen Ausführungsbeispiel als angeblich nichtleitende Metallverbindung verwendete Kupferspinell tatsächlich die Eigenschaften eines Halbleiters habe und daher nicht unter den Wortlaut der Patentansprüche falle, die nichtleitende Metallverbindungen voraussetzten. Im Hinblick auf die D1 sei das Streitpatent zudem nicht neu, zumal die D1b auch ein Kupferspinell offenbare. Jedenfalls aber sei die Lehre des Patents ausgehend von der D1 in Verbindung mit der E9 und/oder der E10 oder E11 nahegelegt.
Die Klägerin und die Nebenintervenientin stellen den Antrag,
das europäische Patent 1 274 288 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte erklärt, dass sie die Ansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen jeweils als geschlossene Anspruchssätze betrachtet und beantragt,
die Klage abzuweisen; hilfsweise,
das Streitpatent dadurch teilweise für nichtig zu erklären, dass seine Ansprüche die Fassung erhalten des Hilfsantrags 1 gemäß Schriftsatz vom 1. Juli 2015, hilfsweise des Hilfsantrags 1a vom 9. Juli 2015, hilfsweise des Hilfsantrags 2 gemäß Schriftsatz vom 1. Juli 2015, hilfsweise des Hilfsantrags 2 a vom 9. Juli 2015, hilfsweise des Hilfsantrags 3 gemäß Schriftsatz vom 1. Juli 2015, hilfsweise des Hilfsantrags 3a vom 9. Juli 2015, hilfsweise des Hilfsantrags 4 gemäß Schriftsatz vom 1. Juli 2015, hilfsweise des Hilfsantrags 4a vom 9. Juli 2015.
Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin und der Nebenintervenientin entgegen und verteidigt das Streitpatent in vollem Umfang und hilfsweise beschränkt mit acht Hilfsanträgen. Sie meint, das Patent sei ausführbar und sein Gegenstand patentfähig. Die notwendigen Parameter zur Nacharbeitung der patentgemäßen Lehre seien dem Fachmann geläufig und würden sich im Übrigen aus dem in der Beschreibung dargelegten Ausführungsbeispiel ergeben. Der Begriff „Metallkeim“ sei entsprechend dem Stand der Technik dahingehend auszulegen, dass der Keim aus elementarem Metall bestehe. Auch das Streitpatent differenziere zwischen „Metallisierungskeimen“ einerseits und „Metallkeimen“ andererseits. Die von der Beklagten durchgeführten Tests hätten ergeben, dass bei Ausführung der patentgemäßen Lehre elementare Metallkeime entstünden. Vor diesem Hintergrund seien die Entgegenhaltungen nicht patentschädlich, denn die D1 und die D1b offenbarten bereits keine Metallkeime, sondern lediglich eine Metallschicht, die auf Oberflächendefekten von in Kunststoffen eingearbeiteten Metalloxiden und damit auf „Metallisierungskeimen“ aufwachse. Entgegen der Auffassung der Klägerin lege es die D1 auch nicht nahe, die Energiedichte des Lasers zu steigern. Vielmehr bedinge das in der D1 beschriebene Prinzip der Fixierung von Metallionen auf den Oberflächendefekten der Metallverbindung den Erhalt der Oxidkörner und damit des Metalloxids. Eine weitere Erhöhung der Energiedichte, die zu einer Reduktion des Metalloxids in elementares Metall führen würde, werde dem Fachmann daher gerade nicht nahegelegt. Dieser werde die Laserintensität vielmehr so wählen, dass nur Defekte entstehen und es zu keiner Zerstörung der Oxidverbindung komme. Insoweit beinhalte die Lehre der D1 für den Fachmann die Aussage, eine je nach verwendetem Metalloxid unterschiedliche Höchstgrenze für die Energiedichte einzuhalten, die der Fachmann beachten werde. Demzufolge würden sich auch die in Ausführung der Lehre der D1 hergestellten Produkte von den Erzeugnissen des Streitpatents unterscheiden, da die anschließende chemisch reduktive Metallisierung dort auf Metalloxide, nicht aber auf elementares Metall aufgebracht werde. Die D1 beziehe sich zudem auch nicht auf Leiterbahnen. Im Übrigen habe es für den Fachmann auch nicht nahegelegen, zur Herstellung von Leiterbahnen das Kunststoffen ggf. als Farbpigment beigemengte Kupferspinell auszunutzen, da dieses unter Laserbestrahlung seine Farbwirkung verliere. Die D2 offenbare keine Metallisierung auf Metallkeimen, weil dort die Leiterbahn bereits durch die Laserbestrahlung selbst entstehe. Die D3 offenbare keine anorganischen Metallverbindungen, sondern beschäftige sich allein mit organischen Metallchelatkomplexen, die das Streitpatent gerade ablehne. Die Lehre der Entgegenhaltung E11 sei unverständlich.
Ihr Vorbringen belegt die Beklagte u. a. mit folgenden Dokumenten und Stellungnahmen:
B3 G. Nicolas et al., Laser induced surface modifications on ZrO2 ceramics, Applied Surface Science 109/110 (1997), S. 289-292 B5 von der Beklagten beauftragter Prüfbericht der Firma nanoAnalytics betreffend die Analyse eines Polymerbauteils im Bereich einer Laserbeschriftung bzgl. metallischer Bestandteile B12 von der Beklagten beauftragte Stellungnahme von Dr. Wagener und Prof. Dr. Barcikowski, Gutachten über die Reduktion von ionischen Kupfer-Verbindungen mittels Laser B13 von der Beklagten beauftragte XPS-Analysen der Firma VOM bezüglich eines mit CuCrO2C4 homogen versetzten Kunststoffs nach partieller Laserbestrahlung des Materials B14 von der Beklagten beauftragte XPS-Analysen der Firma nanoAnalytics betreffend die Analyse eines Polymerbauteils im Bereich einer Laserbearbeitung Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Auch die Nebenintervention ist zulässig, da für die Nebenintervenientin als Zulieferin der aus dem Streitpatent verklagten Abnehmerin ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Klägerin besteht (§ 66 Abs. 1 ZPO).
Die Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Ausführbarkeit (Art. 138 Abs. 1 Buchst. b), 83 EPÜ i. V. m. Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG) und der fehlenden Patentfähigkeit (Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 und Artikel 56 EPÜ, Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG) geltend gemacht werden, ist zulässig. Die Klage ist insoweit begründet, als das Streitpatent für nichtig zu erklären ist, soweit es über die von der Beklagten mit Hilfsantrag 1 beschränkt verteidigte Fassung hinausgeht, denn der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung, die mit dem Hauptantrag verteidigt wird, ist zwar ausführbar aber nicht patentfähig. Die weitergehende Klage ist hingegen unbegründet, denn in der Fassung nach Hilfsantrag 1 hat das Patent Bestand.
I.
1. Das Streitpatent betrifft Leiterbahnstrukturen auf einem nichtleitenden Trägermaterial, die aus Metallkeimen und einer nachfolgend auf diese aufgebrachten Metallisierung bestehen, wobei die Metallkeime durch Aufbrechen von feinstverteilt in dem Trägermaterial enthaltenen nichtleitenden Metallverbindungen entstanden sind, sowie ein Verfahren zu deren Herstellung.
Nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung sind derartige Leiterbahnstrukturen und zugehörige Herstellungsverfahren aus den Patentanmeldungen DE 197 23 734 A1 und DE 197 31 346 A1 sowie durch den Sonderdruck „Feinstrukturierte Metallisierung von Polymeren“ aus Heft Nr. 11, 54. Jahrgang (2000) der Fachzeitschrift „metalloberfläche“ bekannt. Dabei werden zur Herstellung feiner, festhaftender Leiterbahnstrukturen in ein nichtleitendes Trägermaterial nichtleitende Metallchelatkomplexe eingebracht und von diesen mittels Laserstrahlung strukturiert Metallisierungskeime abgespalten, die in den bestrahlten Teilflächen eine nachfolgende chemisch reduktive Metallisierung initiieren. Derartige Verfahren sind u. a. für die Herstellung von Schaltungsträgern aus thermoplastischen Kunststoffen mittels eines Spritzgussverfahrens einsetzbar. Gegenüber alternativen Verfahren zur Herstellung von dreidimensionalen Spritzguss-Schaltungsträgern, sogenannten „Moulded Interconnect Devices“, weisen diese Verfahren den Vorteil auf, dass die Werkzeugkosten vergleichsweise niedrig gehalten werden können. Außerdem kann die Zahl der erforderlichen Prozessschritte verringert werden, da der unzersetzte Metallchelatkomplex in den nicht bestrahlten Bereichen auf der Oberfläche des Schaltungsträgers verbleiben kann. Es ist so eine sehr wirtschaftliche Herstellung auch mittelgroßer Stückzahlen möglich, wobei eine besonders feine Auflösung des Strukturbildes erreicht werden kann.
Nachteilig ist jedoch, dass die thermische Stabilität der beschriebenen Metallchelatkomplexe bei den Verarbeitungstemperaturen moderner HochtemperaturKunststoffe nicht gewährleistet werden kann. Deshalb ist das Verfahren auf den im Zusammenhang mit der bleifreien Löttechnik wichtigen Bereich der Hochtemperatur-Kunststoffe nur beschränkt anwendbar. Zudem müssen die Metallchelat- komplexe in vergleichsweise hoher Dosierung zugesetzt werden, um bei Laseraktivierung eine hinreichend dichte Bekeimung für eine schnelle Metallisierung zu erhalten. Der hohe Komplexanteil beeinträchtigt aber häufig wichtige Gebrauchseigenschaften des Trägermaterials, wie beispielsweise die Bruchdehnung und die Schlagzähigkeit.
Im weiteren Teil der Beschreibung verweist das Streitpatent auch auf den Tätigkeitsbericht 1999 des LFT der Universität Erlangen-Nürnberg, in dem ein Verfahren beschrieben ist, bei dem durch Laserstrahlung freizusetzende Metallisierungskeime nicht wie oben beschrieben chemisch eingebunden, sondern physikalisch, durch Verkapselung von Metallpartikeln, passiviert werden. Da jedoch die verkapselten Partikel erheblich grösser sind als die Moleküle eines typischen Metallchelatkomplexes, führe der Zielkonflikt „geringe Beimengung im Kunststoff - hohe Keimdichte nach Laserbestrahlung“ hier zu erheblich grösseren Problemen als bei der Bekeimung über laserspaltbare Metallchelatkomplexe, vgl. Streitpatentschrift NK3, Abs. [0001] bis [0005].
Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, einfach und sicher herzustellende Leiterbahnstrukturen auf Schaltungsträgern zur Verfügung zu stellen, die einen vergleichsweise geringen Anteil keimbildender Zusätze enthalten und zudem auch bei Löttemperaturen stabil sind und ferner ein einfaches und sicheres Verfahren zur Herstellung von Leiterbahnstrukturen zu schaffen, wobei ein Compoundieren bzw. Spritzgiessen auch von Hochtemperatur-Kunststoffen möglich sein soll, vgl. Streitpatentschrift NK3, Abs. [0006].
Gelöst wird diese Aufgabe durch den Gegenstand bzw. das Verfahren der erteilten Patentansprüche 1 und 2. Dabei umfasst der erteilte Vorrichtungsanspruch 1 die folgenden gegenständlichen Merkmale:
1. Leiterbahnstrukturen auf einem nichtleitenden Trägermaterial, die 1.1 aus Metallkeimen und
1.2 einer Metallisierung auf diesen Metallkeimen bestehen. 2. In den Bereichen im Umfeld der Leiterbahnstrukturen sind auf dem Trägermaterial Metallverbindungen feinstverteilt vorhanden. 3. Die Metallverbindungen sind 3.1 nicht leitend 3.2 thermisch hochstabil 3.3 in wässrigen sauren oder alkalischen Metallisierungsbä- dern beständig und nicht löslich 3.4 anorganisch 3.5 aufbrechbar mit der Folge der Entstehung von Metallkeimen Darüber hinaus sind die Leiterbahnstrukturen des erteilten Anspruchs 1 auch durch den folgenden Herstellungsschritt charakterisiert:
4. Die Metallkeime sind durch Aufbrechen der feinstverteilt in dem Trägermaterial enthaltenen Metallverbindungen entstanden, wobei die Metallverbindungen in den Bereichen im Umfeld der Leiterbahnen unverändert geblieben sind.
2. Als Fachmann ist vorliegend ein berufserfahrener Entwicklungsingenieur mit Hochschulabschluss in der Mikrosystemtechnik und Grundkenntnissen in der Chemie sowie vertieften Kenntnissen auf den Gebieten der Verfahrenstechnik und Werkstoffkunde, insbesondere der Laserbearbeitungs- und Kunststofftechnik, zu definieren, der mit der Entwicklung von Verfahren zur Metallisierung von Kunststoffoberflächen betraut ist.
3. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 zeichnet sich dadurch aus, dass sich auf einem nichtleitenden Trägermaterial Leiterbahnstrukturen befinden, die aus Metallkeimen und einer auf diese aufgebrachten Metallisierung bestehen, wobei die Metallkeime durch Aufbrechen von nichtleitenden, in dem Trägermaterial feinstverteilten Metallverbindungen entstanden sind. Diese nichtleitenden Metall- verbindungen werden von thermisch hochstabilen, in wässrigen sauren oder alkalischen Metallisierungsbädern beständigen und nicht löslichen Metallverbindungen gebildet, die in den Bereichen im Umfeld der Leiterbahnstrukturen unverändert verblieben sind.
Das Verfahren des Anspruchs 2 präzisiert das zugehörige Herstellungsverfahren dahingehend, dass die Metallkeime Schwermetallkeime sind, das Aufbrechen mittels elektromagnetischer Strahlung erfolgt und die Metallisierung chemisch reduktiv aufgebracht wird.
Indem die elektrisch nichtleitenden Metallverbindungen von thermisch hochstabilen, in wässrigen sauren oder alkalischen Metallisierungsbädern beständigen und nicht löslichen anorganischen Metallverbindungen gebildet sind, wird erreicht, dass diese auch im Umfeld der Leiterbahnstrukturen unverändert auf der Oberfläche des Trägermaterials verbleiben können, da sie in den für die Metallisierung eingesetzten Bädern und auch nach Einwirkung der Löttemperaturen stabil bleiben und nicht etwa elektrisch leitend werden, vgl. Streitpatentschrift NK3, Abs. [0008].
Als Beispiele für die Metallverbindungen des Anspruchs 1 nennt das Streitpatent in Abs. [0011] bzw. Anspruch 6 Metalloxide, insbesondere Monoxide der d-Metalle, d. h. der Übergangsmetalle.
Das Merkmal „Metallkeime“ des Anspruchs 1 ist erklärungsbedürftig. Entgegen der Auffassung der Beklagten finden sich im Streitpatent und im Stand der Technik keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Fachmann unter „Metallkeimen“ stets nur elementares Metall als Keime und unter „Metallisierungskeimen“ Metallverbindungen als Keime versteht. Die Begriffe werden insbesondere auch im Streitpatent selber nicht einheitlich verwendet. So verweist das Streitpatent im Rahmen der Darlegung des Stands der Technik in Absatz [0002] auf die Druckschrift E9 und bezeichnet die dort verwendeten Schwermetallkeime als Metallisierungskeime, die in Übereinstimmung mit der in Absatz [0022] anhand des Ausführungsbeispiels erläuterten Verwendung von Metallisierungsbädern eine nachfol- gende chemisch reduktive Metallisierung initiieren. Somit versteht der Fachmann unter dem Begriff „Metallkeime“ allgemein Metallisierungskeime, die die nachfolgende Metallisierung initiieren. Diese Keime können aus elementarem Metall, wie in Abs. [0023] des Streitpatents erläutert, aber auch aus Metall enthaltenden Verbindungen oder anderen Strukturen bestehen, denn ausschlaggebend ist lediglich, dass sie als Keime für das spätere Metallwachstum dienen. Andererseits beschränken jedoch obige Merkmale 1 und 4, wonach die Metallkeime Bestandteil der Leiterbahnstrukturen sind und zudem durch Aufbrechen von Metallverbindungen entstanden sind, das Merkmal Metallkeime wieder dahingehend, dass sie aus Metall oder Metall enthaltenden Verbindungen bestehen und als Keime für das spätere Metallwachstum dienen.
In Anspruch 2 werden diese Metallkeime dann als Schwermetallkeime präzisiert, so dass sie aus Schwermetall oder Schwermetall enthaltenden Verbindungen bestehen. Dabei werden als Schwermetalle üblicherweise Metalle mit einer Dichte größer 5 g/cm³ bezeichnet, d. h. die relevanten Übergangsmetalle (Ordnungszahlen 21 bis 30, 39 bis 48, 57 bis 80) sind Schwermetalle.
Das Merkmal „thermisch hochstabil“ wird im Streitpatent insofern erläutert, als in den Absätzen [0004] und [0015] auf die Verarbeitungstemperatur von Hochtemperatur-Kunststoffen wie LCP (Liquid Crystal Polymer) verwiesen wird, die im Bereich von 320°C und mehr liegt.
Das Merkmal, wonach die Metallverbindungen aufbrechbar sind mit der Folge der Entstehung von Metallkeimen bzw. wonach die Metallkeime durch Aufbrechen der Metallverbindungen entstanden sind, ist angesichts der breiten Formulierung so zu verstehen, dass ganz allgemein Bindungen der Metallverbindungen aufbrechbar sind bzw. aufgebrochen werden und daraus obige Metallkeime entstehen.
Die Lösung der Aufgabe gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 präzisiert die Leiterbahnstrukturen des erteilten Anspruchs 1 dahingehend, dass
(a) das Trägermaterial aus thermoplastischem oder duroplastischem Kunststoff besteht,
(b) die Metallkeime aus elementarem Metall bestehende Schwermetallkeime sind, und
(c) das Aufbrechen der Metallverbindungen mittels elektromagnetischer Strahlung eines Lasers erfolgt.
Daraus ergeben sich folgende gegenständliche Merkmale der Leiterbahnstrukturen (Änderungen zum erteilten Anspruch 1 sind hervorgehoben):
1. Leiterbahnstrukturen auf einem nichtleitenden Trägermaterial aus thermoplastischem oder duroplastischem Kunststoff, die 1.1 aus Metallkeimen aus elementarem Schwermetall und 1.2 einer Metallisierung auf diesen Metallkeimen bestehen.
2. In den Bereichen im Umfeld der Leiterbahnstrukturen sind auf dem Trägermaterial Metallverbindungen feinstverteilt vorhanden.
3. Die Metallverbindungen sind 3.1 nicht leitend 3.2 thermisch hochstabil 3.3 in wässrigen sauren oder alkalischen Metallisierungsbädern beständig und nicht löslich 3.4 anorganisch 3.5 durch elektromagnetische Strahlung eines Lasers aufbrechbar mit der Folge der Entstehung von Metallkeimen aus elementarem Schwermetall,
wobei die Leiterbahnstrukturen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 auch durch den folgenden Herstellungsschritt charakterisiert sind:
4. Die Metallkeime sind durch Aufbrechen der feinstverteilt in dem Trägermaterial enthaltenen Metallverbindungen mittels elekt- romagnetischer Strahlung eines Lasers entstanden, wobei die Metallverbindungen in den Bereichen im Umfeld der Leiterbahnen unverändert geblieben sind.
4. Das Streitpatent offenbart den Patentgegenstand so ausführlich, dass der Fachmann ihn ausführen kann (Art. 138 I b, 83 EPÜ i. V. m. Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG). Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung ist gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs auf Grund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- und Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (BGH GRUR 2010, 901, 903 – polymerisierbare Zementmischung). Vor diesem Hintergrund ist der Patentgegenstand ausführbar, denn zum einen wird in Abs. [0023] der Patentschrift beschrieben, dass die Laserstrahlung bspw. Metalloxid zu Metall reduziert und dieses dann als Metallkeim wirkt, und zum anderen ist in den Abs. [0021] und [0022] neben der Art des Lasers und der zu wählenden Laserwellenlängen auch ein kupferhaltiges Spinell als bevorzugte Metallverbindung genannt, so dass der Fachmann durch entsprechende einfache Versuche die nötige Laserintensität bestimmt, ohne dass er dazu erfinderisch tätig werden muss. Zudem gibt das Streitpatent in Abs. [0013] auch den zusätzlichen Hinweis, dem Trägermaterial ggf. einen organischen, thermisch stabilen Metallchelatkomplex beizufügen, wobei der Fachmann auch den in der Streitpatentschrift angeführten Entgegenhaltungen (vgl. die Dokumente D2, D3 und E9) Hinweise bezüglich weiterer Zusatzstoffe oder Reinigungsschritte zur Entfernung von durch die Laserbestrahlung hervorgerufenen Verschmutzungen (Laserdebris) entnimmt. Da es genügt, dass dem Fachmann in der Patentschrift die in den Ansprüchen in ihrer allgemeinsten Form umschriebene technische Lehre so deutlich und so detailliert offenbart ist, wie er dies benötigt, um mit Hilfe seiner Fachkenntnisse diese technische Lehre zumindest auf einem praktisch gangbaren Weg auszuführen, ist die Ausführbarkeit der streitpatentgemäßen Lehre insbesondere hinsichtlich der einzustellenden Laserparameter und des Merkmals „Metallkeime“ gegeben (vgl. BGH GRUR 2001, 813, 818 – Taxol; BGH GRUR 2010, 901 – polymerisierbare Zementmischung). Maßgeblich ist insoweit, dass der Fachmann die Eig- nung der maßgeblichen Materialien und Parameter unschwer durch Versuche feststellen kann (BGH GRUR 2013, 1210, 1211 – Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren).
Eines von den Prozessbeteiligten zur Frage der erforderlichen Parameter beantragten Sachverständigengutachtens bedurfte es daher nicht.
5. Die Leiterbahnstrukturen des nach Hauptantrag verteidigten Anspruchs 1 in der erteilten Fassung sind nicht neu hinsichtlich der Druckschrift E11.
Nach der Lehre der Druckschrift E11, vgl. deren Abstract und Beschreibungsseite 4, ab Zeile 2, wird auf ein Glassubstrat, in dem sich ein Metalloxid, bspw. Kupferoxid CuO, als gleichmäßig verteiltes Additiv befindet, eine dünne Kunststoffschicht aufgebracht und dann zur Herstellung von Leiterbahnstrukturen (interconnecting lines / vgl. das Abstract) einer lokal begrenzten Laserbestrahlung ausgesetzt. Dort, wo der Laserstrahl auf das Substrat auftrifft, erfolgt ein Aufheizen, wodurch die Kunststoffschicht lokal verdampft, das Kupferoxid zur Oberfläche wandert (to exude) und durch die thermische Energie und die reduzierende Wirkung des aufgespaltenen Kunststoffs zu Kupfer reduziert wird. Dieses aus dem elementaren Schwermetall Kupfer bestehende Metallmuster dient als Metallkeimstruktur für eine stromlose Metallisierung, die zur Gewährleistung einer ausreichenden Leitfähigkeit des herzustellenden Leiterbahnmusters nachfolgend auf das Metallmuster aufgebracht wird.
Insbesondere offenbart die Druckschrift E11 mit den Worten des erteilten Anspruchs 1 Leiterbahnstrukturen (interconnecting lines for microcircuitry / vgl. Abstract) auf einem nichtleitenden Trägermaterial (glass or glass-ceramic substrate / vgl. Abstract), die aus Metallkeimen (metal pattern / vgl. Ansprüche 1 und 17) und einer nachfolgend auf diese aufgebrachten Metallisierung bestehen
(vgl. Anspruch 17: „A method in accordance with claim 1 wherein said substrate, with a metal pattern thereon, is exposed to electroless deposition or electrodeposition to impart or enhance electroconductivity in the pattern.“), wobei die Metallkeime durch Aufbrechen von feinstverteilt in dem Trägermaterial enthaltenen nichtleitenden Metallverbindungen entstanden sind, (vgl. S. 4, Zn. 16 bis 19: „A selected transition metal may be incorporated in the batch as the oxide. Alternatively, it may be added as a conventional glass making compound that converts to the oxide, for example a carbonate or nitrate. The glass batch, including the metal additive, is then melted, and the melt formed into a substrate or suitable shape.“ // vgl. S. 3, Zn. 28 bis 32: „It is our belief that this surprising metal formation occurs through a combination of (1) the absorption of high local energy densities, such as created by a focused laser, and (2) the intrinsically low thermal conductivity of the glass. Under these conditions, local temperatures on the glass surface may meet or exceed the temperature necessary to promote decomposition of initially formed oxides to elemental oxygen and metal.”) wobei die nichtleitenden Metallverbindungen (copper oxide / vgl. Ansprüche 1 und 2) von thermisch hochstabilen, in wässrigen sauren oder alkalischen Metallisierungsbädern beständigen und nicht löslichen anorganischen Metallverbindungen gebildet sind, die in den Bereichen im Umfeld der Leiterbahnstrukturen unverändert auf dem Trägermaterial verblieben sind (well-focused source of energy [...] localized heating / vgl. Abstract).
Somit sind aus der Druckschrift E11 Leiterbahnstrukturen bekannt, die sämtliche Merkmale des erteilten Anspruchs 1 aufweisen.
Mit dem Patentanspruch 1 fallen auch die auf diesen rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 15. Indem die Beklagte erklärt hat, sie verstehe die Ansprüche gemäß Haupt- und Hilfsanträgen als abgeschlossene Anspruchssätze, hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie das Streitpatent lediglich in dieser Form insgesamt aufrecht erhalten möchte.
Das gemäß Hauptantrag in der erteilten Fassung verteidigte Patent ist daher nicht rechtsbeständig.
6. Die mit dem Hilfsantrag 1 verteidigte beschränkte Fassung der Patentansprüche ist zulässig. Der Gegenstand des Streitpatents ist in diesem Umfang auch neu und wird dem Fachmann durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.
Die Ansprüche 1 bis 13 nach Hilfsantrag 1 sind zulässig. Die Ansprüche 1 bzw. 2 des Hilfsantrags 1 umfassen die Merkmale der mit den ursprünglich eingereichten Ansprüchen identischen erteilten Ansprüche 1 bzw. 2 und sind durch Aufnahme der Zusatzmerkmale (a) bis (c) aus der Beschreibung bzw. den erteilten abhängigen Ansprüchen, die ebenfalls mit den ursprünglich eingereichten Ansprüchen übereinstimmen, in ihrem Schutzumfang beschränkt worden. Die Offenbarung dieser Zusatzmerkmale (a) bis (c) der Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags 1 findet sich in der Streitpatentschrift in den Abs. [0014], [0009] und [0023] sowie [0021] bzw. in den abhängigen Ansprüchen 11 und 14, und in der ursprünglichen Anmeldung auf Seite 3, zweiter und letzter Absatz, Seite 5, zweiter und letzter Absatz sowie in den ursprünglichen Ansprüchen 11 und 14. Die abhängigen Ansprüche 3 bis 13 des Hilfsantrags 1 sind die angepassten erteilten Ansprüche 3 bis 10, 12, 13 und 15.
6.1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 wird durch die Druckschrift D1 weder vorweggenommen noch dem Fachmann nahegelegt.
Diese Druckschrift mit dem Titel „Verfahren zur Metallisierung von Kunststoffen und auf diese Weise hergestellte Produkte“ beschreibt im Rahmen der Darlegung des Stands der Technik auf den Beschreibungsseiten 1 bis 3 zunächst verschiedene Verfahren der Metallisierung von Kunststoffen und führt dann diesbezüglich im letzten Absatz der Beschreibungsseite 3 aus, dass mit diesen bekannten Verfahren keine Metallschichten mit für aktive Anwendungen in der Elektronik zufriedenstellendem Haftvermögen auf Kunststoff aufzubringen seien und dass diese Verfahren aufgrund ihrer mäßigen Auflösung nur schwierig bei kleinen Oberflächen angewendet werden könnten. Ausgehend davon bestehe folglich die Not- wendigkeit, die vorhandenen Methoden zur Bildung einer Metallschicht mit starkem Haftvermögen und scharfer Begrenzung auf der gesamten Kunststoff-Oberfläche zu verbessern. Als Lösung schlägt Druckschrift D1 ein Verfahren vor, bei dem gemäß den Beschreibungsseiten 4 bis 6 ein Kunststoffkörper, in dem Körner eines Metalloxids (bspw. Eisen- oder Zinkoxid) in einer Volumenkonzentration von mehr als 1 Prozent und einer Größe von nicht mehr als 50 µm dispergiert sind, erst mit einer stark fokussierten Laserbestrahlung hoher Energiedichte bestrahlt und dann in ein autokatalytisches Metallisierungsbad eingetaucht wird, woraufhin sich das in dem Bad enthaltene Metall selektiv auf den zuvor mit dem Laserstrahl bestrahlten Bereichen ablagert. Als Erklärung für diesen Mechanismus gibt die Druckschrift D1 an, dass die Laserbestrahlung in den bestrahlten Bereichen zum einen zu einer Oberflächenabtragung von etwa 0,2 µm führe und zum anderen auf der Oberfläche der Oxidkörner eine erhöhte Konzentration von Defekten zur Folge hätte, die durch das Aufbrechen interatomarer Verbindungen hervorgerufen werde. Das Vorhandensein dieser Defekte mache das üblicherweise vor dem Metallisierungsbad notwendige Eintauchen des Werkstückes in eine Palladiumlösung überflüssig, denn die Metallisierung würde allein durch das Vorhandensein der durch die Bestrahlung hervorgerufenen Oberflächendefekte eingeleitet. Beginnend mit Seite 8 werden dann verschiedene Ausführungsbeispiele erläutert, u. a. auf Seite 9 auch das Beispiel 3, bei dem auf einem Kunststoff-Werkstück eine Metallbahn mit einer Breite von 3 mm, einer Länge von 15 cm und einer Dicke von 2 µm abgeschieden wird. Da Metallbahnen in der Elektronik üblicherweise als Leiterbahnen Verwendung finden, ist es für den Fachmann naheliegend, ausgehend von der Lehre der Druckschrift D1 mit dem dort beschriebenen Metallisierungsverfahren Leiterbahnstrukturen herzustellen.
Im Einzelnen offenbart die Druckschrift D1 mit den Worten des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 Metallstrukturen auf einem nichtleitenden Trägermaterial aus thermoplastischem Kunststoff
(Verfahren zur Metallisierung von Kunststoffen und auf diese Weise hergestellte Produkte / vgl. Titel; Thermoplasten / vgl. S. 1, Zeile 24), die aus Metallkeimen (Oberflächendefekte auf den Oxidkörnern / vgl. S. 6, erster Absatz) und einer nachfolgend auf diese aufgebrachten Metallisierung bestehen (Die hier in Rede stehende Metallisierung wird direkt eingeleitet durch das Vorhandensein von Oberflächendefekten auf den Oxidkörnern, welche sich in der Oberfläche des Verbundstoffs befinden / vgl. S. 5, letzte Zeile bis S. 6, zweite Zeile), wobei die Metallkeime mittels elektromagnetischer Strahlung eines Lasers durch Aufbrechen von feinstverteilt in dem Trägermaterial enthaltenen nichtleitenden Metallverbindungen entstanden sind (Das erfindungsgemäße Verfahren zur Positiv-Metallisierung besteht zunächst darin, in die Masse des generell aus irgendeinem aus dem Stand der Technik bekannten Polymer (zum Beispiel Polyamid) gebildeten Kunststoffs und im Zuge seiner Formgebung eine anorganische Substanz einzubringen, die in dem Kunststoff dispergiert ist und durch Körner eines Oxids (zum Beispiel: Oxide von Antimon, Aluminium, Eisen, Zink oder Zinn) gebildet wird, insbesondere in einer Volumenkonzentration von mehr als 1% und variabler Größe, jedoch vorzugsweise von nicht mehr als 50 Mikrometer / vgl. S. 4, dritter Absatz b. andererseits erzeugt eben diese Strahlung nach Maßgabe der Wahl der inkorporierten kornförmigen Substanz auf der Oberfläche der Körner, die in größerer Zahl in der Oberfläche des Verbundstoffs (siehe oben) liegen, eine erhöhte Konzentration von Defekten, entstanden durch Aufbrechen gewisser interatomarer Verbindungen unter den kombinierten Einflüssen der Elektronen-Anregungen aufgrund der Absorption von Photonen durch das Material / vgl. S. 5, Zn. 7 bis 13.), wobei die Metallkeime aus dem Oxid eines Schwermetalls bestehen (Oxide von Antimon und Eisen / vgl. obige Fundstellen) und die nichtleitenden Metallverbindungen (Oxidkörner / vgl. obige Fundstellen) von thermisch hochstabilen (die in D1 genannten Oxide sind bis oberhalb von
320°C stabil), in wässrigen sauren oder alkalischen Metallisierungsbädern beständigen (ph-Wert zwischen 8 und 11 / vgl. S. 8, Zeile 27) und nicht löslichen anorganischen Metallverbindungen gebildet sind (vgl. obige Fundstellen), die den Bereichen im Umfeld der Leiterbahnstrukturen unverändert auf dem Trägermaterial verblieben sind
(Das erfindungsgemäße Verfahren zur Positiv-Metallisierung besteht zunächst darin, [...] eine anorganische Substanz einzubringen, die in dem Kunststoff dispergiert ist / vgl. S. 4, Zn. 9 bis 13; Das in dem Bad enthaltene Metall lagert sich dann selektiv ab auf den zuvor mit dem Laserstrahl bestrahlten Bereichen, die die durch die Bestrahlung hervorgerufenen polarisierten Defekte enthalten / vgl. S. 5, Zn. 22 bis 25).
Wie vorstehend erläutert, legt Druckschrift D1 dem Fachmann auch nahe, mit dem Metallisierungsverfahren Leiterbahnstrukturen herzustellen.
Jedoch kann die Druckschrift D1 dem Fachmann keinen hinreichend konkreten Hinweis bezüglich des Zusatzmerkmals von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 geben, wonach die Metallkeime, die durch das mittels elektromagnetischer Strahlung eines Lasers erfolgte Aufbrechen der Metallverbindungen entstanden sind, Schwermetallkeime sind, die aus elementarem Metall bestehen.
Denn im Gegensatz zur Lehre des Streitpatents lehrt die Druckschrift D1, die Laserparameter und Metalloxide so zu wählen, dass die Metalloxide durch die Laserbestrahlung gerade nicht in elementares Metall aufgebrochen werden, sondern nach der Bestrahlung weiterhin als Metalloxide vorliegen, die aufgrund der Bestrahlung lediglich Defekte aufweisen. Die Druckschrift D1 geht auch an keiner Stelle darauf ein, dass durch die Laserbestrahlung die Metalloxide in elementares Metall aufgebrochen werden können oder zumindest teilweise in elementares Metall aufgebrochen werden. Vielmehr wird durchgehend hervorgehoben, dass die Laserbestrahlung zu polarisierten Defekten auf den Oxidkörnern und damit zu einer erhöhten Defektkonzentration auf der Oberfläche der Metalloxidkörner führe, was als Verankerung für die nachfolgend bei einem Adsorptionsvorgang aufzu- bringende Metallschicht diene. Dementsprechend wird insbesondere auf den Beschreibungsseiten 4, letzter Absatz bis Seite 8, erster Absatz der Wirkmechanismus des in Druckschrift D1 beschriebenen Verfahrens dahingehend erläutert, dass oberhalb einer gewissen Schwellen-Energiedichte des Lasers im bestrahlten Oberflächenbereich ca. 0,2 µm des Kunststoff-Trägermaterials abgetragen werde und dass diese partielle Abtragung das Kunststoffmaterial im bestrahlten Bereich aufraue. Gleichzeitig würden durch die Bestrahlung und den Materialabtrag Oxidkörner teilweise freigelegt und auf deren Oberfläche polarisierte Defekte erzeugt, die durch die Absorption von Photonen und die dadurch hervorgerufenen Elektronen-Anregungen des Metalloxids gebildet würden. Diese Defekterzeugung funktioniere jedoch ausschließlich mit Laser-Wellenlängen gleich oder unterhalb von 308 nm, also im UV-Bereich, wohingegen Wellenlängen im sichtbaren oder Infrarotbereich diese Defekte auf den Oxidkörnern nicht generieren könnten.
Die auf den UV-Bereich beschränkte Laserbestrahlung soll demnach die Elektronen im Metalloxid anregen und polarisierte Defekte auf der Oxidkörneroberfläche generieren, die zur Verbesserung der Adsorption der nachfolgenden Metallschicht auf dem Kunststoff-Trägermaterial, aber nicht zu einem Aufbrechen des Oxids in elementares Metall führen. Hinsichtlich der Bindung zwischen dem Kunststoff-Trägermaterial und der Metallisierung aus dem Metallisierungsbad wird dann im dritten Absatz der Beschreibungsseite 6 von Druckschrift D1 folgendes ausgeführt: „Die Grenzfläche zwischen dem Verbundstoff und dem Metall, die man durch den erfindungsgemäßen Prozess erhält, ist aufgrund der partiellen Abtragung des Polymers in der Tat rauh. Andererseits ist die interstitielle (das heißt durch kovalente oder ionische Bindungskraft bedingte) Fixierung von Metallionen des autokatalytischen Bades auf den Defekten der auf dieser rauhen Oberfläche befindlichen anorganischen Körner selektiv und stark. Diese beiden Besonderheiten bringen es mit sich, dass das Haften des metallischen Niederschlags an dem Verbundstoff, wie es durch das erfindungsgemäße Verfahren erreicht wird, direkte Folge der Verankerung der metallischen Schicht an der Oberfläche des Verbundstoffs mittels der Oxidkörner ist, die sich auf ihrer Oberfläche befinden, und die oberflächlich metallisiert sind.“
Demnach ist es für die Lehre der D1 von grundsätzlicher Bedeutung, dass nach der Laserbestrahlung die Oxidkörner weiterhin vorhanden sind, denn diese bewirken erst die Verankerung, d. h. den Adsorptionsvorgang, der nach der Laserbehandlung aufzubringenden Metallschicht auf dem Kunststoff-Trägermaterial. In diesem Zusammenhang verweist die D1 explizit auf eine kovalente oder ionische Bindung zwischen den Oxidkörnern und der anschließend aufgebrachten Metallschicht, aber nicht auf eine metallische Bindung, wie sie zu erwarten wäre, wenn die Metalloxide in elementares Metall aufgebrochen würden. Die Vorgabe, die Oxidkörner gerade nicht aufzubrechen, bestimmt nach den weiteren Ausführungen in der D1 auch die Wahl der Energiedichte des Lasers, weshalb es in Anspruch 2 der D1 heißt, dass „man als Laserquelle einen Excimer-Laser mit einer Wellenlänge zwischen 170 und 360 nm verwendet, dessen Energiedichte in der Weise gewählt ist, daß eine erhöhte Konzentration von Strukturfehlern in der Oberfläche der Oxidkörner entsteht, die sich in der Oberfläche des Verbundkunststoffs befindet, wobei diese Fehler die Metallisierung dieses Stoffs durch Eintauchen in das Elektrolytbad ermöglichen.“
Somit lehrt die Druckschrift D1 den Fachmann, die Energiedichte innerhalb einer Bandbreite so zu wählen, dass sie oberhalb eines unteren Schwellenwertes liegt, der durch den gewünschten Oberflächenabtrag des Trägermaterials vorgegeben ist, und dass sie unterhalb eines oberen Schwellenwertes liegt, der dadurch bestimmt ist, dass zum einen nicht zu viel Trägermaterial abgetragen wird und zum anderen die Metalloxidkörner nicht in elementares Metall aufgebrochen werden, sondern nur Defekte an der Oberfläche aufweisen. Daher versteht der Fachmann die in der D1 auf Seite 4 und bei den Ausführungsbeispielen angegebenen Laserparameter betreffend die Laserintensität von 2,5 x 107 Watt/cm2 (0,5 J/cm2 geteilt durch 20 x 10-9 Sekunden) bei einer Wellenlänge von 248 nm so, dass diese Werte speziell für das dort verwendete Sb2O3 bestimmt und entsprechend der Lehre der D1 so ausgewählt sind, dass Sb2O3 nicht in elementares Metall aufgebrochen wird.
Folglich kann entgegen den Ausführungen der Klägerin aus den – bspw. in den Anlagen NK9, Seite 8 und B12, ab Seite 10 genannten – Laserparametern für die Aufspaltung des Kupfer-Chrom-Spinells CuCr2O4 bzw. der Kupferoxide CuO und Cu2O auch nicht geschlossen werden, dass der Fachmann ausgehend von der D1 die dort für Sb2O3 genannten Laserintensitäten von 0,5 J/cm² unabhängig von der Art des Metalloxids auch für Kupferoxide verwendet und deshalb dem Kunststoff beigemischte Kupferoxide zwangsläufig in elementares Metall aufgespalten würden, wenn der Fachmann die Lehre der D1 nacharbeite. Denn dies steht im Widerspruch zu den Ausführungen der D1, die ja in Anspruch 2 deutlich hervorhebt, die Energiedichte je nach verwendetem Metalloxid so zu wählen, dass die Oxidkörner erhalten bleiben, weshalb der Fachmann angesichts der Lehre der D1 die Laserparameter dem jeweiligen Metalloxid anpasst und so einstellt, dass dieses nicht in elementares Metall aufgespalten wird. Anders als von der Klägerin vorgetragen, gibt es in Druckschrift D1 auch keinen Hinweis, dass der Fachmann die Energiedichte bei dem in der D1 beschriebenen Verfahren so wählen soll, dass die Metalloxide teilweise in elementares Metall umgewandelt werden.
Diese grundsätzliche Lehre der D1, nämlich die Metalloxide nicht aufzuspalten, spiegelt sich in der D1 auch in der Wahl der Metalloxide gemäß Anspruch 7 wider, wo mit Al2O3 ein sehr temperaturstabiles und damit nicht ohne weiteres in elementares Metall aufspaltbares Metalloxid aufgeführt ist, aber gerade kein CuO, obwohl bei den Ausführungsbeispielen der D1 nach der Laserbehandlung eine Kupferschicht aufgebracht wird und somit eigentlich Kupferoxid das Oxid der Wahl wäre, wenn bei der Vorgehensweise nach der D1 ein Aufspalten des Kupferoxids in Kupfer angestrebt werden sollte, denn im Gegensatz zu Al2O3 lässt sich CuO in Anwesenheit von Kohlenstoff (aus dem zersetzten Kunststoff-Trägermaterial) bei relativ niedrigen Temperaturen in elementares Kupfer reduzieren. Das soll nach der Lehre der D1 aber gerade vermieden werden, weshalb es sich im Anspruch 7 auch nicht als bevorzugtes Material findet.
Somit erhält der Fachmann weder aus Druckschrift D1 noch aus dessen Familienmitglied D1b eine Anregung bezüglich des Zusatzmerkmals des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1, wonach die Metallkeime, die durch das mittels elektromagnetischer Strahlung eines Lasers erfolgte Aufbrechen der Metallverbindungen entstanden sind, Schwermetallkeime sind, die aus elementarem Metall bestehen.
6.2. Eine Anregung zum Auffinden der Lehre von Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist auch der Druckschrift D2 nicht zu entnehmen.
Diese offenbart Leiterbahnstrukturen, die bis auf das Merkmal, dass eine zusätzliche Metallisierung auf die mit dem Laser generierte Schwermetallstruktur aufgebracht wird und somit die durch die Laserbestrahlung generierten Metallpartikel auch keine Metallkeime im Sinne des Streitpatents sind, sämtliche Merkmale der Leiterbahnstrukturen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 aufweisen. Insbesondere offenbart die Druckschrift D2 mit den Worten des Anspruchs 1 Leiterbahnstrukturen auf einem nichtleitenden Trägermaterial aus thermoplastischem oder duroplastischem Kunststoff, die aus Schwermetallpartikeln bestehen, wobei die Schwermetallpartikel mittels elektromagnetischer Strahlung eines Lasers durch Aufbrechen von feinstverteilt in dem Trägermaterial enthaltenen nichtleitenden Metallverbindungen entstanden sind, wobei die Schwermetallpartikel aus elementarem Metall bestehen und die nichtleitenden Metallverbindungen von thermisch hochstabilen, in wässrigen sauren oder alkalischen Metallisierungsbädern beständigen und nicht löslichen anorganischen Metallverbindungen gebildet sind, die in den Bereichen im Umfeld der Leiterbahnstrukturen unverändert auf dem Trägermaterial verblieben sind
(vgl. Sp. 1, Z. 66 bis Sp. 2, Z. 33: „As can be seen in FIG. 1, a substrate 10 which is intended, for example, to be utilized as a printed circuit substrate on which a circuit pattern of conductive paths is to be formed is an organic material having a metal compound filler therein. Although not limited thereto, typical organic materials which may be employed are polyethylene, cellulose acetate, paraffin wax, or an epoxy resin. [...] The metal compounds may be any of the types which decompose upon heating to an elemental metal state, such compounds generally being selected to have a high content of metal in the compound itself and a relatively low decomposition temperature. Metal oxides appear to be among the most preferable compounds. Typical metal compounds which may be utilized are Cu2O, CuO, TbO, NiO, CuCl2, or SnO, for example. The substrate material should be relatively highly loaded with the metal compound, typical loading values being in a range from about 60% by volume to about 90% by volume, an effective loading being about 75% by volume. [...] The surface of the substrate is then subjected to heat at the locations which form a desired conductive path 11 thereon. One technique by which such high temperature heat can be applied is by the use of a laser beam which is movably mounted so as to trace the desired conductive path in such a way that the laser beam impinges on the substrate and raises the temperature of the substrate surface sufficiently high to cause the metal compound filler therein to decompose so that it is reduced to its elemental metal state.”)
Im Gegensatz zur Lehre des Streitpatents, dem u. a. die Aufgabe zugrunde liegt, den Anteil keimbildender Zusätze gering zu halten (vgl. Abs. [0011]), und das im Ausführungsbeispiel für den Anteil keimbildender Zusätze einen Wert von 5 Prozent angibt (vgl. Abs. [0022]), verfolgt die Druckschrift D2 jedoch den Ansatz, den Anteil der aufzuspaltenden Metallverbindungen sehr hoch, nämlich im Bereich von 60 bis 90 Prozent einzustellen (vgl. obige Fundstelle der D2) und damit zu erreichen, dass – ebenfalls im Unterschied zur Lehre des Streitpatents – keine nachträgliche Metallisierung der durch die Metallpartikel vorgegebenen Strukturen erforderlich ist. Denn dadurch soll ermöglicht werden, dass auch auf unebenen, dreidimensional strukturierten Substraten Leiterbahnen aufgebracht werden können, weshalb bewusst der Nachteil in Kauf genommen wird, dass keine gleichzeitige Metallisierung der gesamten Leiterbahnstruktur erfolgt (vgl. Sp. 1, Zn. 33 bis 45 der D2). Demnach sind die durch das Aufbrechen entstandenen Metallpartikel auch keine Metallkeime im Sinne des Streitpatents, da sie ja nicht als Keime für eine spätere Metallisierung, sondern selbst schon als Leiterbahn dienen. Bei dem in der Druckschrift D2 beschriebenen Verfahren stellt sich folglich auch nicht die dem Streitpatent zugrunde liegende Problematik der Ausbildung von für ein nachfolgendes Abscheideverfahren vorteilhaften Metallkeimen.
Daher gibt es für den Fachmann auch keine Veranlassung, die Lehren der Druckschriften D1 und D2 miteinander zu kombinieren, denn während gemäß Druckschrift D1 die aufgrund der Laserbehandlung mit Defekten versehenen Oxidkörner als Anker für die nachfolgende Metallisierung dienen sollen, entfällt bei dem Verfahren der D2 diese Problemstellung komplett, da ja keine nachträgliche Metallisierung erfolgt und somit auch keine Metallkeime gebildet werden müssen. Zudem würde es im Widerspruch zur Lehre der D1 stehen, die Metalloxide in elementares Metall aufzuspalten, weil sie dann nicht mehr als Anker für die nachfolgende Metallisierung wirken könnten.
Folglich nimmt die Druckschrift D2 die Leiterbahnstrukturen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 weder vorweg, noch kann sie sie alleine oder in Kombination mit der D1 dem Fachmann nahelegen.
6.3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 wird auch durch die Druckschrift D3 weder vorweggenommen noch dem Fachmann nahegelegt.
Druckschrift D3 offenbart Leiterbahnstrukturen, die bis auf das Merkmal, dass die Metallverbindungen anorganisch sind, sämtliche Merkmale der Leiterbahnstrukturen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 aufweisen. Denn Druckschrift D3 offenbart mit den Worten des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 Leiterbahnstrukturen auf einem nichtleitenden Trägermaterial aus thermoplastischem oder duroplastischem Kunststoff
(vgl. den Titel: „A fundamentally new mechanism for additive metallization of polymeric substrates in ultra fine line technology illustrated for 3D-MlDs“ und Kapitel 1, erster Satz: „The traditional printed circuit board will be complemented in future by Moulded Interconnect Devices (3-D MID) in a reasonable way.“), die aus Schwermetallkeimen (vgl. Fig. 2: Cu-seeds) und einer nachfolgend auf diese aufgebrachten Metallisierung bestehen (vgl. Kapitel 4, Absatz 5, dritter Spiegelstrich: „The copper finished surface needs only three manufacturing steps. The plastic component must be moulded, followed by a laser treatment (patterning/exposure) and an chemical metallization;”), wobei die Schwermetallkeime mittels elektromagnetischer Strahlung eines Lasers durch Aufbrechen von feinstverteilt in dem Trägermaterial enthaltenen nichtleitenden Metallverbindungen entstanden sind
(vgl. Kapitel 2, erster Abs.: „The illustrated problems can be avoided if the thermoplastic is modified in such a way, that it contains dispersive nonconducting metallization bonds [4 - 6]. These chemical bonds must be set up in a way, that exclusively in the areas of interest active metal particles are revealed by means of the patterning laser beam (Fig. 1).”) wobei die Schwermetallkeime aus elementarem Metall bestehen und die nichtleitenden Metallverbindungen von thermisch hochstabilen, in wässrigen sauren oder alkalischen Metallisierungsbädern beständigen und nicht löslichen Metallverbindungen gebildet sind, (vgl. Kapitel 3, zweiter Absatz: „The metal-organic transition metal complexes must be of a non-conducting nature, and must furthermore remain dielectric without any decomposition in the thermoplastic polymeric matrix under relatively high process temperatures during preparation of the granular and the subsequent injection moulding. On the top of it further requirements must be met: - Sufficient solubility and/or colloidal dispersion in the polymeric matrix - good compatibility in the polymeric filler material system; in particular blooming effects must be avoided, which reduce the effectiveness; - No catalytic activity; - High extraction resistance in the chemical reduction bath; - No volatility during process and handling; - Modest acute toxicity; - Low costs. Within the framework of the studies a great number of combinations meeting these requirements were found for the first time – synthesised and than incorporated into different plastics.”) die den Bereichen im Umfeld der Leiterbahnstrukturen unverändert auf dem Trägermaterial verblieben sind (vgl. obige Fundstellen).
Im Unterschied zur Lehre des Streitpatents sind die in Druckschrift D3 offenbarten Metallverbindungen nicht anorganisch, sondern organisch. So führt Druckschrift D3 im ersten und zweiten Absatz des dritten Kapitels Folgendes aus: „Nonconducting metallization bonds consist of transition metal complexes. They are preferably built up of palladium(Pd2+)- and/or copper(Cu2+)-basis. Because of the high palladium prices alternative systems of different transition-metals are also of interest. Polyfunctional chelating agent with several ligand atoms, such as N, O, S, P solely or in combination with ionizing groups, such as hydroxyl- or carboxylgroups can feature an exceptionally high stability. A illustration is given in Figure 2. The metal-organic transition metal complexes must be of a non-conducting nature [...]”.
Auch das im zweiten Teil des dritten Kapitels von Druckschrift D3 angegebene Anforderungsprofil und der Hinweis im letzten Absatz dieses Kapitels, dass im Rahmen der Untersuchungen zahlreiche dieses Anforderungsprofil erfüllende Metallverbindungen gefunden wurden, beziehen sich ausdrücklich auf organische Metallverbindungen. Zudem werden im dritten Absatz des vierten Kapitels der Druckschrift D3 die möglichen nachteiligen Effekte der thermischen Belastung durch die Laserbestrahlung beschrieben.
Daher hat der Fachmann ausgehend von der Druckschrift D3 auch in Kenntnis der Druckschriften D1 und D2 keine Veranlassung, die organischen Metallverbindungen der D3 durch Metalloxide zu ersetzen.
6.4. Die Druckschrift E11 steht der Lehre des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ebenfalls nicht patenthindernd entgegen.
Im Unterschied zum Streitpatent ist die Lehre der E11 nicht auf Kunststoff, sondern ausschließlich auf Glas bzw. Glaskeramik als Trägermaterial für die Leiterbahnstrukturen ausgerichtet, da es bei diesem Trägermaterial aufgrund seiner speziellen physikalischen und chemischen Eigenschaften durch die Laserbestrahlung zur Ausscheidung bzw. Ansammlung der Metalloxide aus dem Glas heraus an dessen Oberfläche kommt. Zwar wird bei dem Verfahren der E11 vor der Laserbestrahlung eine dünne Kunststoffschicht auf das Glas aufgebracht, doch wird diese durch den Laser im bestrahlten Bereich zerstört und dient nur als Reduktionsmittel für die Metalloxide. Insbesondere gibt es für den Fachmann keine Veranlassung, statt des Trägermaterials aus Glas eines aus Kunststoff einzuset- zen, da das Wesentliche des in Druckschrift E11 geschilderten Verfahrens gerade darin besteht, Metall auf Glas oder Glaskeramik abzuscheiden. Umgekehrt liegt es auch nicht nahe, das Verfahren aus Druckschrift E11 bei einem Kunststoff als Trägermaterial einzusetzen, weil Kunststoff zum einen nicht die in der E11 geforderten physikalischen und chemischen Eigenschaften bezüglich der Ansammlung (exudation) der Metalloxide an der Oberfläche aufweist, und zum anderen aus den Druckschriften D1 bis D3 in sich abgeschlossene Verfahren zur Bereitstellung von Leiterbahnstrukturen auf Kunststoff-Trägermaterialen zur Verfügung standen.
Folglich kann auch die Druckschrift E11 den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 weder vorwegnehmen noch nahelegen.
6.5. Eine Anregung zum Auffinden der Lehre von Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist auch der Druckschrift E9 nicht zu entnehmen. Die im Streitpatent ebenso wie die Druckschrift D3 zum Stand der Technik genannte Druckschrift E9 offenbart lediglich organische Metallverbindungen und kann wie auch die Druckschrift D3 dem Fachmann keinen Hinweis bezüglich der Verwendung anorganischer Metalloxidverbindungen geben.
6.6. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 wird durch die Druckschrift E10 weder vorweggenommen noch nahegelegt.
Diese Druckschrift beschreibt ein Verfahren, bei dem ein Keramiksubstrat mit einer Siebdruckpaste bedruckt wird, die Cu2O und eine bei der Einbrenntemperatur von 800 bis 1350°C das Oxid Al2O3 bildende Verbindung (bspw. Aluminiumacetylacetonat) enthält. Durch das Einbrennen bei 800 bis 1350°C bildet sich das Kupferspinell CuAl2O4, und diese Spinellschicht wird dann stromlos verkupfert. Im Gegensatz zur Lehre des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 sind die Keime keine Schwermetallkeime, die aus elementarem Metall bestehen, sondern Keime aus einem Kupferspinell, und das Trägermaterial ist kein Kunststoff, sondern eine Keramik. Zudem sind die Metallverbindungen im Umfeld der Leiterbahnstrukturen nicht feinstverteilt vorhanden, und sie werden auch nicht mittels eines Lasers aufgebrochen.
Daher kann auch diese Druckschrift den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 weder vorwegnehmen noch nahelegen.
6.7. Die Druckschriften E12 und E13 wurden von der Nebenintervenientin lediglich als Beleg dafür eingereicht, dass die Verwendung von Lasern im Wellenlängenbereich von 248 bis 10600 nm zur Bestrahlung von Trägermaterialien vor dem Prioritätstag des Streitpatents üblich und bekannt gewesen sei. Gleichwohl gibt es auch in diesen Druckschriften keinen Hinweis bezüglich der speziellen Metallverbindungen bzw. Metallkeime gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1. Zudem betrifft die Druckschrift E13 auch lediglich die Laserbestrahlung von Keramiken.
6.8. Für den Fachmann gibt es zudem auch keine Anregung, das Verfahren der Druckschriften D1 oder D3 auf einen Kunststoffträger anzuwenden, der das in den Druckschriften E1 bis E4 bzw. in dem Anlagenkonvolut NK16 beschriebene kupferhaltige Spinell CuCr2O4 als Farbpigment aufweist. Deshalb erhält er den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 auch nicht etwa zwangsweise als „Bonus-Effekt“, wobei hinsichtlich der Ausführungen der Nebenintervenientin bezüglich der Leitfähigkeit von CuCr2O4 zu bemerken ist, dass gemäß den von ihr mit dem Dokument E3 vorgelegten Messungen die Leitfähigkeit von CuCr2O4 ca. 2,3·10-3 1/Ωm beträgt, so dass CuCr2O4 als im Sinne des Streitpatents nichtleitend anzusehen ist, da es, verglichen mit Kupfer, eine um 9 bis 10 Größenordnungen kleinere Leitfähigkeit aufweist.
Den Druckschriften E1 bis E4 und dem Anlagenkonvolut NK16, bspw. deren Referenz 17, ist zu entnehmen, dass kupferhaltige Spinelle, insbesondere das im Ausführungsbeispiel des Streitpatents verwendete kupferhaltige Spinell CuCr2O4, vor dem Prioritätstag des Streitpatents als Schwarzpigment für Kunststoffe bekannt waren. Jedoch sind in den Druckschriften D1 bzw. D1b bereits Eisenoxide bzw. Fe2O3 und Fe3O4 als bevorzugte Metalloxide für die Verankerung der nachträglich aufzubringenden Metallschicht genannt, von denen das letztgenannte (Fe3O4) ein schwarzes Farbpigment ist, weshalb es ausgehend von der D1 für den Fachmann keinen Anlass gibt, stattdessen ein anderes Farbpigment zu wählen, da ja bereits ein geeigneter schwarzer Farbstoff in der D1 aufgeführt ist. Wie auch oben bereits ausführlich dargelegt, sind bei der Vorgehensweise nach der D1 die Bestrahlungsparameter und die Materialien für die Metalloxide so aufeinander abgestimmt, dass gerade kein elementares Metall entsteht, so dass der Fachmann auch aus diesem Grund nicht ohne weiteres von der Materialwahl der D1 abweicht.
Auch der Druckschrift D3, die sich mit der Bereitstellung dreidimensionaler, spritzgegossener Schaltungsträger (3D Moulded Interconnect Devices, 3-D MID) als Ersatz für herkömmliche Leiterplatten befasst, kann der Fachmann keinen Hinweis entnehmen, für das dort beschriebene Verfahren zur Herstellung von Schaltungsträgern Kunststoffe zu verwenden, die mit einem kupferhaltigen Spinell schwarz eingefärbt sind, was für Leiterplatten absolut unüblich ist. Insbesondere kann das Auffinden einer neuen Lehre zum technischen Handeln nicht schon dann als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend bewertet werden, wenn lediglich keine Hinderungsgründe zutage treten, von im Stand der Technik Bekanntem zum Gegenstand dieser Lehre zu gelangen, sondern diese Wertung setzt voraus, dass das Bekannte dem Fachmann Anlass oder Anregung gab, zu der vorgeschlagenen Lehre zu gelangen (vgl. BGH, GRUR 2010, 407 – Einteilige Öse).
Somit können die Druckschriften D1 bzw. D1b und D3 auch unter Zugrundelegung des Anlagenkonvoluts NK16 den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 weder „zufällig“ neuheitsschädlich vorwegnehmen noch nahelegen.
6.9. Für den nebengeordneten Verfahrensanspruch 2 des Hilfsantrags 1, der sich auf das zugehörige Herstellungsverfahren bezieht, gelten die vorstehenden Äußerungen in gleicher Weise, und die abhängigen Ansprüche 3 bis 13 stellen vorteilhafte Weiterbildungen dieses Verfahrens dar.
Das Streitpatent ist somit in der Fassung des Hilfsantrags 1 rechtsbeständig.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 101 Abs. 2, 100 Abs. 1 ZPO. Die auf Seiten der Klägerin gem. § 66 ZPO beigetretene Nebenintervenientin gilt im Nichtigkeitsverfahren entsprechend § 69 ZPO als Streitgenossin der Klägerin (BGH GRUR 2008, 60, 65 – Sammelhefter II, vgl. BGH GRUR 2014, 911, 913 – Sitzgelenk; BGH GRUR 2006, 438 f. – Carvedilol).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 110 PatG statthaft.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils - spätestens nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung durch einen in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.
Die Berufungsschrift muss
- die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet ist, sowie - die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde,
enthalten. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Auf die Möglichkeit, die Berufung nach § 125a PatG in Verbindung mit § 2 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) auf elektronischem Weg beim Bundesgerichtshof einzulegen, wird hingewiesen (www. bundesgerichtshof.de/erv.html).
Guth Brandt Dr. Zebisch Dr. Friedrich Dr. Hoppe Pr