19 W (pat) 59/12
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 59/12 An Verkündungs Statt zugestellt am
26. September 2016 …
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2006 059 833.4 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. August 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dr.-Ing. Scholz und Dipl.-Ing. J. Müller beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 M des Deutschen Patent- und Markenamtes vom BPatG 154 05.11
24. Mai 2012 aufgehoben und das Patent mit der Nummer 10 2006 059 833 erteilt:
Bezeichnung: Elektrisches Gerät Anmeldetag: 15. Dezember 2006 Der Patenterteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
- Patentansprüche 1 bis 12, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 3. August 2016, in Reinschrift nachgereicht mit Schreiben vom 10. August 2016,
- Beschreibung Seiten 1 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 3. August 2016, in Reinschrift nachgereicht mit Schreiben vom 10. August 2016, mit der Maßgabe, dass im Wege der Korrektur einer offensichtlichen Unrichtigkeit auf Seite 2, am Ende von Zeile 25 das Wort „sind“ gestrichen ist,
- 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 2, vom Anmeldetag, 15. Dezember 2006.
Gründe I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt – Prüfungsstelle für Klasse H 02 M – hat die am 15. Dezember 2006 eingereichte Anmeldung durch Beschluss, verkündet am Ende der am 24. Mai 2012 durchgeführten Anhörung, zurückgewiesen. In der schriftlichen Begründung ist ausgeführt, die jeweiligen Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß dem seinerzeit geltenden Hauptantrag und gemäß den seinerzeit geltenden Hilfsanträgen I bis III seien mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 16. August 2012, im Deutschen Patent- und Markenamt per Fax eingegangen am
17. August 2012. Sie hat in der mündlichen Verhandlung neue Unterlagen eingereicht und stellt den Antrag,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 M des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Mai 2012 aufzuheben und das nachgesuchte Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 12 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 3. August 2016, Beschreibung, Seiten 1, 1a, 1b, 2 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 3. August 2016, 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 2, vom Anmeldetag 15. Dezember 2006.
Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 10. August 2016 Reinschriften der antragsgemäßen Unterlagen nachgereicht.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet (mit einer eingefügten Gliederung):
1.1 1.2
1.3 1.3.1
1.3.2 Elektrisches Gerät,
umfassend zumindest einen elektronischen Halbleiterschalter (V1),
dadurch gekennzeichnet, dass am Steuereingang des elektronischen Halbleiterschalters (V1) ein selbstleitendes Bauelement vorgesehen ist,
das nach seiner Aktivierung durch ein für den Betrieb dauerhaft zu haltendes Freigabesignal in einen hochohmigen Zustand oder sperrenden Zustand übergeht,
wobei das selbstleitende Bauelement ein elektronischer Schalter ist, der bei Nicht-Anliegen seiner Steuerspannung einen leitenden Zustand aufweist,
1.3.3 1.4 1.5
1.6 wobei das selbstleitende Bauelement zwischen Steuereingang und einem weiteren Anschluss des elektronischen Halbleiterschalters (V1) angeordnet ist,
wobei eine Treiberschaltung (T1) mit dem elektronischen Halbleiterschalter (V1) verbunden ist,
wobei für den Fall, dass die Treiberschaltung (T1) noch keine oder keine ausreichende Spannungsversorgung aufweist, der Steuereingang des elektronischen Halbleiterschalters (V1) von dem selbstleitenden Bauelement (V10) auf demjenigen Potential gehalten wird, bei dem der elektronische Halbleiterschalter (V1) im Sperrzustand ist,
wobei die Treiberschaltung (T1) derart gestaltet ist, dass das selbstleitende Bauelement (V10) solange geschlossen gehalten wird, bis der eigentliche gewünschte Betrieb des elektrischen Gerätes begonnen und ausgeführt wird.
Die weiteren Patentansprüche lauten:
2. Elektrisches Gerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das selbstleitende Bauelement ein Depletion Mode MOSFET ist.
3. Elektrisches Gerät nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass das selbstleitende Bauelement im selbstleitenden Zustand einen derart niedrigen Widerstandswert aufweist und die Bauelemente des elektrischen Geräts derart dimensioniert sind, dass beim Einschalten auftretenden Anstiegen der Spannung an den weiteren Anschlüssen des elektronischen Halbleiterschalters (V1)
die Steuerspannung des elektronischen Halbleiterschalters (V1) derart klein bleibt, dass der elektronische Halbleiterschalter (V1) im Sperrzustand bleibt.
4. Elektrisches Gerät nach mindestens einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Steuereingang des elektronischen Halbleiterschalters (V1) mit dem Mittelabgriff einer Reihenschaltung, insbesondere von Schaltern und Widerständen, verbunden ist, wobei eine Treiberschaltung Schalter der Reihenschaltung derart ansteuert, dass der Steuereingang wahlweise auf einem oberen oder unteren Potential anliegt.
5. Elektrisches Gerät nach mindestens einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Treiberschaltung galvanisch entkoppelt von der Steuerelektronik des Geräts angeordnet ist.
6. Elektrisches Gerät nach mindestens einem der vorangegangenen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Treiberschaltung (T1) galvanisch entkoppelt von der Steuerelektronik des Geräts mit Energie und Information versorgbar ist.
7. Elektrisches Gerät, umfassend zumindest zwei elektronische Halbleiterschalter (V1, V2), die in einer Halbbrücke, angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass am Steuereingang der elektronischen Halbleiterschalter (V1, V2) jeweils ein selbstleitendes Bauelement vorgesehen ist, das nach seiner Aktivierung durch ein für den Betrieb dauerhaft zu haltendes Freigabesignal in einen hochohmigen oder sperrenden Zustand übergeht, wobei das jeweilige selbstleitende Bauelement ein elektronischer Schalter ist, der bei Nicht-Anliegen seiner Steuerspannung einen leitenden Zustand aufweist, wobei das jeweilige selbstleitende Bauelement zwischen Steuereingang und einem weiteren Anschluss des jeweiligen elektronischen Halbleiterschalters (V1, V2) angeordnet ist, wobei eine jeweilige Treiberschaltung (T1, T2) mit dem jeweiligen elektronischen Halbleiterschalter (V1, V2) verbunden ist, wobei für den Fall, dass eine Treiberschaltung (T1, T2) noch keine oder keine ausreichende Spannungsversorgung aufweist, der Steuereingang des jeweiligen elektronischen Halbleiterschalters (V1, V2) von dem jeweiligen selbstleitenden Bauelement (V10, V20) auf demjenigen Potential gehalten wird, bei dem der jeweilige elektronische Halbleiterschalter (V1, V2) im Sperrzustand ist, wobei die jeweilige Treiberschaltung (T1, T2) derart gestaltet ist, dass das jeweilige selbstleitende Bauelement (V10, V20) solange geschlossen gehalten wird, bis der eigentliche gewünschte Betrieb des elektrischen Geräts begonnen und ausgeführt wird.
8. Elektrisches Gerät nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Halbbrücke in einem Wechselrichter angeordnet ist, insbesondere einem n-phasigen Wechselrichter, umfassend n, n+1, oder 2n solche Halbbrücken.
9. Elektrisches Gerät nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass n den Zahlenwert 1, 2 oder 3 hat.
10. Elektrisches Gerät nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass der zumindest eine elektronische Halbleiterschalter (V1, V2) ein lGBT oder ein MOS-gesteuerter Halbleiterschalter oder ein MOSFET ist.
11. Elektrisches Gerät nach einem der Ansprüche 7 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass das jeweilige selbstleitende Bauelement (V10, V20) aus der jeweiligen Treiberschaltung (T1, T2) aktivierbar ist, die auch zum Erzeugen der Ansteuersignale für den jeweiligen elektronischen Halbleiterschalter (V1, V2) vorgesehen ist.
12. Elektrisches Gerät nach einem der Ansprüche 7 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass das jeweilige selbstleitende Bauelement (V10, V20) aus der jeweiligen Treiberschaltung (T1, T2) angesteuert wird, insbesondere durch eine zwischen Steuereingang und weiterem Anschluss des jeweiligen elektronischen Halbleiterschalters (V1, V2) angelegte negative Steuerspannung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat mit dem geänderten Patentbegehren Erfolg.
1. Die Anmeldung betrifft ein elektrisches Gerät mit einem elektronischen Halbleiterschalter, wie es beispielsweise in Umrichtern zum Einsatz kommt.
Als Aufgabe wird angegeben, die Sicherheit bei Umrichtern weiterzubilden (Seite 1, Zeile 10).
Diese Aufgabe soll mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst werden. Durch den erfindungsgemäß vorgesehenen elektronischen Schalter als selbstleitendes Bauelement soll nach den Ausführungen in der Beschreibungseinleitung sichergestellt werden, dass im ausgeschalteten Zustand des Geräts und auch während des Einschaltens des Geräts der Steuereingang gegen Masse oder gegen ein unteres Potential entladbar ist oder die auftretende Spannung zwischen Steuereingang und einem weiteren Anschluss des elektronischen Halbleiterschalters verringert wird. Somit sei ein Schalten, insbesondere ein Schließen des elektronischen Halbleiterschalters verhinderbar (Seite 1, letzter Absatz).
2. Bei dieser Sachlage sieht der Senat einen Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Elektrotechnik mit Berufserfahrung in der Entwicklung von Ansteuerschaltungen für (Transistor-) Stromrichter oder Schaltnetzteile als Fachmann.
3. Einzelne Merkmale des Anspruchs 1 bedürfen der Erläuterung:
Der Anspruch 1 unterscheidet zwischen dem als elektronischer Halbleiterschalter (mit Bezugszeichen V1) bezeichneten Leistungsschalter und einem selbstleitenden Bauelement, das in Merkmal 1.3.2 als ein elektronischer Schalter gekennzeichnet ist. Über die Merkmale 1.5 sowie 1.6 ist der Zusammenhang mit Bezugszeichen V10 hergestellt. Der elektronische Schalter V10 weist bei Nicht-Anliegen seiner Steuerspannung (d. h. Spannung Null) einen leitenden Zustand auf (Merkmal 1.3.2) und geht nach seiner Aktivierung durch ein für den Betrieb dauerhaft zu haltendes Freigabesignal in einen hochohmigen Zustand oder sperrenden Zustand über (Merkmal 1.3.3). Er ist zwischen dem Steuereingang des elektronischen Halbleiterschalters V1 und einem weiteren Anschluss des Leistungsschalter V1 angeordnet (Merkmal 1.3.3).
Der Zweck des selbstleitenden elektronischen Schalters ist es, in dem Zeitraum, in dem während des Einschaltvorgangs die Versorgungsspannung noch nicht ihren vollen Wert erreicht hat, den Steuereingang des Leistungsschalters V1 kurzzuschließen und damit eine Fehlfunktion während der Einschaltdauer zu verhindern.
Im laufenden Betrieb wird der elektronische Schalter V10 offen gehalten und hat keine Wirkung, da dann das Potential am Steuereingang des Leistungsschalters durch ein Paar weiterer elektronischer Schalter V11, V12 geschaltet wird (geltende Beschreibung, Seite 5, Zeilen 5 bis 9 = ursprüngliche Seite 6, Zeilen 5 bis 9).
4. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist ursprünglich offenbart (§ 38 PatG).
Die Merkmale 1.1, 1.2 und 1.3 entstammen dem ursprünglichen Anspruch 1, die Merkmale 1.3.2, 1.3.3 und 1.4 den ursprünglichen Ansprüchen 2, 4 und 7, das Merkmal 1.5 der Seite 6, Zeilen17 bis 22, das Merkmal 1.6 der Seite 6, Zeile 13 bis 15.
Das Merkmal 1.3.1 geht zum Teil aus dem ursprünglichen Anspruch 1 hervor. Die Prüfungsstelle sah für das restliche Merkmal, die Aktivierung „durch ein für den Betrieb dauerhaft zu haltendes Freigabesignal“, keine Offenbarung. Dem ist insoweit zuzustimmen, als ein dauerhaft zu haltendes Freigabesignal in den ursprünglichen Unterlagen nicht wörtlich erwähnt ist. An einer hinreichenden Offenbarung mangelt es aber tatsächlich nicht.
Im ersten Absatz der Seite 6 wird nämlich zunächst der Betrieb des Geräts mit einer alternativen Öffnung und Schließung des elektronischen Halbleiterschalters beschrieben und daran anschließend angegeben: „Dabei wird der Schalter V10 geöffnet gehalten und beeinflusst somit das Potential des Gate nicht.“ Darüber hinaus wird auf der Seite 6, Zeile 13 bis 15 angegeben: „Die Treiberansteuerung T1 ist derart gestaltet, dass der Schalter V10 solange geschlossen gehalten wird bis der eigentliche gewünschte Betrieb des elektrischen Gerätes begonnen wird und ausgeführt wird“, und schließlich in Zeile 28 bis 31: „Wichtig ist bei der Erfindung, dass der Schalter V1 im gesperrten Zustand gehalten ist durch einen selbstleitenden Halbleiterschalter V10. Erst nach dessen Ansteuerung mit einem Freigabesignal, wodurch der Schalter V10 in den sperrenden Zustand versetzt wird, wird das Gate des Schalters V1 von der Halbbrücke (R11, V11, R12, V12) auf das zum Betrieb gewünschte Potential bringbar.“
Daraus ist für den Fachmann ohne weiteres erkennbar, dass der Schalter V10 bei Betriebsbeginn geschlossen (leitend) und danach durch ein Freigabesignal geöffnet (nichtleitend) gehalten wird, und das jeweils dauerhaft. Dazu wäre theoretisch auch ein nicht dauerhaft zu haltendes Freigabesignal ausreichend, wenn etwa der Schalter V10 über eine Selbsthalteeigenschaft verfügen würde. Derartiges setzt aber der Fachmann bei Transistoren nicht voraus und geht deshalb von einem Dauersignal aus. Selbst wenn der Fachmann eine Selbsthaltefunktion in Betracht ziehen würde, so wäre diese durch den Wortlaut des Anspruchs 1 ausgeschlossen, so dass die Anmeldung durch das Merkmal 1.3.1 jedenfalls nicht erweitert wird.
Diese Beurteilung gilt sinngemäß auch für den nebengeordneten, sachlich entsprechenden Anspruch 7. Die untergeordneten Ansprüche entsprechen im Wesentlichen den ursprünglichen.
5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gilt als neu (§ 3 PatG):
Als relevanten Stand der Technik zieht der Senat die Druckschriften E1 US 4,691,129, E2 DE 690 11 189 T2 oder E3 WO 03/030218 A2 (E3)
in Betracht. Die weiteren von der Prüfungsstelle in Betracht gezogenen Druckschriften liegen zur Überzeugung des Senats weiter ab.
5.1 Die Druckschrift E1 (US 4,691,129) zeigt einen Power-MOSFET für Kraftfahrzeuganwendungen. Als Problem wird die unkontrollierte Teileinschaltung aufgrund unterschiedlicher Massepotentiale genannt (Spalte 1, Zeilen 25 bis 34). Zur Abhilfe wird ein Depletion Mode MOSFET parallel zur Gate-Source-Strecke geschaltet (Spalte 2, Zeilen 21 bis 26). Bei ordnungsgemäßer Masseverbindung liegt beim Einschalten des Power-MOSFETs das Potential Null am Gate des Depletion Mode MOSFETs, was einen Stromfluss, der kleiner als der Strom vom der Steuerschaltung 1 ist, bewirkt, und ein Einschalten nicht verhindert (Spalte 2, Zeilen 36 bis 52). Bei unterbrochenem Masseschluss liegt eine positive Spannung an der Gate-Source-Strecke, die einen größeren Strom bewirkt, und das Einschalten verhindert (Spalte 2, Zeilen 34 bis 65).
Mit den Worten des Anspruchs 1 offenbart die Druckschrift E1 ein:
1.1 1.2
1.3 1.3.2
1.4 Elektrisches Gerät umfassend zumindest einen elektronischen Halbleiterschalter T1, wobei am Steuereingang des elektronischen Halbleiterschalters T1 ein selbstleitendes Bauelement T2 angeordnet ist, wobei das Bauelement zwischen Steuereingang G und einem weiteren Anschluss S des elektronischen Halbleiterschalters T1 angeordnet ist, wobei eine Treiberschaltung 1 mit dem elektronischen Halbleiterschalter T1 verbunden ist.
Bei dieser recht ungewöhnlichen Schaltung liegt das Gate des Bauelements T2 auf Masse.
Im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1, Merkmal 1.5 ist der Zustand bei unzureichender Versorgungsspannung nicht angesprochen. Bei Gate-SourceSpannung Null geht der MOSFET T2 in einen teilweise leitenden Zustand und kann den MOSFET T1 nicht sperren.
Anders als in Merkmal 1.3.1 angegeben, wird das Bauelement T2 auch nicht durch ein dauerhaft zu haltendes Freigabesignal in einen gesperrten Zustand versetzt. Vielmehr wird der MOSFET T1 auch nach dem Einschaltvorgang über den MOSFET T2 angesteuert und wird letzterer periodisch immer dann nichtleitend, wenn das Potential an seinem Gate kleiner wird als das Potential an seiner Source (Spalte 2, Zeilen 40 bis 50).
5.2 Die Druckschrift E2 (DE 690 11 189 T2) zeigt einen Treiber für Hochvoltschaltkreise, die Lampen, Motoren oder andere Verbraucher versorgen können. In dieser Schrift geht es unter anderem um die Vermeidung eines Kurzschusses
(shoot through), wenn zwei Transistoren einer Halbbrücke zugleich leiten. Dazu ist zur Gate-Source-Strecke eines jeden Leistungstransistors T1, T2 ein weiterer FET M1 parallelgeschaltet, der in den leitenden Zustand übergeht, wenn die Gatespannung des Transistors T1 beziehungsweise T2 unter einen vorgegebenen Mindestwert fällt (Seite 6, Zeilen 20 bis 32). Beide Transistoren werden von einer Treiberschaltung angesteuert, mit einer Verriegelungsschaltung „Latch“, die zueinander inverse Steuersignale INU, INNU ausgibt und selbsthaltende Schalter enthält (Seite 6, Zeilen 12 bis Seite 7, Zeile 9).
Entgegen dem dort verwendeten Schaltzeichen ist der FET M1 selbstsperrend: „der Ausgang des Inverters 19 wird auf LOW gesetzt und der Senken-Transistor M1 wird ausgeschaltet.“ (Seite 6, Zeilen 14 bis 16).
Mit den Worten des Anspruchs 1 offenbart die Druckschrift E2 ein:
1.1. 1.2
1.3 1.3.2
1.3.3
1.4 1.5 Elektrisches Gerät, umfassend zumindest einen elektronischen Halbleiterschalter T1, dadurch gekennzeichnet, dass am Steuereingang des elektronischen Halbleiterschalters T1 ein selbstleitendes Bauelement M1 vorgesehen ist, wobei das selbstleitende Bauelement M1 ein elektronischer Schalter ist, der bei Nicht-Anliegen seiner Steuerspannung einen leitenden Zustand aufweist, wobei das selbstleitende Bauelement M1 zwischen Steuereingang und einem weiteren Anschluss des elektronischen Halbleiterschalters T1 angeordnet ist, wobei eine Treiberschaltung CON, LATCH, BUF mit dem elektronischen Halbleiterschalter T1 verbunden ist, wobei für den Fall, dass die Treiberschaltung CON, LATCH, BUF noch keine oder keine ausreichende Spannungsversorgung aufweist, der Steuereingang des elektronischen Halbleiterschalters T1 von dem selbstleitenden Bauelement M1 auf demjenigen Potential gehalten wird, bei dem der elektronische Halbleiterschalter T1 im Sperrzustand ist.
Auf Seite 7, Zeilen 7 bis 9, ist noch angegeben: „Außerdem kann der selbsthaltende Schalter so angeordnet werden, dass sichergestellt ist, dass er sich beim Einschalten immer im Rückstell-Zustand befindet und dafür sorgt, dass der Transistor T1 ausgeschaltet ist“. Daraus folgt, dass das Signal INU beim Einschalten Low und das inverse Signal INNU High sein muss. Damit wäre an sich auch übereinstimmend mit Merkmal:
1.6 die Treiberschaltung LATCH derart gestaltet, dass das selbstleitende Bauelement M1 (durch das Signal INNU auf High) solange geschlossen gehalten wird, bis der eigentliche gewünschte Betrieb des elektrischen Gerätes begonnen und ausgeführt wird.
Das gilt jedoch nur für den Fall, dass die Versorgungsspannung ausreicht, um den Transistor M1 leitend zu schalten, also nicht solange, wie durch Merkmal 1.5 ausdrücklich bestimmt ist, die Treiberschaltung in der Anfangsperiode noch unzureichend mit Spannung versorgt ist.
5.3 Die Druckschrift E3 (WO 03/030218 A2) zeigt einen gesteuerten Gleichrichter mit Leistungstransistoren. Bei solchen Schaltungen ist es wichtig einen Inversbetrieb, d. h. einen Stromfluss bei Spannungsumkehr zu verhindern. Dafür ist mit getrennten Einschalt- und Ausschaltwegen und zwei Ausschalttransistoren 2, 3 für beide Spannungsrichtungen Vorkehrung getroffen. Diese Ausschalttransistoren können Bipolartransistoren oder Feldeffekttransistoren sein (siehe Abstract). In den Figuren 17 bis 20 sind selbstsperrende und selbstleitende Feldeffekttransistoren gezeigt.
Mit den Worten des Anspruchs 1 offenbart die Druckschrift E3 ein:
1.1 Elektrisches Gerät, 1.2 umfassend zumindest einen elektronischen Halbleiterschalter 1, 1.3 wobei am Steuereingang des elektronischen Halbleiterschalters 1 ein selbstleitendes Bauelement 72, 73, 82, 83 vorgesehen ist,
1.3.2 1.3.3 1.4 wobei das selbstleitende Bauelement 72, 73, 82, 83 ein elektronischer Schalter ist, der bei Nicht-Anliegen seiner Steuerspannung einen leitenden Zustand aufweist, wobei das selbstleitende Bauelement 72, 73, 82, 83 zwischen Steuereingang und einem weiteren Anschluss des elektronischen Halbleiterschalters angeordnet ist, wobei eine Treiberschaltung (für die Signale „ON, OFF“) mit dem elektronischen Halbleiterschalter verbunden ist.
Im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 ist dort nur der laufende Betrieb geschildert. Über das Verhalten bei Betriebsbeginn ist nichts ausgesagt. Keine der genannten und auch der weiteren Entgegenhaltungen zeigt ein im Betrieb dauerhaft anliegendes Freigabesignal nach Merkmal 1.3.1, das das selbstleitende Bauelement dauerhaft gesperrt hält.
6. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gilt ferner als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend (§ 4 PatG):
Transistoren, die die Steuerstrecke eines Leistungshalbleiters kurzschließen, sind allgemein üblich (Entgegenhaltungen E1 bis E3). Sie sorgen dafür, dass der Leistungshalbleiters während der Schaltpausen nicht durch Störsignale unkontrolliert eingeschaltet werden kann. Letzteres ist auch bei der Schaltung gemäß der Druckschrift E2 (DE 690 11 189 T2) der Fall, denn danach wird der Transistor M1 eingeschaltet, wenn die Gatespannung des Transistors T1 (oder T2) unter einen vorgegebenen Mindestwert fällt (Seite 5, Zeilen 22 bis 26). Auch bei der Druckschrift E2 geht es in erster Linie um den Schutz der Transistoren während des laufenden Betriebs.
Die Druckschrift E2 zeigt aber darüber hinaus auch das Bestreben, beim Einschalten der Stromrichterschaltung ein zu frühes, unkontrolliertes Leiten des Leistungstransistors zu verhindern, indem während des Einschaltens die Steuersignale INU und INNU auf „Sperren“ gehalten sind (Seite 7, Zeilen 7 bis 9). Der Fachmann mag dabei erkennen, dass das mit einem selbstsperrenden Transistor M1 nur unvollkommen möglich ist, solange die Versorgungsspannung nicht ausreicht, um den Transistor M1 durchzuschalten und er somit während dieses Zeit- raums keine Störsignale ableiten kann. Der Fachmann mag auch daran denken, ihn deshalb durch einen selbstleitenden Schalter zu ersetzen, denn solche Schaltungen sind dem Fachmann beispielsweise aus den Druckschriften E1 und E3 bekannt. Damit kommt er jedoch nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1, denn dieser Transistor würde im Betrieb, gesteuert durch das Gatesignal GU über den Trigger 13 und durch das Inverssignal INNU mit der Schaltfrequenz der Stromrichterschaltung geöffnet und gesperrt werden, wie es auch gemäß den Druckschriften E1 und E3 der Fall ist. Für eine dauerhafte Sperrung des selbstleitenden Bauelements während des Betriebs durch ein Freigabesignal gibt es in keiner der im Verfahren befindlichen Schriften einen Hinweis. Das würde dem dortigen Schutzzweck auch glatt widersprechen.
Mit der Erfindung wird somit eine recht einfache, speziell auf das sichere Einschalten bei Betriebsbeginn zugeschnittene Schaltung realisiert. Um zu dieser Schaltung zu kommen, bedurfte es erfinderischer Überlegungen.
Die gleichen Überlegungen gelten für den damit in der Sache übereinstimmenden nebengeordneten Anspruch 7.
7. Da auch die sonstigen Erteilungsvoraussetzungen vorliegen, insbesondere Reinschriften der gemäß Hauptantrag geltenden, in der mündlichen Verhandlung eingereichten geänderten Patentansprüche und der angepassten Beschreibung mit Eingabe vom 10. August 2016 nachgereicht worden sind (§ 15 Abs. 1 Sätze 2 und 3, § 6 Abs. 1 Satz 1 PatV i. V. m. § 34 Abs. 6 PatG), war das Patent wie geschehen zu erteilen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. 3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt. 4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. 5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind. 6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt Kirschneck Ri BPatG Dr. Scholz ist infolge Erkrankung an der Beifügung seiner Unterschrift gehindert J. Müller Kleinschmidt Pr