3 ZA (pat) 9/15
BUNDESPATENTGERICHT ZA (pat) 9/15 zu 3 Ni 22/13 (EP KoF 83/14
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Patentnichtigkeitssache …
BPatG 152ni_adler 07.12 betreffend das europäische Patent … (DE …)
(hier: Kostenfestsetzung)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 28. September 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Proksch-Ledig und des Richters Kätker beschlossen:
1. Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Erinnerung gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 5. Mai 2014 und die als Anschlusserinnerung zu behandelnde Erinnerung gegen diesen Beschluss werden zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
3. Der Gegenstandswert des Erinnerungsverfahrens beträgt 21.726,90 €.
Gründe I.
1. Die Erinnerungsführerin zu 2. (im Folgenden: Klägerin) war Klägerin der gegen das europäische Patent … gerichteten Nichtigkeitsklage. Die Parteien haben den Rechtsstreit für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte - noch vor einer sachlichen Klageerwiderung - auf das Streitpatent verzichtet und erklärt hat, gegen die Klägerin keine Rechte aus dem Patent für die Vergangenheit geltend zu machen. Hierauf hat der Senat mit Beschluss vom 5. Mai 2014 der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
2. Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 3. Juni 2014 hat die Klägerin u. a. neben einer Verfahrensgebühr für ihre patentanwaltlichen Vertreter eine weitere Verfahrensgebühr („1,3 Verfahrensgebühr § 13, Nr. 3104 VV RVG i. V. m. BGH-Entscheidungen zur Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren (X ZB 6/12 und X ZB 11/12 analog“) für mitwirkende Rechtsanwälte in Höhe von 21.726,90 € geltend gemacht. Zur Begründung hat sie auf eine Berechtigungsanfrage der ausschließlichen Lizenznehmerin der Beklagten vom 26. März 2013 verwiesen, in der diese die Klägerin aufgefordert hat, die Gründe mitzuteilen, aufgrund der sie sich als berechtigt ansehe, den Gegenstand (u. a.) des Streitpatents zu benutzen. Die Klägerin meint, dass wegen dieser Berechtigungsanfrage Abstimmungsbedarf im Hinblick auf ein unmittelbar drohendes Verletzungsverfahren bestanden habe, so dass die Mitwirkung eines Rechtsanwalts im Nichtigkeitsverfahren notwendig gewesen sei. Die Beklagte ist dem Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensgebühr für mitwirkende Rechtsanwälte entgegengetreten.
Mit Beschluss vom 5. Mai 2014 hat die Rechtspflegerin des Senats die der Klägerin von der Beklagten zu erstattenden Kosten auf 115.312,- € festgesetzt. Dabei hat sie eine Verfahrensgebühr für die Tätigkeit der patentanwaltlichen Vertreter, nicht aber eine weitere Verfahrensgebühr für die Tätigkeit der mitwirkenden Rechtsanwälte angesetzt. Nach Auffassung der Rechtspflegerin sind Kosten für eine Doppelvertretung nur bei Rechtshängigkeit eines parallelen Verletzungsklageverfahrens zu erstatten. Ein solches sei während des Nichtigkeitsverfahrens nicht anhängig gewesen, allenfalls habe die Gefahr eines drohenden Verletzungsverfahrens bestanden. Dies sei aber im Hinblick auf das Kostenschonungsgebot nicht ausreichend, um die Notwendigkeit einer Doppelvertretung zu rechtfertigen.
Zugleich hat die Rechtspflegerin versehentlich eine Terminsgebühr in Höhe von 19.795,20 € für die Klägerin angesetzt.
3. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Erinnerung eingelegt. Während die Erinnerung der Beklagten innerhalb der Zweiwochenfrist des § 23 Abs. 2 RPflG eingelegt worden ist, ist die Erinnerung der Klägerin gegen den ihr nach Angaben ihrer anwaltlichen Vertreter am 1. April 2015 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss am 16. April 2015 beim Patentgericht eingegangen.
4. Die Klägerin hat Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Erinnerung beantragt. Zur Begründung hat sie unter Vorlage einer Erklärung eines in der Kanzlei der Klägervertreter beschäftigten Patentanwaltsfachangestellten vorgetragen, dass die Frist bei Eingang des Beschlusses in der Kanzlei nach dem Vieraugenprinzip notiert worden sei. Der Angestellte sei vom Anwalt und von Kollegen auf den Fristablauf und die Erforderlichkeit hingewiesen worden, die am 14. April 2015 unterschriebene Erinnerungsschrift noch am gleichen Tag per Fax abzusenden. Er sei sich auch sicher gewesen, die Erinnerung vorab gefaxt zu haben. Aus unerklärlichen Gründen habe er die Erinnerung jedoch nicht an das Gericht gefaxt sondern nur zur Post gegeben, so dass die Erinnerung um einen Tag verspätet bei Gericht eingegangen sei. In seiner Erklärung führt der Angestellte dazu ergänzend aus, dass er infolge des hohen Faxaufkommens am besagten Tag der Meinung gewesen sei, die Erinnerung gefaxt zu haben, er jedoch „anscheinend ein anderes Sendeprotokoll vor Augen gehabt“ habe, als er die Frist gestrichen habe.
5. Mit Abhilfebeschluss vom 22. Juni 2015 hat die Rechtspflegerin die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 95.516,80 € festgesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der ursprüngliche Ansatz einer Terminsgebühr auf einem Versehen beruht habe.
Mit Verfügung vom gleichen Tag hat sie die Erinnerung der Klägerin dem Senat zur Entscheidung vorgelegt und die Parteien hierüber unterrichtet.
Die Klägerin hat mit Eingabe vom 21. Juli 2015 unter Verweis auf Eicken et al., Die Kostenfestsetzung, 21. Aufl., B 196, vorgetragen, dass eine als selbständig eingelegte, aber unzulässige Erinnerung als unselbständige Anschlusserinnerung zu behandeln sei, wenn der Gegner seinerseits eine zulässige Erinnerung eingelegt habe. Andernfalls werde um richterlichen Hinweis und um Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme zum Wiedereinsetzungsantrag gebeten. In der Sache verweist die Klägerin auf ihre Erinnerungsbegründung vom 14. April 2015. Darin hat sie geltend gemacht, dass ausweislich der Berechtigungsanfrage der Lizenznehmerin und des damit drohenden Verletzungsverfahrens ein entsprechender Abstimmungsbedarf mit den mitwirkenden Rechtsanwälten bestanden habe. Diese seien bei der Vorbereitung der Nichtigkeitsklage sowie in die Einigungsgespräche einbezogen gewesen, so dass ihre Mitwirkung erforderlich gewesen sei.
II.
1. a) Die Erinnerung der Klägerin ist nicht zulässig, soweit sie als selbstständige Erinnerung eingelegt worden ist, denn sie ist nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 23 Abs. 2 Satz 2 RPflG eingelegt worden. Der angefochtene Beschluss der Rechtspflegerin ist den Vertretern der Beklagten nach ihren Angaben (vgl. Erinnerungsschrift vom 14. April 2015) am 1. April 2015 zugestellt worden. Die Erinnerung hätte daher innerhalb von zwei Wochen (§ 23 Abs. 2 Satz 2 RPflG) bis Mittwoch, 15. April 2015 eingelegt werden müssen. Sie ist jedoch erst am 16. April 2015 bei Gericht eingegangen, so dass die Erinnerungsfrist versäumt worden ist.
b) Die Klägerin war auch nicht nach § 123 Abs. 1 PatG in die versäumte Erinnerungsfrist wiedereinzusetzen, denn sie war nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert. Die Klägervertreter, deren Verschulden der Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, haben bei der Organisation ihrer Ausgangskontrolle nicht die zur Sicherung des rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Ausgangs von fristwahrenden Schriftsätzen erforderliche Sorgfalt angewendet. Die Büroorganisation berufsmäßiger Vertreter muss eine wirksame Ausgangskontrolle sicherstellen (Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl., § 233 Rn. 23 „Büropersonal und -organisation“). Im Rahmen der ordnungsgemäßen Büroorganisation hat ein Anwalt sein Büro so zu organisieren, dass Fristversäumnisse bei normalen Ablauf bei Beobachtung seiner Weisungen nicht vorkommen können (vgl. Schulte, Patentgesetz, 7. Aufl., § 123 Rn. 93). Dazu gehört die Überwachung der Absendung fristwahrender Schriftsätze durch eine End- oder Ausgangskontrolle (Schulte, a. a. O. Rn. 94 Ziff. 5.). Hierbei ist generell oder im Einzelfall anzuordnen dass sofern nicht eine Eingangsbestätigung eingeholt wird - ein Sendebericht (Einzelnachweis) ausgedruckt und überprüft wird (vgl. Schulte, a. a. O., Rn. 139; Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl., § 233 Rn. 23 „Telefax – Löschung im Fristenkalender“; Thomas/Putzo Zivilprozessordnung, 35. Aufl., § 233 Rn. 52b, jew. m. w. N.). Der Sendebericht ist auf die Empfängernummer, die Zahl der übermittelten Seiten und evt. Übermittlungsstörungen hin zu prüfen. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gelöscht werden (Zöller, a. a. O.; Thomas/Putzo, a. a. O.; Schulte, a.a.O.). Dies verlangt, dass das die entsprechenden Angaben anhand des dem Bearbeiter unmittelbar vorliegenden Sendeprotokolls überprüft werden, bevor die Frist gestrichen wird, da der erforderliche Abgleich der Daten (vgl. Thomas/Putzo, a. a. O., Rn. 52b) sonst nicht möglich ist. Die Streichung der Frist aus der bloßen (vermeintlichen) Erinnerung heraus entspricht hingegen nicht einer ordnungsgemäßen Ausgangskontrolle, da dann - gerade in Zeiten eines hohen Faxaufkommens - Verwechslungen auftreten können, wie sie vorliegend der Angestellte der Klägervertreter angedeutet hat. Da eine Büroorganisation mit einer Ausgangskontrolle, die solche Fehler ausschließt, nicht glaubhaft gemacht worden ist, kann das Fristversäumnis nicht als unverschuldet angesehen werden.
Daran ändert auch nichts, dass der anwaltliche Vertreter eine Einzelanweisung gegeben hat, die Erinnerung per Fax abzusenden. Dies macht eine Kontrolle der Faxübermittlung nicht entbehrlich (Thomas/Putzo, a. a. O.). Insbesondere ersetzt die Weisung, einen Schriftsatz (sofort) per Fax zu versenden, nicht die allgemeine Anweisung, dass die Fristwahrung erst nach Ausdrucken und ordnungsgemäßer Überprüfung des Sendeberichts vermerkt werden darf (vgl. Zöller, a. a. O. mit Hinweis auf NJW 2011, 2367; 2004, 367/9; MDR 2004, 1375). Die Erinnerung ist damit unzulässig nach Ablauf der Erinnerungsfrist des § 23 Abs. 2 Satz 2 RPflG eingelegt worden.
c) Die Erinnerung ist jedoch im Wege der Umdeutung (§ 140 BGB analog) als unselbständige Anschlusserinnerung zu behandeln. Auch im Verfahrensrecht gilt analog § 140 BGB der Grundsatz, dass eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige und wirksame umzudeuten ist, wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (vgl. BGH NJW 1995, 2362, 2363). Eine als selbständig eingelegte, aber - etwa wegen Verspätung - unzulässige Erinnerung kann daher als unselbständige Anschlusserinnerung behandelt werden, wenn der Gegner seinerseits eine zulässige Erinnerung eingelegt hat (vgl. von Eicken et. al., Die Kostenfestsetzung, B 196; Stein/Jonas, Zivilprozessordnung, 22. Aufl., § 567 Rn. 42; Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 567 Rn. 41). Nachdem eine Partei in aller Regel einen unzulässigen Rechtsbehelf als zulässigen Anschlussrechtsbehelf retten will (vgl. zur Anschlussberufung BGH NJW 1987, 3263) und vorliegend keine der Umdeutung entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen der Beklagten ersichtlich sind, ist die unzulässige Erinnerung der Klägerin daher als Anschlusserinnerung zu behandeln.
Da die umzudeutende (Anschluss-) Erinnerung der Klägerin am 16. April 2015 und damit vor Erlass des Abhilfebeschlusses der Rechtspflegerin vom 22. Juni 2015 eingelegt worden ist, ist sie auch vor der Entscheidung über die Haupterinnerung, mithin während deren Anhängigkeit, eingelegt worden. Es ist daher unschädlich,
dass die Klägerin erstmalig mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015 sinngemäß die Weiterbehandlung als unselbständige Anschlussbeschwerde beantragt hat.
2. Die Anschlusserinnerung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Rechtsanspruch auf Ersatz der Kosten ihrer im Verfahren vor dem Bundespatentgericht zusätzlich zu den patentanwaltlichen Vertretern mitwirkenden Rechtsanwälte, da diese Kosten nicht i. S. v. § 91 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 84 Abs. 2 ZPO notwendig waren.
a) Die Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten richtet sich nach § 84 Abs. 2 PatG i. V m. §§ 91 ff. ZPO. Gemäß § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Zu diesen Kosten gehören nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsbzw. Patentanwalts der obsiegenden Partei. Sie gelten von Rechts wegen als zweckentsprechende Kosten der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung. Für die Erstattungsfähigkeit der Kosten des zusätzlich zum Patentanwalt mitwirkenden Rechtsanwalts kommt es daher gemäß § 84 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO darauf an, ob diese Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtverteidigung notwendig waren, was sich nach einem objektiven Maßstab beurteilt.
Bei Prüfung der Notwendigkeit ist darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung - also bei objektiver Betrachtung ex ante - als sachdienlich ansehen durfte, wobei die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen darf und lediglich gehalten ist, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. BGH GRUR 2005, 271 m. w. N.). Es muss sich mithin um Kosten handeln, die für solche Handlungen entstanden sind, die zum Zeitpunkt ihrer Vornahme objektiv erforderlich und geeignet erscheinen, das streitige Recht zu verfolgen oder zu verteidigen (Mes, Patentgesetz, 3. Aufl. 2011, § 84 PatG Rn. 43). Notwendig sind danach alle Kosten, ohne die die zweckentsprechenden Maßnahmen nicht getroffen werden könnten. Jede Partei ist verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt (BGH NJW 2007, 2257; 2007, 3723).
b) Bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit ist grundsätzlich eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall Streit darüber besteht, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (BGH GRUR 2011, 754, Rn. 27 - Kosten des Patentanwalts II; BGH GRUR 2013, 429, Rn. 24 - Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren).
c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze geht die Beauftragung eines Patentanwalts und eines Rechtsanwalts nebeneinander für das erstinstanzliche Nichtigkeitsverfahren im vorliegenden Fall über das hinaus, was eine verständige, kostenbewusste und wirtschaftlich vernünftige Partei als in diesem Sinn erforderlich ansehen durfte.
aa) Nach neuerer Rechtsprechung wird die Zuziehung eines Rechtsanwalts neben einem Patentanwalt typischerweise als notwendig i. S. v. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO angesehen, wenn zeitgleich mit dem Nichtigkeitsverfahren ein das Streitpatent betreffender Verletzungsstreit anhängig ist, an dem die betreffende Partei oder ein mit ihr wirtschaftlich verbundener Dritter beteiligt ist (vgl. Schulte, § 80 Rn. 40 m. w. N., insb. BGH GRUR 13, 427; 13, 430).
Maßgebend hierfür ist vor allem der Abstimmungsbedarf im Hinblick auf das Vorbringen der Partei in beiden Verfahren und die Auswahl der in Betracht kommenden Angriff- oder Verteidigungsstrategien, die ein möglichst konsistentes Vorgehen in beiden Verfahren ermöglichen soll. Dies erfordert u.a. detaillierte Kenntnis der konkreten Verfahrenssituation im jeweils anderen Rechtsstreit und der für den weiteren Verlauf in Betracht kommenden Handlungsalternativen.
bb) Im vorliegenden Fall ist von den Parteien jedoch kein paralleler Verletzungsstreit geführt worden, der nach den o. g. Grundsätzen eine Mitwirkung rechtsanwaltlicher Vertreter erfordert hätte. Vielmehr liegt nur eine bloße Berechtigungsanfrage der ausschließlichen Lizenznehmerin des Streitpatents vom 26. März 2013 vor, in der die Klägerin zur Stellungnahme über die Berechtigung zur angeblichen Benutzung des Streitpatents sowie weiterer Patente der Beklagten aufgefordert wird.
Eine solche Berechtigungsanfrage, die noch nicht einmal eine mit einem Unterlassungsverlangen verknüpfte Abmahnung bzw. Verwarnung darstellt (vgl. Schulte, a. a. O., § 139 Rn. 188; Engels/Morawek, GRUR 2010, 474 unter f)), dient lediglich dem Meinungsaustauch über das Patent zur Wahrung der Rechte des Patentinhabers (vgl. Schulte, a. a. O.). Der vorprozessuale Bereich wird damit noch nicht verlassen (vgl. zur Abmahnung: Busse, Patentgesetz, 7. Aufl., § 84 Rn. 18).
Damit lag ein Verletzungsverfahren weder vor noch drohte es auch nur unmittelbar. Allenfalls hat die Beklagte bzw. ihre Lizenznehmerin erste vorprozessuale Maßnahmen getroffen, um die Einleitung rechtlicher Schritte unter Berücksichtigung einer Stellungnahme der Klägerin überhaupt prüfen zu können. In diesem Stadium war es noch nicht einmal absehbar, ob es im weiteren Verlauf überhaupt zu einer Abmahnung bzw. einem Unterlassungsverlangen und ggf. zur Erhebung einer Verletzungsklage kommen würde. Insbesondere zeigt der Verlauf des vorliegenden Falls, in dem keine Verletzungsklage erhoben worden ist und die Beklagte relativ zeitnah nach Erhebung der Nichtigkeitsklage auf ihr Patent verzichtet hat,
dass ein Verletzungsverfahren im Anschluss an eine Berechtigungsanfrage keineswegs unmittelbar droht.
Eine Situation, die der gleichzeitigen Beteiligung an einem Nichtigkeits- und einem Verletzungsverfahren entspricht, und bei der die Verzahnung beider Verfahren eine Abstimmung von Vorbringen und Angriffs- und Verteidigungsmitteln unter detaillierter Kenntnis des jeweils anderen Verfahrens erfordert, lag daher nicht ansatzweise vor.
In den von der Klägerin genannten Rechtsprechungsfällen (BGH X ZB 6/12 (= GRUR 2013, 430 - Rechtsanwalt im Nichtigkeitsverfahren) und X ZB 11/12 (= GRUR 2013, 427 - Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren)) hat der Bundesgerichtshof im Übrigen auch betont, dass eine Doppelvertretung selbst im Falle eines gleichzeitig anhängigen Verletzungsrechtstreits nicht schlechthin als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig angesehen werden darf. So gebe es eine nicht unerhebliche Anzahl von Nichtigkeitsverfahren, mit denen kein paralleler Verletzungsrechtsstreit einhergehe und in denen auch Senate des Bundespatentgerichts die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Doppelvertretung in der ersten Instanz regelmäßig verneinten, wobei er unter Billigung von BPatG Mitt. 2012, 371 (= BPatGE 53, 173) den Fall einer nur kurzzeitigen Anhängigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nennt (BGH GRUR 2013, 427 Rn. 34 - Doppelvertretung in Nichtigkeitsverfahren; BGH GRUR 2013, 430 Rn. 32 - Rechtsanwalt in Nichtigkeitsverfahren; vgl. a. Schulte, a. a. O. § 80 Rn. 40 unter a)). Nachdem es vorliegend noch nicht einmal zu einer auch nur kurzfristigen Überschneidung eines Verletzungsverfahrens mit dem Nichtigkeitsverfahren gekommen ist, kann bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise (s. o.) erst recht keine Notwendigkeit der Mitwirkung von Rechtsanwälten beim Nichtigkeitsverfahren gesehen werden.
Schließlich kann auch die von der Klägerin pauschal vorgetragene Einbeziehung der Rechtsanwälte in Einigungsgespräche zwischen den Parteien keine Notwen- digkeit der Doppelvertretung begründen. Da diese Möglichkeit der gütlichen Einigung grundsätzlich in allen Nichtigkeitsverfahren bzw. in deren Vorfeld besteht, würde jede andere Wertung zu einer unzulässigen Anerkennung der generellen Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten in Nichtigkeitsverfahren führen. Auch insoweit ist kein besonderer Abstimmungsbedarf erforderlich, wie er den Erwägungen der o. g. Rechtsprechung zugrunde liegt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Wert des Erinnerungsverfahrens ergibt sich aus dem mit der Erinnerung zur Überprüfung gestellten Betrag.
Schramm Dr. Proksch-Ledig Kätker Pr