V ZB 24/21
BUNDESGERICHTSHOF V ZB 24/21 BESCHLUSS vom 20. Januar 2022 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2022:200122BVZB24.21.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Januar 2022 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Göbel, die Richterin Haberkamp und die Richter Dr. Hamdorf und Dr. Malik beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 18. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 23. März 2021 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 45.000 €.
Gründe:
I.
Das Oberlandesgericht hat durch den angefochtenen Beschluss auf die Anhörungsrüge der Beklagten einen vorherigen Beschluss aufgehoben, den Antrag der Beklagten vom 4. März 2021 auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen diese Entscheidung wenden sich die Beklagten mit der Rechtsbeschwerde.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
2. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil er nicht ausreichend mit Gründen versehen ist.
a) Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben sowie den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen. Anderenfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO) erforderlichen Gründen versehen und bereits deshalb wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangels aufzuheben (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2014 - XI ZB 5/13, AnwBl. 2014, 1062 [juris Rn. 5]; Beschluss vom 4. November 2014 - II ZB 25/13, NJW 2015, 1027 Rn. 13; Beschluss vom 20. August 2019 - VIII ZB 29/19, NJW-RR 2019, 1293 Rn. 9; Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZB 41/20, NJW-RR 2021, 317 Rn. 4 jeweils mwN). Das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Berufungsgericht festgestellt hat (§ 577 Abs. 2 Satz 1 und 4, § 559 ZPO). Enthält der angefochtene Beschluss keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen, ist das Rechtsbeschwerdegericht zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2014 - XI ZB 5/13, aaO; Beschluss vom 4. November 2014 - II ZB 25/13, aaO; Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZB 41/20, aaO jeweils mwN).
b) Nach diesen Grundsätzen kann der angegriffene Beschluss keinen Bestand haben. Die angefochtene Entscheidung enthält weder eine Darstellung des Sachverhalts noch der Prozessgeschichte, und sie gibt das Vorbringen, mit dem die Beklagten ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist beantragt haben, nicht wieder. Der für die rechtliche Überprüfung erforderliche Sachverhalt lässt sich auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit den Gründen der angefochtenen Entscheidung entnehmen.
III.
Die Entscheidung über die Nichterhebung von Gerichtskosten beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG. Mangels tatsächlicher Feststellungen zum Sach- und Streitstand hat der Senat den Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach der Wertfestsetzung des Berufungsgerichts bestimmt.
IV.
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, sich mit der Rüge der Rechtsbeschwerde auseinanderzusetzen, es habe nicht ohne vorherigen Hinweis davon ausgehen dürfen, dass die Akte dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 9. Februar 2021 vorgelegt wurde.
Stresemann Hamdorf Göbel Malik Haberkamp Vorinstanzen:
LG Kiel, Entscheidung vom 15.12.2020 - 3 O 78/20 OLG Schleswig, Entscheidung vom 23.03.2021 - 18 U 3/21 -