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6 StR 493/22

BUNDESGERICHTSHOF StR 493/22 (alt: 6 StR 431/21)

BESCHLUSS vom 21. Februar 2023 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung ECLI:DE:BGH:2023:210223B6STR493.22.0 Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Februar 2023 beschlossen:

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 12. Juli 2022 im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht Stendal hatte die Angeklagte im ersten Rechtsgang mit Urteil vom 2. Juni 2021 wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt, ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Auf ihre Revision hob der Senat dieses Urteil mit Beschluss vom 11. Januar 2022 (6 StR 431/21) unter Aufrechterhaltung der Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatgeschehen auf und verwies die Sache an eine Jugendkammer des Landgerichts Magdeburg zurück. Dieses hat die Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung wiederum zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt und ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Nach den Feststellungen stach die Angeklagte am Vortag ihres 15. Geburtstags während des Schulunterrichts einem in der Bankreihe vor ihr sitzenden Mitschüler ein Messer kräftig in den Rücken. Der Geschädigte erlitt Verletzungen im Bereich des Rückenmarks, die zu anhaltenden Beschwerden führten. Die Angeklagte war im Tatzeitpunkt aufgrund einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus erheblich in ihrer Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt.

2. Der Schuldspruch hält der rechtlichen Prüfung aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen stand. Demgegenüber kann der Rechtsfolgenausspruch nicht bestehen bleiben.

a) Der Strafausspruch weist durchgreifende Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.

aa) Die Erwägungen des Landgerichts zur Höhe der verhängten Jugendstrafe – deren Anordnung für sich betrachtet keinen rechtlichen Bedenken begegnet – entsprechen nicht den Anforderungen des § 18 Abs. 2 JGG.

(1) Nach dieser Vorschrift ist die Höhe der Jugendstrafe in erster Linie an erzieherischen Gesichtspunkten auszurichten. Die Urteilsgründe müssen daher erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt worden ist. Grundsätzlich ist zwar die in den gesetzlichen Regelungen des allgemeinen Strafrechts zum Ausdruck kommende Bewertung des Ausmaßes des in einer Straftat hervorgetretenen Unrechts auch bei der Bestimmung der Höhe der Jugendstrafe zu berücksichtigen. Die Begründung darf aber nicht wesentlich oder gar ausschließlich nach solchen Zumessungserwägungen vorgenommen werden, die auch bei Erwachsenen in Betracht kommen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2022 – 4 StR 177/22, Rn. 6, NStZ 2022, 755; Beschluss vom 19. April 2016 – 1 StR 95/16, Rn. 5, NStZ 2016, 683). Auch eine lediglich formelhafte Erwähnung des Erziehungsgedankens genügt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2021 – 2 StR 433/20, Rn. 31; Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 400/09, Rn. 2, NStZ 2010, 281).

(2) Diesen Anforderungen werden die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts nicht gerecht. Es hat hinsichtlich der „zur erzieherischen Einwirkung auf die Angeklagte“ erforderlichen Dauer der Jugendstrafe zu Gunsten der Angeklagten neben den fehlenden Vorstrafen berücksichtigt, dass sie die Tat, die sie inzwischen bereue, im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit begangen und als solche auch gestanden habe. Zu ihren Lasten hat die Jugendkammer neben den erheblichen Folgen der Tat für den Geschädigten berücksichtigt, dass die Angeklagte mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt und drei Qualifikationstatbestände des § 224 StGB verwirklicht habe. Damit hat das Landgericht – unter lediglich formelhafter Erwähnung des Erziehungsgedankens – ausschließlich Umstände des allgemeinen Strafrechts berücksichtigt, ohne die erzieherische Notwendigkeit der verhängten Jugendstrafe näher zu begründen.

bb) Rechtsfehlerhaft ist ferner die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte habe den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung in drei Varianten verwirklicht. Aus den von der Revision und dem Generalbundesanwalt zutreffend dargestellten Gründen tragen die Feststellungen nicht die Annahme eines hinterlistigen Überfalls im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB.

cc) Zudem hat das Landgericht den bedingten Tötungsvorsatz der Angeklagten im Tatzeitpunkt strafschärfend berücksichtigt, obwohl es insoweit von einem strafbefreienden Rücktritt ausgegangen ist. Auch das ist rechtsfehlerhaft (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 1996 – 3 StR 445/95, BGHSt 42, 43; Beschluss vom 8. Januar 2014 – 3 StR 372/13, Rn. 2, StV 2014, 482).

b) Die Aufhebung des Strafausspruchs zieht den Wegfall des Maßregelausspruchs nach sich. Dies folgt bereits aus dem im Jugendstrafrecht gemäß § 5 Abs. 3 JGG bestehenden engen Sachzusammenhang zwischen der Verhängung der Jugendstrafe und einer Maßregelanordnung nach § 63 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2015 – 3 StR 5/15, Rn. 9 f.; Beschluss vom 1. Oktober 2013 – 3 StR 299/13, Rn. 4; MüKoStGB/Laue, 4. Aufl. 2022, § 5 JGG Rn. 26).

c) Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.

Sander Feilcke Tiemann von Schmettau Arnoldi Vorinstanz: Landgericht Magdeburg, 12.07.2022 - 22 KLs 164 Js 7172/22 (3/22)

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