Paragraphen in 19 W (pat) 7/13
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4 | 4 | PatG |
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 7/13 Verkündet am 24. Juni 2013
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
BPatG 154 05.11 betreffend das Patent 101 27 123 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Hartung, der Richterin Kirschneck, der Richter Dr.-Ing. Scholz und Dipl.-Phys. Bieringer beschlossen:
Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe I
Das Deutsche Patent- und Markenamt - Patentabteilung 31 - hat das auf die am 5. Juni 2001 eingegangene Anmeldung erteilte Patent 101 27 123 mit der Bezeichnung „Teilnehmeridentifikationskarte (SIM) für Mobilfunkendgeräte mit Sperrfunktion“ im Einspruchsverfahren durch Beschluss vom 12. November 2008 widerrufen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.
Die Patentinhaberin beantragte,
den Beschluss der Patentabteilung 31 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. November 2008 aufzuheben und das Patent 101 27 123 in erteiltem Umfang,
hilfsweise beschränkt mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 vom 13. Juni 2013,
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 vom 13. Juni 2013 als Hilfsantrag 2,
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 vom 13. Juni 2013 als Hilfsantrag 3,
übrige Unterlagen jeweils wie erteilt.
Die Einsprechende beantragte,
die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung wurde den Parteien vom Senat jeweils ein Ausdruck des „Schedule Detailed Report“, welcher am 27. Mai 2013 von http://webapp.etsi.org/workProgram/Report_Schedule.asp?WKI_ID=9936 geladen wurde, überreicht.
Das erteilte Patent umfasst insgesamt 7 Patentansprüche. Der erteilte Patentanspruch 1 lautet unter Einfügung einer Gliederung:
„[1.1] Teilnehmeridentifikationskarte (38) (SIM) für Mobilfunkendgeräte in einem Mobilfunknetz,
[1.2] welche Sperrmittel (44, 46) zum Sperren von wenigstens einer Vorwahlnummer (32) als Funktion und/oder Eigenschaft (10) des Mobilfunkendgerätes enthält,
[1.3] wobei diejenige Vorwahlnummer (32), die nicht benutzt werden darf in einer Sperrtabelle (46) enthalten ist dadurch gekennzeichnet, dass
[1.4] die zu sperrende Vorwahlnummer (32) einstellbar ausgebildet ist,
[1.5] wobei die Sperrtabelle (46) verschlüsselt ist und nur mit Hilfe eines Codes verändert werden kann.“
Wegen der geltenden abhängigen Patentansprüche 2 bis 7 wird auf die Akte verwiesen.
Der geltende Hauptanspruch gemäß Hilfsantrag 1 ergänzt den erteilten Patentanspruch 1 um die Merkmale (Gliederung eingefügt):
„[2.1] ,wobei die Sperrmittel einen Sperralgorithmus enthalten, [2.2] der in dem Chip der Teilnehmeridentifikationskarte gespeichert ist.“
Der Hauptanspruch gemäß geltendem Hilfsantrag 2 lautet unter Einfügung einer Gliederung:
„[1.1] Teilnehmeridentifikationskarte (38) (SIM) für Mobilfunkendgeräte in einem Mobilfunknetz
[1.1a] bei der bestimmte Funktionen des Mobilfunkgeräts von der Teilnehmeridentifikationskarte (38) ausgeschaltet werden können,
[1.2] welche Sperrmittel (44, 46) zum Sperren von wenigstens einer Vorwahlnummer (32) als Funktion und/oder Eigenschaft (10) des Mobilfunkendgerätes enthält,
[1.3] wobei diejenige Vorwahlnummer (32), die nicht benutzt werden darf in einer Sperrtabelle (46) enthalten ist dadurch gekennzeichnet, dass
[1.4] die zu sperrende Vorwahlnummer (32) einstellbar ausgebildet ist,
[1.5] wobei die Sperrtabelle (46) verschlüsselt ist und nur mit Hilfe eines Codes verändert werden kann,
[2.1] wobei die Sperrmittel einen Sperralgorithmus enthalten, [2.2] der in dem Chip der Teilnehmeridentifikationskarte gespeichert ist [2.2a] und bestimmte Funktionen des Gerätes sperrt.“
Der Hauptanspruch gemäß geltendem Hilfsantrag 3 lautet unter Einfügung einer Gliederung:
„[1.1] Teilnehmeridentifikationskarte (38) (SIM) für Mobilfunkendgeräte in einem Mobilfunknetz
[1.1a] bei der bestimmte Funktionen des Mobilfunkgeräts von der Teilnehmeridentifikationskarte (38) ausgeschaltet werden können,
[1.2] welche Sperrmittel (44, 46) zum Sperren von wenigstens einer Vorwahlnummer (32) als Funktion und/oder Eigenschaft (10) des Mobilfunkendgerätes enthält,
[1.3] wobei diejenige Vorwahlnummer (32), die nicht benutzt werden darf in einer Sperrtabelle (46) enthalten ist dadurch gekennzeichnet, dass
[1.4] die zu sperrende Vorwahlnummer (32) einstellbar ausgebildet ist,
[1.5] wobei die Sperrtabelle (46) verschlüsselt ist und nur mit Hilfe eines Codes verändert werden kann,
[1.6] wobei auf der Teilnehmeridentifikationskarte (38) ein Chip (40) vorgesehen ist,
[1.6.1]welcher ein Modul mit einem Sperralgorithmus (44) enthält und dieser Sperralgorithmus (44) auf ein Modul mit der Sperrtabelle (46) zugreift,
[1.6.2]wobei durch Auslesen der Sperrtabelle (46) der Sperralgorithmus (44) die Funktionen des Mobilgeräts sperrt.“
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
1. Die gemäß § 73 Abs. 1 PatG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats ist der Gegenstand des Patents weder in der erteilten Fassung noch in einer der hilfsweise beantragten Fassungen nach § 3 bzw. § 4 PatG patentfähig. Der Widerruf des Patents erfolgte daher zu Recht (§ 61 Abs. 1 Nr. 1 PatG).
2. Der Einspruch ist zulässig. Die Zulässigkeit wurde im Übrigen von der Patentinhaberin auch nicht bestritten.
3. Als Fachmann legt der Senat einen Ingenieur der Nachrichtentechnik mit Berufserfahrung auf dem Gebiet der Mobilfunktechnik und vertieften Kenntnissen über das Zusammenwirken von SIM und Mobilfunkendgerät zugrunde.
4. Das Streitpatent betrifft eine Teilnehmeridentifikationskarte (SIM) für Mobilfunkendgeräte in einem Mobilfunknetz. Gemäß Streitpatentschrift seien die Aufgaben zu lösen, die Nachteile des genannten Standes der Technik zu beseitigen und eine Teilnehmeridentifikationskarte zu schaffen, bei der bestimmte Funktionen des Mobilfunkendgerätes ausgeschaltet werden könnten, ohne dass der Benutzer einen Einfluss darauf nehmen könne (vgl. Streitpatentschrift, Absatz [0011]).
Die Streitpatentschrift geht davon aus, dass die Teilnehmeridentifikationskarte (=SIM) und das Mobilfunkendgerät von einem Eigentümer einem anderen Benutzer (z. B. einem Außendienstmitarbeiter) überlassen werden. Dabei sollen dem Benutzer das Nutzen bestimmter Funktionen/Vorwahlnummern untersagt werden. Bei dem in der Streitpatentschrift gewürdigten Stand der Technik sei das Sperren von Funktionen/Vorwahlnummern geräteabhängig (vgl. Streitpatent, Abs. [0007] u. [0008]) oder geschehe in einer Dienstvorrichtung außerhalb des Mobilfunkendgeräts (vgl. Streitpatent, Abs. [0009]), was als nachteilig angesehen wird.
Gemäß Streitpatent werde die Aufgabe dadurch gelöst, dass bei einer Teilnehmeridentifikationskarte zu sperrende Vorwahlnummern einstellbar gespeichert seien, wobei die Sperrtabelle verschlüsselt sei und nur mit Hilfe eines Codes verändert werden könne.
5. Einzelne Merkmale der Patentansprüche bedürfen zusätzlicher Erläuterung:
Die beanspruchten „Sperrmittel zum Sperren“ gemäß Merkmal [1.2] versteht der Senat als Bestandteil der beanspruchten Teilnehmeridentifikationskarte. Sperrmittel sind dabei gemäß dem Wortsinn auszulegen als Mittel, die geeignet sind Vorwahlnummern zu sperren. Unter Heranziehen der Beschreibung umfasst dies insbesondere eine Sperrtabelle oder einen Sperralgorithmus (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0024] und [0014] bis [0015]).
Der Senat versteht das Merkmal [1.5] dahingehend, dass der Code die Sperrtabelle entschlüsselt. Eine Beschränkung dahingehend, dass die einzelnen Einträge (Vorwahlnummern) der Sperrtabelle separat verschlüsselt seien und eine Entschlüsselung durch Passwort (Code) allein nicht unter den Anspruchswortlaut falle, wie es die Patentinhaberin versteht, ist nach Überzeugung des Senats nicht zulässig. Der Anspruchswortlaut beinhaltet, dass die Sperrtabelle nur mit Hilfe des Codes verändert werden kann, was nach Auffassung des Senats dahingehend zu verstehen ist, dass der Code allein ausreichend ist, um die Veränderung der Sperrtabelle vorzunehmen. Im Übrigen ist auch in der korrespondierenden Passage der Beschreibung (vgl. Abs. [0024]) kein Hinweis gegeben, der eine Auslegung zulassen würde, wonach die Entschlüsselung der Sperrtabelle durch den Code allein nicht erfolgen könnte. Somit bleibt dem Senat nur, das Merkmal [1.5] im Sinne eines Passwortschutzes auszulegen.
Nach Auffassung des Senats bedarf die Phrase „bestimmte Funktionen“ der Merkmale [1.1a] und [2.2.a] einer Auslegung unter Heranziehen der Beschreibung, da aus den betreffenden Patentansprüchen selbst nicht klar und eindeutig hervorgeht, was darunter zu verstehen sein soll. Aus der Beschreibung der Patentschrift, Absatz [0016], ist für den Fachmann entnehmbar, dass darunter auch Rufnummern zu verstehen sind, die von Kindern nicht gewählt werden dürfen. Die Phrase umfasst in ihrer Allgemeinheit auch noch weitere Ausführungen, wie Kosten verursachende Funktionen (vgl. Patentschrift, Absatz [0013]).
6. Zum Stand der Technik wurden von der Einsprechenden mit dem Einspruchsschriftsatz vom 7. September 2007 die Druckschriften
(D5) ETSI TS 100 906 V7.1.0 (2000-04), Technical Specification, Digital cellular telecommunications system (Phase 2+); Mobile Stations (MS) features (GSM 02.07 version 7.1.0. Release 1998),
(D6) WO 99/18704 A2 und vom Senat mit Bescheid vom 31. Mai 2013 die
(D7) ETSI, European Telecommunications Standards Institute: „Digital cellular telecommunications system (Phase 2+); Specification of SIM Applikation Toolkit for the Subscriber Identity Module - Mobile Equipment (SIM - ME) Interface (GSM 11.14)”, GSM 11.14, December 1996, Version 5.2.0, Reference TS/SMG-091114QR, ISBN 2-7437-1205-8 in das Verfahren eingeführt.
Die Patentinhaberin bezweifelte in ihrem schriftlichen Vorbringen zunächst, dass die D5 zum Stand der Technik zu zählen sei.
Nach Überzeugung des Senats handelt es sich bei dem Dokument D5 um einen Teil des GSM-Standards, welches durch Einstellen auf dem Server des „European Telecommunication Standards Institute“ (ETSI) für den Fachmann offenkundig geworden ist. Wie sich nach einer Abfrage des Senats auf dem ETSI-Server (www.etsi.org) und dem Laden des „Schedule Detailed Report“ unter http://webapp.etsi.org/workProgram/Report_Schedule.asp?WKI_ID=9936 ergibt, war die D5 mit der Reference „RTS/SMG-010207Q7R1“ (vgl. D5, Seite 2 oben) für den 13. April 2000 zur Publikation geplant und ist am 15. Mai 2000 veröffentlicht worden (vgl. folgenden Ausschnitt, letzte Zeile, Spalte „Achieved“).
Zur Überzeugung des Senats war das Dokument D5 zu dem genannten Zeitpunkt auch für die Öffentlichkeit zugänglich, weil der Server für die Fachöffentlichkeit zugänglich war. Die öffentliche Zugänglichkeit der D6 und D7 vor dem Anmeldetag wurde von den Parteien nicht angezweifelt. 7. Der Gegenstand des Hauptanspruchs gemäß Hauptantrag ist mangels Neuheit (§ 3 PatG) nicht patentfähig. Die D5 betrifft die standardisierten Merkmale einer Mobilstation (MS), welche ein mobiles Endgerät (mobile equipment ME) und eine Teilnehmeridentifikationskarte (SIM) aufweist, in einem standardisierten GSM-Mobilfunknetz. Die verwendeten Begriffe MS, ME, SIM sind durchgängig und einheitlich in den GSM-Standardisierungswerken verwendet, so dass für den Fachmann kein Zweifel an ihrer Bedeutung besteht.
Mit den Worten des erteilten Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag weist der Gegenstand der D5 folgende Merkmale auf:
[1.1] Teilnehmeridentifikationskarte (SIM) für Mobilfunkendgeräte in einem Mobilfunknetz (Titel der D5, denn „Mobile Stations (MS)“ impliziert eine Teilnehmeridentifikationskarte SIM für ein Mobilfunkendgerät ME),
[1.2] welche Sperrmittel zum Sperren von wenigstens einer Vorwahlnummer als Funktion und/oder Eigenschaft des Mobilfunkendgerätes enthält (D5, Abschnitt B.3.3, wonach eine Sperre für bestimmte Telefonnummern in der SIM gesetzt werden kann: „to place a bar on calling any numbers belonging to a pre-programmed list of numbers in the SIM“. Ferner enthalten die gemäß D5 gesperrten Nummern (dort: „Barred Dailling Numbers“) Platzhalter (dort: „wild characters“, S. 17, vorletzte Zeile), womit D5 vorsieht, auch Vorwahlnummern zu sperren),
[1.3] wobei diejenige Vorwahlnummer, die nicht benutzt werden darf, in einer Sperrtabelle enthalten ist (D5, Seite 17, Abschnitt B.3.3, erster Satz: „[...] pre-programmed list of numbers [...]“) dadurch gekennzeichnet, dass
[1.4] die zu sperrende Vorwahlnummer einstellbar ausgebildet ist (D5, ebenda, denn die Liste der Nummer ist programmierbar)
[1.5] wobei die Sperrtabelle verschlüsselt ist und nur mit Hilfe eines Codes verändert werden kann (D5, Seite 18, erster Satz: „Under PIN2 control, it shall be possible to add, modify or delete a paticular „Barred Dialling Number“ (BDN) [...]“. Dies besagt nach Auffassung des Senats, dass die Nummern verändert („modify“) werden können, wenn ein Code („PIN2“) benutzt wird.).
Somit sind die Merkmale [1.1] bis [1.5] für sich und in ihrer Gesamtheit aus der D5 bekannt. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist daher nicht neu.
8. Der Gegenstand des Hauptanspruchs gemäß Hilfsantrag 1 ist mangels Beruhens auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) nicht patentfähig.
Der Senat erachtet die Lehre der D5 als möglichen Ausgangspunkt für die hilfsweise beanspruchte Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1.
Mit den Worten des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 weist der Gegenstand aus der D5 folgende Merkmale auf (wobei Unzutreffendes als Durchgestrichen markiert wurde):
[1.1] Teilnehmeridentifikationskarte (38) (SIM) für Mobilfunkendgeräte in einem Mobilfunknetz (Titel der D5, denn „Mobile Stations (MS)“ impliziert eine Teilnehmeridentifikationskarte SIM für ein Mobilfunkendgerät ME),
[1.2] welche Sperrmittel (44, 46) zum Sperren von wenigstens einer Vorwahlnummer (32) als Funktion und/oder Eigenschaft (10) des Mobilfunkendgerätes enthält (D5, Abschnitt B.3.3, wonach eine Sperre für bestimmte Telefonnummern in der SIM gesetzt werden kann: „to place a bar on calling any numbers belonging to a pre-programmed list of numbers in the SIM“. Ferner enthalten die gemäß D5 gesperrten Nummern (dort: „Barred Dailling Numbers“) Platzhalter (dort: „wild characters“), womit D5 vorsieht, auch Vorwahlnummern zu sperren) [1.3] wobei diejenige Vorwahlnummer (32), die nicht benutzt werden darf in einer Sperrtabelle (46) enthalten ist (D5, Seite 17, Abschnitt B.3.3, erster Satz: „[...] pre-programmed list of numbers [...]“) dadurch gekennzeichnet, dass [1.4] die zu sperrende Vorwahlnummer (32) einstellbar ausgebildet ist (D5, ebenda, denn die Liste der Nummer ist programmierbar) [1.5] wobei die Sperrtabelle (46) verschlüsselt ist und nur mit Hilfe eines Codes verändert werden kann (D5, Seite 18, erster Satz: „Under PIN2 control, it shall be possible to add, modify or delete a paticular „Barred Dialling Number“ (BDN) [...]“. Dies besagt nach Auffassung des Senats, dass die Nummern verändert („modify“) werden können, wenn ein Code („PIN2“) benutzt wird.), [2.1] wobei die Sperrmittel einen Sperralgorithmus enthalten, [2.2] der in dem Chip der Teilnehmeridentifikationskarte gespeichert ist.“
Zwar sind die Sperrmittel der D5 in Form einer Sperrtabelle auf der Teilnehmeridentifikationskarte gespeichert (im Feld EFBDN), jedoch ist in D5 nicht angegeben, dass sich der Sperralgorithmus auf der Teilnehmeridentifikationskarte befinden muss, um die Nummern der Sperrtabelle mit den gewählten Nummern am Mobilfunkendgerät zu vergleichen.
Der Fachmann, der mit der Aufgabe betraut ist, eine SIM-Karte zu schaffen, welche Funktionen oder Vorwahlnummern eines Mobilfunktelefons ausschalten soll, ohne dass der Benutzer einen Einfluss darauf nehmen könnte, wird das Sperren der Vorwahlnummern möglichst aus dem Einflussbereich des Benutzers fernhalten. Da der Benutzer grundsätzlich das Mobilfunkendgerät, jedoch nicht die SIMKarte beeinflussen kann, wird der Fachmann derartige Funktionen möglichst nicht im Mobilfunkendgerät (ME) selbst, sondern in der SIM-Karte implementieren wollen. Er wird dabei auch den GSM-Standard gemäß D7 beachten, welcher die Schnittstelle zwischen SIM mit Applikation Toolkit (Phase 2+) und ME in einer mobilen Station spezifiziert.
Aus der D7 entnimmt der Fachmann, dass die Kontrolle über Telefonate von der SIM-Karte übernommen werden kann (vgl. D7, Seite 12, Abschnitt 4.5 „call controll by SIM“), indem jede Ruf-Verbindung zunächst die SIM passieren muss, bevor die Verbindung durch das ME aufgebaut wird.
Aus D7, Seite 36, Abschnitt 9.4 entnimmt der Fachmann, dass gesperrte Nummern durch die SIM verglichen werden (D7, Abschnitt 9.4, erster Absatz „The BDN service shall be allocated and activated in the SIM Service Table only […]“ und zweiter Absatz „[…] the SIM may check this information against those stored in EFBDN […]“), was bedeutet, dass der Sperralgorithmus auf der Teilnehmeridentifikationskarte abläuft und somit auch dort gespeichert ist. Dies entspricht den Merkmalen [2.1] und [2.2]. Die D7 gibt den Sperralgorithmus im Detail an, indem auf die GSM 02.07 (ETS 300 906) verwiesen wird, was einer Version der D5 entspricht. Somit erhält der Fachmann aus der D7 unmittelbar, die Aufforderung den aus D5 bekannten Sperralgorithmus nicht mehr im Mobilfunkendgerät sondern auf der SIM-Karte zu speichern.
So konnte der Fachmann allein durch die fachgerechte Anwendung der beiden miteinander verbundenen GSM-Standards (D5 und D7) in naheliegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 gelangen.
9. Der Gegenstand des Hauptanspruchs gemäß Hilfsantrag 2 ist mangels Beruhens auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) nicht patentfähig.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 entspricht dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 mit den beiden zusätzlichen Merkmalen:
[1.1a] „bei der bestimmte Funktionen des Mobilfunkgeräts von der Teilnehmeridentifikationskarte (38) ausgeschaltet werden können,“
und
[2.2a] „und bestimmte Funktionen des Gerätes sperrt.“
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit kann jedoch dahingestellt bleiben, ob neben der Funktion, Vorwahlnummern zu sperren auch andere Funktionen gesperrt werden können, da bereits der „Barred Dialling Number (BDN) Service“ aus D5, Abschnitt B.3.3 und D7, Abschnitt 9.4 die Merkmale [1.1a] und [2.2a] erfüllt. Denn die Sperrfunktion der D5 sieht auch Platzhalter („wild characters“) vor (vgl. D5, Abschnitt B.3.3) und lässt somit zu, dass beliebige Rufnummern gesperrt werden können. Im Übrigen ist in der D7 auch angesprochen, dass bestimmte Zusatzfunktionen, nämlich „supplementary service operations“ durch die Teilnehmeridentifikationskarte analog wie gesperrte Nummern zu behandeln sind (vgl. D7, Seite 12, Abschnitt 4.5).
Zu den Fundstellen für die bereits mit Hilfsantrag 1 beanspruchten Merkmale [1.1] bis [2.2] siehe Ziffer 8.
Der Fachmann konnte also durch Zusammenschau der beiden verbundenen GSM-Standards D5 und D7 in naheliegender Weise neben Vorwahlnummern auch andere Rufnummern durch die Teilnehmeridentifikationskarte sperren und so zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 gelangen.
10. Der Gegenstand des Hauptanspruchs gemäß Hilfsantrag 3 ist mangels Beruhens auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) nicht patentfähig.
Der Senat erachtet die Lehre der D5 als möglichen Ausgangspunkt für die hilfsweise beanspruchte Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3.
Der Gegenstand aus der D5 weist die Merkmale [1.1] und [1.2] bis [1.5] auf, siehe Ziffer 7. Ebenfalls aus der D5 ist das Merkmal
[1.1a]tlw bei der bestimmte Funktionen des Mobilfunkgeräts von der Teilnehmeridentifikationskarte ausgeschaltet werden können,
teilweise bekannt, wobei unzutreffendes gestrichen wurde. Denn gemäß D5 ist zumindest die bestimmte Funktion ausgeschaltet, Rufnummern anzuwählen, welche als „Barred Dailling Numbers“ (BDN) in der SIM gespeichert sind, vgl. D5, S. 18, erster Spiegelstrich „Condsidering a number dialled by the user, if it exists a BDN for which there is a successful comparision (see below) between that BDN and the dialled number, than the ME shall prevent the call attempt to that number“.
Aus der D5 liest der Fachmann das Merkmal
[1.6] „wobei auf der Teilnehmeridentifikationskarte ein Chip vorgesehen ist“
unmittelbar mit, denn jede SIM weist einen Chip auf, auch diejenige der D5.
Nicht unmittelbar aus der D5 bekannt sind somit die Merkmale
[1.6.1] „welcher ein Modul mit einem Sperralgorithmus enthält und dieser Sperralgorithmus auf ein Modul mit der Sperrtabelle zugreift,“
[1.6.2] „wobei durch Auslesen der Sperrtabelle der Sperralgorithmus die Funktionen des Mobilgeräts sperrt“
und der Teil des Merkmals [1.1.a], der vorsieht, dass die bestimmte Funktion von der Teilnehmeridentifikationskarte ausgeschaltet werden kann.
Der Sperralgorithmus gemäß D5, Abschnitt B.3.3, der u. a. Ziffer für Ziffer der am Mobilfunkgerät eingegebenen Rufnummer mit den BDN-Nummern der Sperrtabelle in der SIM vergleicht, wird von der D7 in Bezug genommen (vgl. D7, Abschnitt 9.4). Gemäß D7 enthält die SIM den Sperralgorithmus, welcher auf die Sperrtabelle der SIM zugreift (D7, Abschnitt 9.4, zweiter Absatz: „[…] the SIM may check this information against those stored in EFBDN […]”). Zum Basiswissen des Fachmanns zählt die Kenntnis über die Dateistruktur einer SIM. So weiß der Fachmann, dass jede SIM in Module unterteilt ist, die je nach Funktion als master files (MF), elementary files (EF) oder dedicated (DF) bezeichnet werden. Das elementary file EFBDN enthält eine Sperrtabelle, wie in D7 beschrieben. Zwar ist weder in D5 noch in D7 explizit benannt, dass der Sperralgorithmus in einem Modul enthalten ist, jedoch weiß der Fachmann, dass nur eines der elementary files (EF) der SIM dafür Infrage kommen kann, da bei SIM-Karten Daten und Ablaufsteuerungen jeweils in elementary files abgelegt sind. Somit sind die Merkmale [1.6.1] und [1.6.2] für den Fachmann direkt aus der D7 entnehmbar.
Die SIM der D7 steuert die Kontrolle der wählbaren Rufnummern und schaltet somit die Funktion aus, Rufnummern anzuwählen, welche als „Barred Dailling Numbers“ in der Sperrtabelle gespeichert sind (vgl. D7, Abschnitte 4.5 und 9.4). Ob die SIM der D7 auch weitere Funktionen des Mobilfunkgeräts steuert bzw. schaltet (vgl. D7, Abschnitt 4.2, Aufzählung), kann bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit dahingestellt bleiben, da bereits das in D7 angesprochene Sperren bestimmter Rufnummern einer bestimmten Funktion gemäß Merkmal [1.1.a] entspricht.
Ausgehend von der D5 zieht der Fachmann die ebenfalls zum GSM-Standard zählende D7 heran. Vor dem Hintergrund der zu lösenden Aufgabe, dem Benutzer eines Mobilfunkgeräts den Zugriff auf bestimmte Vorwahlnummern oder Funktionen zu entziehen, nimmt er die Handlungsanweisungen der Abschnitte 4.5 und 9.4 aus D7 auf, um die an sich bekannte Sperrfunktion der D5 durch die Teilnehmeridentifikationskarte ausführen zu lassen und so in nahe liegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 zu gelangen.
11. Die auf die jeweiligen Hauptansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen Patentansprüche nach Haupt- und Hilfsantrag teilen deren Schicksal, zumal sie keine Besonderheiten nennen, die aus Sicht des Senats zur Grundlage einer gewährbaren Anspruchsfassung hätten werden können. Auch die Beschwerdeführerin hat Derartiges nicht geltend gemacht.
Somit war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dr. Hartung Kirschneck Dr. Scholz Bieringer Pü
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