V ZB 58/23
BUNDESGERICHTSHOF V ZB 58/23 BESCHLUSS vom
20. März 2025 in dem Teilungsversteigerungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ:
nein BGHR:
ja JNEU:
nein ZVG § 95, § 180 Abs. 1; ZPO § 793 Darin, dass das Vollstreckungsgericht in einem auf Antrag eines Miterben angeordneten Teilungsversteigerungsverfahren nach der Veräußerung des Erbteils den Erbteilserwerber als Antragsteller führt, liegt keine gemäß § 793 ZPO i.V.m. § 180 Abs. 1, § 95 ZVG selbständig anfechtbare Zwischenentscheidung (Fortführung von Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2024 - V ZB 77/23, juris Rn. 9).
BGH, Beschluss vom 20. März 2025 - V ZB 58/23 - LG Wiesbaden AG Wiesbaden ECLI:DE:BGH:2025:200325BVZB58.23.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. März 2025 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Brückner, die Richterin Haberkamp, die Richter Dr. Hamdorf und Dr. Malik und die Richterin Laube beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Landgerichts Wiesbaden - 4. Zivilkammer - vom 29. August 2023 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 2 ist als Miteigentümerin der im Eingang dieses Beschlusses näher bezeichneten Grundstücke im Grundbuch eingetragen. Als weitere Miteigentümer sind die Beteiligten zu 1 und 2 in Erbengemeinschaft eingetragen. Auf Antrag der Beteiligten zu 1 ordnete das Vollstreckungsgericht im November 2018 die Zwangsversteigerung der Grundstücke zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft an. Die Beteiligte zu 2 pfändete den Miterbenanteil der Beteiligten zu 1 und erwirkte die Überweisung des Anteils zur Einziehung. Die Erbteilspfändung wurde in das Grundbuch eingetragen. In der Folge übertrug die Beteiligte zu 1 mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember 2020 der Beteiligten zu 3 ihren Erbteil. Die Beteiligte zu 3 beantragte ihren Beitritt zu dem Teilungsversteigerungsverfahren. Nachdem das Vollstreckungsgericht darauf hingewiesen hatte, dass sie mit der Übertragung kraft Gesetzes an die Stelle der Beteiligten zu 1 getreten sei, nahm die Beteiligte zu 3 ihren Antrag auf Beitritt zurück.
Die Beteiligte zu 2 hat Erinnerung dagegen eingelegt, dass die Beteiligte zu 3 in dem Verfahren als Antragstellerin geführt wird. Das Vollstreckungsgericht hat die Erinnerung zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde durch das Landgericht wendet sich die Beteiligte zu 2 mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beteiligte zu 3 beantragt.
II.
Das Beschwerdegericht lässt offen, ob die Beschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist. Jedenfalls sei sie nicht begründet, weil das Vollstreckungsgericht die Beteiligte zu 3 zu Recht als Antragstellerin führe. Die Beteiligte zu 3 sei aufgrund der Erbteilsübertragung in die Verfahrensstellung der Beteiligten zu 1 als Antragstellerin eingetreten. Die Pfändung und Überweisung des Erbteils stehe dem nicht entgegen.
III.
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 ist gemäß § 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, da sie unstatthaft ist.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) oder das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). An einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung fehlt es im Streitfall. Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht deswegen statthaft, weil das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Zwar ist das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO an die Zulassung gebunden. Dies gilt aber nicht uneingeschränkt: Ist bereits die sofortige Beschwerde nicht statthaft gewesen, ist eine von dem Beschwerdegericht mit der Beschwerdeentscheidung zugelassene Rechtsbeschwerde ebenfalls nicht statthaft. Denn ein für den Beschwerdeführer vom Gesetz nicht vorgesehener Rechtsmittelzug kann auch durch eine Entscheidung des ersten Rechtsmittelgerichts nicht eröffnet werden; die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde hat das Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2024 - V ZB 77/23, WM 2025, 491 Rn. 5 mwN).
2. Hier wendet sich die Beteiligte zu 2 - anders als in dem Parallelverfahren (vgl. Senat, Beschluss vom 20. März 2025 - V ZR 63/23, juris) - nicht gegen die Fortführung des Teilungsversteigerungsverfahrens, sondern lediglich dagegen, dass das Vollstreckungsgericht die Beteiligte zu 3 (anstelle der Beteiligten zu 1) als Antragstellerin führt.
a) Es ist schon zweifelhaft, ob in der von dem Vollstreckungsgericht geäußerten Rechtsansicht, dass die Beteiligte zu 3 kraft Gesetzes Antragstellerin geworden und deswegen im Teilungsversteigerungsverfahren als solche zu führen sei, überhaupt eine Vollstreckungsmaßnahme liegt, gegen die eine Erinnerung nach § 766 ZPO statthaft ist; verneinte man dies, wäre die sofortige Beschwerde schon deshalb unstatthaft.
b) Der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde (§ 793 ZPO) steht jedenfalls § 95 ZVG entgegen, der gemäß § 180 Abs. 1 ZVG auch im Teilungsversteigerungsverfahren Anwendung findet. Nach § 95 ZVG kann gegen eine Entscheidung, die vor der Beschlussfassung über den Zuschlag erfolgt, die sofortige Beschwerde nur eingelegt werden, soweit die Entscheidung die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung oder Fortsetzung des Verfahrens betrifft. An einer solchen selbstständig anfechtbaren Zwischenentscheidung fehlt es hier.
aa) Das Versteigerungsverfahren soll möglichst beschleunigt ablaufen. § 95 ZVG schränkt deshalb die Anfechtbarkeit von Zwischenentscheidungen im Vollstreckungsverfahren ein. Ausgenommen sind mit den Entscheidungen über Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung und Fortsetzung des Verfahrens nur solche Zwischenentscheidungen, die für das weitere Verfahren von besonderer Bedeutung sind und über deren Wirksamkeit zeitnah Rechtssicherheit herbeigeführt werden soll. Im Übrigen wird der Rechtschutz der Beteiligten auf die Zuschlagserteilung und ihre Überprüfung in dem durch § 100 ZVG gesteckten Rahmen konzentriert. Bei der Beschlussfassung über den Zuschlag ist das Vollstreckungsgericht an zuvor getroffene Entscheidungen nach § 79 ZVG auch nicht gebunden, sondern hat das gesamte bisherige Versteigerungsverfahren neu und unabhängig von vorherigen Entscheidungen zu würdigen (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2024 - V ZB 77/23, WM 2025, 491 Rn. 7 mwN).
bb) Die Annahme des Vollstreckungsgerichts, dass die Beteiligte zu 3 als Erbteilserwerberin kraft Gesetzes Antragstellerin geworden und deswegen in dem auf Antrag der Beteiligten zu 1 angeordneten Teilungsversteigerungsverfahren als solche zu führen sei, ist jedenfalls nicht selbstständig anfechtbar.
(1) Hierin liegt insbesondere keine selbstständig anfechtbare Fortsetzung des Verfahrens i.S.v. § 95 ZVG. Eine solche setzt voraus, dass das Versteigerungsverfahren zuvor eingestellt oder aufgehoben war (näher Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2024 - V ZB 77/23, WM 2025, 491 Rn. 9); dies ist dann, wenn das laufende Versteigerungsverfahren - wie hier - mit dem Erbteilserwerber als Antragsteller fortgeführt wird, nicht der Fall.
(2) Darin, den Erbteilserwerber als Antragsteller zu führen, liegt auch weder eine Aufhebung (§ 180 Abs. 1 ZVG i.V.m. § 28 f. ZVG) des von dem Erbteilsveräußerer beantragten Teilungsversteigerungsverfahrens noch die Anordnung eines neuen Teilungsversteigungsverfahrens auf Antrag des Erbteilserwerbers (§ 180 Abs. 1 i.V.m. § 15 ZVG) oder die Anordnung seines Beitritts (§ 180 Abs. 1 i.V.m. § 27 ZVG, vgl. Stöber/Keller, ZVG, 23. Aufl., § 27 Rn. 20); vielmehr wird das auf Antrag des Erbteilsveräußerers angeordnete Teilungsversteigerungsverfahren mit dem Erbteilserwerber als Antragsteller fortgeführt.
c) Dass sich die sofortige Beschwerde gegen eine Erinnerungsentscheidung nach § 766 Abs. 1 Satz 1 ZPO richtet, ändert an deren Unstatthaftigkeit nach § 180 Abs. 1 i.V.m. § 95 ZVG nichts (näher Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2024 - V ZB 77/23, WM 2025, 491 Rn. 11 ff. mwN).
IV.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, der im Zwangsversteigerungsverfahren anwendbar ist, wenn sich die Beteiligten wie im kontradiktorischen Verfahren gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 8). Das ist hier im Verhältnis der Beteiligten zu 2 und der Beteiligten zu 3 der Fall.
2. Der Gegenstandswert richtet sich nach dem Rechtsschutzziel der Beteiligten zu 2, das darauf gerichtet ist, der Beteiligten zu 3 die Stellung als Antragstellerin abzuerkennen. Dieses Interesse schätzt der Senat mangels anderer Anhaltspunkte wie das Beschwerdegericht auf 5.000 €.
Brückner Malik Haberkamp Laube Hamdorf Vorinstanzen:
AG Wiesbaden, Entscheidung vom 23.06.2022 - 61 K 29/18 LG Wiesbaden, Entscheidung vom 29.08.2023 - 4 T 216/22 -