XI ZR 327/22
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES XI ZR 327/22 URTEIL Nachschlagewerk: ja BGHZ:
ja BGHR:
ja JNEU:
nein in dem Rechtsstreit Verkündet am: 14. Mai 2024 Weber Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2 a) Im bargeldlosen Zahlungsverkehr entfalten die Vertragsverhältnisse zwischen den beteiligten Banken keine Schutzwirkung zugunsten Dritter, sondern es gelten die Grundsätze der Drittschadensliquidation (Bestätigung von Senatsurteil vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281).
b) Im mehrgliedrigen Überweisungsverkehr kann der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers vor Gutschrift eines Überweisungsbetrags verpflichtet sein, gegenüber seiner Zwischenbank einen Hinweis wegen Gefährdung der Interessen des Zahlers zu erteilen, wenn die Gefährdung objektiv evident ist.
ECLI:DE:BGH:2024:140524UXIZR327.22.0 c) Die "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens", die eine echte Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zugunsten des Aufklärungsbedürftigen begründet, gilt nicht nur für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 ff.), sondern auch für die Verletzung von Warn- und Hinweispflichten durch eine Bank im Zahlungsverkehr.
d) Im Fall der Abtretung eines Schadensersatzanspruchs im Zusammenhang mit einer Drittschadensliquidation ist für den Beginn der Verjährung des Anspruchs bis zu dessen Abtretung an den wirtschaftlich betroffenen Dritten maßgebend, dass die subjektiven Voraussetzungen im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der Person des Zedenten und nicht in der Person des Dritten vorliegen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 22. November 1966 - VI ZR 49/65, WM 1966, 1329 zu § 852 Abs. 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung).
BGH, Urteil vom 14. Mai 2024 - XI ZR 327/22 - OLG Frankfurt am Main LG Frankfurt am Main Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2024 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Matthias, Dr. Schild von Spannenberg und Dr. Sturm sowie die Richterin Ettl für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. November 2022 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Kläger begehren von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 350.000 € wegen der Verletzung einer Warnpflicht im Zusammenhang mit einer von den Klägern in Auftrag gegebenen Überweisung.
Die Kläger zeichneten am 3. März 2012 einen Investmentauftrag bei der U. S.A., mit dem sie sich zur Zahlung von
750.000 € auf ein bei der Beklagten geführtes Konto der U.
AG
(künftig: U. ) verpflichteten. Sie wiesen ihre Bank, die Landesbank B. (künftig: L. ), an, einen Betrag von 350.000 € auf dieses Konto zu überweisen. Die L. belastete das Konto der Kläger entsprechend und übermittelte den Zahlungsauftrag über die Landesbank H.
(künftig:
H. ) an die Beklagte weiter. Diese schrieb dem Konto der U. den Betrag am 6. März 2012 gut.
Zuvor, am 1. März 2012, erging eine Verfügung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (künftig: FINMA), durch die der U. jede Entgegennahme von Publikumseinlagen untersagt wurde sowie sämtliche Kontoverbindungen und Depots gesperrt, die in Zürich ansässigen Rechtsanwälte Dr. Hu.
und P. als Untersuchungsbeauftragte mit alleiniger Handlungsbefugnis eingesetzt und den Organen der U. Rechtshandlungen ohne Zustimmung der Untersuchungsbeauftragten untersagt wurden. Diese Verfügung wurde der Beklagten per Fax der Untersuchungsbeauftragten vom 5. März 2012 mit der Bemerkung weitergeleitet, der U. seien "sämtliche Vermögenswerte mit sofortiger Wirkung gesperrt (Sperrung nur für Ausgänge)".
Über das Vermögen der U. wurde im weiteren Verlauf das Konkursverfahren nach Schweizer Recht eröffnet.
Die L. trat unter dem 6./16. November 2020 etwaige Ansprüche gegenüber der H. aus und im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Überweisung an die Kläger ab. Die H. trat unter dem 23./25. November 2020 etwaige Ansprüche gegenüber der Beklagten aus der streitgegenständlichen Überweisung an die Kläger ab.
Die Kläger begehren von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 350.000 € Zug um Zug gegen Übertragung ihrer Ansprüche gegen die U. -Gesellschaften aus dem Investmentvertrag, Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.872,93 € und Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr - bis auf die Feststellung des Annahmeverzugs - stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe: 8 Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. 9 Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: 10 Den Klägern stehe ein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung einer der Beklagten obliegenden Warn- und Hinweispflicht aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu. Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter folge aus der Vereinbarung über den beleglosen Datenträgeraustausch in der zwischenbetrieblichen Abwicklung des Inlandzahlungsverkehrs (sog. Clearingabkommen). 11 Die Beklagte habe eine sie treffende Warn- und Hinweispflicht aus dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verletzt, weil sie es unterlassen habe, die Kläger vor Ausführung der Überweisung durch eine Mitteilung an die Vorgängerbank oder an die Überweisungsbank darüber zu informieren, dass der U. die Entgegennahme von Publikumseinlagen aufgrund der Verfügung der FINMA vom 1. März 2012 untersagt worden sei und die Untersuchungsbeauftragten ermächtigt worden seien, allein für die U. zu handeln.
Die Beklagte habe Kenntnis davon gehabt, dass die U. aufgrund ihres Geschäftszwecks Einlagen von Kunden vereinnahmt habe. Sie habe noch bevor sie den von den Klägern überwiesenen Geldbetrag dem Konto der U. am 6. März 2012 gutgeschrieben habe, aufgrund der Verfügung der FINMA vom 1. März 2012 Kenntnis davon gehabt, dass der U. jegliche Entgegennahme von Publikumseinlagen untersagt worden sei und diese nur noch durch die Untersuchungsbeauftragten habe handeln können.
Die Einsetzung eines Untersuchungsbeauftragten hätte der Beklagten bewusst machen müssen, dass die Situation mit derjenigen der Einsetzung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters vergleichbar sei. Für die drohende Insolvenz bzw. den drohenden Zusammenbruch des Überweisungsempfängers sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 22. Juni 2004 - XI ZR 90/03, WM 2004, 1625) eine Warn- und Hinweispflicht des Kreditinstituts anerkannt. Der Beklagten habe es daher oblegen, die Überweisenden bzw. die zwischengeschalteten Banken von ihrer Kenntnis zu unterrichten.
Die Beklagte könne sich nicht damit entlasten, dass die Kontensperre nur ausgehende Gelder betroffen habe. Denn es gehe nicht um die Verletzung der Anordnung der Kontensperre, sondern um die Verletzung der Pflicht zum Hinweis und zur Warnung wegen des ausgesprochenen Verbots der Entgegennahme von Publikumseinlagen und wegen der Bestellung eines Untersuchungsbeauftragten.
Der Beklagten habe es sich aufgrund des Geschäftszwecks der U. aufdrängen müssen, dass es sich bei dem überwiesenen Betrag um Publikumseinlagen gehandelt habe.
Durch die Verletzung der Warn- und Hinweispflicht sei den Klägern ein adäquat-kausaler Schaden in Höhe von 350.000 € entstanden. Hierfür spreche die Kausalitätsvermutung. Außerdem würde kein vernünftiger Anleger einem Unternehmen Anlagebeträge geben, dem die Entgegennahme von Publikumseinlagen von der Aufsichtsbehörde untersagt worden sei. Dabei sei es lebensnah, dass die zwischengeschalteten Banken einen entsprechenden Hinweis der Beklagten weitergegeben hätten. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz das Gegenteil unter Zeugenbeweis gestellt habe, handele es sich gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO um verspäteten und um ins Blaue hinein gehaltenen Vortrag.
Es komme auch nicht darauf an, dass die Beklagte die Information binnen Tagesfrist hätte weitergeben müssen. Die Beklagte hätte Vorkehrungen treffen können und müssen, damit eine endgültige Gutschrift verzögert worden wäre.
Der Anspruch sei nicht verjährt. Er sei spätestens mit Gutschrift des Betrags am 6. März 2012 entstanden, sodass die kenntnisunabhängige Verjährung am 6. März 2022 abgelaufen wäre. Da ein Anspruch aus eigenem Recht bereits erstinstanzlich streitgegenständlich gewesen und das erstinstanzliche Urteil vor Ablauf der kenntnisunabhängigen Verjährung verkündet worden sei, sei der Anspruch nicht kenntnisunabhängig verjährt. Für die kenntnisabhängige Verjährung des Anspruchs sei die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte beweisfällig geblieben. Mit ihrem erstmals in der Berufungsinstanz benannten Beweismittel der Parteivernehmung zu dem Vortrag, die Kläger hätten von den den Anspruch begründenden Tatsachen spätestens im Jahr 2017 Kenntnis erlangt, seien sie nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen.
II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in mehreren Punkten nicht stand.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft einen Schadensersatzanspruch der Kläger aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Verbindung mit dem Clearingabkommen angenommen. Rechts- und verfahrensfehlerhaft sind außerdem die Ausführungen zur Kausalität und zur Verjährung.
1. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klage allerdings nicht wegen fehlender Bestimmtheit des Klagegrundes unzulässig.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht vorträgt (Senatsurteil vom 5. Juli 2016 - XI ZR 254/15, BGHZ 211, 189 Rn. 24 mwN). Kann der Kläger die Klagesumme nur einmal beanspruchen, liegt bei einer Mehrheit von Streitgegenständen eine alternative Klagehäufung i.S.d. § 260 ZPO vor, bei der der Kläger grundsätzlich angeben muss, in welcher Reihenfolge er sein Klagebegehren im Hinblick auf die verschiedenen Streitgegenstände stützt (Senatsurteil, aaO Rn. 25; BGH, Urteil vom 29. Januar 2019 - VI ZR 481/17, WM 2020, 785 Rn. 11).
Vorliegend haben die Kläger ihren Zahlungsanspruch in Höhe von 350.000 € sowohl auf ein eigenes Recht als auch auf ein abgetretenes Recht gestützt. Damit liegt eine alternative Klagehäufung im vorbezeichneten Sinne vor, da es sich bei einem Anspruch aus eigenem und einem Anspruch aus abgetretenem Recht - auch bei einem einheitlichen Klageziel - um unterschiedliche Streitgegenstände handelt (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06, WM 2007, 1241 Rn. 17; BGH, Urteil vom 29. Januar 2019 - VI ZR 481/17, WM 2020, 785 Rn. 9). Mit dem in der Klageschrift vorgetragenen Lebenssachverhalt verfolgen die Kläger einen eigenen Schadensersatzanspruch. Darüber hinaus haben sie in der Klageschrift weiter vorgetragen, dass sie ihr Schadensersatzbegehren auch auf von der H. und von der L. abgetretene Ansprüche in Verbindung mit den Grundsätzen der Drittschadensliquidation stützen.
Soweit die Revision in dem Zusammenhang beanstandet, die Kläger hätten dem Gericht die Prüfungsreihenfolge der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht vorgegeben, so dass die Klage nicht nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt sei, verkennt sie, dass sich die Kläger zur gebotenen Hierarchisierung der beiden Streitgegenstände konkludent auf die vom materiellen Recht hier eindeutig vorgegebene Prüfungsreihenfolge bezogen haben. Danach haben Ansprüche aus eigenem Recht Vorrang vor einem Anspruch, der auf eine Drittschadensliquidation in Verbindung mit einer Anspruchsabtretung gestützt wird. Denn der Dritte bedarf keines Schutzes durch die subsidiäre Rechtsfigur der Drittschadensliquidation, wenn er unmittelbar Inhaber eines eigenen Schadensersatzanspruchs gegen den Schädiger ist (vgl. Staudinger/Höpfner, BGB, Neubearb. 2021, Vorb. zu §§ 249-254 Rn. 66 aE mwN).
2. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte eine Warn- und Hinweispflicht verletzt hat.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats muss sich im bargeldlosen Zahlungsverkehr ein Zahlungsdienstleister grundsätzlich nicht um das dem Zahlungsvorgang zugrundeliegende Valutaverhältnis kümmern, weil er nur zum Zweck der technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Abwicklung tätig wird (Senatsurteil vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 14 und Senatsbeschluss vom 13. September 2022 - XI ZR 515/21, BKR 2022, 811 Rn. 22). Nur ausnahmsweise gilt etwas anderes, wenn Treu und Glauben es nach den Umständen des Falles gebieten, den Zahlungsauftrag nicht ohne vorherige Rückfrage beim Kunden auszuführen, um diesen vor einem möglicherweise drohenden Schaden zu bewahren (Senatsbeschluss vom 13. September 2022, aaO mwN). Ein solcher Ausnahmefall ist gegeben, wenn der beauftragten Bank der ersichtlich unmittelbar bevorstehende wirtschaftliche Zusammenbruch des Überweisungsempfängers bekannt ist (BGH, Urteile vom 9. März 1961 - II ZR 105/60, WM 1961, 510, 511, vom 29. Mai 1978 - II ZR 89/76, WM 1978, 588, 589 und vom 29. September 1986 - II ZR 283/85, WM 1986, 1409 f.). Gleiches gilt, wenn eine Bank aufgrund massiver Anhaltspunkte den Verdacht hegt, dass ein Kunde bei der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr durch eine Straftat einen anderen schädigen will (Senatsurteile vom 6. Mai 2008, aaO Rn. 15 und vom 19. September 2023 - XI ZR 343/22, WM 2023, 2017 Rn. 24). Die Bank oder ein anderer Zahlungsdienstleister muss aber weder generell prüfen, ob die Abwicklung eines Zahlungsverkehrsvorgangs Risiken für einen Beteiligten begründet, noch Kontobewegungen allgemein und ohne besondere Anhaltspunkte überwachen. Eine Warnpflicht besteht erst dann, wenn die Bank ohne nähere Prüfung im Rahmen der normalen Bearbeitung eines Zahlungsverkehrsvorgangs aufgrund einer auf massiven Verdachtsmomenten beruhenden objektiven Evidenz den Verdacht einer Veruntreuung schöpft (Senatsurteile vom 6. Mai 2008, aaO Rn. 16, vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11, WM 2012, 983 Rn. 32, vom 19. September 2023 aaO und Senatsbeschluss vom 13. September
2022, aaO). Kennzeichnend für diese Ausnahmefälle, in denen aus Treu und Glauben eine Warnpflicht der Bank angenommen wird, ist insbesondere die fehlende Kenntnis des Auftraggebers von den die Warnpflicht begründenden Umständen. Dieser soll, weil er anders als die Bank nicht über die entsprechenden Informationen verfügt, durch den Hinweis in die Lage versetzt werden, Maßnahmen zu ergreifen, um einen Schaden abzuwenden (Senatsurteile vom 22. Juni 2004 - XI ZR 90/03, WM 2004, 1625, 1626).
b) Nach diesen Maßgaben hat die Beklagte eine Warnpflicht verletzt.
Der Beklagten war aufgrund der ihr vorliegenden Verfügung der FINMA vom 1. März 2012 bekannt, dass der U. sowohl die Entgegennahme von Publikumsgeldern untersagt als auch die Verfügungsbefugnis über ihr Vermögen den Untersuchungsbeauftragten übertragen worden war. Solche Maßnahmen der zuständigen Aufsichtsbehörde einer Anlagegesellschaft lassen mit der erforderlichen Evidenz den Schluss auf einen drohenden Schaden der Anleger zu, wenn deren Einlagen, wie hier, dem Konto der von der Maßnahme betroffenen Gesellschaft gutgeschrieben werden. Die Beklagte, die von der Verfügung der FINMA Kenntnis hatte, bevor sie der U. den von den Klägern in Auftrag gegebenen Überweisungsbetrag gutschrieb, war daher gehalten, ihre Vertragspartnerin, die H. , auf die Untersagungsverfügung der FINMA hinzuweisen, damit diese die L. und jene die Kläger informieren konnten.
Unerheblich ist dabei, ob die Einsetzung eines "starken" Untersuchungsbeauftragten mit alleiniger Handlungsvollmacht nach schweizerischem Recht mit der Einsetzung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters nach deutschem Recht vergleichbar ist, ob durch die Untersuchungsbeauftragten nur die Vornahme von Belastungsbuchungen untersagt worden und ob die ausgeübte Tä- tigkeit der U. "illegal" gewesen ist. Der Umstand, dass einer Überweisungsempfängerin das Einwerben von Publikumsgeldern untersagt und ihr die Verfügungsbefugnis über das Vermögen entzogen worden ist, stellt bereits für sich genommen aus Sicht der Beklagten als Zahlungsdienstleisterin evident eine für den Zahler relevante Information zur Abwendung eines drohenden Vermögensschadens dar. Er lässt darauf schließen, dass bei der Überweisungsempfängerin kein ordnungsgemäßer Geschäftsgang mehr gewährleistet ist und dass die Gelder der Anleger gefährdet sind.
§ 675z Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Januar 2018 geltenden Fassung, wonach die §§ 675u und 675y BGB (jeweils in der bis zum 12. Januar 2018 geltenden Fassung, künftig: aF) hinsichtlich der dort geregelten Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers abschließend sind, steht einer Haftung der Beklagten als Zahlungsdienstleister wegen der Verletzung einer Warnpflicht nicht entgegen. Denn bei einem solchen Anspruch steht weder ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang nach § 675u BGB aF noch eine fehlerhafte Ausführung eines Zahlungsauftrags nach § 675y aF in Frage (vgl. Ellenberger in Ellenberger/Findeisen/ Nobbe/Böger, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 3. Aufl., § 675z Rn. 3; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2020, § 675z Rn. 10).
3. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, den Klägern stehe gestützt auf das Clearingabkommen ein Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gegen die Beklagte zu.
Nach der Senatsrechtsprechung (Senatsurteil vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 26 ff.) entfalten im bargeldlosen Zahlungsverkehr die Vertragsverhältnisse zwischen den beteiligten Banken keine Schutzwirkung zu- gunsten Dritter. Das hiervon abweichende Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. Januar 2007 (16 U 3/05, juris), auf das das Berufungsgericht seine Entscheidung gestützt hat, wurde vom Senat aufgehoben (Senatsurteil, aaO). Wie der Senat bereits entschieden und im Einzelnen begründet hat, sind die Voraussetzungen für die Einbeziehung des Bankkunden in den Schutzbereich der zwischen den beteiligten Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr geschlossenen Verträge nicht erfüllt (Senatsurteil, aaO Rn. 28 ff. mwN), so dass die Kläger das von ihnen geltend gemachte Schadensersatzverlangen nicht auf einen eigenen sekundären vertraglichen Anspruch stützen können.
Der Bankkunde hat nach der Senatsrechtsprechung vielmehr die Möglichkeit, bei Warnpflichtverletzungen durch vertraglich mit ihm nicht verbundene Banken Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht seiner Bank nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation geltend zu machen (Senatsurteil vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 35 mwN; BeckOK BGB/ Janoschek, 69. Ed. 1.2.2024, § 328 Rn. 69; Ellenberger in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 36 Rn. 201 ff.; Grüneberg/Grüneberg, BGB, 83. Aufl., Vorb. vor § 249 Rn. 108; MünchKommBGB/Gottwald, 9. Aufl., § 328 Rn. 192; BeckOGK BGB/Herresthal, Stand: 1.1.2024, § 675 Rn. 202; ders. in MünchKommHGB, Band 6, Teil 1., B. Überweisungsverkehr Rn. 530; ders. in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl., 2. Kap, § 675f Rn. 54; Schinkels in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., Stand: 20.03.2023, § 328 Rn. 92; Buck-Heeb, jurisPRBKR 4/2009 Anm. 2; Lange, EWiR 2008, 577, 578; Theewen, BKR 2008, 381, 391; aA Staudinger/Omlor, BGB, Neubearb. 2020, § 675z Rn. 21). Die Situation im mehrgliedrigen Zahlungsverkehr entspricht der für die Drittschadensliquidation anerkannten Fallgruppe der mittelbaren Stellvertretung. Die vom Kunden beauftragte Bank handelt bei der Beauftragung der in der Girokette nächsten Bank im eigenen Namen, aber für Rechnung und im Interesse ihres Kunden. Im Zuge der Weiterleitung des Auftrags kann dem Kunden durch eine Sorgfaltspflichtverletzung der nächsten Bank ein Schaden entstehen, für den die von ihm beauftragte Bank nicht haften muss, der aber einen vertraglichen Ersatzanspruch seiner Bank gegen die von ihr beauftragte Bank begründen kann. Damit liegt die für eine Drittschadensliquidation erforderliche Schadensverlagerung vor (Senatsurteil, aaO).
Die Kläger haben vorliegend den von ihnen geltend gemachten Schadensersatzanspruch ausdrücklich auf einen von der H. und der L. abgetretenen Anspruch in Verbindung mit den Grundsätzen der Drittschadensliquidation gestützt und zur Anspruchsabtretung hinreichend vorgetragen. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig nicht getroffen.
4. Rechts- und verfahrensfehlerhaft ist weiter die Feststellung des Berufungsgerichts, die Verletzung der Warn- und Hinweispflicht durch die Beklagte sei kausal für den den Klägern entstandenen Schaden.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht noch davon ausgegangen, dass die Beklagte beweispflichtig dafür ist, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn sie sich pflichtgemäß verhalten hätte, die Kläger einen erteilten Hinweis also unbeachtet gelassen hätten. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens", die eine echte Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zugunsten des Aufklärungsbedürftigen begründet, gilt nicht nur für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters (Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 ff., vom 8. April 2014 - XI ZR 341/12, WM 2014, 1036 Rn. 20 und vom 13. Juni 2023 - XI ZR 464/21, WM 2023, 1415 Rn. 32), sondern auch für die Verletzung von Warn- und Hinweispflichten durch eine Bank im Zahlungsverkehr (vgl. OLG Karlsruhe, WM 2012, 1529, 1532).
b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, der Vortrag der Beklagten, wonach H.
und L. die rechtliche Einschätzung der Beklagten geteilt und einen Hinweis auf die Untersagungsverfügung der FINMA nicht an die Kläger weitergeleitet hätten, stelle eine unbeachtliche Behauptung "ins Blaue hinein" dar.
aa) Eine Partei darf eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Sie kann deshalb genötigt sein, eine von ihr nur vermutete Tatsache zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen erst dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur beim Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte gerechtfertigt werden können. Das Gesetz verlangt nicht, dass der Beweisführer sich auch darüber äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptung habe. Für den Umfang der Darlegungslast ist der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung ohne Bedeutung. Für das Vorliegen eines hinreichend bestimmten Beweisantrags ist es auch nicht erforderlich, dass die Partei das Beweisergebnis im Sinne einer vorweggenommenen Beweiswürdigung wahrscheinlich macht (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 39 f. mwN; BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20, WM 2021, 1609 Rn. 21 f.; BGH, Urteil vom 28. Juni 2022 - KZR 46/20, WM 2023, 983 Rn. 65 mwN).
bb) Hieran gemessen hat das Berufungsgericht die Substantiierungsanforderungen an das Vorbringen der Beklagten überspannt. Diese stützt ihre Be- hauptung, H.
und L. hätten einen Hinweis auf die Untersagungsverfü- gung der FINMA nicht an die Kläger weitergeleitet, darauf, dass nach den Vorgaben der von der FINMA eingesetzten Untersuchungsbeauftragten nur Soll-Buchungen untersagt worden seien und Gutschriften hingegen weiterhin hätten verbucht werden dürfen. Daher wären H. und L. jeweils von einer fortbestehenden Verpflichtung zur Durchführung des streitgegenständlichen Überweisungsauftrags ausgegangen. Eigene Erkenntnisse über die Betriebsvorgänge der H. und L. habe die Beklagte nach deren Vorbringen nicht. Sie hat danach hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die von ihr vermutete Behauptung dargelegt, um in eine Beweisaufnahme einzutreten. Soweit das Berufungsgericht in dem Kontext bezweifelt, dass der von der Beklagten benannte Zeuge S.
, ein Mitarbeiter der H. , Wissen über den Umgang mit einem potentiellen Warnhinweis innerhalb der L. habe, wird dies in einer Beweisaufnahme zu klären sein.
c) Verfahrensfehlerhaft hat das Berufungsgericht die Beweisangebote der Beklagten zur Kausalität nicht gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zugelassen.
Nach dieser Vorschrift sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist. Ungeschriebene weitere Voraussetzung für die Zulassung neuen Vortrags nach dieser Regelung ist, dass die nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlerhafte Rechtsansicht des erstinstanzlichen Gerichts zumindest mitursächlich dafür geworden ist, dass sich Parteivorbringen in die Berufungsinstanz verlagert hat (BGH, Beschlüsse vom 3. März 2015 - VI ZR 490/13, NJW-RR 2015, 1278 Rn. 10 mwN und vom 26. Januar 2021 - VI ZR 1304/20, NJW-RR 2021, 249 Rn. 11). Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs, hätte es die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts geteilt, zu einem Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO verpflichtet gewesen wäre, den jetzt - falls noch erforderlich - das Berufungsgericht nachzuholen hat, oder wenn die Partei durch die Prozessleitung des Gerichts erster Instanz oder dessen sonst erkennbare rechtliche Beurteilung des Streitverhältnisses davon abgehalten worden ist, zu bestimmten Gesichtspunkten (weiter) vorzutragen (BGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 166/11, NJW-RR 2012, 341 Rn. 19 ff. mwN und vom 1. Juli 2015 - VIII ZR 226/14, WM 2015, 1591 Rn. 25 f.).
So liegt der Fall hier. Denn das Landgericht hat das Bestehen einer Warnund Hinweispflicht verneint, so dass für die Beklagte in der ersten Instanz kein Anlass bestanden hat, zum Fehlen der Kausalität weiter vorzutragen. Das Berufungsgericht hat mit seinem Versäumnisurteil, durch das es die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt hat, demgegenüber zum Ausdruck gebracht, dass es die Rechtslage abweichend beurteilt und die Verletzung einer Warn- und Hinweispflicht durch die Beklagte annimmt. Die Frage der Kausalität ist demnach erstmals in zweiter Instanz entscheidungserheblich geworden. Damit hätte das Berufungsgericht der Beklagten Gelegenheit geben müssen, auf seine abweichende rechtliche Beurteilung mit dem Einwand der fehlenden Kausalität, der nun erstmals entscheidungserhebliche Bedeutung gewonnen hat, zu reagieren (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 166/11, NJW-RR 2012, 341 Rn. 21).
In einer solchen prozessualen Situation hätte das Berufungsgericht dem Beweisangebot der Beklagten auf Parteivernehmung der Kläger zu dem Vortrag nachgehen müssen, es sei diesen nur um die mit der Vermögensanlage beabsichtigten Vorteile gegangen und sie hätten im Vertrauen auf die Weisung der von der FINMA eingesetzten Untersuchungsbeauftragten, wonach nur Soll-Buchungen gesperrt seien, den Anlagebetrag in jedem Fall überwiesen. Gleiches gilt für den weiteren Vortrag der Beklagten, wonach sich die Kläger trotz der Verfügung der FINMA zur Zahlung verpflichtet gehalten hätten, da ihre Vertragspartnerin, die U.
S.A., von der Verfügung der FINMA nicht unmittelbar betroffen gewesen sei. Auch dem Beweisangebot der Beklagten auf Vernehmung des Zeugen S.
zu dem Vortrag der Beklagten,
die H. und L. hätten einen entsprechenden Hinweis jeweils nicht weitergeleitet, hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen.
d) § 675p Abs. 1 BGB in der bis zum 12. Januar 2018 geltenden Fassung (künftig: aF), wonach der Zahlungsdienstnutzer einen Zahlungsauftrag vorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 dieser Vorschrift nach dessen Zugang beim Zahlungsdienstleister des Zahlers nicht mehr widerrufen kann, steht einem Kausalzusammenhang zwischen Warnpflichtverletzung und Schaden nicht entgegen. Die Kläger konnten ihren Zahlungsauftrag gegenüber der L. nach dem Eingang bei dieser zwar nicht mehr wirksam widerrufen. Zahler und Zahlerbank können aber vor Vollendung des Zahlungsvorgangs vereinbaren, dass der Zahlungsauftrag nicht mehr ausgeführt werden soll (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 2015 - XI ZR 243/13, BGHZ 205, 377 Rn. 15). Einer solchen Vereinbarung steht die Regelung des § 675p Abs. 1 BGB aF, solange der Zahlungsvorgang, wie hier, noch gestoppt werden kann, nicht entgegen (vgl. Senatsurteil, aaO; Burghardt in Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Böger, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 3. Aufl., § 675p Rn. 9; MünchKommBGB/Jungmann, 9. Aufl., § 675p Rn. 41). Besteht, wie hier, eine Warnpflicht und ist der Zahlungsvorgang noch nicht vollendet, ist die Zahlerbank zur Mitwirkung an einer Vereinbarung über die Stornierung des Zahlungsauftrags verpflichtet.
5. Rechtsfehlerhaft sind schließlich die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verjährung des streitgegenständlichen Anspruchs.
Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht noch davon ausgegangen, dass der im Streit stehende Schadensersatzanspruch mit der Gutschrift des Betrags auf dem Konto der U. am 6. März 2012 entstanden ist. Denn zu diesem Zeitpunkt ist den Klägern ein Schaden entstanden.
b) Keinen Bestand hat allerdings die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Kenntnis der Kläger für die Ingangsetzung des Verjährungslaufs nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB maßgebend ist. Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht den Klägern kein eigener Schadensersatzanspruch aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu. In Betracht kommt vielmehr ein von der H. abgetretener Anspruch in Verbindung mit den Grundsätzen der Drittschadensliquidation (siehe oben, 3.).
aa) Es ist umstritten, wessen Kenntnis bzw. auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) für die Ingangsetzung des Verjährungslaufs im Fall einer Drittschadensliquidation maßgebend ist.
Teilweise wird vertreten, es sei auf das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen beim geschädigten Dritten abzustellen, da der Anspruch nicht von dem formellen Inhaber des Anspruchs, sondern von demjenigen geltend gemacht wird, in dessen Person der von dem Anspruch abgedeckte Schaden entstanden ist (Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 17. Aufl., § 199 Rn. 12; MünchKommBGB/Grothe, 9. Aufl., § 199 Rn. 37).
Überwiegend wird hingegen das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen beim Anspruchsinhaber als maßgeblich erachtet (BGH, Urteil vom 22. November 1966 - VI ZR 49/65, WM 1966, 1329, 1331 zu § 852 Abs. 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 83. Aufl., § 199 Rn. 24; Lakkis in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., Stand: 15.05.2023, § 199 BGB Rn. 178; Jauernig/Mansel, BGB, 19. Aufl., § 199 Rn. 4; NK-BGB/Budzikiewicz, 4. Aufl., § 199 Rn. 59; Chab in Fischer/Vill/Fischer/Chab/Pape, Handbuch der Anwaltshaftung, 5. Aufl., § 7 Rn. 51).
bb) Zutreffend ist die zuletzt genannte Auffassung.
Anspruchsberechtigt ist in den Fällen einer Drittschadensliquidation nur der Inhaber der verletzten Rechtsstellung, also der Vertragspartner des Schädigers, und nicht der wirtschaftlich betroffene Dritte (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1988 - VIII ZR 22/88, NJW 1989, 451, 452; Beschluss vom 29. Februar 1996 - III ZR 4/95, NJW-RR 1996, 724; vgl. auch Urteil vom 14. Januar 2016 - VII ZR 271/14, WM 2016, 1655 Rn. 28). Der Dritte kann den Schädiger daher nur dann erfolgreich in Anspruch nehmen, wenn ihm der Anspruch vom Vertragspartner des Schädigers, wie hier, abgetreten worden ist (vgl. BGH, Beschluss aaO; MünchKommBGB/Oetker, 9. Aufl., § 249 Rn. 294).
Im Fall der Abtretung eines Anspruchs, dessen Verjährung, wie hier, kenntnisabhängig ist, ist der Kenntnisstand des Zedenten für die Ingangsetzung des Verjährungslaufs maßgebend. Hatte dieser die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis, geht der Anspruch mit in Gang gesetzter Verjährung auf den Zessionar über. Wenn die Verjährungsfrist bereits abgelaufen war, bevor die Forderung abgetreten wurde, erwirbt der Zessionar eine bereits verjährte Forde- rung. Nur wenn der Kenntnisstand des Zedenten nicht geeignet war, die Verjährung des Anspruchs in Lauf zu setzen, ist auf den Kenntnisstand des Zessionars abzustellen (BGH, Urteil vom 10. Juli 1967 - III ZR 78/66, BGHZ 48, 181, 183 mwN; vgl. auch BGH, Urteile vom 11. Juli 1961 - VI ZR 11/61, VersR 1961, 910, vom 2. März 1982 - VI ZR 245/79, NJW 1982, 1761, 1762 und vom 19. Dezember 1989 - VI ZR 57/89, NJW-RR 1990, 343; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 17. Aufl., § 199 BGB Rn. 17; MünchKommBGB/Grothe, 9. Aufl., § 199 Rn. 40; Lakkis in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., Stand: 15.05.2023, § 199 Rn. 179; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb. 2019, § 199 Rn. 56; Soergel/Eichel, BGB, 14. Aufl., § 199 Rn. 109). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn im Zusammenhang mit einer Drittschadensliquidation ein Anspruch an den wirtschaftlich betroffenen Dritten abgetreten worden ist. Andernfalls könnte ein bereits verjährter Anspruch nach einer Abtretung vom geschädigten Zessionar wieder mit Erfolg durchgesetzt werden, wenn in dessen Person die subjektiven Voraussetzungen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB später als beim Zedenten vorliegen.
cc) Danach ist hinsichtlich der Frage, wann der Lauf der Verjährung des an die Kläger abgetretenen Anspruchs beginnt, in erster Linie auf das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bei der H. als Zedentin abzustellen. Die Beklagte hat insoweit unter Beweisantritt vorgetragen, dass die H. im Jahr 2012, spätestens aber im Jahr 2017, entsprechende Kenntnis im Sinne der genannten Vorschrift hatte. Hierzu hat das Berufungsgericht bislang, von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig, keine Feststellungen getroffen. Auch insoweit wird es entsprechende Feststellungen zu treffen haben.
III.
Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Die Sache ist vielmehr zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), um diesem Gelegenheit zu geben, die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Ellenberger Sturm Matthias Schild von Spannenberg Ettl Vorinstanzen: LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 19.10.2021 - 2-27 O 188/21 OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.11.2022 - 3 U 306/21 -