23 W (pat) 23/14
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 23/14 BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
Verkündet am 8. März 2016 Schröder Justizbeschäftigter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle betreffend die Patentanmeldung 10 2008 025 471.1-33 hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. März 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Strößner sowie der Richter Dipl.-Phys. Brandt, Dipl.-Phys. Dr. Zebisch und Dr. Himmelmann BPatG 154 05.11 beschlossen:
1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H01L des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. August 2014 wird aufgehoben.
2. Es wird ein Patent erteilt mit der Bezeichnung „Organische Elektrolumineszenzvorrichtung“,
dem Anmeldetag
28. Mai 2008 unter Inanspruchnahme der Priorität KR 10-2007-0053726 vom 1. Juni 2007 auf der Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am
8. März 2016;
- Beschreibungsseiten 1 bis 4, 4a, 5 bis 15, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 8. März 2016;
- 5 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 6, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am Anmeldetag.
Gründe I.
1. Die vorliegende Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2008 025 471.1-33 und der Bezeichnung „Organische Elektrolumineszenzvorrichtung“ wurde am 28. Mai 2008 unter Inanspruchnahme der koreanischen Priorität KR 10-2007-0053726 vom 1. Juni 2007 angemeldet und am 11. Dezember 2008 mit der DE 10 2008 025 471 A1 offengelegt. Mit der Anmeldung wurde Prüfungsantrag gestellt.
2. Die Prüfungsstelle für Klasse H01L hat im Prüfungsverfahren auf den Stand der Technik gemäß der folgenden Druckschrift verwiesen:
D1 US 2003/0 146 712 A1; D2 J. Lienig: “Interconnect and Current Density Stress - An Introduction to Electromigration-Aware Design”; in: Proc. of the Workshop on System Level Interconnect Prediction, April 2005, S. 81-88; und D3 US 5 684 555 A Sie hat in zwei Prüfungsbescheiden und in einer Anhörung am 1. August 2014 dargelegt, dass die beanspruchten Gegenstände nach dem jeweils gültigen Anspruch 1 gegenüber dem ermittelten Stand der Technik nicht neu (§ 3 PatG) und damit auch nicht patentfähig seien. Auch weitere von der Anmelderin in der Anhörung vorgeschlagene Einschränkungen würden zu keinem patenfähigen Gegenstand führen, da dieser zumindest auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhen würde (§ 4 PatG).
Die Anmelderin hat den Ausführungen der Prüfungsstelle in einer Eingabe und in der Anhörung widersprochen, wobei sie jeweils neue Anspruchssätze eingereicht und zu diesen ausgeführt hat, warum deren Gegenstände patentfähig seien.
In der Folge hat die Prüfungsstelle die Anmeldung am Ende der Anhörung vom 1. August 2014 zurückgewiesen, da der Gegenstand des in der Anhörung eingereichten Anspruchs 1 gegenüber der Lehre der Druckschrift D3 nicht neu (§ 3 PatG) und damit nicht patentfähig sei. Eine Ausfertigung des begründeten Beschlusses wurde der Anmelderin am 14. August 2014 zugestellt.
3. Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 12. September 2014, am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsätzen vom 9. Februar 2015 und 2. März 2016 begründet.
4. Der Senat hat mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung noch auf den Stand der Technik gemäß den Druckschriften D4 US 2002/0 011 975 A1 und D5 US 2006/0 250 083 A1 hingewiesen, die im parallelen US-amerikanischen Verfahren genannt wurden.
5. In der mündlichen Verhandlung am 8. März 2016 hat die Anmelderin einen neuen Anspruchssatz mit einem selbständigen Anspruch 1 und vier Unteransprüchen 2 bis 5, sowie eine überarbeitete Beschreibung eingereicht und beantragt:
1. Den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H01L des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. August 2014 aufzuheben;
2. Ein Patent zu erteilen mit der Bezeichnung „Organische Elektrolumineszenzvorrichtung“, dem Anmeldetag 28. Mai 2008 unter Inanspruchnahme der Priorität KR 10-2007-0053726 vom 1. Juni 2007 auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 8. März 2016; - Beschreibungsseiten 1 bis 4, 4a, 5 bis 15, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 8. März 2016; - 5 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 6, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am Anmeldetag.
Der in der mündlichen Verhandlung überreichte Anspruch 1 lautet (Gliederung bei unverändertem Wortlaut eingefügt):
„1. Organische Elektrolumineszenzvorrichtung, aufweisend: 1.1 ein Substrat (110), 1.2 eine Anzeigeeinheit (130), die auf dem Substrat (110) angeordnet ist und eine Mehrzahl an Unterbildpunkten (120) aufweist, 1.3 einen Versiegelungsbereich (S), der an der äußeren Peripherie der Anzeigeeinheit (130) angeordnet ist und ein Versiegelungselement (180) definiert, 1.4 eine Anschlusseinheit (170), die an einer äußeren Peripherie des Substrats (110) außerhalb des Versiegelungsbereichs angeordnet ist, und 1.5 eine Mehrzahl an Verdrahtungsleitungen (140), die mit der Anzeigeeinheit (130) verbunden sind, 1.6 wobei einige Leitungen der Mehrzahl an Verdrahtungsleitungen (140) Stromleitungen (144) sind, die die Anzeigeeinheit (130) mit der Anschlusseinheit (170) verbinden und 1.7 die im Versiegelungsbereich (S) jeweils in mehrere Leitungen (144a) aufgeteilt sind, 1.8 wobei Verbindungsleitungen (144b) zum miteinander Verbinden der durch die Aufteilung gebildeten Leitungen (144a) an einigen oder allen der durch die Aufteilung gebildeten Leitungen (144a) angebracht sind, 1.9 wobei die Stromleitungen (144) zwischen der Anzeigeeinheit (130) und dem Versiegelungsbereich (S) in Längsrichtung verlaufen, und sich in der Richtung von der Anzeigeeinheit (130) hin zu der Anschlusseinheit (170) in die mehreren Leitungen (144a) aufteilen, 1.10 wobei innerhalb des Versiegelungsbereichs (S) in einer zur Längsrichtung senkrechten Transversalrichtung verlaufende Abschnitte der Stromleitungen (144) jeweils in zwei oder mehr Leitungen aufgeteilt sind, 1.11 wobei die durch die Aufteilung gebildeten zwei oder mehr Leitungen von der Transversalrichtung in Eckbereichen wieder in die dazu senkrecht verlaufende Längsrichtung abgewinkelt und dabei wiederum jeweils in zwei oder mehr Leitungen (144a) aufgeteilt sind, 1.12 wobei die Verbindungsleitungen (144b) die durch die letztgenannte Aufteilung gebildeten Leitungen (144a) miteinander verbinden; 1.13 wobei die Stromleitungen (144) in den genannten Eckbereichen jeweils zweimal abgewinkelt sind, derart, dass die Leitung insgesamt einen Winkel von 90° bildet, und 1.14 wobei die beiden Winkel, unter dem die Stromleitungen in den Eckbereichen abgewinkelt sind, größer oder gleich 130° und kleiner oder gleich 140° sind.“
Hinsichtlich der Unteransprüche 2 bis 5 sowie der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 8. März 2016 auch als begründet. Sie führt zur Aufhebung des Beschlusses der Prüfungsstelle für Klasse H01L und zur Erteilung des Patents gemäß dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, denn die geltenden Patentansprüche sind zulässig, und ihre Lehre ist sowohl ausführbar als auch patentfähig.
1. Die Erfindung betrifft eine organische Elektrolumineszenzvorrichtung.
Eine organische Elektrolumineszenzvorrichtung, die für eine organische Elektrolumineszenzanzeige verwendet wird, ist eine Licht ausstrahlende Vorrichtung, die eine Licht abstrahlende Schicht aufweist. Die Schicht ist zwischen zwei Elektroden angeordnet, die sich auf einem Substrat befinden.
Organische Elektrolumineszenzvorrichtungen lassen sich in Vorrichtungen vom Oberemissionstyp und vom Unteremissionstyp klassifizieren, je nach Richtung der Lichtabstrahlung. Des Weiteren lassen sich die organischen Elektrolumineszenzvorrichtungen in Vorrichtungen vom passiven Matrixtyp und vom aktiven Matrixtyp unterteilen, je nach zugrunde liegendem Ansteuerverfahren der Licht abstrahlenden Schicht.
Da die organischen Elektrolumineszenzvorrichtungen gegenüber Feuchtigkeit und Sauerstoff anfällig sind, werden ein Versiegelungssubstrat und ein Verfahren zum Versiegeln eines Substrats eingesetzt, um die Vorrichtung zu schützen. Das Versiegelungssubstrat und das Versiegelungsverfahren zum Versiegeln des Substrats basieren auf einem Versiegelungselement aus einem Versiegelungsmittel.
Während des Versiegelungsvorgangs wird das Versiegelungsmittel typischerweise durch UV-Bestrahlung gehärtet, wodurch das Substrat und das Versiegelungssubstrat verbunden und ein dazwischen liegender Raum hermetisch versiegelt werden. In einem Versiegelungsbereich, in dem das Versiegelungsmittel aufgetragen und mit UV-Licht bestrahlt wird, wird eine Mehrzahl von auf dem Substrat angebrachten Verdrahtungsleitungen verdrahtet. Einige dieser Leitungen verhindern jedoch, dass das Versiegelungsmittel gleichmäßig auf der Oberfläche des Substrats aufgebracht wird, oder sie verhindern, dass UV-Strahlung in wirksamer Weise das Versiegelungsmittel erreicht, was bei der Herstellung der Vorrichtung zu unerwünschten Wirkungen wie Undichtigkeiten der Versiegelung führt.
Diese Verdrahtungsleitungen umfassen des Weiteren als Stromleitungen bezeichnete Versorgungsleitungen, die dicker als andere Verdrahtungsleitungen sein sollten, was aber die UV-Bestrahlung nur in gewissem Umfang zulässt. Diese Dickenbeschränkung ist die Ursache für ein Verdrahtungswiderstandsproblem und führt zu einer unerwünschten Konzentration der Stromlast, die an diesen Verdrahtungsleitungen der Verdrahtungsstruktur anliegt. Bei der Herstellung von Stromleitungen ist daher Vorsicht geboten (vgl. S. 1, 1. Abs. bis S. 2, 2. Abs. der geltenden Beschreibung).
Vor diesem Hintergrund liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, die Vorrichtung besser hermetisch zu versiegeln und die Anzeigequalität zu verbessern, indem das Problem der konzentrierten Stromlast auf den Stromleitungen gelöst wird (vgl. S. 15, Z. 4 bis 9 der geltenden Beschreibung).
Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 gelöst.
Die beanspruchte organische Elektrolumineszenzvorrichtung weist demnach die für solche Vorrichtungen üblichen wesentlichen Bestandteile auf, darunter auch ein Versiegelungselement, das durch einen Versiegelungsbereich definiert ist, der an der äußeren Peripherie einer Anzeigeeinheit angeordnet ist, außerdem eine Anschlusseinheit, die an einer äußeren Peripherie des Substrats außerhalb des Versiegelungsbereichs angeordnet ist.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil ist eine Mehrzahl an Verdrahtungsleitungen, von denen einige Stromleitungen, die die Anzeigeeinheit mit der Anschlusseinheit verbinden, sind. Diese Stromleitungen sind in besonderer Weise ausgebildet. Sie sind im Versiegelungsbereich jeweils in mehrere Leitungen aufgeteilt. Diese Aufteilung ist zweistufig. So sind die Stromleitungen, welche von der Anzeigeeinheit zum Versiegelungsbereich in Längsrichtung verlaufen, in sich in Transversalrichtung erstreckenden Abschnitten bereits in zwei oder mehr Leitungen aufgeteilt. In einem Eckbereich erfolgt dann eine Abwinkelung der Stromleitungen um 90°, so dass diese sich in der Folge wieder in Längsrichtung erstrecken. Bei dieser Abwinkelung teilt sich jede der Teilleitungen wieder in zwei oder mehr Leitungen auf. In der Folge entstehen auf dem Weg von der Anzeigeeinheit zur Anschlusseinheit somit mindestens zweimal zwei, also vier Leitungen.
Außerdem sind Verbindungsleitungen zum miteinander Verbinden der durch die Aufteilung gebildeten Leitungen an einigen oder allen der durch die Aufteilung gebildeten Leitungen angebracht, was zu einer Art Gitterstruktur der Stromleitungen nach der zweiten Aufteilung führt.
In den Eckbereichen, also dort, wo die zweite Aufteilung stattfindet, erfolgt die Abwinkelung der Stromleitungen von der Transversal- in die Längsrichtung um 90° nicht in einem, sondern in zwei Schritten in Form zweier Abwinkelungen, die jeweils einen Winkel von größer gleich 130° und kleiner gleich 140° besitzen.
3. Als zuständiger Fachmann ist hier ein berufserfahrener Physiker oder Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss zu definieren, der mit der Entwicklung von Anzeigen, insbesondere organischen Elektrolumineszenzanzeigen betraut ist.
4. Die geltenden Ansprüche sind zulässig (§ 38 PatG).
So beansprucht Anspruch 1 das in der ursprünglichen Figur 4 gezeigte Ausführungsbeispiel. Im Einzelnen geht der geltende Anspruch 1 aus dem ursprünglichen Anspruch 1 hervor (Merkmale 1., 1.1, 1.2, 1.3, 1.5, 1.7). Hinzu kommen Merkmale aus den Ansprüchen 2 (Teil des Merkmals 1.6), 4 (Merkmal 1.8) und 5 (Merkmal 1.13). Die übrigen Merkmale sind der ursprünglichen Fig. 4 und der zugehörigen Beschreibung, zum Teil in Verbindung mit der ursprünglichen Figur 1 zu entnehmen. So ist die zweistufige Aufteilung in Eckbereichen (Merkmale 1.10 und 1.11) direkt der Figur 4 zu entnehmen.
Dort ist auch im mit P4 bezeichneten Kreis die Abwinkelung um 90° in zwei Winkeln ersichtlich, welche auch in der ursprünglichen Beschreibung auf S. 11, Z. 31 bis S. 12, Z. 2 beschrieben ist. Der ursprüngliche Anspruch 6, der sich u. a. auch auf den ursprünglichen Anspruch 5 zurückbezieht, gibt an, wie groß die einzelnen Winkel sind. Diese können gemäß diesem Anspruch größer als etwa 90° und kleiner als etwa 140° sein. Damit wird dort ein Wertebereich angegeben, der von etwas unter 90° bis etwas über 140° reicht, wobei nicht angegeben wird, wie weit er unter 90° und über 140° hinausreicht. Eindeutig ist dabei aber, dass ein Wert von 140° im Wertebereich mit umfasst ist.
Im Falle einer Richtungsänderung von 90° muss bei der Aufteilung in zwei Winkel diese auf zwei Richtungsänderungen aufgeteilt werden. Dabei entsteht jeweils ein stumpfer Winkel in der Leitung, der 180° minus die Richtungsänderung beträgt. Addiert man die beiden entstehenden Winkel, so ergibt sich ein Wert von 2·180° 90° = 270°. Die beiden Winkel müssen demnach eine Summe von 270° aufweisen. Bei einem Winkel von 90° müsste, wie auch sofort ersichtlich ist, der zweite Winkel einen Wert von 180° haben, bei einem Wert von 140° müsste der zweite Winkel einen Wert von 130° haben. Dies zeigt, dass eine Festlegung einer Obergrenze von 140° automatisch eine Untergrenze von 130° für den zweiten Winkel festlegt. Damit ergibt sich für die Einschränkung der Richtungsänderung auf 90° aus dem ursprünglichen Anspruch 6 zwingend ein kleinerer Bereich von 130° bis 140° für die beiden Winkel (Merkmal 1.14).
Aus der gemeinsamen Betrachtung der ursprünglichen Figuren 1 und 4 ist ersichtlich, dass Fig. 4 einen mit Z bezeichneten Ausschnitt aus Fig. 1 zeigt, in dem einige Details erkennbar sind, für die der Maßstab in Fig. 1 zu klein ist. Fig. 1 zeigt auch eine Anschlusseinheit (170), die an einer äußeren Peripherie des Substrats (110), außerhalb des Versiegelungsbereichs (S) angeordnet ist (Merkmal 1.4). Dies ist auch in der ursprünglichen Beschreibung auf S. 6, Z. 1 bis 5 beschrieben. Dieser Fig. 1 ist auch der Verlauf der Stromleitungen (144) von der Anzeigeeinheit in einer Z-artigen Struktur, zunächst in Längsrichtung, dann senkrecht dazu in Transversalrichtung und dann wieder senkrecht zur Transversalrichtung in Längsrichtung zu entnehmen (zweiter Teil des Merkmals 1.6). Es ist außerdem dort ersichtlich, dass sich die Stromleitungen ausgehend von der Anzeigeeinheit (130) hin zur Anschlusseinheit (170) in mehrere Leitungen aufteilen (Merkmal 1.9).
Die Vergrößerung in Fig. 4 zeigt nun, dass die Stromleitungen in einer zur Längsrichtung senkrechten Transversalrichtung verlaufende Abschnitte aufweisen, die in zwei Leitungen aufgeteilt sind. Dass diese Abschnitte, welche sich im Versiegelungsbereich (S) befinden, auch in mehr als zwei Leitungen aufgeteilt sein können, ist der zugehörigen ursprünglichen Beschreibung auf S. 11, Z. 19 bis 24 zu entnehmen (Merkmal 1.10).
Weiter zeigt Fig. 4 eine weitere Aufteilung der beiden Teilleitungen in jeweils zwei Leitungen (144a) in Eckbereichen, welche sich im mit P4 bezeichneten Bereich befinden, und in denen die Stromleitungen, wie bereits ausgeführt, wieder in Längsrichtung abgewinkelt sind. Dass auch hier eine Aufteilung in mehr als zwei Leitungen erfolgen kann, ist in der ursprünglichen Beschreibung auf S. 12, Z. 3 bis 9 offenbart. (Merkmal 1.11).
Fig. 4 zeigt auch die Verbindungsleitungen (144b), die die durch die Aufteilung gebildeten Leitungen (144a) verbindet (Merkmal 1.12).
Damit ist insgesamt ein Gegenstand mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 in den ursprünglichen Unterlagen offenbart, so dass Anspruch 1 zulässig ist.
Die Ansprüche 2 bis 5 gehen aus den ursprünglichen Ansprüchen 7 bis 10 hervor, so dass auch sie zulässig sind.
5. Bezüglich der Ausführbarkeit der Lehren der Ansprüche bestehen keine Zweifel (§ 34 Abs. 4 PatG).
6. Der gewerblich anwendbare (§ 5 PatG) Gegenstand des Anspruchs 1 ist hinsichtlich des ermittelten Standes der Technik neu (§ 3 PatG) und beruht diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns (§ 4 PatG).
Aus der den nächstliegenden ermittelten Stand der Technik darstellenden Druckschrift D5 ist in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Anspruchs 1 eine
1. Organische Elektrolumineszenzvorrichtung (vgl. die Bezeichnung: „Active Matrix Organic Light Emitting Display Panel“) bekannt, aufweisend:
1.1 ein Substrat (substrate 20; vgl. Abs. [0044]: „As shown in Fig. 7, an active matrix organic light emitting display panel includes a substrate 20.”),
1.2 eine Anzeigeeinheit (display region 22), die auf dem Substrat (20) angeordnet ist (vgl. Abs. [0044]: „The substrate 20 includes […] a non-display region 24, and a display region 22.“) und eine Mehrzahl an Unterbildpunkten aufweist (vgl. Abs. [0045]: „In addition, a power supply unit (not shown) supplies a pixel voltage through a pad 28 to a power line 57, and the power line 57 sends the pixel voltage to the pixels arranged in the display region 22 of the substrate 20.”),
1.3 einen Versiegelungsbereich (seal pattern portion 26; vgl. Abs. [0044]: „…a seal pattern portion 26,…“), der an der äußeren Peripherie der Anzeigeeinheit (22) angeordnet ist und ein Versiegelungselement definiert (siehe Fig. 7),
1.4 eine Anschlusseinheit (pad 28), die an einer äußeren Peripherie des Substrats (20) außerhalb des Versiegelungsbereichs (26) angeordnet ist (vgl. die bereits zitierte Stelle aus Abs. [0045]), und
1.5 eine Mehrzahl an Verdrahtungsleitungen, die mit der Anzeigeeinheit (22) verbunden sind (siehe Fig. 7),
1.6 wobei einige Leitungen der Mehrzahl an Verdrahtungsleitungen Stromleitungen (power lines 57) sind, die die Anzeigeeinheit (22) mit der Anschlusseinheit (28) verbinden (vgl. die bereits zitierte Stelle aus Abs. [0045]) und
1.7 die im Versiegelungsbereich (26) jeweils in mehrere Leitungen (144a) aufgeteilt sind (siehe Fig. 7 i. V. m Abs. [0045]: „In particular, the routing line 53 is formed only in the seal pattern portion 26 surrounding the non-display region 24, and the entire of the routing line 53 is in a mesh type.”),
1.8 wobei Verbindungsleitungen zum miteinander Verbinden der durch die Aufteilung gebildeten Leitungen an einigen oder allen der durch die Aufteilung gebildeten Leitungen angebracht sind (dies ergibt sich auf Grund der Ausbildung als Gitter),
1.9 wobei die Stromleitungen zwischen der Anzeigeeinheit und dem Versiegelungsbereich in Längsrichtung verlaufen, und sich in der Richtung von der Anzeigeeinheit hin zu der Anschlusseinheit in die mehreren Leitungen aufteilen (Die obige Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus der Fig. 7, in den ein durch verstärkte Linien hervorgehobener Leitungsverlauf eingezeichnet ist. Das Gitter in dieser Abbildung kann als Leitungen angesehen werden, die an Kreuzungspunkten miteinander verbunden sind. Dabei kann an jedem Kreuzungspunkt eine Leitung als geradeaus weiterverlaufend angesehen werden, aber auch als abknickend. Jeder Kreuzungspunkt kann auch als Aufteilung einer in ihn hineinführenden Leitung in zwei oder drei weitere Leitungen angesehen werden. Damit ergibt sich eine Vielzahl von möglichen Sichtweisen des Leitungsverlaufs. Eine von vielen Möglichkeiten ist in der vorstehenden Abbildung durch dicke Linien hervorgehoben. Sie ver- wirklicht die Merkmale des in Anspruch 1 beanspruchten Leitungsverlaufs. So gibt es einen ersten Abschnitt, der in Längsrichtung, dies ist die senkrechte Richtung, von der Anzeigeeinheit 22 zum Versiegelungsbereich 26 verläuft. Dies ist die dicke Linie noch außerhalb des Gitters.)
1.10 wobei innerhalb des Versiegelungsbereichs (26) in einer zur Längsrichtung senkrechten Transversalrichtung verlaufende Abschnitte der Stromleitungen jeweils in zwei oder mehr Leitungen aufgeteilt sind (siehe die beiden dick hervorgehobenen horizontalen Abschnitte im oberen Bereich des unteren Gitterteils. Dort erfolgt eine erste Aufteilung der Leitung in zwei horizontale Leitungen),
1.11 wobei die durch die Aufteilung gebildeten zwei oder mehr Leitungen von der Transversalrichtung in Eckbereichen wieder in die dazu senkrecht verlaufende Längsrichtung abgewinkelt und dabei wiederum jeweils in zwei oder mehr Leitungen aufgeteilt sind (siehe die vier durch dicke Linien hervorgehobenen, senkrecht verlaufenden Abschnitte in der vorstehenden Abbildung. Wie zu sehen ist, werden die horizontalen Leitungen jeweils in zwei Leitungen aufgeteilt und verlaufen senkrecht nach unten, bevor sie dann abgewinkelt sind.),
1.12 wobei die Verbindungsleitungen die durch die letztgenannte Aufteilung gebildeten Leitungen miteinander verbinden (Verbindungsleitungen sind die restlichen, diese dick in der Abbildung eingezeichneten Leitungen kreuzenden Leitungen).
Es verbleiben somit die Merkmale
1.13 dass die Stromleitungen (144) in den genannten Eckbereichen jeweils zweimal abgewinkelt sind, derart, dass die Leitung insgesamt einen Winkel von 90° bildet, und
1.14 dass die beiden Winkel, unter dem die Stromleitungen in den Eckbereichen abgewinkelt sind, größer oder gleich 130° und kleiner oder gleich 140° sind.
die in Druckschrift D5 nicht offenbart sind.
Aus der Druckschrift D2 ist es bekannt, eine einen Strom führende Leitung bei einer Richtungsänderung um 90° zweimal oder sogar dreimal abzuwinkeln (siehe Fig. 8, die zum Abschnitt 3.5 „Via Arrangements and Corner Bends“ gehört). Im Fall von zwei Winkeln wird dabei ein Winkel von 135° für jeden der beiden Winkel vorgeschlagen (vgl. die Figurenbeschreibung zu Figur 8: „Current-density visualization of different corner bend angles of (a) 90°, (b) 135°, and (c) 150°.“). Der Grund für die mehrfache Abwinkelung besteht darin, dass die maximale Stromdichte möglichst gering gehalten werden soll, um so möglichst wenig Elektromigration des die Leitungen bildenden Materials zu erhalten (vgl. den Titel zu Kapitel 3: „Design Constraints Affecting Electromigration“). Damit sind die Merkmale 1.13 und 1.14 des Anspruchs 1 für Stromleitungen an sich bekannt.
Allerdings wird der Fachmann die Lehre der Druckschrift D2 nicht ohne weiteres auf ein Gitter, wie es die Fig. 7 der Druckschrift D5 zeigt, übertragen. Denn zum einen spielt dort die Frage der Elektromigration auf Grund der breiten Verteilung des Stroms über eine Vielzahl von Leitungen eine nur geringe Rolle und zum anderen bricht das Einführen der Abwinkelungen in zwei Winkeln die Symmetrie an den Kreuzungspunkten des Gitters. Dies würde eine eingehende Betrachtung des Fachmanns erfordern, ob und wie die Symmetrie an jedem der Kreuzungspunkte zu brechen ist, was eine genaue Ermittlung des Stromverlaufs erfordern würde. Dies wäre dem Fachmann zwar im Prinzip möglich, doch wird er dies nicht durchführen, da, wie bereits dargelegt, bei einem Gitter die Elektromigration eine geringe Rolle spielt und zum anderen der große Vorteil eines Gitters darin besteht, dass einzelne unterbrochene Leitungen durch andere überbrückt werden können, was wiederum zu einem vollständig anderen Stromverlauf und damit zu einer anderen optimalen Anordnung der Doppelecken führen würde. Bei einem Gitter würde der Fachmann bestenfalls die Ecken der Öffnungen gleichmäßig abrunden oder abschrägen, da dies die Elektromigration, welche, wie Figur 8 der Druckschrift D2 zeigt, vor allem an den Innenseiten der Winkel stattfindet, wirksam verhindern würde. Eine solche Abrundung oder Abschrägung, die die Symmetrie an den Kreuzungspunkten nicht brechen würde, ist aber keine Abwinkelung der Leitung in zwei Winkeln, sondern eine Verbreiterung der Leitung am Kreuzungspunkt.
Die weiteren Druckschriften D1, D3 und D4 zeigen alle weder den beanspruchten Verlauf einer Stromleitung mit seiner zweistufigen Aufteilung noch Eckbereiche einer Leitung, in denen die Leitung zweimal abgewinkelt ist. Sie zeigen alle nur einfache Winkel oder, wie im Falle von Druckschrift D3 (siehe Fig. 3) abgerundete Eckbereiche. Damit kann keine dieser Druckschriften einen Hinweis auf die in Druckschrift D5 nicht offenbarten Merkmale 1.13 und 1.14 des Anspruchs 1 geben oder selbst für den Fachmann als Ausgangspunkt dienen, um in naheliegender Weise zum in Anspruch 1 beanspruchten Gegenstand zu gelangen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit durch den Stand der Technik weder vorweggenommen, noch wird er durch ihn nahegelegt, so dass er patentfähig ist.
7. An den selbständigen Patentanspruch 1 können sich die Unteransprüche 2 bis 5 anschließen, da sie vorteilhafte Weiterbildungen der beanspruchten organischen Elektrolumineszenzvorrichtung angeben, welche nicht platt selbstverständlich sind.
8. In der in der mündlichen Verhandlung an die geltenden Ansprüche angepassten Beschreibung ist der Stand der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, angegeben und die Erfindung anhand der Zeichnung ausreichend erläutert.
9. Bei dieser Sachlage war der angefochtene Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H01L aufzuheben und das Patent wie beantragt zu erteilen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der Anmelderin - vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Beschwer - das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Sie ist nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich
1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten in elektronischer Form bei der elektronischen Poststelle des BGH, www.bundesgerichtshof.de/erv.html. Das elektronische Dokument ist mit einer prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder mit einer prüfbaren fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen. Die Eignungsvoraussetzungen für eine Prüfung und für die Formate des elektronischen Dokuments werden auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs www.bundesgerichtshof.de/erv.html bekannt gegeben.
Dr. Strößner Brandt Dr. Zebisch Dr. Himmelmann prö