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10 Ni 11/11 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 11/11 (EP) (Aktenzeichen)

…

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am 31. Januar 2013

…

In der Patentnichtigkeitssache

…

betreffend das europäische Patent 0 892 118 (DE 598 13 471)

hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt, Dipl. Ing. Küest, Prof. Dr. Dr. Ensthaler und Dipl.-Ing. Univ. Richter für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 0 892 118 wird im Umfang seiner Ansprüche 1 und 4 bis 9 teilweise für nichtig erklärt.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Klage richtet sich gegen das europäische Patent 0 892 118, das auf eine Anmeldung vom 11. Mai 1998 zurückgeht und unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Voranmeldung 19731093 in deutscher Verfahrenssprache mit der Bezeichnung „Bauelement zur Wärmedämmung“ erteilt worden ist. Das Patent umfasst 22 Patentansprüche, von denen mit der vorliegenden Klage die Ansprüche 1 und 4 bis 9 angegriffen werden. Die Unteransprüche 4 bis 9 sind auf den Hauptanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen.

Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung lautet wie folgt:

„1. Bauelement zur Wärmedämmung zwischen einem Gebäudeteil und einem vorkragenden Außenteil, bestehend aus einem dazwischen zu verlegenden Isolierkörper (2) mit integrierten Bewehrungsstäben (3, 4, 5), die sich quer zum Isolierkörper (2) durch diesen hindurch erstrecken und in eingebautem Zustand seitlich mit den angrenzenden Bauteilen in Wirkverbindung stehen, wobei das Bauelement zumindest an seiner Ober- und/oder Unterseite einen in Längsrichtung des Isolierkörpers (2) laufenden Hohlraum (6, 7) aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass der Hohlraum (6, 7) zumindest teilweise mit Brandschutzmaterial (6a, 7a) gefüllt ist.“

Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 4 bis 9 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 892 118 B1 Bezug genommen.

Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchstaben a EPÜ) geltend.

Sie beruft sich auf folgenden druckschriftlichen Stand der Technik:

NK2 NK3 NK4 NK7 NK8 NK9 NK10 NK11 NK14 DE 43 00 181 A EP 0 658 660 A1 DE 195 08 292 A1 DE 42 11 762 A1 DE 93 10 222 U1 DE 296 05 209 U1 EP 0 119 165 A2 EP 0 150 664 A1 DE 37 44 016 A1 NK16 CH 685 252 A5 Die Klägerin ist insbesondere der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber den Schriften NK14 und NK16 nicht neu sei und dass er überdies dem Durchschnittsfachmann – ausgehend von den Entgegenhaltungen NK2 bzw. NK16 – auch nahe gelegt sei. Letzteres gelte auch für die Merkmale der abhängigen Ansprüche 4 bis 9.

Die Klägerin beantragt,

das europäische Patent 0 892 118 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Ansprüche 1 und 4 bis 9 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage in vollem Umfang, hilfsweise nach Maßgabe der Patentansprüche 1 und 4 bis 20 gemäß Hilfsantrag 1, weiter hilfsweise nach Maßgabe der Patentansprüche 1 und 4 bis 7 gemäß Hilfsantrag 2 (beide Hilfsanträge eingereicht mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2012, Bl. 132 ff. d. A.), abzuweisen.

In der Fassung des Hilfsantrags I ist Patentanspruch 1 um die Merkmale aus den erteilten Ansprüchen 1 und 9 ergänzt und lautet wie folgt (Ergänzungen sind unterstrichen):

„1. Bauelement zur Wärmedämmung zwischen einem Gebäudeteil und einem vorkragenden Außenteil, bestehend aus einem dazwischen zu verlegenden Isolierkörper (2) mit integrierten Bewehrungsstäben (3, 4, 5), die sich quer zum Isolierkörper (2) durch diesen hindurch erstrecken und in eingebautem Zustand seitlich mit den angrenzenden Bauteilen in Wirkverbindung stehen, wobei das Bauelement zumindest an seiner Ober- und/oder Unterseite einen in Längsrichtung des Isolierkörpers (2) laufenden Hohlraum (6, 7) aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass der Hohlraum (6, 7) zumindest teilweise mit Brandschutzmaterial (6a, 7a) gefüllt ist, dass der Hohlraum (6, 7) durch eine Profilleiste (8, 9) gebildet ist, die mit dem Isolierkörper (2) verbunden ist, und dass das Brandschutzmaterial durch eine Wand (8b, 9b) vom Isolierkörper (2) getrennt ist.“

Auf den so geänderten Patentanspruch 1 sollen gemäß Hilfsantrag I Unteransprüche 4 bis 20 rückbezogen sein, wobei diese – unter Wegfall der Ansprüche 4 und 9 und entsprechender Umnummerierung ab Anspruch 5 – dem Wortlaut der erteilten Unteransprüchen 4 bis 22 entsprechen.

Hilfsantrag II entspricht dem Hilfsantrag I mit dem Unterschied, dass er die dort enthaltenen Unteransprüche 8 bis 20 (entsprechend den erteilten Unteransprüchen 10 bis 22) nicht vorsieht.

Der Senat hat den Parteien mit Schriftsatz vom 22. November 2012 einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG zukommen lassen. In der mündlichen Verhandlung hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass der Senat an seiner in dem Hinweis geäußerten vorläufigen Auffassung, wonach der Gegenstand des Patentanspruchs 1 von der NK14 in neuheitsschädlicher Weise vorweggenommen sei, nicht festhalte.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere auf die Schriftsätze der Parteien mit sämtlichen Anlagen, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe I.

Die Klage ist zulässig und auch erfolgreich. Das Streitpatent hat in dem angegriffenen Umfang weder in seiner erteilten Fassung noch in einer der von der Beklagten hilfsweise beantragten Fassungen Bestand.

1. Die Erfindung betrifft ein Bauelement zur Wärmedämmung zwischen einem Gebäudeteil und einem vorkragenden Außenteil, bestehend aus einem dazwischen zu verlegenden Isolierkörper mit integrierten Bewehrungsstäben, die sich quer zum Isolierkörper durch diesen hindurch erstrecken und seitlich mit den angrenzenden Bauteilen in Verbindung stehen, wobei der Isolierkörper zumindest an seiner Ober- und/oder Unterseite einen in Längsrichtung des Isolierkörpers laufenden Hohlraum aufweist.

In der Streitpatentschrift ist ausgeführt dass ein solches Bauelement aus der DE 43 00 181 A1 (= NK2) bekannt sei. Dort würden Hohlkammern vorgeschlagen, die aus einem härteren Wandmaterial als der Isolierkörper bestünden und von den Bewehrungsstäben durchquert seien. Dadurch würden die Bewehrungsstäbe stabil am Isolierkörper fixiert. Dieses Bauelement habe sich zwischenzeitlich erfolgreich bewährt. Unter bestimmten Umständen könne es für derartige Bauelemente notwendig sein, Brandschutzvorkehrungen zu treffen. So werde in der EP 0 658 660 A 1 (= NK3) vorgeschlagen, den Isolierkörper durch oberhalb und unterhalb des Isolierkörpers montierte Brandschutzplatten zu schützen. Durch die DE 195 08 292 A1 (= NK4) sei ein Bauelement zur Wärmedämmung bekannt geworden, bei dem nicht brennbares Material eingesetzt werde (Beschr. Abs. 1 bis 4).

Aufgabe der vorliegenden Erfindung sei es (siehe Beschr. Abs. 5), ein Bauelement zur Wärmedämmung zur Verfügung zu stellen, bei dem sich die Vorteile der eingangs beschriebenen Konstruktion, wie z. B. der erhöhte Schutz des Isolierkörpers im rauen Baustellenbetrieb, mit einem hohen Brandschutzstandard verbinden ließen. Außerdem solle das Bauelement kostengünstig in der Herstellung und auf der Baustelle einfach einzubauen sein.

2. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ein Bauelement mit folgenden Merkmalen vor:

1.1 Bauelement zur Wärmedämmung zwischen einem Gebäudeteil und einem vorkragenden Außenteil,

1.2 bestehend aus einem dazwischen zu verlegenden Isolierkörper mit integrierten Bewehrungsstäben,

1.2.1 die sich quer zum Isolierkörper erstrecken und 1.2.2 in eingebautem Zustand seitlich mit den angrenzenden Bauteilen in Wirkverbindung stehen, wobei 1.3 das Bauelement zumindest an seiner Ober- und/oder Unterseite einen in Längsrichtung des Isolierkörpers laufenden Hohlraum aufweist;

- Oberbegriff -

1.3.1 der Hohlraum ist zumindest teilweise mit Brandschutzmaterial gefüllt.

- Kennzeichen -

3. Der Patentgegenstand betrifft somit ein zwischen einem Gebäudeteil und einem vorkragenden Außenteil (z. B. einem Balkon) einzubauendes Bauelement.

a) Zuständiger Fachmann hierfür ist ein Dipl.-Bauingenieur (FH) der Fachrichtung Konstruktiver Ingenieurbau, mit Spezialkenntnissen in der Entwicklung, Konstruktion und Fertigung von Bauelementen im Massivbaubereich.

b) Dieser Fachmann entnimmt dem Merkmal 1.2, dass das Bauelement aus einem Isolierkörper besteht. Der Begriff „Isolierkörper“ impliziert, dass es sich um einen Gegenstand handeln muss, der eine isolierende Eigenschaft mit einer körperlichen Ausgestaltung verbindet. Offen bleibt dabei, auf welche Weise die Isolierung und die Körperlichkeit bewirkt werden. Im Ausführungsbeispiel nach Figur 1 besteht der Isolierkörper aus Styropor (Beschr. Sp. 3 Z. 27), wodurch andere isolierende Materialen bzw. Ausgestaltungen aber nicht ausgeschlossen sind. Nach dem Anspruchswortlaut ist es z. B. nicht ausgeschlossen, dass der Isolierkörper durch einen hohlen, lediglich mit Luft gefüllten Kasten gebildet wird. Ein derartiges Element würde nämlich die körperliche Struktur des Kastens mit der wärmeisolierenden Eigenschaft der Luft verbinden.

c) Ferner ist dem Merkmal 1.2 zu entnehmen, dass der Isolierkörper, aus dem das Bauelement besteht, mit integrierten metallischen Bewehrungsstäben ausgestattet sein muss. Dies ist so zu verstehen, dass die Bewehrungsstäbe bereits ab Werk, d. h. schon vor der Verlegung des Bauelements in den Isolierkörper integriert sein müssen, d. h. es reicht nicht aus, wenn die Bewehrungsstäbe erst bei der Verlegung eingefügt werden.

d) Gemäß Merkmal 1.3 weist das Bauelement „zumindest“ an seiner Oberund/oder Unterseite einen in Längsrichtung des Isolierkörpers laufenden Hohlraum auf. Diese Formulierung umfasst Ausgestaltungen, wie sie in den Figuren 1 bis 4 des Streitpatents gezeigt sind, wo sich Hohlräume (die gemäß Merkmal 1.3.1 zumindest teilweise mit Brandschutzmaterial gefüllt sind) über bzw. unter einem Isolierkörper aus Polyurethanformschaum befinden. Da nach dem Anspruchswortlaut das Bauelement den Hohlraum „aufweist“, handelt es sich bei letzterem nicht um ein separates Bauteil, vielmehr ist der Hohlraum ein integrierter Bestandteil des aus einem Isolierkörper bestehenden Bauelements.

Nach der Formulierung des Merkmals 1.3 sind auch noch weitere streitpatentgemäße Ausgestaltungen denkbar. Insbesondere muss der Hohlraum nicht auf Bereiche an der Ober- und/oder Unterseite des Isolierkörpers beschränkt sein, sondern er kann darüber hinaus größere Bereiche des Isolierkörpers umfassen. Im äußersten Fall ist es sogar möglich, dass der Isolierkörper zur Gänze aus einem Hohlraum besteht, also die Form eines hohlen Kastens einnimmt. Diese Auslegung steht nicht im Widerspruch zur Patentbeschreibung. Zwar werden dort – wie gesagt – nur Ausführungsbeispiele gezeigt, bei denen die Hohlräume lediglich an der Ober- und/oder Unterseite des Isolierkörpers angeordnet sind. Maßgeblich für die Auslegung eines Patentanspruchs ist aber dessen Wortlaut; die Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen darf weder zu einer inhaltlichen Erweiterung noch zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortsinn des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen (vgl. BGH GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung).

e) Da es sich bei den Hohlräumen nicht um gesonderte Bauteile, sondern um Bestandteile der Isolierkörper handelt, spielt es bei Merkmal 1.2.1 keine Rolle, durch welche Bereiche der Isolierkörper hindurch sich die metallischen Bewehrungsstäbe erstrecken. Dieses Merkmal ist demnach auch dann erfüllt, wenn die Stäbe (anders als in den Figuren 1 bis 4 des Streitpatents gezeigt) durch einen Hohlraum hindurchgehen.

II.

In seiner erteilten Fassung erweist sich Patentanspruch 1 als nicht bestandsfähig.

1. Entgegen der Meinung der Klägerin ist der Gegenstand dieses Anspruchs allerdings durch die Offenlegungsschrift DE 37 44 016 A1 (NK 14) nicht neuheitsschädlich vorweg genommen.

In Fig. 16 dieser Schrift ist ein Bauelement 8, das u. a. zur Wärmedämmung eingesetzt werden kann (s. Beschr. Sp. 1 Z. 6 f.), zwischen einer Decke 26, d. h. einem Gebäude, und einer vorkragenden Balkonplatte 24, d. h. einem Außenteil, dargestellt (Merkmal 1.1). Dieses Bauelement besteht aus einem dazwischen zu verlegenden Isolierkörper (erstes Teilmerkmal von Merkmal 1.2). Hierbei spielt es keine Rolle, ob das Bauelement – abgesehen von dem nach Merkmal 1.3.1 einzubringenden Brandschutzmaterial – lediglich mit Luft oder mit sonstigem wärmedämmenden Material gefüllt ist (s. o. I.3.b), oder ob das Brandschutzmaterial zugleich wärmedämmende Eigenschaften aufweist.

Im eingebauten Zustand erstrecken sich metallische Bewehrungsstäbe quer zum Isolierkörper durch diesen hindurch, stehen beidseits vor (Merkmal 1.2.1) und damit seitlich mit den angrenzenden Bauteilen in Wirkverbindung (vgl. Spalte 4, ab Zeile 50 und Figur 16).

Das in Fig. 16 der NK14 gezeigte Bauelement mit kastenförmigem Hohlprofil erfüllt auch das Merkmal 1.3, weil dieses nicht das Vorhandensein eines vom übrigen Isolierkörper zu unterscheidenden Hohlraumes verlangt, sondern es genügen lässt, dass der Isolierkörper insgesamt als Hohlraum ausgebildet ist (s. o. I.3.c).

Ferner ist Merkmal 1.3.1 erfüllt, weil das Hohlprofil der NK14 zum besseren Brandschutz ganz oder teilweise mit dafür geeignetem Material gefüllt ist, wofür z. B. Perlithe, Blähton oder faseriges Material wie Mineralwolle in Betracht kommen (Spalte 2 ab Zeile 29).

Die Offenbarung der NK14 unterscheidet sich jedoch vom Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 des Streitpatents durch das zweite Teilmerkmal 1.2, wonach der zu verlegende Isolierkörper schon vor der Verlegung mit integrierten metallischen Bewehrungsstäben versehen sein muss (s. o. I.3.b). In NK14 Spalte 4 Zeilen 50 bis 57 wird zwar ein Ausführungsbeispiel mit einer von Bewehrungsstäben durchgriffenen Fugenplatte genannt. Daraus geht aber nicht hervor, ob diese Fugenplatte schon vor der Verlegung von den Bewehrungsstäben durchgriffen ist oder ob die Stäbe erst bei bzw. nach Verlegung der Fugenplatte durch diese hindurchgeführt werden. Weil dem Fachmann Fugenplatten sowohl mit als auch ohne integrierte Bewehrungsstäbe bekannt sind, handelt sich dabei auch nicht etwa um eine Selbstverständlichkeit, die der Fachmann beim Lesen der Entgegenhaltung einfach mitliest, und die deshalb deren Offenbarungsgehalt zugerechnet werden könnte (vgl. BGH GRUR 2009, 382 - Olanzapin).

2. Auch gegenüber dem übrigen im Verfahren befindlichen Stand der Technik ist die Neuheit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 gegeben. Insbesondere lassen sich weder der Offenlegungsschrift DE 43 00 181 A (NK2) noch der schweizerischen Patentschrift CH 685 252 A5 (NK16) Angaben zur Füllung der dort gezeigten Hohlkammern entnehmen, weshalb dort jeweils zumindest das kennzeichnende Merkmal 1.3.1 nicht verwirklicht ist.

3. Jedoch ist der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung dem Fachmann durch den am Prioritätstag vorliegenden Stand der Technik nahe gelegt.

a) Der Fachmann, der vor die Aufgabe gestellt ist, ein Bauelement zur Wärmedämmung mit einem verbesserten Brandschutz auszustatten, wird von der Schrift DE 43 00 181 A (NK2) ausgehen. Diese Schrift beschreibt in Spalte 3 ab Zeile 7 ein Bauelement zur Wärmedämmung zwischen einem Gebäude und einem vorkragenden Außenteil (entsprechend Merkmal 1.1) mit in Form von rechteckigen Hohlkammern ausgebildeten Leisten, die von den Bewehrungsstäben durchquert sind und oben und unten mit dem in seiner Höhe entsprechend verkürzten Isolierkörper verbunden werden.

Ebenso wie beim Streitpatent ist auch bei der NK2 die in Spalte 3 Zeile 9 genannte Hohlkammer kein separater, vom Isolierkörper zu unterscheidender Bauteil, vielmehr handelt es sich bei ihr um einen integralen Bestandteil des Isolierkörpers. Die genannte Ausführungsform entspricht nämlich dem Gegenstand des Unteranspruchs 5 der NK2, bei dem die Leiste, die (entsprechend Patentanspruch 4) den oberen und/oder unteren Bereich des Isolierkörpers bildet, als Hohlkammer ausgebildet ist.

Damit zeigt die Schrift NK2 in diesem Ausführungsbeispiel ein Bauelement mit einem Isolierkörper und mit an seiner Ober- und/oder Unterseite in Längsrichtung des Isolierkörpers verlaufenden Hohlräumen, durch die sich integrierte metallische Bewehrungsstäbe hindurch erstrecken und in eingebautem Zustand seitlich mit den angrenzenden Bauteilen in Wirkverbindung stehen (Merkmale 1.1. bis 1.2.2). Das Merkmal 1.2.1 ist unabhängig davon erfüllt, dass nach dem Ausführungsbeispiel von NK2 Spalte 3 ab Zeile 7 die Bewehrungsstäbe die Hohlkammern durchqueren (s. o. I.3.e).

Allerdings fehlen in der NK2 Angaben zur Füllung der Hohlkammern (Merkmal 1.3.1). Wenn der Fachmann dieses bekannte Bauelement hinsichtlich seiner Brandschutzeigenschaften verbessern will, liegt es aber auf der Hand, die Hohlkammern mit Brandschutzmittel zu füllen, um so die Bewehrung möglichst lange vor den die Tragfähigkeit stark herabsetzenden, hohen Temperaturen infolge eines Brandereignisses zu schützen. Anregungen hierzu kann er auch z. B. der Entgegenhaltung NK14 (dort Spalte 2 ab Zeile 29) entnehmen.

Aus diesem Grund beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents in seiner erteilten Fassung nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

b) Dagegen kann das Dokument NK16 dem Fachmann keine Anregung i. S. d. Gegenstands von Patentanspruch 1 vermitteln. Diese Schrift zeigt in Fig. 3 ein Kragplattenanschlusselement und somit ein Bauelement zur Wärmedämmung zwischen einem Gebäude und einem vorkragenden Außenteil. Die NK 16 hat aber wegen zweier Profilträger (vgl. A1) oberhalb und unterhalb der Bewehrungsstäbe vor allem die Zielrichtung, die Bewehrungsstäbe zu fixieren. Hinweise, die Bewehrungsstäbe durch den Isolierkörper zu führen und auf einen Profilträger zu verzichten, sind der NK16 nicht zu entnehmen. Daher ist auch kein Grund erkennbar, wodurch der Fachmann veranlasst sein könnte, die dort gezeigte Bewehrungsführung im Sinne der patentgemäßen abzuändern.

III.

Die Fassung der Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 1 stellt keine zulässige Verteidigung des Streitpatents dar, weil darin auch die im vorliegenden Verfahren nicht angegriffenen erteilten Unteransprüche 10 bis 22 (entsprechend 8 bis 20 gemäß Hilfsantrag I) einbezogen und durch Rückbezug auf den geänderten Anspruch 1 auch inhaltlich angepasst werden sollen. Die Verteidigung nicht angegriffener Patentansprüche mit einem - und sei es nur durch die geänderte Rückbeziehung auf einen nunmehr enger gefassten, übergeordneten Patentanspruch eingeschränkten Gegenstand würde dem im Nichtigkeitsverfahren geltenden Antragsgrundsatz zuwider laufen (vgl. BPatGE 36, 35, 36; ebenso Busse, § 82 Rn. 75, a. A. Schulte/Kühnen, PatG mit EPÜ, 8. Aufl., § 81 Rn. 127).

IV.

Auch in der Fassung des Hilfsantrags II ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht patentfähig.

Gemäß Hilfsantrag II soll der Gegenstand des Patentanspruchs 1 dadurch konkretisiert werden, dass

(a) der Hohlraum durch eine Profilleiste gebildet ist, die mit dem Isolierkörper verbunden ist und dass

(b) das Brandschutzmaterial durch eine Wand vom Isolierkörper getrennt ist.

Das zusätzliche Merkmal (a) entnimmt der Fachmann der Entgegenhaltung NK2. Der dortige Patentanspruch 5 schützt – wie bereits dargelegt - eine Ausgestaltung des Bauelements, bei der der untere und/oder obere Bereich des Isolierkörpers durch eine als Hohlkammer ausgebildete Leiste gebildet wird.

Bei dieser Ausgestaltung ist der Hohlraum zwangsläufig durch eine Wand vom Isolierkörper getrennt. Ihn mit Brandschutzmaterial zu füllen, bedarf wiederum keiner erfinderischen Tätigkeit (s. o. II.3). Daher ist das zusätzliche Merkmal (b) dem Fachmann durch die Schrift NK2 nahe gelegt.

Somit kommt eine (teilweise) Klageabweisung auch nicht auf der Grundlage des Hilfsantrags II in Betracht.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

Rauch Hildebrandt Küest Prof. Dr. Ensthaler Richter prö

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