Paragraphen in 23 W (pat) 4/13
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 4/13 Verkündet am 3. November 2015
…
BESCHLUSS In der Einspruchsbeschwerdesache …
BPatG 154 05.11 betreffend das Patent 10 2009 046 858 hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Strößner und der Richter Brandt, Dr. Friedrich und Dr. Himmelmann beschlossen:
1. Der Beschluss der Patentabteilung 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. September 2012 (schriftlich begründet durch Beschluss vom 10. Dezember 2012) wird aufgehoben;
2. das Patent Nr. 10 2009 046 858 wird in vollem Umfang widerrufen.
Gründe I.
Auf die am 19. Februar 2009 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung hat die Prüfungsstelle für Klasse H01L das nachgesuchte Patent 10 2009 046 858 (Streitpatent) mit der Bezeichnung „Leistungshalbleitermodul und Verfahren zum Betrieb eines Leistungshalbleitermoduls“ erteilt.
Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 5. Mai 2011.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 28. Juli 2011, beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag über Fax eingegangen, Einspruch erhoben und beantragt, das Streitpatent wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit (§ 4 PatG) in vollem Umfang zu widerrufen.
Nach Prüfung des als zulässig angesehenen Einspruchs hat die Patentabteilung 33 des Deutschen Patent- und Markenamts das Streitpatent in der Anhörung vom 24. September 2012, in der die Patentinhaberin das Patent in der erteilten Fassung und mit den in der Anhörung überreichten Unterlagen nach Hilfsantrag verteidigt hat, beschränkt aufrechterhalten.
In der elektronischen Akte des DPMA finden sich zwei in Details unterschiedliche PDF-Dateien mit der Bezeichnung „Beschluss Aufrechterhaltung - Signiert“ und jeweils drei zugehörige Signaturdateien „SIG-1“, „SIG-2“ und „SIG-3“.
Gegen diesen Beschluss, der Einsprechenden am 13. Dezember 2012 zugestellt, richtet sich die am 3. Januar 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Beschwerde der Einsprechenden vom 21. Dezember 2012, in deren nachgereichter Begründung u. a. auf folgenden Stand der Technik verwiesen wird:
D16 Dr. Werner Brennenstuhl: Silicone für Halbleiter-Bauelemente, In: Sonderdokumentation des Klebstoff-Dokumentums: Verbund- und Vergusstechnik in der Elektrotechnik, Elektronik und Optik; Vortragsreihe des 11. Internationalen Klebtechnik-Seminars am Lehrinstitut der Holzwirtschaft und Kunststofftechnik e.V. D-8200 Rosenheim; Hinterwaldner-Verlag, 1989, S. 141 ff; D21 DE 10 2007 046 021 A1.
Die Einsprechende beantragt:
Den Beschluss der Patentabteilung 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. September 2012 (schriftlich begründet durch Beschluss vom 10. Dezember 2012) aufzuheben und das Patent Nr. 10 2009 046 858 in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt,
1. Hauptantrag Die Beschwerde zurückzuweisen.
2. Hilfsantrag a. Hilfsweise das Patent Nr. 10 2009 046 858 mit der Bezeichnung „Verfahren zum Betrieb eines Leistungshalbleitermoduls“ dem Anmeldetag 19. November 2009 in beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag , überreicht in der mündlichen Verhandlung am 3. November 2015; - Beschreibungsseiten 2/11 bis 6/11 mit den Absätzen [0001] bis [0041] gemäß Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 3. November 2015; - 4 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 5 gemäß Patentschrift; b. im Übrigen die Beschwerde zurückzuweisen.
Der mit Gliederungspunkten versehene, ansonsten aber wörtlich wiedergegebene, von der Patentabteilung beschränkt aufrechterhaltene Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut (die Zusatzmerkmale bezüglich der erteilten Fassung sind unterstrichen):
1. Leistungshalbleitermodul mit 2. einem Schaltungsträger (2),
2.1. der einen als Keramikplättchen ausgebildeten Isolationsträger (20) mit einer Oberseite (20t) umfasst,
2.2. auf der eine Metallisierungsschicht (22) angeordnet ist;
3. einem Leistungshalbleiterchip (8), 3.1. der auf der dem Isolationsträger (20) abgewandten Seite der Metallisierungsschicht (22) auf dem Schaltungsträger (2) angeordnet ist, und 3.2. der auf seiner dem Schaltungsträger (2) abgewandten Oberseite (8t) eine obere Chipmetallisierung (82) 3.2.1. aus Kupfer oder aus einer Kupferlegierung 3.2.2. mit einer Dicke (d82) von größer oder gleich 1 µm aufweist;
4. einem elektrischen Anschlussleiter (85) 4.1. aus Kupfer oder einer Kupferlegierung, 4.2. der an einer Verbindungsstelle (8c) mit der oberen Chipmetallisierung (82) verbunden ist;
5. einer Vergussmasse (5), 5.1. die sich vom Schaltungsträger (2) zumindest bis über die dem Schaltungsträger (2) abgewandte Seite des Leistungshalbleiterchips (8) erstreckt und diese vollständig überdeckt; 5.2. den Anschlussleiter zumindest im Bereich der Verbindungsstelle (8c) umschließt; 5.3. nach DIN ISO 2137 bei einer Temperatur von 25°C eine Penetration von größer oder gleich 10 und kleiner oder gleich 30 aufweist.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag geht auf den Anspruch 9 des beschränkt aufrechterhaltenen Patents zurück. Er ist auf den Betrieb des Moduls gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag gerichtet und lautet, mit einer Gliederung versehen, folgendermaßen:
Verfahren zum Betrieb eines 1. Leistungshalbleitermoduls, das aufweist: 2. einen Schaltungsträger (2), 2.1. der einen als Keramikplättchen ausgebildeten Isolationsträger (20) mit einer Oberseite (20t) umfasst, 2.2. auf der eine Metallisierungsschicht (22) angeordnet ist; 3. einen Leistungshalbleiterchip (8), 3.1. der auf der dem Isolationsträger (20) abgewandten Seite der Metallisierungsschicht (22) auf dem Schaltungsträger (2) angeordnet ist, und 3.2. der auf seiner dem Schaltungsträger (2) abgewandten Oberseite (8t) eine obere Chipmetallisierung (82) 3.2.1. aus Kupfer oder aus einer Kupferlegierung 3.2.2. mit einer Dicke (d82) von größer oder gleich 1 µm aufweist; 4. einen elektrischen Anschlussleiter (85) 4.1. aus Kupfer oder einer Kupferlegierung, 4.2. der an einer Verbindungsstelle (8c) mit der oberen Chipmetallisierung (82) verbunden ist; 5. eine Vergussmasse (5), 5.1. die sich vom Schaltungsträger (2) zumindest bis über die dem Schaltungsträger (2) abgewandte Seite des Leistungshalbleiterchips (8) erstreckt und diese vollständig überdeckt;
5.2. den Anschlussleiter zumindest im Bereich der Verbindungsstelle (8c) umschließt;
5.3. nach DIN ISO 2137 bei einer Temperatur von 25°C eine Penetration von größer oder gleich 10 und kleiner oder gleich 30 aufweist,
wobei bei dem Verfahren der Leistungshalbleiterchip (8) für eine Dauer von wenigstens 20 Sekunden bei einer Sperrschichttemperatur von nicht weniger als 150°C betrieben wird.
II.
Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Einsprechenden ist zulässig. Sie erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2015 auch als begründet, da sowohl das Leistungshalbleitermodul des beschränkt aufrechterhaltenen Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag als auch das Verfahren zum Betrieb eines solchen Leistungshalbleitermoduls nach Anspruch 1 des Hilfsantrags gegenüber der Druckschrift D21 i. V. m. der Druckschrift D16 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns beruht (§ 4 PatG), weshalb das Patent zu widerrufen war (§§ 59 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).
1. In der elektronischen Akte des DPMA existieren zwei mit „Beschluss Aufrechterhaltung - Signiert“ bezeichnete PDF-Dateien, die jeweils, ebenso wie die Dokumentanzeige in den Signaturdateien, zwei Beschlusstexte enthalten, so dass eine präzise Bestimmung der Urschrift nicht möglich ist. Da aber der Tenor und die Gründe der mehrfach vorhandenen Beschlusstexte in den beiden PDFDateien übereinstimmen, ist der Inhalt der Entscheidung, die mit den qualifizierten Signaturen versehen werden sollte, zumindest bestimmbar (vgl. BPatG BlPMZ 2014, 355, 356 - Anordnung zur Erfassung von Berührungen auf einer Trägerplatte), weshalb der Senat keine Veranlassung sieht, das Verfahren nach § 79 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 PatG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
2. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von Amts wegen in jedem Verfahrensstadium, auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 59 Rdn. 51 und 150 bis 152; BGH GRUR 1972, 592 – „Sortiergerät“), da nur das Vorliegen eines zulässigen Einspruchs die weitere sachliche Überprüfung eines erteilten Patents erlaubt.
Vorliegend ist der form- und fristgerecht erhobene Einspruch der Einsprechenden zulässig, weil zu dem geltend gemachten Einspruchsgrund der mangelnden Patentfähigkeit aufgrund fehlender erfinderischer Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. § 4 PatG) substantiiert Stellung genommen wurde. So hat die Einsprechende jeweils im Einzelnen angegeben, wo welche Merkmale des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 in den einzelnen Druckschriften offenbart seien, und wie sich der Gegenstand des Anspruchs 1 durch Zusammenschau der Druckschriften ihrer Meinung nach ergebe. Auch zu den Unteransprüchen wurde substantiiert Stellung genommen und angegeben, wo in den genannten Druckschriften die in diesen Ansprüchen beanspruchten Merkmale offenbart seien, oder wie sie sich ergäben. Insgesamt sind somit die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen aufgeführt (§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG). Die Patentabteilung 33 des Deutschen Patent- und Markenamts und auch die Patentinhaberin wurden demnach in die Lage versetzt, ohne eigene Nachforschungen festzustellen, ob die behaupteten Einspruchsgründe vorliegen (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leitsatz 2, 251, liSp, Abs. 1 - Epoxidation; Schulte, PatG, 9. Auflage, § 59 Rdn. 83 bis 89).
3. Das Streitpatent betrifft ein Leistungshalbleitermodul mit einer speziellen Vergussmasse.
Die in Leistungshalbleitermodulen verbauten Leistungshalbleiterchips werden häufig bei sehr hohen Temperaturen betrieben, wobei im Rahmen der technologischen Weiterentwicklung Leistungshalbleiterchips mit immer höheren zulässigen Sperrschichttemperaturen angestrebt werden. Mit steigender Betriebstemperatur des Moduls entsteht aber die Problematik, dass sich die üblicherweise verwendete sehr weiche Vergussmasse, bspw. ein in das Leistungshalbleitermodul eingefülltes Silikongel, von anderen Komponenten des Moduls wie z. B. den in die Vergussmasse eingebetteten Leistungshalbleiterchips, Anschlussleitern usw., im Lauf der Zeit unter Ausbildung von Hohlräumen oder Rissen ablöst. Hierdurch kann die Isolationsfestigkeit des Moduls beeinträchtigt werden, vgl. Abs. [0001] der Streitpatentschrift.
Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ein Leistungshalbleitermodul mit einer Vergussmasse und einem Leistungshalbleiterchip bereitzustellen, bei dem auch bei hohen Betriebsund/oder Lagertemperaturen die Ausbildung der genannten Hohlräume und Risse verhindert oder zumindest gegenüber herkömmlichen Leistungshalbleitermodulen verbessert wird, sowie ein Verfahren zum Betrieb eines Leistungshalbleitermoduls bei hohen Temperaturen bereit zu stellen, vgl. Abs. [0003] der Streitpatentschrift.
Hinsichtlich des Gegenstands wird diese Aufgabe gemäß Hauptantrag durch das Leistungshalbleitermodul des beschränkt aufrechterhaltenen Anspruchs 1 gelöst.
Die Lösungen gemäß dem selbständigen Verfahrensanspruch 9 des Hauptantrags bzw. gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags sind auf ein Verfahren zum Betrieb eines derartigen Leistungshalbleitermoduls gerichtet.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag geht von einem Leistungshalbleitermodul mit einem Schaltungsträger, einem Leistungshalbleiterchip, einem elektrischen Anschlussleiter und einer Vergussmasse aus. Der Isolationsträger ist als Keramikplättchen ausgebildet, auf dessen Oberfläche eine Metallisierungsschicht und darauf ein Leistungshalbleiterchip angeordnet sind. Dieser weist auf seiner dem Schaltungsträger abgewandten Oberseite eine obere Chipmetallisierung aus Kupfer oder aus einer Kupferlegierung mit einer Dicke von größer oder gleich 1 µm auf. Der elektrische Anschlussleiter ist an einer Verbindungsstelle mit der oberen Chipmetallisierung verbunden und besteht ebenfalls aus Kupfer oder einer Kupferlegierung. Die Vergussmasse erstreckt sich vom Schaltungsträger zumindest bis über die dem Schaltungsträger abgewandte Seite des Leistungshalbleiterchips, überdeckt diese vollständig, umschließt den Anschlussleiter zumindest im Bereich der Verbindungsstelle und weist nach DIN ISO 2137 bei einer Temperatur von 25°C eine Penetration von größer oder gleich 10 und kleiner oder gleich 30 auf.
Nach der Lehre des Anspruchs 9 nach Hauptantrag bzw. des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag wird der Leistungshalbleiterchip des Leistungshalbleitermoduls für eine Dauer von wenigstens 20 Sekunden bei einer Sperrschichttemperatur von nicht weniger als 150°C betrieben.
Das Leistungshalbleitermodul des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Vergussmasse nach DIN ISO 2137 bei einer Temperatur von 25°C eine Penetration von kleiner oder gleich 30 und von größer oder gleich 10 aufweist. Nach den Ausführungen im Streitpatent ist sie damit wesentlich härter als die üblichen für das Vergießen von Leistungshalbleitermodulen verwendeten Weichvergussmassen, deren Penetration etwa im Bereich von 50 bis 70 liegt. Da jedoch beim Betrieb des Leistungshalbleitermoduls aufgrund der hohen Temperaturen und Temperaturwechselbelastungen starke Scherkräfte und Zugkräfte zwischen der Vergussmasse und den Anschlussleitern auftreten, wäre der Einsatz einer derart harten Vergussmasse bei herkömmlichen Leistungshalbleitermodulen insofern nachteilig, als die in herkömmlichen Leistungshalbleitermodulen eingesetzten Anschlussleiter bzw. deren Verbindungen mit einer Oberseite eines Leistungshalbleiterchips und/oder mit einer oberen Substratmetallisierung, die typischer Weise aus Aluminium oder aluminiumbasierten Legierungen bestehen, keine ausreichende Langzeitstabilität aufweisen. Deshalb ist nach der Lehre des Anspruchs 1 die Verwendung von Anschlussleitern vorgesehen, die aus Kupfer oder einer Kupferlegierung bestehen, denn Materialien mit einem Kupferanteil von wenigstens 90 Gewichtsprozent weisen eine signifikant höhere mechanische Stabilität auf als die Anschlussleiter bei herkömmlichen Leistungshalbleitermodulen. Durch die Verwendung von kupferbasierten Materialien kann bei solchen Anschlussleitern, die an mechanisch besonders neuralgischen Stellen des Leistungshalbleitermoduls angeordnet oder angeschlossen sind – trotz des Einsatzes einer diese Anschlussleiter kontaktierenden oder umschließenden harten Vergussmasse – eine ausreichende mechanische Dauerstabilität der Anschlussleiter und Verbindungsstellen im Betrieb des Moduls erreicht werden, vgl. Abs. [0029] der Streitpatentschrift.
In der Materialprüfung existieren verschiedene Prüfungsverfahren und Härteskalen. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 des Streitpatents ist hinsichtlich der Härte der Vergussmasse gekennzeichnet durch die Angabe einer Penetration, d. h. die Ermittlung der Härte der Vergussmasse erfolgt mittels eines Verfahrens zur Bestimmung einer Penetrationszahl, die vorliegend nach DIN ISO 2137 bestimmt wird. Darin ist festgelegt, dass die Konuspenetration eines genormten Konus als Eindringtiefe in Einheiten von 0,1 mm bzw. „mm/10“ angegeben wird. Eine Penetration von 30 entspricht somit einer Eindringtiefe des Konus von 3,0 mm. Je größer die Penetration, desto größer ist die Eindringtiefe und desto weicher ist das Material.
Daneben existiert zur Bestimmung der Härte von Materialien auch das Verfahren der Härtemessung nach Shore A, deren Härteskala von 0 Shore (2,5 mm Eindringtiefe) bis 100 Shore (0 mm Eindringtiefe) reicht, d. h. im Gegensatz zu den obigen Penetrationswerten bedeutet ein niedriger Shorewert, dass das Material weich ist, und ein hoher Shorewert, dass das Material hart ist.
4. Das Leistungshalbleitermodul des mit Hauptantrag verteidigten beschränkt aufrechterhaltenen Anspruchs 1 beruht ebenso wie auch das Verfahren des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns bezüglich der Lehre von Druckschrift D21 i. V. m. der Lehre der D16, so dass beide nicht patentfähig sind.
Bei dieser Sachlage kann die Erörterung der Zulässigkeit der Ansprüche des Hauptantrags und des Hilfsantrags dahingestellt bleiben (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121, II.1 – „Elastische Bandage“).
Der Fachmann ist hier als ein berufserfahrener Physiker oder Ingenieur der Elektrotechnik mit Hochschulabschluss und mit Kenntnissen der Aufbau- und Gehäusetechnik von Leistungshalbleitermodulen zu definieren, der mit der Entwicklung und Fertigung solcher Module befasst ist.
4.1. Die Druckschrift D21, vgl. insbesondere deren Figuren 3 und 6 mit Beschreibung, offenbart mit den Worten des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ein
1. Leistungshalbleitermodul (vgl. Abs. [0025]: „Die Leistungswechselbelastungsund Temperaturwechselbelastungsfähigkeit von Leistungshalbleitermodulen werden heute durch Lotermüdung und Drahtbondablösung beschränkt.“) mit
2. einem Schaltungsträger (isolierende Platte 15 / vgl. Fig. 6 mit Abs. [0031]), 2.1. der einen als Keramikplättchen ausgebildeten Isolationsträger (Keramiksubstrat 15) mit einer Oberseite umfasst, 2.2. auf der eine Metallisierungsschicht (Kupfermetallisierung 46 / vgl. Fig. 6 mit Abs. [0031]) angeordnet ist;
3. einem Leistungshalbleiterchip (Halbleiterchip 11 / vgl. Fig. 6 mit Abs. [0031]), 3.1. der auf der dem Isolationsträger (15) abgewandten Seite der Metallisierungsschicht (46) auf dem Schaltungsträger (15) angeordnet ist, und
3.2. der auf seiner dem Schaltungsträger (15) abgewandten Oberseite eine obere Chipmetallisierung (Metallschicht 47 / vgl. Fig. 6 mit Abs. [0031]) 3.2.1. aus Kupfer oder aus einer Kupferlegierung 3.2.2. mit einer Dicke von größer oder gleich 1 µm aufweist (vgl. Abs. [0030]: „Eine beispielhafte dicke Metallschicht 47 beträgt mindestens 10 µm [...]. Die dicke Metallschicht kann aus Kupfer oder einer Kupferlegierung [...] bestehen.“);
4. einem elektrischen Anschlussleiter (Kupferdrahtverbindungen 42 / vgl. Fig. 6 mit Abs. [0031]) 4.1. aus Kupfer oder einer Kupferlegierung, 4.2. der an einer Verbindungsstelle mit der oberen Chipmetallisierung (47) verbunden ist (vgl. Fig. 6 und Abs. [0031]: „[...], wobei durch Kupferdrahtverbindungen 42 die erste dicke Metallschicht 47 des Halbleiterchips 11 mit der dicken Kupfermetallisierung 46 des Keramiksubstrats 15 verbunden ist.);
5. einer Vergussmasse (vgl. Fig. 3 mit Abs. [0024]: „Bei einer Ausführungsform kann das Kunststoffgehäuse 20 mit einem Siliziumgel oder einem anderen weichen isolierenden Material gefüllt sein, um die Halbleiterbauelemente 10 vor widrigen Umwelteinflüssen zu schützen.“), 5.1. die sich vom Schaltungsträger (15) zumindest bis über die dem Schaltungsträger abgewandte Seite des Leistungshalbleiterchips (11) erstreckt und diese vollständig überdeckt (vgl. Fig. 3); 5.2. den Anschlussleiter zumindest im Bereich der Verbindungsstelle (8c) umschließt (vgl. Fig. 3).
Demnach ist aus der Druckschrift D21 ein Leistungshalbleitermodul bekannt, das bis auf die explizite Angabe der Härte der Vergussmasse gemäß Gliederungspunkt 5.3 sämtliche Merkmale des Moduls nach Anspruch 1 des Hauptantrags aufweist.
Als Material für die Vergussmasse empfiehlt Druckschrift D21 in Abs. [0024] Siliziumgel. Solche Siliziumgele finden, wie durch Druckschrift D16 belegt (vgl. deren Kapitel 1., 1.2, 1.4 und 2.2), in der Elektronik-Industrie insbesondere als zweikomponentige Vergussmassen Verwendung, da sich ihre Härte durch das Mischungsverhältnis der beiden Komponenten entsprechend der gewünschten Anwendung einstellen lässt. Als Beispiele für die Härte von Siliziumgelen für Vergussmassen nennt die D16 in Kapitel 1.4 Penetrationswerte nach DIN ISO 2137 von 93, 70, 44 und 23, wobei in Kapitel 2.2 ausdrücklich auf die Möglichkeit verwiesen wird, über das Mischungsverhältnis die für die jeweilige Anwendung optimale Härte und Klebrigkeit der Vergussmasse einzustellen. Dabei wird in Kap. 2.1 explizit darauf hingewiesen, dass Silicon-Module einen sehr geringen E-Modul aufweisen und es deshalb „bei mit Silicon-Gel vergossenenen, gebondeten Chips auch bei Temperaturschwankungen von 200°C zu keinem Bondabriss kommt, da thermomechanische Schwankungen, ein Produkt aus Wärmeausdehnungskoeffizient und Modul, im Falle von Silicon-Gelen äußerst klein sind.“ Somit wird der Fachmann bei dem in Druckschrift D21 beschriebenen Leistungshalbleitermodul ebenfalls Siliziumgele und darunter auch solche mit einem Penetrationswert von 23 als Vergussmasse einsetzen, ohne dazu erfinderisch tätig werden zu müssen.
Da sich damit auch das Merkmal 5.3 des Anspruchs 1 ergibt, wonach die Vergussmasse „nach DIN ISO 2137 bei einer Temperatur von 25°C eine Penetration von größer oder gleich 10 und kleiner oder gleich 30 aufweist“, wird das Leistungshalbleitermodul des Anspruchs 1 nach Hauptantrag dem Fachmann durch die Druckschrift D21 i. V. m. seinem durch die Druckschrift D16 belegten Fachwissen nahegelegt.
4.2. Hinsichtlich der Betriebstemperatur von Leistungshalbleitermodulen wird in Abs. [0025] der D21 Folgendes ausgeführt: „Bisher sind Halbleitermodule in der Lage, eine thermo-mechanische Beanspruchung über die erwartete Lebensdauer auszuhalten, wenn sie unterhalb einer Übergangstemperatur von 125°C bis 150°C betrieben werden. Die jüngste Entwicklung in der Leistungselektronik, insbesondere im Hinblick auf automotive-Anwendungen wie Hybridelektrofahrzeuge, erfordern Übergangstemperaturen von bis zu 175°C oder sogar 200°C innerhalb der Leistungshalbleiterchips.“
Demnach ist die Lebensdauer üblicher Leistungshalbleitermodule auf Betriebstemperaturen im Bereich von 125°C bis 150°C ausgelegt, wobei die Lebensdauer für zukünftige KFZ-Anwendungen auch bei Temperaturen von bis zu 200°C gewährleistet sein muss. Auch die Druckschrift D16 erwähnt, wie oben bereits erläutert, dass Temperaturschwankungen von 200°C im Betrieb von mit Siliziumgelen vergossenen Chips keinerlei Probleme bereiten.
Somit ist das in der D21 beschriebene Leistungshalbleitermodul dazu ausgelegt, für wenigstens 20 Sekunden bei einer Sperrschichttemperatur von nicht weniger als 150°C betrieben zu werden, und in gleicher Weise auch das entsprechende Modul mit einer einen Penetrationswert von 23 aufweisenden Vergussmasse.
Folglich ergibt sich auch das Verfahren zum Betrieb eines Leistungshalbleitermoduls gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags in naheliegender Weise aus der Druckschrift D21 i. V. m. der D16
5. Mit dem Anspruch 1 fallen wegen der Antragsbindung auch die übrigen Ansprüche, vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863, Tz. 22 – Informationsübermittlungsverfahren II.
6. Bei dieser Sachlage war das Streitpatent zu widerrufen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Verfahren Beteiligten – vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Beschwer – das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechts- beschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich
1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Aus- übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten in elektronischer Form bei der elektronischen Poststelle des BGH, www.bundesgerichtshof.de/erv.html. Das elektronische Dokument ist mit einer prüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder mit einer prüfbaren fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen. Die Eignungsvoraussetzungen für eine Prüfung und für die Formate des elektronischen Dokuments werden auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs www.bundesgerichtshof.de/erv.html bekannt gegeben.
Dr. Strößner Brandt Dr. Friedrich Dr. Himmelmann prö
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