Paragraphen in 15 W (pat) 5/15
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 5/15
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 102 38 159.3 hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung am 17. Dezember 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein, der Richter Heimen, Dr. Wismeth und Dr. Freudenreich BPatG 152 08.05 beschlossen:
1. Der angefochtene Beschluss der Prüfungsstelle für B 28 B des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 14. Januar 2015 wird aufgehoben und das Patent 102 38 159 wird mit der Bezeichnung:
„Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung von stranggepresster Keramik“
und mit folgenden Unterlagen erteilt:
Patentansprüche 1 bis 17 gemäß Hauptantrag vom 15. Dezember 2015, wobei im Patentanspruch 10 in Z. 30 der Ausdruck „und“ zu entfernen sowie im Unteranspruch 17 in Z. 2 die 0 im Ausdruck „0der“ zu streichen ist,
Beschreibung Seiten 1 bis 12 gemäß Schriftsatz vom 17. November 2015 sowie Figuren 1 bis 3 gemäß Reinschrift, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 22. August 2002.
. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe I.
Mit Beschluss vom 14. Januar 2015 hat die Prüfungsstelle für Klasse B 28 B des Deutschen Patent- und Markenamtes die am 24. April 2003 offengelegte Patentanmeldung 102 38 159.3, die die innere Priorität des deutschen Gebrauchsmusters 201 14 967.2 vom 6. September 2001 in Anspruch nimmt, mit der Bezeichnung
„Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung von stranggepreßter Keramik“
zurückgewiesen.
Der Zurückweisung zugrunde liegt eine mit Schriftsatz vom 3. Mai 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte, 18 Patentansprüche umfassende Anspruchsfassung, deren unabhängige, auf ein Verfahren und eine Vorrichtung gerichtete Patentansprüche 1 und 11 den folgenden Wortlaut haben:
Für die Beurteilung der Patentfähigkeit wurden von der Prüfungsstelle für Klasse B 28 B des Deutschen Patent- und Markenamtes die Druckschriften D1 bis D3 ermittelt, während die Druckschrift D4 vom Anmelder im Zuge des Prüfungsverfahrens eingeführt wurde.
D1 DE 37 11 952 A1 D2 DE 29 38 599 A1 D3 JP 2000 037717 A D4 Auszug aus „Langenscheidts Fachwörterbuch Technik und angewandte Wissenschaften Englisch-Deutsch“, S. 1236-1237 Stichwort: „molded body“, undatiert In der Begründung der Zurückweisung nimmt die Prüfungsstelle Bezug auf ihren Bescheid vom 15. Juni 2009, in welchem der Anmelder darauf hingewiesen worden sei, dass der am 29. November 2006 eingegangene Patentanspruch 1 eine Merkmalskombination aus dem Merkmal „vorgetrocknet“ und dem Merkmal, dass „die Grate ... an die Oberfläche der Keramikformlinge angepresst werden“ enthalte, die mangels Angabe eines ausführbaren Weges nicht gewährbar sei. Für die ebenfalls enthaltene Merkmalskombination aus dem Merkmal „vorgetrocknet“ und dem Merkmal, dass „die Grate ... teilweise oder vollständig entfernt“ werden, sei ein gewährbarer Patentanspruch 1 vorgeschlagen worden und zu den Unteransprüchen 2 bis 7 sei darauf hingewiesen worden, dass diese gewährbar seien, sofern sie lediglich auf die Merkmalskombination mit dem Merkmal, dass „die Grate ... teilweise oder vollständig entfernt“ werden, bezogen seien. Mit der unter dem 3. Mai 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Eingabe habe der Anmelder einen geänderten Haupt- und Nebenanspruch sowie Unteransprüche 2 bis 10 sowie 11 bis 18 eingereicht. Der Patentanspruch 1 sei gemäß dem Vorschlag eingereicht worden, die Patentansprüche 2 bis 7 indes unverändert beibehalten worden und zur Ausführbarkeit nicht Stellung genommen worden. Der Patentanspruch 4 sei zulässig, da er die Merkmalskombination aus dem Merkmal „soweit vorgetrocknet ... werden, dass die Grate (8) verfestigt werden“ und „eine Härte erreichen, die ein Absplittern der Grate (8) ermöglichen“ aus dem Patentanspruch 1 und dem Merkmal, dass „ein Anpressen desselben an die Oberfläche (14) des Keramikformlings (2) … erfolgt“ enthalte. Diese Kombination sei mangels Angabe eines ausführbaren Weges nicht gewährbar. Würden Grate so vorgetrocknet, dass sie absplittern könnten, könnten sie nicht gleichzeitig ohne Absplittern an die Oberfläche der Keramikformlinge angepresst werden. Dies schließe sich aus, weswegen eine Kombination dieser Merkmale nicht ausführbar sei und auch kein Weg zum Ausführen angegeben werden könne. Der Patentanspruch 4 sei nicht gewährbar. Nach dem Grundsatz der Antragsbindung hätten nach Fortfall des Patentanspruchs 4 auch die Patentansprüche 1 bis 3 und 5 bis 11 keinen Bestand. Im Übrigen führt die Prüfungsstelle aus, dass die Ansprüche 3 bis 21 und die Beschreibung teilweise im Widerspruch zum Patentanspruch 1 stünden und die Beschreibung auf einen Stand der Technik hinweise, zu dem trotz Aufforderung keine Fundstelle angegeben worden sei. Der Zurückweisungsbeschluss wurde dem Anmelder am 19. Januar 2015 zugestellt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders, die zusammen mit dem SEPA-Basis-Lastschriftmandat für die Beschwerdegebühr am 19. Februar 2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt einging.
Der Anmelder hat den Ausführungen der Prüfungsstelle in der Sache nicht widersprochen. Nach seiner Auffassung entsprächen die mit Beschwerdeschriftsatz eingereichten Patentansprüche 2 bis 18 nunmehr den Anforderungen des Prüfungsbescheides vom 15. Juni 2009 und stünden nicht mehr in einem Widerspruch zu dem Patentanspruch 1. Auch sei in der Beschreibung weiterer Stand der Technik genannt worden.
Der Senat hat mit Hinweisverfügung vom 29. September 2015 sowie mit einer Email vom 2. November 2015 dem Anmelder seine vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass den Druckschriften D5 bis D8 bereits ein Vor-/Antrocknen von Keramikformlingen zur Erreichung fester Grate vor der Nachbearbeitung zu entnehmen sei und die Nummerierung der Druckschriften D4 bis D8 klar gestellt. Auf die daraufhin vom Anmelder mit Schriftsatz vom 17. November 2015 eingereichten Anträge umfassend einen neuen Hauptantrag und drei Hilfsanträge mit zahlreichen, der Beschreibung entstammenden Merkmalen hat der Senat mit Verfügung vom 3. Dezember 2015 die Druckschriften D9 und D10 in das Verfahren eingeführt:
D5 SAURE, F.: Spitzgießen. In: Handbuch der Keramik, Verlag Schmid GmbH, Freiburg i.Brg., 1984, S. 1 - 4. Beilage zur KERAMISCHEN ZEITSCHRIFT 36 (1984) [3]
D6 HERMANN, R.: Garnieren und Putzen. ln: Handbuch der Keramik, Verlag Schmid GmbH, Freiburg i.Brg., 1987, S. 1 - 4. Beilage zur KERAMISCHEN ZEITSCHRIFT 39 (1987) [11]
D7 DE 1 908 549 U D8 DE 1 584 794 A D9 SCHMIDT-REINHOLZ, Ch.: Trocknerkonstruktionen. In: Handbuch der Keramik, Verlag Schmid GmbH, Freiburg i.Brg., 1993,
S. 1 – 15. Beilage zur KERAMISCHEN ZEITSCHRIFT 45 (1993) [3] D10 DE 1 206 799 A Die unabhängigen, ein Verfahren und eine Vorrichtung betreffenden Patentansprüche 1 und 10 nach Hauptantrag haben in der nunmehr geltenden Fassung vom 15. Dezember 2015 den folgenden Wortlaut:
Der Anmelder ist der Auffassung, dass bei dem Gegenstand nach Hauptantrag die Neuheit gegenüber allen im Verfahren befindlichen Druckschriften, insbesondere gegenüber der von ihm als nächstliegenden Stand der Technik gewerteten D1, gegeben sei. Zudem sei auch eine erfinderische Tätigkeit anzuerkennen, denn nach der Lehre der D1 werde nur die Sichtseite des Ziegels bearbeitet, während erfindungsgemäß beide Seiten des Ziegels bearbeitet würden. Ferner sehe die erfindungsgemäße Lösung die Reihenfolge Strangpressen – Abschneiden – Vortrocknung – Entgraten – Haupttrocknung - Brand vor, wobei die Vortrocknung nur lokal an den zu entgratenden Stellen mit einer Heizquelle erfolge, deren Energie auf die Oberfläche des Formlings konzentriert sei. Keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften sei ein Schritt der Vortrocknung, bei welcher die Feuchtigkeit in der Tiefe des Keramikformlings erhalten bliebe, zu entnehmen.
Der Anmelder hat auf weiteren Hinweis des Senates noch bestehende Mängel beseitigt und mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2015 einen neuen Hauptantrag vorgelegt. Er beantragt nunmehr sinngemäß,
den Beschluss der Prüfungsstelle für B 28 B des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 14. Januar 2015 aufzuheben und das Patent mit den folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 17 gemäß Hauptantrag vom 15. Dezember 2015,
Beschreibung Seiten 1 bis 12 gemäß Schriftsatz vom 17. November 2015 sowie Figuren 1 bis 3 gemäß den ursprünglich eingereichten Zeichnungen.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere wegen des Wortlauts der mittelbar und unmittelbar rückbezogenen Unteransprüche nach Hauptantrag und des Wortlauts der Hilfsanträge, wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde ist gemäß § 73 Abs. 1 PatG statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt.
2. Die Beschwerde ist auch begründet.
a) Die Erfindung richtet sich auf ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung von stranggepreßter Keramik, vorzugsweise von Ziegeln mit Luftkanälen, Katalysatoren od. dgl., wobei zunächst ein endloser Strang mit in dessen Längsrichtung verlaufenden Kanälen gepresst, von diesem sodann einzelne Keramikformlinge abgeschnitten, ggf. getrocknet und anschließend gebrannt werden (DE 102 38 159 A1: Abs. [0001]). Bei den Verfahren nach dem Stand der Technik ist problematisch, dass die zur gleichmäßigen Trocknung benötigten Luftkanäle oder Luftkammern beim Schneiden teilweise verschließen (DE 102 38 159 A1: Abs. [0002] – [0006]). Die Lösung dieses Problems gelingt im Rahmen eines gattungsgemäßen Verfahrens dadurch, dass nach dem Abschneiden der einzelnen Keramikformlinge von dem Strang die im Bereich der Kanalöffnungen durch das Abschneiden entstandenen, eine Luftzirkulation durch diese Kanäle behindernden Grate durch eine Nachbearbeitung teilweise oder vollständig entfernt, insbesondere abgetragen, oder an die betreffenden Kanalwände bzw. an die Oberfläche des Keramikformlings angepresst werden, da durch einen derartigen, zusätzlichen Verfahrensschritt die vor allem durch einen unsauberen Schnitt bedingten, bei einem nachfolgenden Trocknungsschritt auftretenden, negativen Effekte vermieden werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Nachbearbeitung zur Entfernung von Graten zwischen Abschneiden und Trocknen stattfinde (DE 102 38 159 A1: Abs. [0008] – [0009]).
b) Die die Lösung der angesprochenen Problematik bildenden, zueinander in Nebenordnung stehenden und auf Verfahren und Vorrichtungen gerichteten Pa- tentansprüche sind nun auf die Entfernung der Grate und nicht mehr auf deren Anpressen gerichtet und wie folgt gegliedert:
Verfahrensanspruch 1 nach Hauptantrag:
M1.1 M1.2 M1.3 M1.4 M1.5 M1.6 M1.7 M1.8 M1.9 Verfahren zur Herstellung von stranggepresster Keramik, vorzugsweise von Ziegeln (2) mit Luftkanälen (4) oder Katalysatoren, wobei zunächst ein endloser Strang (3) mit in Längsrichtung verlaufenden Kanälen (4) gepresst, von diesem sodann einzelne Keramikformlinge (2) abgeschnitten, nach dem Abschneiden (5) der einzelnen Keramikformlinge von dem Strang (3) die im Bereich der Kanalöffnungen durch das Abschneiden entstandenen, eine Luftzirkulation durch diese Kanäle (4) behindernden Grate (8) durch eine Nachbehandlung teilweise oder vollständig entfernt (9), nachfolgend getrocknet und anschließend gebrannt werden, wobei die Keramikformlinge (2) vor der Nachbehandlung (9) an einer oder mehreren Heizquellen (16, 17) vorbei transportiert werden, deren Energie auf die Oberfläche des Formlings konzentriert wird, so dass die Keramikformlinge soweit vorgetrocknet oder angetrocknet (15) werden, dass die Grate (8) verfestigt werden und eine Härte erreichen, die ein Absplittern der Grate (8) bei der Nachbearbeitung ermöglichen, wobei die Nachbearbeitung zur Entfernung der Grate (8) zwischen dem Abschneiden der Keramikformlinge (2) und deren Trocknen stattfindet.
Vorrichtungsanspruch 10 nach Hauptantrag:
M10.1 M10.2 Vorrichtung zur Herstellung stranggepresster Keramik, vorzugsweise von Ziegeln (2) mit Luftkanälen (4) oder Katalysatoren, mit einer Strangpresseinrichtung, um einen endlosen Strang (3) mit in Längsrichtung verlaufenden Kanälen (4) zu pressen,
M10.3 M10.4 M10.5 M10.6 M10.7 M10.8 M10.9 M10.10 mit einer Schneideinrichtung (5), um von diesem Strang (3) sodann einzelne Keramikformlinge (2) abzuschneiden, mit einer Fördereinrichtung (1) für die Keramikformlinge (2) und mit einer Trocknungsstation, wo diese Keramikformlinge (2) getrocknet werden, bevor sie anschließend gebrannt werden, gemäß dem Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, mit wenigstens einer Einrichtung (18) zum Entgraten der durch das Abschneiden (5) entstandenen Stirnseiten (14) der Keramikformlinge (2), wobei die Entgratungsvorrichtung (18) im Bereich einer Fördereinrichtung (1) für die Keramikformlinge (2) angeordnet ist, wobei in Förderrichtung gesehen vor der Entgratungseinrichtung (18) eine Vortrocknungseinrichtung (15) angeordnet ist, mit einer oder mehreren Heizquellen (16, 17), deren Energie auf die Oberfläche des Formlings konzentriert ist, um die Keramikformlinge (2) soweit vorzutrocknen oder anzutrocknen, dass die Grate (8) verfestigt werden und eine Härte erreichen, die ein Absplittern der Grate (8) bei der Nachbearbeitung ermöglichen, und dass sich die Entgratungseinrichtung (18) zur Entfernung der Grate (8) zwischen der Schneideinrichtung (5) und der Trocknungsstation als Endtrocknungseinrichtung befindet, insbesondere zwischen der Vortrocknungseinrichtung und der Trocknungsstation als Endtrocknungseinrichtung.
c) Die geltenden Verfahrens- und Vorrichtungsansprüche bedürfen bezüglich einiger Merkmale der Erörterung.
Nach den Merkmalen M1.6 und M10.9 werden die Ziegel zum Vortrocknen an einer oder mehreren Heizquellen vorbeigeführt, wobei die Patentansprüche 1 und 10 nach Hauptantrag auf die Bezugszeichen 16 und 17 verweisen, bei denen es sich gemäß Erläuterung zur Figur 1 um zwei Infrarotstrahler oder um Brenner handeln kann (DE 102 38 159 A1: Abs. [0035] i. V. m Fig. 1). Der Wortlaut der Patentansprüche lässt im Zusammenhang mit den Angaben der Beschreibung die Notwendigkeit von zwei Heizquellen nicht erkennen, denn es handelt sich explizit um eine oder mehrere Heizquellen. Damit umfasst der Patentanspruch 1, anders als vom Anmelder dargestellt, die Vortrocknung auch nur einer Seite des Ziegels. Dass auch nur eine Seite entgratet werden kann, ergibt sich bereits daraus, dass nach Merkmal M1.4 eine nur teilweise oder vollständige Entfernung der Grate beansprucht wird. Auch das Vorrichtungsmerkmal M10.7 stimmt mit dieser Auslegung überein, denn es ist das Entgraten der durch das Abschneiden entstandenen Stirnseiten der Keramikformlinge beansprucht, was aufgrund der Formulierung im Plural auch das Entgraten nur einer Stirnseite mehrerer Keramikformlinge umfasst.
Schließlich ist die mit „insbesondere“ eingeleitete Teilmerkmalsgruppe M10.10 im Vorrichtungsanspruch 10 nach Hauptantrag bzw. im Vorrichtungsanspruch 9 nach Hilfsantrag 1 obsolet, weil durch das Merkmal M10.8 bereits die Anordnung der Vortrocknungseinrichtung in der als „insbesondere“ beanspruchten Weise vorgegeben ist.
d) Die geltenden Patentansprüche nach Hauptantrag sind in allen Merkmalen durch die Unterlagen vom Anmeldetag gestützt.
Die Merkmale des geänderten Verfahrensanspruchs 1 gehen auf den Patentanspruch 1 vom Anmeldetag, auf S. 4 Z. 27-31, S. 5 Z. 1-2 und S. 6 Z. 17-29 („verfestigt“) und bezüglich der neu hinzugekommenen Merkmale auf S. 5 Z. 2-5 und S. 3 Z. 6-8 zurück. Die Merkmale des Vorrichtungsanspruchs 10 finden ihre Offenbarung in den Patentansprüchen 12, 16, 18 und 21 sowie auf S. 4 Z. 27-31 und S. 5 Z. 1-2 und 7-15 der ursprünglich eingereichten Fassung. Die geltenden Unteransprüche 2-9 und 11-17 gehen auf die Unteransprüche 2-9, 13-15, 17 und 1921 der ursprünglich eingereichten Fassung zurück.
e) Der mit der Lösung der Aufgabe betraute Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit langjähriger Erfahrung in Konstruktion und Betrieb von Maschinen zum Entgraten, insbesondere von Lochziegeln. Er ist zudem mit den Grundzügen der Fördertechnik vertraut oder zieht in diesem Zusammenhang einen weiteren Fachhochschulingenieur derselben Fachrichtung zu Rate, der vertiefte Erfahrungen im Transport und in der Behandlung von Stückgut gesammelt hat.
f) An der Ausführbarkeit der Gegenstände gemäß den geltenden Patentansprüchen besteht kein Zweifel, weil im Keramikbereich als Vortrockner oder Trockner einsetzbare Trocknungseinrichtungen (vgl. D10) ebenso wie Einrichtungen zum Entgraten (vgl. D1-D3, D5-D6) einen dem Fachmann geläufigen Stand der Technik bilden, so dass er keine Schwierigkeiten hat, die patentgemäße Lehre auszuführen. Soweit die Prüfungsstelle in der Kombination des unter dem 3. Mai 2012 eingereichten Patentanspruchs 1 mit dem vom Anmelder nicht geänderten Unteranspruch 4 einen inhaltlichen Widerspruch erkannte, sind auch diese Merkmale gestrichen.
g) Die Neuheit der Gegenstände nach Hauptantrag und somit auch nach den Hilfsanträgen 1 - 3 gegenüber den Druckschriften D1 - D10 ist gegeben.
Die D1 hat als gattungsgemäße und dem Fachmann beachtliche Druckschrift bereits das Entgraten der Lochränder von im Strangpressverfahren hergestellten Lochziegeln zum Ziel (M1.1, M1.2, M10.1, M10.2). Auch in der D1 werden die Keramikformlinge abgeschnitten (D1: Sp. 2 Z. 10-16; M1.3, M10.3) und die Grate in einer Fördereinrichtung beseitigt (D1: Sp. 2 Z. 37-41 und Sp. 5 Z. 14-18; M1.4, M10.4), bevor die Lochziegel gebrannt werden. Dem Fachmann ist dabei bewusst, dass im Strangpressverfahren gefertigte Keramikrohlinge zwingend wegen ihres hohen Feuchtigkeitsgehaltes vor dem Brennen getrocknet werden müssen, da es sonst zur Rissbildung kommt (vgl. gutachtlich D8: Sp. 1 Z. 46-55; M1.5, M1.9, M10.5, M10.10). Verfahren und Vorrichtung der D1 sind für ein sowohl kontinuierliches als auch ein stationäres Arbeiten ausgelegt (D1: Sp. 5 Z. 14-26).
Nicht offenbart ist in der D1 das Vor- bzw. Antrocknen vor der Nachbehandlung sowie ein Trocknen (M1.6, M1.8, M10.6, M10.8) mit einer Trocknungseinrichtung, die die Energie auf die Oberfläche des Formlings konzentriert (M1.7, M10.9), denn die D1 geht von der Überlegung verformbarer Grate aus (D1: Sp. 2 Z. 45-49).
Die Druckschriften D2 und D3 repräsentieren das dem Fachmann geläufige Wissen über Entgratungsmittel wie Schwämme (D2: Patentanspruch 1) oder beidseitig eines Keramikformkörpers wirkende Bürsten (D3: Abstract und Zeichnung). Sie tragen jedoch nichts zu dem vorliegend beanspruchten Verfahren und der Vorrichtung bei, denn sie lassen offen, ob die dort entgrateten Formkörper weiter zu trocknen oder lediglich zu brennen sind. Unbeachtlich ist der als ferner liegend zu wertende Auszug aus einem Fachwörterbuch D4.
Von den neu in das Verfahren eingeführten Druckschriften D5-D8, die sich mit dem Entgraten von Keramikartikeln befassen, werden zumindest keine Keramikartikel mit Kanälen behandelt (Merkmale M1.2, M10.2), weshalb sie die Neuheit der beanspruchten Gegenstände nicht in Frage zu stellen vermögen. Die auf Trocknerkonstruktionen gerichtete D9 zeigt die Abbildung eines Minutentrockners für Ziegel, der auf die Oberfläche des Formlings gerichtet ist und das Durchströmen der Kanäle ermöglicht (D9: S. 10, Bild 17 und Begleittext). Grate, die beim Schneiden stranggepresster Ziegel gebildet werden, sind aber nicht angesprochen (M1.4, M1.8, M1.9, M10.6 – M10.10). Im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Keramik entsprechend den Patentansprüchen 1 und 10 ist die D10 nicht gattungsgemäß, denn sie ist auf die Vereinzelung von Stückgut gerichtet.
h) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt (§ 4 PatG).
Im Hinblick auf die in der Patentanmeldung dargestellte Problematik der für eine gleichmäßige Trocknung der Keramikartikel notwendigen Beseitigung von Graten stellt die sich bereits mit dem Entgraten von Lochziegeln befassende D1 für den Fachmann einen geeigneten Ausgangspunkt dar, denn sie spricht das Problem der durch das Schneiden verengten Kanalöffnungen an (D1: Sp. 2 Z. 10-27). Allerdings kann sie keinen Hinweis in Richtung der erfindungsgemäßen Lösung der Vortrocknung des abgeschnittenen Keramikformlings mit einer auf die Oberfläche des Keramikformlings gerichteten Strahlungsquelle, gefolgt von einem Entgraten und einer Endtrocknung geben (M1.6, M1.7, M1.8, M10.6, M10.8, M10.9), weil sie als Lösung dieses Problems den für Akustikziegel geläufigen Stand der Technik im Sinne des Sägens oder Schleifens der sichtbaren Lochseite des Ziegels nach dem Brennen (D1: Sp. 2 Z. 27-36) angibt und von einem solchen Vorgehen abrät, da es einen zusätzlichen Arbeitsgang notwendig macht und zum Bruch der Ziegel führen kann. Der Fachmann entnimmt der D1 somit die Lehren, dass das Entgraten von Ziegeln im plastischen wie im nichtplastischen Zustand kontinuierlich wie stationär erfolgen kann, sowie, dass das Entgraten beim gebrannten Ziegel mit Problemen verbunden ist.
Aus dem mit den Druckschriften D4 bis D8 repräsentierten Stand der Technik ist das Entgraten von Keramikformlingen nach dem Trocknen, bei dem von einem durchgehenden Trocknen entsprechend der erfindungsgemäßen End/Haupttrocknung auszugehen ist, zwar bekannt. Bei den beschriebenen Formkörpern handelt es sich allerdings nicht um solche mit (teilblockierten) Kanalstrukturen, die den Trockenvorgang behindern. So empfiehlt die D5 diesbezüglich das Entgraten von getrockneten Spritzlingen im ausgeheizten oder vorgesinterten Zustand (D5: S. 3 Kap. 2.5), die D6 das Garnieren und Putzen von Speisekeramik in Taktstraßen nach dem Trockner (D6: S. 1 Kap. 1.1, Abs. 1 und S. 3 Kap. 2 bis S. 4 re. Sp., erster Abs.), die D7 das Verputzen weißgetrockneter Teller (D7: Schutzanspruch 1) und die D8 das Entgraten durch Strangpressung gewonnener Mosaikplättchen aus keramischer Masse vor dem Brennen (D8: Patentanspruch 1 und Sp. 1 Z. 46-55, Sp. 2 Z. 24-31). Sofern diese Druckschriften bei einem Fachmann Beachtung finden, können sie nichts zur Behandlung von Keramikstrukturen mit Kanälen beitragen.
Auch die oben diskutierte, auf Trocknungsapparaturen gerichtete D9 kann den Fachmann nicht anregen, das Verfahren in der gezeigten Art dahin weiter zu entwickeln, dass es die Schritte Vortrocknung - Entgraten - Haupttrocknung aufweist. Sie beschreibt in kontinuierlichen Anlagen zu betreibende Minutentrockner, bei denen die Trocknungseinrichtungen auf die Oberfläche auch eines Kanäle aufweisenden Formlings konzentriert sind (D9: S. 9 Kap. 5.3, insbesondere Bild 17) und die energiesparend als Vortrockner eingesetzt werden können. Angaben oder Hinweise zum Schritt der Entgratung oder zur Möglichkeit einer An-/Vortrocknung, bei der nur die Grate verfestigt werden, finden sich in dieser Druckschrift jedoch nicht.
Damit kann keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften dem Fachmann ein Verfahren nahelegen, bei dem das Entgraten von Kanäle aufweisenden Keramikformlingen nach der An-/Vortrocknung und vor der in die Tiefe gehenden End/Haupttrocknung erfolgt, was vorteilhaft den Problemen Rissbildung, Minderung der Druckfestigkeit und höherem Energieverbrauch begegnet.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist daher vom Stand der Technik nicht nahe gelegt.
i) Nachdem das Verfahren zur Herstellung stranggepresster Keramik nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag alle Kriterien der Patentfähigkeit aufweist, hat dieser Patentanspruch Bestand. Gleichfalls patentfähig sind die besonderen Ausführungsformen der das Verfahren nach Patentanspruch 1 betreffenden Patentansprüche 2 bis 9.
j) Der nebengeordnete Patentanspruch 10 nach Hauptantrag ist auf eine Vorrichtung zur Herstellung stranggepresster Keramik gerichtet. Bezüglich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit gelten für diesen Patentanspruch die oben dargelegten Gesichtspunkte gleichermaßen. Der Patentanspruch 10 sowie die auf diesen direkt oder indirekt rückbezogenen Patentansprüche 11 bis 17, die besondere Ausgestaltungen der Vorrichtung nach Patentanspruch 10 betreffen, sind daher ebenfalls patentfähig.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war anzuordnen (§ 80 Abs. 3 PatG). Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Gründen der Billigkeit kommt in Betracht, wenn die Einlegung der Beschwerde bei sachgemäßer Behandlung durch das DPMA vermeidbar gewesen wäre und die Beschwerde nur deshalb notwendig wurde. Neben Verfahrensfehlern kann auch eine unangemessene Sachbehandlung bei Vorliegen besonderer Umstände eine Rückzahlung billig erscheinen lassen. Eine unangemessene Sachbehandlung kann u. a. gegeben sein, wenn das DPMA einen Zurückweisungsbescheid allein auf die unterlassene Beseitigung von bereits beanstandeten Formmängeln stützt, anstatt durch eine zweckmäßigere und weniger einschneidende Verfahrensmaßnahme die Gelegenheit einzuräumen, die Beseitigung dieser Mängel nachzuholen (vgl. BPatG, B.v. 25.6.2008, 10 W (pat) 25/06). Nachdem vorliegend nach Lage der Akten der Patentanmelder bereits weitgehend auf verschiedene Mängelrügen eingegangen war und diese korrigiert hatte, bestand hier eine hohe Aussicht auf Erfolg, die Mängel schon mittels einer weiteren Beanstandung oder der hilfsweise beantragten Anhörung zu beseitigen, zumal keine Anhaltspunkte bestanden, dass der Patentanmelder an den noch beanstandeten Formulierungen in den Unteransprüchen, auf die der Zurückweisungsbescheid gestützt wurde, würde festhalten wollen. Vielmehr bestand Anlass zu der Annahme, dass die entsprechenden Mängel unabsichtlich nicht beseitigt wurden.
III.
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten – vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Beschwer – das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen.
Feuerlein Heimen Wismeth Freudenreich Pr
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