Paragraphen in 19 W (pat) 5/11
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1 | 42 | PatG |
1 | 46 | PatG |
1 | 49 | PatG |
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 5/11
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2008 059 068.1-55 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. Dezember 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Hartung, der Richterin Kirschneck und der Richter Dr.-Ing. Scholz und Dipl.-Ing. J. Müller BPatG 152 08.05 beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdegebühr wird nicht zurückgezahlt.
Gründe I.
Die Anmeldung wurde am 26. November 2008 eingereicht und betrifft ein Entleihterminal für mobile Fahrzeuge und Entleihsystem. Nach einem Erstbescheid hat die Prüfungsstelle für Klasse G 07 F die Anmelderin zunächst auf den 15. Juli 2010 geladen und diesen Termin auf Wunsch der Anmelderin mit Ladung vom 9. August 2010 auf den 5. Oktober 2010 verschoben. Mit der Eingabe vom 4. Oktober 2010, eingegangen per Fax am selben Tag, hat die Anmelderin geänderte Patentansprüche nach Haupt- und Hilfsantrag eingereicht und hierzu schriftsätzlich Stellung genommen. Im Wesentlichen aus Kostengründen hat sie darum gebeten, nunmehr erneut ins schriftliche Verfahren überzugehen.
Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse G 07 F - hat am 5. Oktober 2010 die Anhörung ohne die Anmelderin durchgeführt, in der Anhörung zwei neue Druckschriften eingeführt, und durch verkündeten Beschluss die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag gegenüber dem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 23. Dezember 2010. Sie stellt – sinngemäß - den Antrag:
den Beschluss vom 5. Oktober 2010 aufzuheben und die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
Es gelten die mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2010 eingereichten Ansprüche 1 bis 14 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag.
Der Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
"Entleihterminal (1) für mobile Fahrzeuge, insbesondere Fahrräder, mit einem Gehäuse (2) und einem im Gehäuse (2) vorgesehenen Funkmodul (3) zur Herstellung einer Funkverbindung mit einer Zentrale (4),
dadurch gekennzeichnet,
dass auf dem Funkmodul (3) eine Software zur Steuerung des Entleih- und Rückgabevorganges für Fahrzeuge und eines Bezahlvorganges gespeichert ist, ohne dass ein weiterer separater Prozessor zur Steuerung des Entleih- und Rückgabevorganges und/oder des Bezahlvorganges erforderlich ist und/oder dass das Funkmodul (3) zum Empfangen und zur Verarbeitung von von der Zentrale drahtlos übertragener Software ausgebildet ist, so dass der gesamte Entleih-, Rückgabe- und Bezahlvorgang über das Funkmodul (3) und die darauf geladene oder übertragene Software abläuft." Im Anspruch 1 nach Hilfsantrag wurde im kennzeichnenden Teil die Software als maschinenlesbare Software gekennzeichnet.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, wobei der Senat den Antrag der Beschwerdeführerin so auslegt, dass sie mit ihrer Beschwerde für den Fall, dass die Prüfungsstelle der Beschwerde nicht antragsgemäß abhilft, die gemäß § 49 PatG vorgesehene Entscheidung durch das Patentgericht beantragt.
Nach Überzeugung des Senats hat die Prüfungsstelle die Anmeldung aus den im Beschluss genannten Gründen zu Recht zurückgewiesen. Der Senat ist weiterhin der Überzeugung, dass auch aus den im Bescheid vom 4. August 2009 genannten Gründen die in der Sache nur unwesentlich geänderten Ansprüche nicht gewährbar sind. Auf diesen Bescheid wird verwiesen (vgl. BGH GRUR 1993, 896 – Leistungshalbleiter).
Die Anmelderin stellt zwar zutreffend fest, dass ein zum allgemeinen Fachwissen gehörender technischer Sachverhalt dem Fachmann noch nicht nahelegt, sich bei der Lösung eines bestimmten technischen Problems dieser Kenntnis zu bedienen, wenn lediglich keine Hinderungsgründe zu Tage treten. Es muss vielmehr auch ein Anlass vorhanden sein, um diese Maßnahmen zu ergreifen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich aber dieser Anlass zum Einen durch den Zwang zur Energieeinsparung, der für alle solar-, akkumulator- oder batteriebetriebenen Geräte ohne Netzanschluss typisch ist, zum Anderen durch die Tatsache, dass in der DE 20 2006 004 849 U1 die Schaltung zur Steuerung des Entleih- und Rückgabevorganges und des Bezahlvorganges nicht beschrieben ist, und der Fachmann somit gezwungen ist, sich darüber Gedanken zu machen.
2. Für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG bestand keine Veranlassung.
Ob die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Senats. Sie ist veranlasst, wenn es aufgrund besonderer Umstände der Billigkeit widerspricht, die Gebühr einzubehalten. Solche besonderen Umstände können u. a. auch in einem fehlerhaften Verfahren der Prüfungsstelle liegen, soweit der Verfahrensverstoß ursächlich für die Beschwerdeeinlegung war (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 73 Rdn. 132 ff. m. N. w.; Benkard, PatG, 10. Aufl., § 80 Rdn. 23 und 28 m. N. w.; BPatG BIPMZ 2006, 372, 374 - Frequenzsignal; BPatGE 47, 224, 231 - Mikroprozessor; 49, 154, 161 ff. - Tragbares Gerät; BPatG Mitt. 2010, 41, 43 – Mobilfunknetzwerk).
Es liegt zwar insoweit ein Verfahrensfehler vor, als die Prüfungsstelle die Bitte bzw. den Antrag der Anmelderin vom 4. Oktober 2010, ins schriftliche Verfahren überzugehen, offenbar unberücksichtigt gelassen hat und - wie sich aus dem ersten Absatz der Niederschrift über die Anhörung vom 5. Oktober 2012 ergibt - von einem nach wie vor bestehenden Antrag auf Anhörung vom 26. April 2010 ausgegangen ist. Der Antrag auf Übergang ins schriftliche Verfahren, mit dem die Anmelderin konkludent ihren ursprünglichen Antrag auf Anhörung zurückgenommen hat, wurde in der Anhörung nicht verbeschieden und es ist auch an keiner Stelle in der Niederschrift über die Anhörung oder in den Beschlussgründen vom 13. Oktober 2012 auf ihn eingegangen.
Jedoch ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Prüfungsstelle die Anhörung gleichwohl ohne Antrag der Anmelderin durchgeführt hat, da die Prüfungsstelle die Beteiligten stets auch von Amts wegen laden und anhören kann, wenn sie das für erforderlich bzw. sachdienlich erachtet (§ 46 Abs. 1 Satz 1 PatG). Mit dieser Kann-Bestimmung ist der Prüfungsstelle ein Ermessen eingeräumt, das gerichtlich nur im eingeschränkten Umfang auf Rechtmäßigkeit, nicht jedoch auch auf Zweckmäßigkeit hin überprüfbar ist (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 46 Rdn. 7,
Einl. Rdn. 141). Ob es zweckmäßig war, eine Anhörung im Prüfungsverfahren durchzuführen, zu der voraussichtlich niemand erscheinen wird, kann deshalb dahinstehen. Nachdem der Antrag der Anmelderin, ins schriftliche Verfahren überzugehen, jedoch erst einen Tag vor dem geladenen Anhörungstermin beim Patentamt eingegangen ist, und gleichzeitig geänderte Patentansprüche nach Hauptund Hilfsantrag eingereicht worden sind, lässt die Aufrechterhaltung des Anhörungstermins als sachdienlich jedenfalls keine Ermessensüberschreitung erkennen, zumal angesichts der kurzfristigen Eingabe der Anmelderin vom 4. Oktober 2010 nicht auszuschließen war, dass ihr Bevollmächtigter oder sie selbst den anberaumten Termin am 5. Oktober 2012 doch wahrnehmen würde. Der Versuch des Bevollmächtigten der Anmelderin, die zuständige Prüferin am 1. Oktober 2010 telefonisch zu erreichen, ist offenbar gescheitert, zumindest ist nicht aktenkundig, ob und ggfls. wann die Prüferin die behauptete Nachricht des Bevollmächtigten auf ihrem Anrufbeantworter abgehört hat.
Fraglich erscheint, ob - wie von der Anmelderin geltend gemacht - durch die Einführung zweier neuer Druckschriften (D6 und D7) in der mündlichen Anhörung, welche in dem Zurückweisungsbeschluss zur Begründung der fehlenden erfinderischen Tätigkeit beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag herangezogen worden sind, das rechtliche Gehör der in der Anhörung nicht erschienenen Anmelderin verletzt worden ist. Mit der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs kann u. a. geltend gemacht werden, dass die entscheidende Stelle ihrer Entscheidung Erkenntnisse, insbesondere neue Tatsachen, zugrunde gelegt hat, zu denen ein Verfahrensbeteiligter vorher nicht Stellung nehmen konnte. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob die Entscheidung nach mündlicher Verhandlung (bzw. Anhörung) oder im schriftlichen Verfahren ergangen ist (vgl. BGH GRUR 2009, 1192 (Nr. 16 und 20) - Polyolefinfolie; sowie speziell für das Prüfungsverfahren vor dem Patentamt § 48 Satz 2 i. V. m. § 42 Abs. 3 Satz 2 PatG). Dabei ist allerdings die Rechtsprechung des Bundespatentgerichts (vgl. BPatGE 8, 40; E 13, 76; E 46, 86) und die überwiegende Auffassung in der Literatur (vgl. Schulte, a. a. O., Einleitung Rdn. 249 f.; Benkard, PatG, 10. Aufl., § 93 Rdn. 7; Busse, PatG, 6. Aufl., § 93 Rdn. 9) zu berücksichtigen, wonach in dem Fall, dass ein ordnungsgemäß geladener Beteiligter zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht nicht erscheint, dessen Anspruch auf rechtliches Gehör grundsätzlich gewahrt ist. Mit der ordnungsgemäßen Ladung ist dem Beteiligten nämlich Gelegenheit gegeben worden, sich in der mündlichen Verhandlung zu den entscheidungserheblichen Gesichtspunkten zu äußern. Nimmt ein Beteiligter diese Gelegenheit nicht wahr, muss er auch mit einer sich in der mündlichen Verhandlung ergebenden Änderung der Entscheidungsgrundlage rechnen, insbesondere mit der Nennung neuer Entgegenhaltungen. Zwar ergeben sich gewisse Zweifel an dieser Auffassung, da die Gelegenheit sich zu einer Tatsache zu äußern voraussetzt, dass der Beteiligte die betreffende Tatsache kennt oder zumindest bei Anwendung der zu erwartenden Sorgfalt kennen könnte. Dies aber würde in der Regel erfordern, dass neue Tatsachen, auf welche die Entscheidung gestützt werden soll, einem zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beteiligten vor der Entscheidung mitgeteilt werden müssen (vgl. BGH BIPMZ 1992, 496, 498 - Entsorgungsverfahren; GRUR 2011, 656 (Nr. 12) – Modularer Fernseher). Es kann hier jedoch dahinstehen, ob die Prüfungsstelle im Hinblick auf den Antrag der Anmelderin und zur ausreichenden Wahrung des rechtlichen Gehörs den Anhörungstermin aufheben und der Anmelderin im schriftlichen Verfahren vor der Entscheidung über die Anmeldung noch die in Rede stehenden Druckschriften hätte übermitteln müssen. Denn selbst wenn man hiervon ausgehen und eine Verletzung rechtlichen Gehörs annehmen wollte, käme gleichwohl eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht in Betracht, weil auch eine - unterstellt - verfahrensfehlerhafte Verwertung der neuen Druckschriften nicht ursächlich für die Beschwerdeeinlegung war.
Dabei kommt dem Umstand entscheidende Bedeutung zu, dass sich die Rechtslage durch die Einführung der neuen Druckschriften nicht geändert hat. Die von der Prüfungsstelle im Erstbescheid getroffene Beurteilung der Anmeldung gilt nämlich sinngemäß auch für die geltenden Ansprüche. Die Anmelderin hatte auch ausreichend Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen, und diese auch genutzt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anmelderin von einer Beschwerde Abstand genommen hätte, wenn die Prüfungsstelle auf der Basis des Erstbescheids entschieden hätte oder die Anmelderin die neuen Druckschriften vor Beschlussfassung gekannt hätte, und dazu hätte Stellung nehmen können.
Dr. Hartung Kirschneck Dr. Scholz J. Müller Pü
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