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3 Ni 1/13 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 1/13 (EP) (Aktenzeichen)

…

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

11. Februar 2014 …

In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 044 101 (DE 698 30 001)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm sowie der Richter Guth, Dipl.-Chem. Dr. Egerer, Dipl.-Chem. Dr. Lange und Dipl.-Chem. Dr. Wismeth für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 044 101 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte ist Inhaberin des am 29. Dezember 1998 in englischer Sprache angemeldeten, auf die internationale Patentanmeldung WO 99/33649 A1 zurückgehende, die Priorität der US-amerikanischen Provisional Application mit der No. 60/070 166 vom 31. Dezember 1997 in Anspruch nehmenden, mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 044 101 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 698 30 001 geführt wird. Das Streitpatent, das in vollem Umfang verteidigt wird, betrifft eine „Metallisierte Folie, Verbundwerkstoffe, sowie Verfahren zu ihrer Herstellung“ und umfasst 37 Patentansprüche, von denen die unabhängigen Pa-

-3tentansprüche 1, 15 und 26 in der erteilten Fassung in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut haben:

Wegen des Wortlautes der unmittelbar oder mittelbar auf die Patentansprüche 1, 15 und 26 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 14, 16 bis 25 und 27 bis 37 wird auf die Patentschrift EP 1 044 101 B1 bzw. DE 698 30 001 T2 verwiesen. Die Klägerin, die das Streitpatent in vollem Umfang angreift, macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend und stützt ihr Vorbringen auf folgende Entgegenhaltungen:

(HE-1) (HE-2) (HE-3) (HE-4) (HE-4a)

(HE-5) (HE-6) (HE-7) (HE-8) (HE-9) (HE-10) (HE-11)

EP 1 044 101 B1 DE 698 30 001 T2 WO 99/33649 A1 deutschsprachige Übersetzung zu JP 63-286337 A Kommentar des Übersetzers Dr. Fritz Maurer zu HE-4 vom 30. August 2013, 1 Seite JP 63-286337 A US 4 403 004 A US 4 275 099 A US 4 431 711A US 4 407 871 A US 4 115 619 A WO 96/33026 A1 Die Klägerin ist der Ansicht, die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1, 15 und 26 seien nicht neu gegenüber der Druckschrift HE-4 (bzw. HE-5), zumindest aber nicht erfinderisch gegenüber dem Stand der Technik gemäß einer Kombination der Druckschriften HE-6 oder HE-7 mit einer der Druckschriften HE-8 oder HE-9.

Auch die Gegenstände der Unteransprüche 2, 3, 9, 10, 12, 13, 14, 17, 18, 19, 22, 25, 28, 30, 31, 32 und 33 seien nicht neu gegenüber der HE-4. Die Gegenstände der übrigen Patentansprüche seien durch die genannten Drückschriften nahegelegt.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das europäische Patent 1 044 101 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Sie verweist auf folgende Druckschriften:

(D1) (D2) (D3) (D4)

FALBE, Jürgen; REGITZ, Manfred [Hrsg.]: Römpps Chemie Lexikon. Band 6, T-Z. 8., neubearb. u. erw. Aufl. Stuttgart: Franckh, 1988, Eintrag „Thermoplaste“, S. 4229. - ISBN 3-44004516-1 FALBE, Jürgen; REGITZ, Manfred [Hrsg.]: Römpps Chemie Lexikon. Band 6, T-Z. 8., neubearb. u. erw. Aufl. Stuttgart: Franckh, 1988, Eintrag „Thermoplastische Elastomere“, S. 4229. - ISBN 3-440-04516-1 FALBE, Jürgen; REGITZ, Manfred [Hrsg.]: Römpps Chemie Lexikon. Band 2, Cm-G. 8., neubearb. u. erw. Aufl. Stuttgart: Franckh, 1988, Eintrag „Duroplaste“, S. 1031. - ISBN 3-44004512-9 englischsprachige Übersetzung zu JP 63-286337 A Entscheidungsgründe I.

Die auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ) gestützte Klage ist zulässig und hat in der Sache auch Erfolg.

1. Das Streitpatent betrifft eine metallisierte Folie, Verbundwerkstoffe, sowie Verfahren zu ihrer Herstellung (HE-2: [0007]).

Metallisierte Polymerfolien werden allgemein als ein Ersatz für dekorative Chromteile eingesetzt, insbesondere in der Automobilindustrie. Typischerweise umfasst eine solche metallisierte Polymerfolie eine Metallschicht, die zwischen zwei Polymerfolien angeordnet ist.

Bei vielen Typen bekannter metallisierter Polymerfolien gibt es jedoch verschiedene Probleme. Zum Beispiel können Laminate typischerweise eine elektrisch durchgängige Metallschicht haben, die zwischen zwei Polymerschichten sandwichförmig angeordnet ist. Ein solcher Aufbau führt oftmals zu einer Schichtentrennung infolge einer schlechten Bindung zwischen der Metallschicht und den Polymerschichten auf jeder Seite. Ferner kann sich im Falle einer Korrosion der Metallschicht diese Korrosion zwischen den Polymerschichten ausbreiten, was zu einer signifikanten Verschlechterung des Erscheinungsbildes führt. Eine Möglichkeit, die Wahrscheinlichkeit der Schichtentrennung zu reduzieren und die aus der Korrosion der Metallschicht resultierende Verschlechterung des Erscheinungsbildes zu vermeiden, besteht darin, eine diskontinuierliche Metallschicht auf einer Polymerbasisschicht zu bilden (HE-2: [0001] bis [0003]).

2. Davon ausgehend liegt die Aufgabe des Streitpatents in der Entwicklung eines neuen metallisierten Verbundwerkstoffs für dekorative Produkte mit metallischem Glanz, insbesondere zum Ersatz von Chromteilen für die Automobilindustrie, der durch verbesserte Eigenschaften gekennzeichnet ist, wie einer höheren Stabilität, z. B. einer höheren Laminierfestigkeit sowohl direkt nach der Herstellung als auch später, und wie einer höheren Widerstandsfähigkeit gegenüber Umwelteinflüssen, z. B. Verwitterung, und der einen breiteren Anwendungsbereich aufgrund der größerer Vielfalt an einsetzbaren Polymeren hat, was z. B. auch flexible Produkte ermöglicht (HE-2: [0011] bis [0012]).

3. Die Aufgabe wird durch die Erzeugnisse gemäß den Patentansprüchen 1 und 15 sowie das Verfahren nach Patentanspruch 26 gelöst.

Der Patentanspruch 1 (Erzeugnis A) gliedert sich in die folgenden Merkmale.

A1 Ein metallisierter Verbundwerkstoff, umfassend A2 A2.1 eine erste Polymerschicht; die erste Polymerschicht ist thermoplastisch; A3 A3.1 A3.2 A3.3 A3.4 eine weitere Schicht auf der ersten Schicht, wobei die Schicht eine diskontinuierliche Schicht ist, welche diskrete Inseln von Metall in einem Klebstoff einschließt; und sich zwischen der ersten und zweiten Polymerschicht befindet; A4 A4.1 und eine zweite Polymerschicht, die zweite Polymerschicht ist thermoplastisch.

Der Patentanspruch 15 (Erzeugnis B) gliedert sich in die folgenden Merkmale.

B1 Ein metallisierter Verbundwerkstoff, umfassend B2 B2.1 B2.2 eine Polymerfolie, die kontinuierlich und thermoplastisch ist; B3 B3.1 B3.2 und wenigstens eine Schicht aus Metall, die diskontinuierlich ist und innerhalb der Polymerfolie ist.

Der Patentanspruch 26 (Herstellungsverfahren C) gliedert sich in die folgenden Merkmale.

C1 Verfahren zum Formen eines metallisierten Verbundwerkstoffs umfassend die Schritte:

C2 C2.1 eine erste Schicht wird bereitgestellt; die erste Schicht ist thermoplastisch; C3 ein Metall wird auf der ersten Schicht aufgebracht,

C3.1 zur Bildung einer diskontinuierlichen Schicht aus dem Metall; C4 C4.1 C4.2 und eine zweite Schicht wird auf die diskontinuierliche Schicht zur Bildung des metallisierten Verbundwerkstoffes aufgebracht; die zweite Schicht ist thermoplastisch; die zweite Schicht wird durch Laminierung aufgebracht.

Sowohl Patentanspruch 1 als auch die Patentansprüche 15 und 26 der Streitpatentschrift verwenden in ihrer maßgeblichen englischsprachigen Fassung der Merkmale A1, B1 und C1 das Wort „comprising“, welches abweichend zur deutschen Übersetzung (HE-2) einheitlich in der vorliegenden Merkmalsanalyse mit „umfassend“ wiedergegeben wird. Ferner ist die diskontinuierliche Schicht gemäß Merkmal B3.2 nicht nur „vorgesehen“ (so die Merkmalsgliederung der Klägerin), sondern sie muss tatsächlich vorliegen.

Auch liegt bezüglich des Merkmals C3.1 zwischen der englischsprachigen (HE-1) und deutschen Fassung (HE-2) ein Übersetzungsfehler vor. Die Bildung einer diskontinuierlichen Schicht erfolgt nicht „auf“ dem Metall sondern „aus“ dem Metall („discontinous layer of said metal“).

4. Zuständiger Fachmann ist ein in der Forschung und Entwicklung arbeitender, üblicherweise promovierter oder zumindest diplomierter Chemiker mit vertieften Kenntnissen auf dem Gebiet der Polymerchemie, der im Bedarfsfall mit einem Diplom-Physiker oder Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Werkstoffkunde zusammenarbeitet, insbesondere um sich über geeignete Verfahren zum Aufbringen einer diskontinuierlichen Metallschicht näher zu informieren.

III.

1. Der erteilte Patentanspruch 15 ist in Bezug auf das Merkmal B2.1, der „kontinuierlichen thermoplastischen Polymerfolie“, auslegungsbedürftig.

Eine „kontinuierliche thermoplastische Polymerfolie" im Sinne des Streitpatents kann aus einer einzigen Polymerschicht bestehen (HE-2: z. B. Fig. 2) oder auch aus (zwei oder) mehreren Polymerschichten, (HE-2: [0030], letzter Satz). Beide Varianten werden von Patentanspruch 15 umfasst. Dabei ist der Begriff „kontinuierlich“ weit auszulegen. Es fällt darunter auch ein metallisierter Verbundwerkstoff, welcher eine erste Polymerschicht, eine zweite Polymerschicht und dazwischen eine polymere Klebeschicht aufweist, da dies als eine kontinuierliche Polymerfolie aus drei verschiedenen Polymeren im Sinne des Merkmals B2.1 des Streitpatents verstanden werden kann. Daher schließt Patentanspruch 15 den Gegenstand von Patentanspruch 1 mit ein.

2. Die Gegenstände der Patentansprüche 1, 15 und 26 des Streitpatents sind gegenüber der Druckschrift HE-4 bereits nicht neu. Jedenfalls aber beruhen sie gegenüber der Druckschrift HE-4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

a) Die HE-4 ist eine Übersetzung der japanisch sprachigen Druckschrift HE-5. Soweit die Beklagte die korrekte Übersetzung der HE-4 bezweifelt, führen die von der Beklagten angegebenen Stellen zu keiner inhaltlichen Änderung des Offenbarungsgehalts der HE-4 in Bezug auf die Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit des Streitpatents. Von näherer Relevanz sind hierbei die Stellen auf S. 212 li. Sp., Z. 8 der HE-5 (HE-4: S. 3, Z. 3) und Z. 18 der HE-5 (HE-4, S. 3, Z. 9-10) sowie auf S. 213, re. Sp. Z. 7 der HE-5 (HE-4: S. 5, Z. 9-10), wo lediglich ein einzelner technischer (Teil-)Begriff bereits im japanischen Quelltext durch Verwendung eines anderen Kanji-Zeichens unglücklich formuliert, aber im Zusammenhang erkennbar und damit interpretierbar ist als „adhesion“ bzw. „Verklebung“ im Sinne des Merkmals A3.3 nach Streitpatent. Im Folgenden wird daher auf die HE-4 Bezug genommen.

Der Übersetzung durch einen öffentlich bestellten Übersetzer der japanischen Sprache – wie von der Beklagten für erforderlich gehalten - bedurfte es nicht, da ein Mitglied des Senats zum Verständnis der entsprechenden Stellen der HE-4 über ausreichende Kenntnisse der japanischen Sprache verfügt und daher sachkundig ist (vgl. dazu auch Schulte, Patentgesetz, 9. Aufl., § 126 Rn. 15).

b) Die Druckschrift HE-4 beschreibt metallisch glänzende Formteile zur Dekoration von elektrischen Geräten (HE-4: S. 2, Abs. 1). Üblicherweise werden hierzu eine Aluminiumfolie oder mit Aluminium bedampfte Filme mit dem Harz der Formteile zusammenklebt und dann die Formteile ausgeformt, oder diese werden gleichzeitig mit dem Ausformen der Formteile zusammengeklebt (HE-4: S. 2, Abs. 2). Mit Aluminium bedampfte Filme haben jedoch den Nachteil, dass es zu elektrischen Entladungen kommen kann, was durch die Erfindung der HE-4 vermieden werden soll (HE-4: S. 2, Abs. 3 und 4), indem Inselstrukturen aus Metall hergestellt werden, wobei die Inselstrukturen isolierende Eigenschaften haben.

Das Formteil wird nach dieser Druckschrift hergestellt, indem ein Plastikfilm z. B. aus Polyethylenterephthalat, Polypropylen, Polyethylen oder Polyvinylchlorid (HE4: S. 3, Z. 11-13 // Merkmale A2, B2, C2) mit einem Metall, welches bevorzugt einen niedrigen Schmelzpunkt aufweist und/oder ein Edelmetall ist (HE-4: S. 3, letzter Absatz bis S. 4, Z. 2), derart bedampft wird, dass eine Inselstruktur entsteht (Merkmale A3, A3.1, A3.2, B3, B3.1, C3, C3.1). Der entstandene metallbedampfte Plastikfilm wird in einer Ausführungsform direkt mit dem Formkörper, z. B. aus einem Polyvinylchlorid-Film, gleichzeitig mit dem Ausformen des Formteils zusammengeklebt (HE-4: S. 2, Z. 2 von unten bis S. 3, Z. 4 // Merkmale A4, C4). Dabei wird zwangsläufig ein Klebstoff verwendet (Merkmal A3.3). Die Inselstrukturen aus Metall befinden sich zwischen der ersten und zweiten Polymerfolie (Merkmal A3.4). Die diskontinuierliche Schicht ist im Sinne des Streitpatents innerhalb der Polymerfolie angeordnet (Merkmal B3.2), die im Sinne des Streitpatents eine kontinuierliche Polymerfolie ist (Merkmal B2.1). Die zweite Polymerschicht wird z. B. in Form eines Polyvinylchlorid-Films durch Laminierung aufgebracht (Merkmal C4.2). Man erhält einen metallisierten Verbundwerkstoff entsprechend der Merkmale A1, B1 und C1.

Auch entsprechend den Ausführungsbeispielen 1 und 2 der HE-4 werden ein Polyethylentherephthalat-Film mit einem Polyvinylchlorid-Film mittels eines Vinylchlorid-Vinylacetat-Copolymers (Klebstoff) unter Druck laminiert, nachdem der Polyethylentherephthalat-Film mit Zinn (Sn) zur Bildung einer Inselstruktur bedampft wurde.

Die beispielhaft verwendeten Plastikfilme Polyethylenterephthalat, Polypropylen, Polyethylen oder Polyvinylchlorid sind thermoplastische Werkstoffe. Zudem erfolgt die Laminierung unter Druck und Wärme (HE-4: S. 4, Z. 6-9 von unten). Wenn es sich daher bei dem metallisierten Verbundwerkstoff der HE-4 um einen duroplastischen Werkstoff handeln würde, wäre eine nachfolgende Ausformung zusammen mit einem Formteil nicht möglich. Daher entnimmt der Fachmann der HE-4 ohne weiteres, gleichsam mitlesend, dass die verwendeten Plastikfilme zwangsläufig thermoplastische Werkstoffe sind (Merkmale A2.1, A4.1, B2.2, C2.1, C4.1).

Im Ergebnis sind somit alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents (Merkmale A1, A2, A2.1, A3, A3.1, A3.2, A3.3, A3.4, A4, A4.1) sowie des Patentanspruchs 15 (Merkmale B1, B2, B2.1, B2.2, B3, B3.1, B3.2) und des Patentanspruchs 26 (Merkmale C1, C2, C2.1, C3, C3.1, C4, C4.1, C4.2) aus der HE4 bekannt. Der Gegenstand dieser Patentansprüche ist jeweils nicht neu gegenüber der Druckschrift HE-4.

c) Selbst wenn man aber die Neuheit gegenüber der Lehre der HE-4 anerkennen würde, ist die Bereitstellung einer Folie entsprechend der Lehre der HE-4, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Verwendung eines thermoplastischen metallisierten Verbundwerkstoffes, naheliegend und beruht deshalb nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Denn ein Formteil mittels einer Folie zu überziehen, erfordert, dass die Folie thermisch erweicht werden kann, was zwangsläufig die Verwendung einer thermoplastischen Folie nahelegt. Gleiches gilt für das Merkmal der Verwendung eines Klebstoffs (A3.3).

In der von der Beklagten eingereichten englischsprachigen Übersetzung D4 werden auf S. 3, Abs. 3 und 4 für die strittigen japanischen Kanji-Zeichen jeweils die Begriffe „adhering“ bzw. „adhered“ verwendet, welche aus dem Englischen sowohl mit „anhaften“ als auch „kleben“ übersetzt werden können. Zumindest in dem Fall, wo der metallisierte Film zuerst „mit dem zum Ausformen des Formteils verwendeten Harz zusammengeklebt wird“ (D4: S. 3, Abs. 3: „is adhered to the resin of the molded article in advance“), hat der Fachmann bereits unter Berücksichtigung der von der Beklagten herangezogenen englischsprachigen Übersetzung in naheliegender Weise auch an einen Klebstoff gedacht.

Im Ergebnis erhält der Fachmann ausgehend von der Lehre der HE-4 in naheliegender Weise einen metallisierten Verbundwerkstoff entsprechend Patentanspruch 1 und 15, welcher entsprechend des Verfahrens nach Patentanspruch 26 hergestellt wurde.

2. Zum Ergebnis der mangelnden erfinderischen Tätigkeit der Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1, 15 und 24 gelangt der Senat auch ausgehend von der Druckschrift HE-6 oder HE-7 jeweils in Verbindung mit der HE-8 oder HE-9. Alle diese Druckschriften befassen sich mit metallisierten Laminaten. Sie stellen gattungsgemäßen Stand der Technik dar und lagen schon von daher im Blickfeld des Fachmanns.

a) Die Druckschrift HE-6 beschreibt ein metallisiertes Laminat für dekorative Zwecke, welches eine Basisschicht aus einem thermisch formbaren PolymerharzFilm (Merkmale A2, A2.1, B2 B2.2, C2, C2.1) wie z.B. Polyethylenterephthalat umfasst (HE-6: Sp. 2, Z. 39-51 i. V. m. Z. 60-67). Auf diesen Film wird eine metallische Schicht z. B. aus Chrom (Cr), Nickel (Ni), Eisen (Fe) oder bevorzugt Aluminium (Al) aufgebracht (HE-6: Sp. 2, Z. 67 bis Sp. 3, Z. 2 // Merkmale A3, B3, C3). Diese metallische Schicht wird auf beiden Seiten aufgebracht. Eine der Seiten wird mittels einer Klebeschicht mit einer Deckschicht aus beispielsweise fluorierten Vinyl-Polymeren, fluorierten Polyolefinen oder Polyestern versehen, welche bezüglich ihrer UV-Beständigkeit behandelt sind. Bevorzugt wird Polyvinylfluorid verwendet (HE-6: Sp. 3, Z. 3-23 // Merkmale A3.4, A4, C4). Im Ergebnis erhält man ein Laminat, welches im Sinne des Streitpatents eine Folie aus einem metallisierten Verbundwerkstoff darstellt (Merkmale A1, B1, C1) bzw. eine kontinuierliche Polymerfolie ist (HE-6: Sp. 3, Z. 15-23 // Merkmale B2, B2.1, B3.2, C4.2).

Das gesamte Laminat ist thermisch formbar z.B. in einen dreidimensionalen Artikel (HE-6: Sp. 3, Z. 23-30). Damit weisen die in der HE-6 verwendeten Polymerschichten zwangsläufig thermoplastische Eigenschaften auf (Merkmale A2.1, A4.1, B2.2, C2.1, C4.1).

Das Laminat der HE-6 wird verwendet für Automobil-Produkte im Außenbereich, da es gegenüber UV-Strahlung und chemischen Umwelteinflüssen sehr beständig ist, was an der Kombination zwischen verwendetem Klebstoff und Deckschicht liegen soll.

Damit sind lediglich die Merkmale A3.1, A3.2, A3.3, B3.1, C3.1 der unabhängigen Patentansprüche nach Streitpatent aus der HE-6 nicht bekannt, da die metallische Schicht der HE-6 nicht diskontinuierlich ist und keine diskreten Inseln von Metall aufweist.

b) Die Druckschrift HE-7 beschreibt ein dünnes Laminat, welches eine Folie aus metallisiertem Polymer-Harz umfasst. Dieses Laminat kann auch unter extremen Wetterbedingungen benutzt werden und ist daher besonders als schützender oder dekorativer Formstreifen im Automobilbereich einsetzbar (HE-7: Sp. 1, Z. 612).

Gemäß Fig. 2 der HE-7 wird ein Polyesterfilm (z.B. Polyethylenterephthalat, HE-7: Sp. 6, Z. 57-61; Fig. 2, Bz. 10‘ // Merkmale A2, B2, C2) mit Aluminium vakuumbeschichtet (HE-7: Sp. 2, Z. 11-17; Fig. 2, Bz. 11 // Merkmale A3, B3, C3). Auf die Aluminiumschicht wird eine dünne Schicht eines Haftvermittlers aufgetragen (HE7: Sp. 2, Z. 21-26; Fig. 2, Bz. 11), bevor mittels eines speziell entwickelten Polyester-isocyanat-Polyurethan-Klebers ein weiter Polymerfilm auflaminiert wird (HE-

7: Sp. 2, Z. 5-11 i. V. m. Sp. 7, Z. 7-20 // Merkmale A3.4, A4, B2.1, B3.2, C4, C4.2). Der speziell entwickelte Kleber soll eine Delaminierung des Erzeugnisses verhindern.

Da es sich bei dem Erzeugnis der HE-7, einem metallisierten Verbundwerkstoff im Sinne des Streitpatents (Merkmale A1, B1, C1), um „molding strips“ (Formstreifen) handelt und diese auf extrudierte Formteile aufgeklebt werden, handelt es sich um ein Material, welches zwangsläufig thermoplastische Eigenschaften aufweist (HE7: Sp. 7, Z. 65 bis Sp. 8, Z. 16 // Merkmale A2.1, A4.1, B2.2, C2.1, C4.1), abgesehen davon, dass die verwendeten Materialien zu den Thermoplasten zählen.

Daher sind - wie bereits bei der HE-6 - lediglich die Merkmale A3.1, A3.2, A3.3, B3.1, C3.1 der unabhängigen Patentansprüche nach Streitpatent aus der HE-7 nicht bekannt.

c) Die fehlenden Merkmale A3.1, A3.2, A3.3, B3.1 und C3.1 entnimmt der Fachmann in naheliegender Weise jeweils den beiden Druckschriften HE-8 und HE-9, die Continuation-in-part Anmeldungen derselben ursprünglichen Patentanmeldung und von daher nahezu inhaltsgleich sind. Im Folgenden wird daher lediglich die HE-8 abgehandelt.

Die HE-8 beschreibt den Ersatz von metallisierten elektrolytisch verchromten Verkleidungsteilen (HE-8, Sp. 1, Z. 27-29) durch metallisierte Kunststoffprodukte (HE8: Sp. 2, Z. 30-36). Üblicherweise werden hierbei kontinuierliche Metallfilme auf einen flexiblen Kunststoff abgeschieden. Diese Metallfilme sind jedoch weniger glänzend als elektrolytisch verchromte Teile und korrosionsanfällig. Eine Deckschicht haftet auf der Metallschicht nicht besonders gut (HE-8: Sp. 1, Z. 60 bis Sp. 2, Z. 10).

Als Lösung für dieses Problem schlägt die HE-8 vor, separierte Inseln aus Indium (Merkmale A3, A3.1, A3.2, B3, B3.1, C3, C3.1) auf dem zu beschichtenden flexiblen Kunststoffteil (Merkmale A1, A2, B1, C1, C2) abzuscheiden und diese mit einer Deckschicht einzubetten, wodurch diese auf dem Substrat gut haften und die Metallisierung korrosionsstabil ist (HE-8: Sp. 2, Z. 60-64; Sp. 5, Z. 7-13; Sp. 6, Z. 8-32 // Merkmale A4, B2.1, C4).

Die Deckschicht besteht bevorzugt aus Polyacrylen oder Polyurethanen. Sie weist im Falle von flexiblen Kunststoffteilen elastomere Eigenschaften auf. Sie ist aber im Unterschied zum Streitpatent nicht zwingend thermoplastisch (HE-8: Sp. 7, Z. 33-38).

Die wesentliche Lehre der HE-8 besteht darin, dass durch die Einbettung von separierten metallischen Inseln aus Indium auf einem Substrat ein Produkt erhalten wird, das sich durch eine gute Haftung der Schichten und durch eine große Widerstandsfähigkeit gegenüber Umwelteinflüssen auszeichnet (Merkmale A3, A3.1, A3.2, A3.4, B3, B3.1, B3.2, C3, C3.1). Entgegen der Ansicht der Beklagten entnimmt der fachkundige Leser die den Kern der Lehre der HE-8 darstellenden Merkmale A3, A3.1, A3.2, A3.4, B3, B3.1, B3.2, C3 und C3.1 zwanglos und ohne Weiteres.

d) Ein Fachmann, der vor die streitpatentgemäße Aufgabe gestellt war, ausgehend von der gattungsgemäßen Druckschrift HE-6 oder HE-7 einen Verbundwerkstoff herzustellen, welcher eine höhere Stabilität, z. B. eine höhere Laminierfestigkeit, haben soll und gegenüber Umwelteinflüssen, z. B. Verwitterung, widerstandsfähiger sein soll, hätte ohne weiteres den wesentlichen Kern der Lehre der gattungsgemäßen Druckschrift HE-8 auf die HE-6 oder HE-7 übertragen. Denn die HE-8 lehrt bereits die streitpatentgemäße Erkenntnis, dass durch die Einbettung von separierten metallischen Inseln aus Indium auf einem Substrat ein Produkt erhalten wird, das sich durch eine gute Haftung der Schichten und durch eine große Widerstandsfähigkeit gegenüber Umwelteinflüssen auszeichnet (Merkmale A3, A3.1, A3.2, A3.4, B3, B3.1, B3.2, C3, C3.1). Dabei gelangt der Fachmann zu einem Verbundwerkstoff bzw. zu einem Herstellungsverfahren mit allen Merkmalen der Patentansprüche 1, 15 und 26 nach Streitpatent bzw. Hauptantrag, so dass die Gegenstände dieser Patentansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.

3. Die jeweils nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 14, 16 bis 25 und 27 bis 37 teilen das Schicksal der Patentansprüche 1, 15 und 26, nachdem dafür, dass sie allein oder in Verbindung mit Patentanspruch 1 bzw. 15 bzw. 26 in der Fassung des erteilten Patents einen erfinderischen Gehalt aufweisen könnten, nichts ersichtlich und auch nichts vorgetragen ist.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

V. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist für jede Person, die durch dieses Urteil beschwert ist, das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Berufung vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Schramm Guth Dr. Egerer Dr. Lange Dr. Wismeth prö

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