AnwZ (Brfg) 59/19
BUNDESGERICHTSHOF AnwZ (Brfg) 59/19 BESCHLUSS vom 20. Mai 2020 in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache wegen Zulassung als Syndikusrechtsanwältin ECLI:DE:BGH:2020:200520BANWZ.BRFG.59.19.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Paul und durch den Rechtsanwalt Dr. Wolf und die Rechtsanwältin Merk am 20. Mai 2020 beschlossen:
Auf Antrag der Klägerin wird die Berufung gegen das ihr an Verkündungs statt am 3. September 2019 zugestellte Urteil des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg zugelassen. Der Streitwert für beide Rechtszüge wird auf 25.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1 Die Beigeladene ist seit dem 1. Oktober 2018 bei der Dr. F.
E.
H. GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin), einer Versicherungsmaklerin,
tätig. Die Beklagte ließ die Beigeladene mit Bescheid vom 20. September 2018 für diese Tätigkeit als Syndikusrechtsanwältin zu. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Bescheid vom 17. Januar 2019 zurück. Die Klage der Klägerin blieb ohne Erfolg. Der Anwaltsgerichtshof stellte fest, dass die Beigeladene im Schwerpunkt einerseits abstrakt und ohne Kundenbezug Versicherungsbedingungen entwerfe, die Grundlage für Verhandlungen ihrer Arbeitgeberin mit Versicherungen seien. Zum anderen berate sie ihre Arbeitgeberin hinsichtlich vermittlungsrechtlicher Vereinbarungen zwischen Versicherung und Arbeitgeberin. Beide Tätigkeiten wertete der Anwaltsgerichtshof als Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten der Arbeitgeberin im Sinne von § 46 Abs. 5 Satz 1 BRAO. Er ließ dahinstehen, ob die Beigeladene gelegentlich ein von einem Kundenberater an sie herangetragenes Problem löse und ob diese Tätigkeit als Rechtsangelegenheit der Arbeitgeberin zu qualifizieren sei; denn diese Tätigkeit präge nicht. Gegen diese Entscheidung richtet sich das Rechtsmittel der Klägerin.
II.
Der nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat Erfolg. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 BRAO). Die Frage, ob der Entwurf und die Verhandlung von Versicherungsbedingungen mit Versicherungen, die im Ergebnis Teil des Versicherungsvertrags zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, dem (potentiellen) Kunden der Arbeitgeberin der Beigeladenen, werden sollen, Rechtsangelegenheiten der Arbeitgeberin im Sinne von § 46 Abs. 5 BRAO darstellen, bedarf der Klärung im Berufungsverfahren. Gegebenenfalls wird auch der Frage nachzugehen sein, wie die Einbindung der Beigeladenen durch Kundenberater in Kundenbeziehungen zu qualifizieren ist und ob die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin schon dann zu versagen ist, wenn die Beigeladene nicht ausschließlich in Rechtsangelegenheiten ihrer Arbeitgeberin tätig wird (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 24. Mai 2019 - AnwZ (Brfg) 23/19, juris Rn. 2).
III.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 194 Abs. 2 Satz 2 BRAO, hinsichtlich der Abänderung des erstinstanzlichen Streitwertes auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG, § 194 Abs. 3 Halbsatz 2 BRAO. Der Ansatz des vollen Regelstreitwerts nach § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO in Fällen der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ist dann nicht angemessen, wenn der Betroffene bereits im Besitz einer Zulassung als Rechtsanwalt ist; in diesem Fall geht es nur um eine "Zweitzulassung" (ständige - allerdings nicht näher begründete - Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa Senatsurteile vom 29. Januar 2018 - AnwZ (Brfg) 12/17, juris Rn. 1, 30 [insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 217, 226]; und vom 30. September 2019 - AnwZ (Brfg) 38/18, juris Rn. 30, 41 [insoweit nicht abgedruckt in NJW 2019, 3644]; ebenso: Kilimann in Weyland, BRAO, 10. Aufl., § 194 BRAO Rn. 66b).
IV.
Das Verfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 5 VwGO).
Rechtsmittelbelehrung:
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einem vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Wegen der Verpflichtung, sich im Berufungsverfahren vertreten zu lassen, wird auf die Rechtsmittelbelehrung in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
Limperg Lohmann Paul Wolf Merk Vorinstanzen: AGH Stuttgart, Entscheidung vom 03.09.2019 - AGH 6/19 II -