• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

IX ZR 189/16

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES IX ZR 189/16 VERSÄUMNISURTEIL Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja in dem Rechtsstreit Verkündet am: 20. April 2017 Kirchgeßner Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle InsO § 134 Abs. 1 Die Zahlung einer Kommanditgesellschaft an ihren Kommanditisten, der ein gewinnunabhängiges Zahlungsversprechen im Gesellschaftsvertrag zugrunde liegt, ist nicht schon deswegen unentgeltlich, weil die Zahlung nicht durch Gewinne der Kommanditgesellschaft gedeckt ist.

BGH, Versäumnisurteil vom 20. April 2017 - IX ZR 189/16 - LG Heilbronn AG Vaihingen a.d. Enz ECLI:DE:BGH:2017:200417UIXZR189.16.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Schoppmeyer und Meyberg für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 29. Juli 2016 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Gläubigerantrag vom 29. September am 9. Dezember 2011 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Z.

J.

GmbH & Co. Prozesskostenfonds KG (nachfolgend:

Schuldnerin), einer Publikums-KG, an der sich der Beklagte als Kommanditist mit einer in das Handelsregister eingetragenen Hafteinlage von 20.000 € beteiligte.

§ 18.6 des Gesellschaftsvertrages lautet: "Für die Geschäftsjahre 2004 bis einschließlich 2008 erhalten die Kommanditisten vorab eine garantierte Verzinsung auf die von ihnen geleistete Kommanditeinlage i.H.v. 6 v.H. per anno für den Zeitraum vom Tage der Wertstellung der Einlage auf dem Konto der Gesellschaft bis zum jeweiligen Ende des Geschäftsjahres, zahlbar bis jeweils Ende des 3. Monats des Folgejahres. Es wird auf den Zinsgarantievertrag verwiesen. Die Verzinsung wird auf das Ergebnis angerechnet." Im Geschäftsjahr 2007 erzielte die Schuldnerin keine Gewinne. Am 31. März 2008 zahlte die Schuldnerin an den Beklagten einen als Garantieausschüttung für das Jahr 2007 bezeichneten Betrag von 1.200 €. Die auf anfechtungsrechtliche Rückgewähr dieses Betrages nebst Zinsen gerichtete Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch stehe dem Kläger nicht zu, weil die Zahlung an den Beklagten keine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO sei. Es handele sich nicht um die Zahlung eines Scheingewinns, sondern um eine in § 18.6 des Gesellschaftsvertrags vorgesehene, gewinnunabhängige Ausschüttung, für die sich die Frage nach einem der Zahlung ausgleichenden Gewinn nicht stelle. Hieran ändere auch die vereinbarte Anrechnung auf etwaige Gewinne nichts, eine Rückzahlung bei ausbleibenden Gewinnen sei gerade nicht vereinbart. Unentgeltlichkeit liege auch nicht deswegen vor, weil die Auszahlung der Sache nach eine Rückgewähr der Einlage bilde; andernfalls würden - jedenfalls wenn ein vertraglicher Anspruch auf Auszahlung bestände - die Regelungen der §§ 171, 172 HGB unterlaufen.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen mit Recht angenommen, dass die Leistung an den Beklagten nicht unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO erfolgte.

1. Unentgeltlich ist eine Leistung im hier gegebenen Zwei-PersonenVerhältnis, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231; vom 15. September 2016 - IX ZR 250/15, WM 2016, 2312 Rn. 20 f). Zahlungen, mit denen eine Kommanditgesellschaft den Anspruch auf Rückgewähr einer Einlage oder auf Zahlung eines Auseinandersetzungsguthabens erfüllt, sind keine unentgeltlichen Leistungen (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2010 - IX ZR 225/09, ZIP 2010, 1455 Rn. 11; vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10, NJW 2014, 305 Rn. 9). Auszahlungen von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen können demgegenüber unbeschadet eines ordnungsgemäßen Zustandekommens des Gewinnverwendungsbeschlusses als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO angefochten werden (BGH, Urteil vom 22. April 2010, aaO; vom 18. Juli 2013, aaO). Erhält ein Anleger in derartigen Fällen Auszahlungen, die sowohl auf Scheingewinne als auch auf die Einlage erfolgen, so sind diese nur gemäß § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, soweit es um die Auszahlung auf Scheingewinne geht. Die Rückzahlung der Einlage stellt in diesen Fällen regelmäßig den Gegenwert für die vom Anleger erbrachte Einlage dar (BGH, Urteil vom 22. April 2010, aaO).

2. Das Berufungsgericht hat zutreffend eine Unentgeltlichkeit der Leistung an den Beklagten verneint.

a) Über die Regelung des § 169 Abs. 1 HGB hinaus sind Ausschüttungen an die Kommanditisten zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht oder die Ausschüttung durch das Einverständnis aller Gesellschafter gedeckt ist (BGH, Urteil vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, NJW 2013, 2278 Rn. 9 mwN). Solche Ausschüttungen können in der Weise vereinbart werden, dass sie auch insoweit zu gewähren und zu belassen sind, als sie nicht durch Gewinne gedeckt sind, also letztlich in Form einer festen Kapitalverzinsung oder garantierter Mindesttantieme zu Lasten des Kapitals gehen (BGH aaO). Sie sind entgeltlich, wenn sie die Gegenleistung für die Pflichteinlage darstellen. So verhält es sich hier.

aa) Der Gesellschaftsvertrag gewährt hier den Kommanditisten für ihre tatsächlich geleistete Einlage einen Anspruch auf eine gewinnunabhängige Ausschüttung. Dies kann der Senat selbst feststellen, weil Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften nach ihrem objektiven Erklärungsbefund auszulegen sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Juli 2011 - II ZR 153/09, NZG 2011, 1142 Rn. 11; vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, NJW 2013, 2278 Rn. 13). Zwar ist § 18 des Gesellschaftsvertrags mit "Ergebnisverteilung" überschrieben. Aber nach dem insoweit klaren Wortlaut der Regelung in § 18.6 wird den Kommanditisten eine Verzinsung mit einem festen, gewinnunabhängigen Zinssatz garantiert. Dass diese Zinszahlungen auf etwaige Gewinne angerechnet werden, lässt die Verpflichtung zu deren Zahlung nicht für den Fall entfallen,

dass Gewinne tatsächlich nicht erwirtschaftet werden. Entgegen dem Revisionsvorbringen kann sich anderes weder aus dem nur auszugsweise vorgelegten Anlageprospekt (Anlage K 20) noch aus dem sogenannten Ausschüttungsgarantievertrag (Anlage K 7) ergeben. Der Prospekt spricht von "Garantieausschüttungen" und "garantierten Vorabausschüttungen" und stellt diesen "Ausschüttungen, wie in den Planzahlen offeriert", gegenüber, die sich nach dem wirtschaftlichen Ergebnis der Gesellschaft richten. Nach dem Ausschüttungsgarantievertrag (in § 18.6 des Gesellschaftsvertrags als Zinsgarantievertrag bezeichnet) hat die J.

AG die "abstrakte Garantieerklärung" abgegeben,

der Schuldnerin einen Betrag zur Begleichung der "vertraglich vereinbarten" v.H. p.a. zur Verfügung zu stellen, falls die Ertragslage der Schuldnerin eine solche Zahlung ganz oder teilweise nicht zulässt.

bb) Ebenso wenig sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Kommanditisten die Auszahlungen gemäß § 18.6 des Gesellschaftsvertrags unter dem Vorbehalt einer Rückforderung erhalten haben. Dass der Gesellschaftsvertrag keine dahingehende Regelung enthält, steht zwar der Annahme einer gewinnabhängigen Vorabausschüttung nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10, NJW 2014, 305 Rn. 40). Aus deren Fehlen kann aber nicht geschlossen werden, es müsse sich (deswegen) um gewinnabhängige Vorabausschüttungen handeln. Vielmehr ist ein Kommanditist, wenn an ihn auf der Grundlage einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag eine Auszahlung geleistet wurde, obwohl sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert wird oder eine bereits bestehende Belastung vertieft wird, nur dann zur Rückzahlung an die Gesellschaft verpflichtet, wenn der Gesellschaftsvertrag dies hinreichend klar vorsieht (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2013, aaO Rn. 8, 10; vom 16. Februar 2016 - II ZR 348/14, NJW-RR 2016, 550 Rn. 10, 15; OLG Hamm, Urteil vom 4. Februar 2015 - 8 U 89/14, juris Rn. 58; OLG Hamburg, Urteil vom 14. Oktober 2016 - 11 U 23/16, juris Rn. 48 ff). Eine solche Regelung wird von der Revision nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.

cc) Die Vorschriften des Handelsgesetzbuches stehen einer derartigen Vertragsgestaltung nicht entgegen. Sie kennen für die Kommanditgesellschaft keinen im Innenverhältnis wirkenden Kapitalerhaltungsgrundsatz. Die Gesellschafter können ihre Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis insoweit untereinander und zur Gesellschaft weitgehend frei gestalten (BGH, Urteil vom 12. März 2013, aaO Rn. 12; vom 16. Februar 2016, aaO Rn. 10). Deswegen kann entgegen der Auffassung der Revision auch der Umstand, dass es sich bei der Zahlung an den Beklagten mangels erwirtschafteter Gewinne um die Rückgewähr von Einlagen handele, keine Unentgeltlichkeit der Leistung im Sinne von § 134 InsO begründen. Solche Zahlungen können zwar zu einer Haftung nach § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB führen. Diese Vorschriften betreffen aber ausschließlich die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern im Außenverhältnis und nicht dessen Verhältnis zur Gesellschaft (BGH, Urteil vom 12. März 2013, aaO; vom 16. Februar 2016, aaO).

b) Nach dem festgestellten Sachverhalt war die Ausübung des Anspruchs auf Auszahlung der garantierten Zinsen zum Zeitpunkt der Zahlung vorliegend nicht durch eine Treuepflicht des Gesellschafters eingeschränkt. Auf die Senatsentscheidung vom 18. Juli 2013 (IX ZR 193/10, NJW 2014, 305, 310 Rn. 44) kann sich die Revision insoweit nicht berufen, als diese Vorauszahlungen auf künftig aller Voraussicht nach nicht anfallende Gewinne betrifft, die nur aus Einlagen neu beitretender Gesellschafter finanziert werden können.

3. Ob das Klagebegehren auch unter dem Gesichtspunkt der §§ 171 ff HGB, § 93 InsO hätte geprüft werden müssen, bedarf keiner Entscheidung. Die Klagebegründung ist ausschließlich auf die Voraussetzungen der §§ 143, 134 InsO ausgerichtet. Das Vorliegen der Voraussetzungen der § 171 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB ist nicht schlüssig dargetan; hinreichend konkreten Vortrag, den die Vordergerichte übergangen haben, behauptet die Revision nicht.

Kayser Gehrlein Lohmann Schoppmeyer Meyberg Vorinstanzen: AG Vaihingen, Entscheidung vom 20.08.2015 - 1 C 517/14 LG Heilbronn, Entscheidung vom 29.07.2016 - Bö 7 S 21/15 -

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist der Bundesgerichtshof. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in IX ZR 189/16

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
6 134 InsO
5 171 HGB
2 172 HGB
1 169 HGB
1 93 InsO
1 143 InsO

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 169 HGB
5 171 HGB
2 172 HGB
1 93 InsO
6 134 InsO
1 143 InsO

Original von IX ZR 189/16

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von IX ZR 189/16

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum