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15 W (pat) 302/09

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 302/09 Verkündet am 4. Juli 2013 …

BESCHLUSS In der Einspruchssache betreffend das Patent 103 43 099 …

BPatG 154 05.11 hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein sowie der Richter Dr. Kortbein, Dr. Lange und Dr. Wismeth beschlossen:

Das Patent DE 103 43 099 wird in vollem Umfang widerrufen Gründe I.

Auf die am 18. September 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung wurde das Patent 103 43 099 mit der Bezeichnung

„Verfahren zur Herstellung schadstoffarmer Kunststoffformteile und Verwendung von Carbonsäureanhydriden dafür“

erteilt. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung in Form der DE 103 43 099 B3 ist der 9. Juni 2005. Das Streitpatent umfasst zwei Patentansprüche, die folgenden Wortlaut haben:

Gegen das Patent hat die B… SE…, -Straße in L…, (Einsprechende) mit Schriftsatz vom 18. August 2005, eingegangen am 20. August 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt, Einspruch erhoben.

Die Einsprechende begründet ihren Einspruch mit mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands der Patentansprüche 1 und 2 und stützt ihr Vorbringen hierbei auf folgende Druckschriften:

(D1) (D2) (D3)

WO 00/11059 A1 WO 03/045656 A1 OERTEL, Günther [Hrsg.]: Kunststoffhandbuch, Band 7, Polyurethane. München, Wien: Carl Hanser Verlag, 1983, S. 92, 107, 108 Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2006 führt die Einsprechende zu einem neuen Patentanspruch 1 nach Hauptantrag der Patentinhaberin gemäß Schriftsatz vom 27. März 2006 aus, dass die Angaben zu den Säureanhydriden in dem mit diesem Schriftsatz vorgelegten Patentanspruch 1 zumindest bezüglich der „Esteranhydride auf der Basis von Dicarbonsäuren wie Adipinsäure und Monocarbonsäuren wie Ölsäure, Ricinolsäure oder Maleinsäure-Ölsäureanhydrid" für den Fachmann nicht eindeutig sei, da der Ester, seine Herstellung und die Alkoholkomponente nicht offenbart würden. Der Hauptantrag vom 27. März 2006 sei zurückzuweisen, da die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG).

In Vorbereitung der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2013 hat der erkennende Senat mit Zwischenbescheid vom 24. Juni 2013 noch die Druckschrift

(D4) EP 0 218 175 A2 in das Verfahren eingeführt, welche der Patentinhaberin bereits aus dem Verfahren vor dem Europäischen Patentamt bekannt war.

Der Vertreter der Einsprechenden beantragt in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2013 das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Der Vertreter der Patentinhaberin beantragt,

den Einspruch zurückzuweisen und das Patent mit den Ansprüchen 1 bis 2 gemäß Hauptantrag, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013,

hilfsweise mit den Ansprüchen 1 bis 2 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013,

hilfsweise mit den Ansprüchen 1 bis 2 gemäß Hilfsantrag 2, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013,

hilfsweise mit den Ansprüchen 1 bis 2 gemäß Hilfsantrag 3, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013,

hilfsweise mit den Ansprüchen 1 bis 2 gemäß Hilfsantrag 3a, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013,

hilfsweise mit den Ansprüchen 1 bis 2 gemäß Hilfsantrag 4, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013,

hilfsweise mit den Ansprüchen 1 bis 2 gemäß Hilfsantrag 4a, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013,

hilfsweise mit Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013,

hilfsweise mit Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5a, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013,

hilfsweise mit Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013,

hilfsweise mit Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6a, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013,

hilfsweise mit den Ansprüchen 1 bis 2 gemäß Hilfsantrag 7, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2013,

hilfsweise mit Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2013,

jeweils mit Beschreibung Seiten 1 bis 15 gemäß Patentschrift,

-6aufrecht zu erhalten. Die Patentansprüche 1 und 2 nach Hauptantrag lauten:

-7Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und ebenso unterscheiden sich die Patentansprüche 1 nach Hilfsanträgen 3a, 4a, 5a und 6a von den Patentansprüchen 1 nach den Hilfsanträgen 3, 4, 5 und 6 jeweils in der ab den „Esteranhydriden“ folgenden Merkmalsgruppe, welche dann lautet:

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet:

Der Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 2 ist im Wortlaut identisch mit demjenigen des Hauptantrags.

-8Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag in der Mengenangabe der Komponente (X) im externen Formtrennmittel wie folgt:

Im letzten Merkmal unterscheidet er sich wie folgt:

Der Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 2 ist im Wortlaut identisch mit demjenigen des Hauptantrags. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 in der einleitenden Merkmalsgruppe, welche lautet:

Der Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 4 lautet:

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 lautet:

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 in folgendem ergänzenden Zusatz: Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 unterscheidet sich in der Merkmalsgruppe b) des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 in der Mengenangabe zur Komponente (X) in der Isocyanatkomponente:

- 10 Der Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 7 lautet:

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 8 lautet:

Aus Sicht der Patentinhaberin ist das Streitpatent mit den Patentansprüchen gemäß Hauptantrag aufrechtzuerhalten und der Einspruch zurückzuweisen, da das Streitpatent einen patentfähigen Gegenstand betreffe.

Der Wortlaut der geltenden Patentansprüche lasse zwar offen, welcher Alkohol für die Veresterung der Anhydride verwendet werde, dies lasse jedoch nur erkennen, dass es auf den Alkohol nicht ankomme. Ferner sei dem Fachmann, einem gegebenenfalls promovierten Diplomchemiker bekannt, wie aus einem Alkohol und den im Anspruchswortlaut angegebenen Carbonsäuren Esteranhydride erzeugt werden können.

Die Druckschrift D1 bilde im Hinblick auf den beanspruchten Gegenstand den nächstliegenden Stand der Technik. Die objektive technische Aufgabe des Streitpatents sei es, das Eigenschaftsprofil von Polyurethanschäumen unmittelbar nach deren Herstellung zu verbessern. Dabei sollen die erzeugten Polyurethan(weich)schäume unmittelbar nach dem Entformen ein erheblich reduziertes Maß an möglicherweise gesundheitlich bedenklichen aromatischen Aminen vor allem in der Randzone aufweisen. Es sei eine im Streitpatent offenbarte Erkenntnis, dass sich bei der Herstellung der Polyurethanschaumstoffe die vorgenannten Verbindungen bereits bei der Herstellung gerade an der Oberfläche anreichern.

Dagegen betreffe die D1 die Verbesserung der Langzeitstabilität der Polyurethanschäume. Ein Fachmann habe insbesondere angesichts der auf S. 10, Z. 1 bis S. 12, Z. 2 genannten umfangreichen Liste organischer und anorganischer Säureanhydride, Polyanhydride und dergleichen keine Veranlassung gehabt, gerade die anspruchsgemäß ausgewählten Verbindungen zu nennen.

Die Druckschrift D2 weise vom beanspruchten Gegenstand weg, da die D2 auf dem die S. 4 und 5 überbrückenden Absatz explizit darauf hinweise, dass die Zugabe von „Fängern" für unerwünschte Substanzen, wie Amine, in geringerer Kon- zentration in die Matrix des Trennmittels wesentlich effektiver sei als die Zugabe zur Reaktionsmischung. Da auch die Vergleichsversuche der Patentinhaberin vom 17. März 2006 belegten, dass mit Maleinsäureanhydrid als kurzkettiges Anhydrid kein Schaum erzeugt werden könne, weise die D2 vom beanspruchten Gegenstand weg, welcher die anspruchsgemäßen langkettigen Anhydride in der Isocyanat-Komponente und gewünschtenfalls zusätzlich in dem externen Formtrennmittel einsetze.

Die Druckschrift D4 lasse offen, zu welcher Komponente die genannten Säuren oder Säureanhydride bei der Herstellung von Polyurethanen gegeben werden. Vielmehr würden sie vorzugsweise der sogenannten Komponente (A), der „Polyolkomponente“ zugegeben (vgl. D4: Sp. 16, Z. 16-29 i. V. m. Sp. 21, Z. 3-11). Dies sei auch verständlich, da der Fachmann wisse, dass Isocyanate mit Anhydriden zu Imiden reagieren, was durch den in der mündlichen Verhandlung überreichten Internetauszug belegt werde:

Die Chemie der Isocyanate. Internetseite, ohne Jahr. URL: http://www.bayercoll.com/bms/db-rsc/bms_rsc_cas.nsf/id/PortalDE_Die_ Chemie_der_Isocyanate [abgerufen am 02.07.2013]

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

1. Das Bundespatentgericht bleibt auch nach Wegfall des § 147 Abs. 3 PatG für die Entscheidung über die Einsprüche zuständig, die in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 eingelegt worden sind (BGH, GRUR 2007, 859 - Informationsübermittlungsverfahren I und BGH, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II, BGH, GRUR 2009, 184 - Ventilsteuerung).

2. Der rechtzeitig und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, denn es sind im Hinblick auf den druckschriftlich belegten Stand der Technik innerhalb der Einspruchsfrist die die Widerrufsgründe der mangelnden Patentfähigkeit nach § 21 Abs. 1 PatG rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen dargelegt worden, so dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen der geltend gemachten Widerrufsgründe ohne eigene Ermittlungen ziehen können (§ 59 Abs. 1 PatG).

3. Dem Antrag der Einsprechenden auf Widerruf des Patents ist stattzugeben, da das Verfahren zur Herstellung von Kunststoffformteilen aus Polyurethan bzw. die Verwendung der Komponente (X) gemäß Hauptantrag und der jeweiligen Hilfsanträge nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.

III.

1. Als zuständiger Fachmann ist ein Diplom-Chemiker zu sehen, welcher gegebenenfalls promoviert ist und aufgrund seiner Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung auch über fundierte Kenntnisse auf dem Gebiet der Werkstoffkunde verfügt, insbesondere über anwendungsorientierte Aspekte von Materialien, und zugleich mit den Problemen und Anforderungen solcher Werkstoffe vertraut ist.

2. Der verteidigte Patentanspruch 1 (Verfahrensanspruch) gliedert sich in seiner durch eine Zusammenschau von Hauptantrag und Hilfsanträgen festgelegten engsten Fassung in die folgenden Merkmale. Merkmale mit Änderungen zum Hauptantrag werden durch kursive und unterstrichene Merkmalsziffern gekennzeichnet. Die hochgestellte Ziffer kennzeichnet, ab welchem Hilfsantrag das entsprechende Merkmal eingeführt wird. Kursiv gestellte und ggf. durchgestrichene Wörter kennzeichnen die Änderungen gegenüber dem Hauptantrag.

1.14

1.1.1 1.1.24 Verfahren zur Herstellung Verringerung der Konzentration aromatischer Amine in der Randzone von Kunststoffformteilen aus Polyurethan bei deren Herstellung;

1.2 1.2.1 bei dem Verfahren wird die Form mit einem externen Formtrennmittel vorbehandelt; das Formtrennmittel enthält mindestens eine Komponente (X);

1.3 1.3.1 1.3.1.1 1.3.1.2 1.3.2 1.3.2.1

1.3.2.2 die Komponente (X) wird ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus: Anhydriden von Carbonsäuren, die zur Bildung der Anhydride verwendeten Carbonsäuren haben gleiche oder unterschiedliche Kohlenwasserstoffreste, mindestens einer der Kohlenwasserstoffreste hat 8 bis 40 Kohlenstoffatome; und Polyanhydriden von Carbonsäuren und Polycarbonsäuren, die zur Bildung der Polyanhydride verwendeten Carbonsäuren und Polycarbonsäuren haben gleiche oder unterschiedliche Kohlenwasserstoffreste, mindestens einer der Kohlenwasserstoffreste hat 8 bis 40 Kohlenstoffatome;

1.4

1.4.1 1.4.2 1.4.3 die Anhydride und Polyanhydride (von Merkmal 1.3.1 oder 1.3.2) sind ausgewählt aus der Gruppe von Ölsäureanhydrid, Stearinsäureanhydrid, Polyricinolsäureanhydrid,

1.4.4 1.4.5 1.4.6 1.4.7 1.4.8 1.4.9 1.4.10 1.4.11 1.4.12 1.4.13 Stearinsäureanhydrid, Adipinsäure-Ölsaure-Anhydrid, Ölsäureessigsäureanhydrid, Adipinsäure-ricinolsäurepolyanhydridester, Oleylacetylanhydrid, OleyIformylanhydrid, Oleylbenzoylanhydrid, Acetylstearinsäureanhydrid, Essigsäuremontanoylanhydrid, Essigsäure(r)icinolsäureanhydrid-acetylester,

Merkmalsgruppe Hauptantrag sowie Hilfsanträge 3, 4, 5, 6, 7 und 8

1.4.14 Esteranhydride auf der Basis von

1.4.14.1 Dicarbonsäu(r)en,

1.4.14.1.1 wie Adipinsäure, und

1.4.14.2 Monocarbonsäuren,

1.4.14.2.1 wie Ölsäure,

1.4.14.2.3 Ricinolsäure

1.4.14.2.3 oder Maleinsäure-Ölsäureanhydrid; Merkmalsgruppe Hilfsanträge 1, 3a, 4a, 5a und 6a

1.4.14 Esteranhydride auf der Basis von

1.4.14.1 Dicarbonsäu(r)en, 1.4.14.1.1a wie Adipinsäure, und

1.4.14.2 1.4.14.2.1a 1.4.14.2.3a 1.4.14.2.3a Monocarbonsäuren, wie Ölsäure, Ricinolsäure oder Maleinsäure-Ölsäureanhydrid;

1.5 1.5.1 in die vorbehandelte Form werden die zur Bildung des Formteils benötigte Menge an Reaktionskomponenten und Hilfsund Zusatzstoffen eingebracht, wobei die Isocyanatkomponente mindestens eine der vorgenannten Komponente (X) enthält;

1.6 das Formteil wird gebildet;

1.7 das gebildete Formteil wird anschließend aus der Form entnommen;

1.8 1.8.12 1.8.27

1.8.3

1.8.4 die Menge der mindestens einen vorgenannten Komponente (X) ist im Formtrennmittel 10 bis 100 Gew.-%; in der Isocyanatkomponente (Merkmal 1.5.1) 1 bis 10 Gew.%; wobei die Isocyanatkomponente mindestens eine Komponente (X) enthält [Merkmal ab Hilfsantrag 2 gestrichen] oder wobei die Isocyanatkomponente und das externe Formtrennmittel mindestens eine Komponente (X) enthalten.

3. Der verteidigte Patentanspruch 2 (Verwendungsanspruch) gliedert sich in die folgenden Merkmale, wobei die Bedeutung der kursiven bzw. unterstrichenen Schrift identisch zum Patentanspruch 1 ist. In den Hilfsanträgen 5, 5a, 6, 6a und 8 wird die Definition der Komponente (X) unter Merkmal 2.1.1 in den Verwendungsanspruch integriert (Merkmale 1.3 bis 1.4.14.2.3 und 1.8 bis 1.8.27). Dabei wird unter Streichung des Verfahrensanspruchs der Verwendungsanspruch zum alleinigen Hauptanspruch.

2.1 2.1.1 Verwendung der Komponente (X) wie in Patentanspruch 1 definiert;

2.2.17 2.2.27

2.34

2.3.1 2.3.24 sowohl als Teil eines externen Formtrennmittels und zugleich als Zusatz zur Isocyanatkomponente zur Verringerung der Konzentration aromatischer Amine in der Randzone bei der Herstellung von Kunststoffformteilen aus Polyurethan bei deren Herstellung.

4. Die in den beiden folgenden Abschnitten 5 und 6 genannten Mängel sind in der mündlichen Verhandlung nicht vertieft behandelt worden. Der erkennende Senat möchte dennoch auf sie hinweisen.

5. Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag unterscheidet sich vom erteilten Patentanspruch 1 des Streitpatents in der zusätzlichen Merkmalsgruppe 1.4. Die Merkmale 1.4.1 bis 1.4.14.2.3 sind ursprünglich in Abs. [0021] des Streitpatents wörtlich offenbart.

a) Jedoch wird das Merkmal 1.4 der „Anhydride und Polyanhydride“ dort nicht genannt. Es heißt nur, dass die erfindungsgemäß eingesetzten Zusatzmittel (gemeint ist nach Absatz [0019] die „Komponente (X)“) z.B. ausgewählt sind aus den Verbindungen der Merkmale 1.4.1 bis 1.4.14.2.3.

b) Durch die geltende Formulierung des Merkmals 1.4 könnte der Fachmann die Liste der Merkmale 1.4.1 bis 1.4.14.2.3 auch als einen „Baukasten“ verstehen, um daraus Anhydride und Polyanhydride (Mehrzahl!) aufzubauen. Sollten aber aus- schließlich ganz konkrete Verbindungen darunter verstanden werden müssen, ist fraglich, warum dann z.B. als einziges Polyanhydrid nur Adipinsäure-ricinolsäurepolyanhydridester benannt ist oder warum Ölsäureessigsäureanhydrid (1.4.6) und Oleylacetylanhydrid (1.4.8) zugleich aufgelistet werden, obwohl sie üblicherweise die gleiche Verbindung bezeichnen (ein Anhydrid aus Ölsäure und Essigsäure).

6. Die Merkmalsgruppe 1.4.14 bis 1.4.14.2 versteht der erkennende Senat zunächst so, dass die Esteranhydride aus der Reaktion von einer Monocarbonsäure mit einer Dicarbonsäure gebildet werden, wobei die verbleibende freie Säuregruppe der Dicarbonsäure mit einem beliebigen Alkohol verestert wird.

Insbesondere durch die Worte „auf der Basis von“ kann aber das „und“ in Merkmal 1.4.14.1 auch im Sinne von „oder“ verstanden werden, so dass es sich um eine Auflistung von Säuren zur Bildung von Esteranhydriden handeln würde, wobei jeweils nur ein Ausgangsstoff genannt wird. Diese Interpretation liegt wohl der in den Hilfsanträgen 1, 3a, 4a, 5a und 6a vorgenommenen Einschränkung dieser Merkmalsgruppe zugrunde. In diesem Fall ist die Herstellung der Esteranhydride zwar ohne Weiteres erklärbar in Bezug auf Dicarbonsäuren, da nach deren Anhydridbildung eine der (beiden) verbleibenden freien Carboxyl-Gruppen mit einem Alkohol verestert werden kann. Bei der Monocarbonsäure Ricinolsäure könnte die Hydroxyl-Gruppe verestert werden. Bei Maleinsäure-Ölsäureanhydrid wird eine freie Carboxyl-Gruppe der Maleinsäure verestert. Was jedoch bei dem Ölsäureanhydrid verestert werden soll, erschließt sich nicht unmittelbar. Dies wiederum regt den Fachmann an, auch unter dem Merkmal 1.4.1 nicht ausschließlich ein Anhydrid aus zwei Ölsäuremolekülen zu vermuten, sondern möglicherweise ein Anhydrid aus einem Ölsäuremolekül mit einer beliebigen (nicht näher spezifizierten) anderen Carbonsäure, welche im Falle der Esteranhydride eine geeignete funktionelle Gruppe zu ihrer Veresterung aufweist.

Im Ergebnis hat dies aber keinen Einfluss auf die von der Einsprechenden behauptete mangelnde Ausführbarkeit der Erfindung in Bezug auf die beanspruchten

„Esteranhydride“, auch wenn die Anmeldung keine Alkohole offenbart, mit denen die Anhydride verestert werden.

Unter Esteranhydriden (und ggf. weiteren genannten Anhydriden) kann der Fachmann vielmehr wie oben dargelegt eine Vielzahl von Verbindungen subsumieren. Damit sind die genannten Merkmale lediglich breit auslegbar, was durch den genannten Stand der Technik zu berücksichtigen ist.

7. Die obigen Mängel und ihre Bedeutung in Bezug auf die ursprüngliche Offenbarung können jedoch dahingestellt bleiben, da, selbst wenn alle Merkmale der Patentansprüche 1 und 2 ursprünglich offenbart oder die genannten Mängel beseitigt worden wären, der Gegenstand der Patentansprüche nach Hauptantrag und allen Hilfsanträgen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, wie in Abschnitt V. dargelegt.

8. Die Merkmale 2.2.1 und 2.2.2 können in der Fassung des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1, 2, 2a, 3, 3a, 4, 4a, 5, 5a, 6 und 6a dahingehend ausgelegt werden, dass die Komponente (X) entweder dem Formtrennmittel oder der Isocyanatkomponente zugesetzt wird. Das „und“ in Merkmal 2.2.2 kann nämlich als Konjunktion bei der Aufzählung von Elementen einer Liste gelesen werden.

Auch diese Auslegung kann aber dahingestellt bleiben, da der erkennende Senat in der Beurteilung der Patentfähigkeit der Anträge immer von der mittels den Hilfsanträgen 7 und 8 in den Merkmalen 2.2.17 und 2.2.27 präzisierten Fassung ausgegangen ist.

9. Die übrigen Merkmale 1.14, 1.1.24, 2.34 und 2.3.24 sind ursprünglich offenbart und stellen eine Einschränkung des erteilten Patentgegenstandes dar (vgl. Streitpatent z. B. [0001], [0012], [0018]). Sie sind damit unbestritten zulässig. Es bestehen auch keine Einwände gegen die Einschränkung der Bereichsangaben entsprechend der Merkmale 1.8.12 und 1.8.27, da durch Grenzwerte definierte Men- genbereiche von Komponenten grundsätzlich sämtliche innerhalb der angegebenen Grenzen mögliche Variationen umfassen.

IV.

1. Die Aufgabe besteht nach den Angaben des Streitpatents darin, den Gehalt an Aminkomponenten, insbesondere in der Randzone von Kunststoffformteilen vor allem bei deren Herstellung, möglichst vollständig zu reduzieren, ohne die mechanischen/physikalischen Eigenschaften der Formteile negativ zu beeinflussen (Streitpatent [0012]).

Insofern die Patentinhaberin in Abgrenzung zur D1 geltend macht, dass es bei dem Streitpatent nicht darum ginge, die Langzeitstabilität der Polyurethanschäume, sondern ausschließlich deren Eigenschaftsprofil unmittelbar nach der Herstellung zu verbessern, kann der Senat diesem nicht beitreten, da auch das Streitpatent die Konzentration aromatischer Amine sowohl bei der Herstellung als auch nach der Lagerung berücksichtigt (vgl. Streitpatent [0018], letzter Satz, [0055], Fußnoten a und b). Auch kann dem von der Patentinhaberin vorgetragenen Argument nicht gefolgt werden, es sei eine zum ersten Mal im Streitpatent offenbarte Erkenntnis, dass sich bei der Herstellung der Polyurethanschaumstoffe die vorgenannten Verbindungen bereits bei der Herstellung gerade an der Oberfläche anreichern, also dort, wo der Verbraucher am ehesten mit diesen in Kontakt kommt, da bereits die D2 diese Problematik explizit anspricht (D2: S. 4, Z. 20-23).

2. Die Aufgabe der Druckschrift D1 ist es, bei der Herstellung von Produkten aus Polyurethansystemen (Polyisocyanat-Polyadditionsreaktion) Mischungen zu verwenden, die die Produkte gegenüber Alterungsprozessen, insbesondere gegen Hydrolyse, stabiler machen. Auch soll ein Stabilisator entwickelt werden, der es ermöglicht, die Hydrolyse bei Polyetherurethanen zurückzudrängen und damit auch zu verhindern, dass aromatische Amine freigesetzt werden (D1: S. 3, Z. 36-

// Merkmal 1.1.1). Dabei wurde gefunden, dass die bei der Herstellung verwendeten aminischen Katalysatoren nicht nur die Bildung von Urethangruppen beschleunigen, sondern nach erfolgter Polyadditionsreaktion auch und verstärkt deren Spaltung katalysieren (D1: S. 4, Z. 1-14). Diese Spaltung äußert sich in der Bildung von primären aromatischen oder aliphatischen Aminen (S. 1, Z. 42-47).

Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin ist die beschriebene Wirkung der Säureanhydride in der D1 nicht auf die Blockierung der aminischen Katalysatoren beschränkt (D1: S. 4, Z. 29-35). Vielmehr reagieren die Säureanhydride mit Aminen allgemein (D1: S. 4, Z. 33-38), also auch mit den durch die Rückspaltung der Urethangruppe (trotz Blockierung der aminischen Katalysatoren) durch Hydrolyse gebildeten primären aromatischen oder aliphatischen Aminen. Die Diffusion von Aminen wird allgemein dadurch verhindert (S. 4, Z. 40-44).

Die Produkte der D1 können z. B. in einem Formwerkzeug hergestellt werden (D1: S. 14, Z. 1-5 // Teilmerkmal 1.14). Die Merkmale 1.5, 1.6 und 1.7 ergeben sich dann für einen Fachmann zwangsläufig.

Die erfindungsgemäße Mischung der D1 enthält mindestens ein Isocyanat und darin bevorzugt ein Carbonsäureanhydrid (D1: S. 1, Z. 7-14 // Merkmal 1.5.1). Es können auch Polyanhydride eingesetzt werden (D1: S. 10, Z. 1-14), wobei unter Polyanhydriden explizit Anhydride aus Carbonsäuren mit mindestens zwei Carboxylgruppen oder polymere Anhydride auf der Basis von Polycarbonsäuren verstanden werden. Die Verbindungen weisen üblicherweise ein Molekulargewicht von 60 bis 1.000.000 g/mol auf. Unter den auf S. 10, Z. 14 bis S. 11, Z. 17 aufgelisteten Anhydriden werden eine Vielzahl von Anhydriden genannt, deren aromatischer oder aliphatischer Kohlenwasserstoffrest zwischen 8 und 40 Kohlenstoffatomen aufweist (z. B. Octansäureanhydrid, Dodecandionsäureanhydrid, Dodecenylbernsteinsäureanhydrid). Unter anderem wird auf S. 11, Z. 12-13 auch Poly(ethylen-co-acrylsäurebutylester-co-maleinsäure-dianhydrid) genannt. Diese Verbindung ist ein Esteranhydrid auf der Basis einer Dicarbonsäure (Maleinsäure)

und einer Monocarbonsäure (Acrylsäure) und fällt damit unter die Merkmale 1.4.14.1 und 1.4.14.2. Es werden also Anhydride und Polyanhydride von Carbonsäuren verwendet, deren Kohlenwasserstoffreste auch im Bereich von 8 bis 40 Kohlenstoffatomen liegen. Die Merkmale 1.3 und 1.3.1 bis 1.3.2.2 sind damit verwirklicht.

Durch den Zusatz dieses Anhydrids zur Isocyanatkomponente wird automatisch der mit den Merkmalen 1.14 und 1.1.24 beschriebene Effekt erreicht. Auch zeigt die D1 mit der Zugabe eines Anhydrids zur Isocyanatkomponente, dass nicht unabwendbar, wie von der Patentinhaberin angenommen, eine Reaktion des Anhydrids mit dem Isocyanat zu einem Imid erfolgt.

Die Anhydride werden der Mischung, also der Isocyanatkomponente (Merkmal 1.8.3) in einer Menge von 0,01 bis 20 Gew.-% zugegeben (D1: S. 12, Z. 7-9), was im Bereich des Merkmals 1.8.27 liegt.

Damit sind lediglich die Merkmale 1.2 und 1.2.1 (die Form wird mit einem externen Formtrennmittel vorbehandelt), die Merkmale 1.8.12 und 1.8.4 (das Anhydrid ist in der Isocyanatkomponente und im Formtrennmittel) sowie die speziellen Anhydride der Merkmale 1.4 bis 1.4.13 durch die D1 nicht verwirklicht.

Was die Vorbehandlung der Form mit einem externen Formtrennmittel anbelangt, so handelt es sich hierbei um eine fachübliche Vorgehensweise. Hierzu sei auch beispielhaft auf die D3, S. 107-108, Abschnitt 3.4.9 „Trennmittel“ verwiesen.

3. Die Druckschrift D2 beschreibt ein Trennmittel für die Herstellung von Kunststoffformteilen (D2: S. 1, Abs. 1, Patentanspruch 2 // Merkmale 1.2, 1.5, 1.6, 1.7). Dieses Trennmittel soll eine gegenüber aromatischen Aminen reaktive Verbindung („Fänger“) enthalten, da sich diese gesundheitsschädlichen aromatischen Amine insbesondere in der Randzone von Polyisocyanat-Polyadditionsprodukten bilden. Es lassen sich dadurch die im Vergleich zum Kern hohen Konzentrationen an aromatischen Aminen in der Haut sowohl direkt nach der Herstellung wie auch nach Lagerung deutlich verringern. (D2: S. 4, Z. 10-23 i. V. m. S. 3, Z. 7-18 // Merkmale 1.1.1, 1.14, 1.1.24 sowie 2.1, 2.34, 2.3.1, 2.3.24).

Als geeignete „Fänger“ werden auch Anhydride oder Polyanhydride vorgeschlagen (D2: S. 7, Z. 16-S. 8, Z. 2 // Merkmale 1.2.1, 1.3.1 und 1.3.2). Die Carbonsäureanhydride weisen üblicherweise ein Molekulargewicht von 60 bis 1.000.000 g/mol auf. Unter anderem werden explizit Anhydride benannt, deren Kohlenwasserstoffrest im Bereich der Merkmale 1.3.1.2 und 1.3.2.2 liegt (S. 7, Z. 16 bis S. 8, Z. 2; z.B. n-Octylenbernsteinsäureanhydrid // Merkmale 1.3.1.1 und 1.3.2.1 sind zwangsläufig verwirklicht). Als geeignetes Anhydrid wird auch wieder Poly-(ethylen-co-acrylsäurebutylester-comaleinsäure-anhydrid) genannt (D2: S. 8, Z. 1-2 // Merkmale 1.4.14.1 und 1.4.14.2).

Die Anhydride werden dem Trennmittel in einer Menge von 0,0001 Gew.-% bis 20 Gew.-% zugegeben (D2: S. 9, Z. 28-31 // Merkmal 1.8.12).

Die Anhydride werden aber nur dem Trennmittel zugesetzt, wodurch die Merkmale 1.5.1, 1.8.3 und 1.8.4 durch die D2 nicht ausdrücklich vorbeschrieben sind. Dabei wird festgestellt, dass der Einbau des „Fängers" in geringer Konzentration in die inerte Matrix des Trennmittels wesentlich effektiver wirkt als bei Zusatz zur Reaktionsmischung des herzustellenden Kunststoffformteils. In einigen Fällen könne eine „Fängerwirkung" bei Zugabe zur Reaktionsmischung gar nicht beobachtet werden (D2: S. 4, 25 bis S. 5, Z. 2). Dieser Absatz wird den Fachmann aber nicht, wie von der Patentinhaberin angenommen, zwingend davon abhalten, Anhydride der Reaktionsmischung zuzugeben. Vielmehr erkennt er dadurch, dass gegebenenfalls eine geeignete Auswahl zu treffen ist, wenn er vor die Aufgabe gestellt wird ein langzeitstabiles Produkt herzustellen, welches überdies nach der Herstellung keine gesundheitsschädlichen Amine auf der Oberfläche aufweist.

4. Die Druckschrift D4 beschreibt ein inneres Trennmittel bei der Herstellung von Formkörpern, insbesondere Polyurethan-Polyharnstoff-Formkörpern, nach dem Polyisocyanat-Polyadditionverfahren (D4: Sp. 3, Z. 26-30 i. V. m. Sp. 4, Z. 6-29 // Teilmerkmale 1.14, 1.1.1 und 1.1.24; die Merkmale 1.5, 1.6 und 1.7 ergeben sich u.a. aus Patentanspruch 1 der D4).

Entsprechend der Beispiele der D4 wird das Formwerkzeug immer einmalig mit einem Trennwachs versiegelt (D4: Sp. 22, Z. 1-4). Damit ist auch Merkmal 1.2 aus der D4 vorbekannt.

Die Aufgabe der D4 besteht darin ein inneres Trennmittel zu entwickeln, welches gegenüber den herkömmlichen Trennmitteln eine wesentliche Verbesserung der selbstrennenden Eigenschaften aufweist, insbesondere wenn für die Reaktion zum Polyurethansystem hochmolekulare Polyisocyanate, Polyole und reaktive Dibzw. Polyamine eingesetzt werden (D4: Sp. 2, Z. 47 bis Sp. 3, Z. 4 i. V. m. Sp. 1, Z. 1-15).

Als inneres Trennmittel werden Mischungen verwendet, die Mono- und/oder Dicarbonsäuren oder deren Anhydride enthalten (D4: Sp. 16, Z. 13-15 // Merkmale 1.3.1 und 1.3.2). Als Monocarbonsäuren zur Bildung der Anhydride können unter anderem Stearinsäure, Ricinolsäure und Ölsäure verwendet werden (D4: Sp. 15, Z. 52-58 // Merkmale 1.4.2 und 1.4.1). Nach Unteranspruch 9 werden aliphatische Monocarbonsäuren mit 1 bis 20 Kohlenstoffatomen, aliphatische Dicarbonsäuren mit 2 bis 36 Kohlenstoffatomen und aromatische Mono- und Dicarbonsäuren mit 7 bis 12 Kohlenstoffatomen verwendet. Die Anhydride werden in die Aufbaukomponenten A (Polyolkomponente) oder B (Isocyanatkomponente) gegeben, bevorzugt in die Komponente A (D4: Sp. 16, Z. 16-29 i. V. m. Sp. 21, Z. 3-54). Damit ist Merkmal 1.8.3 zumindest aus der D4 bekannt, wenn es auch nicht bevorzugt wird. Die Mengenangaben liegen im Bereich des Streitpatents (D4: Sp. 4, Z. 1-5 // Merkmal 1.8.27).

V.

1. Die Gegenstände der Patentansprüche nach Hauptantrag und Hilfsanträgen beruhen gegenüber den Druckschriften D1 und D2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

a) Die Druckschrift D1 lehrt, dass Säureanhydride den Herstellungsprozess nahezu unbeschadet überstehen (D1: S. 5, Z. 1-8) und so die Produkte gegenüber Alterungsprozessen stabilisieren. Diese Alterungsprozesse bestehen insbesondere in einer Hydrolyse der Urethan-Bindung. Die Anhydride verhindern sowohl die Wirkung der Aminkatalysatoren als auch die schädliche Wirkung freigesetzter Amine durch Hydrolyse der Urethanbindung. Dabei reagieren die Anhydride mit den Aminen zu Amiden (D1: S. 1, Z. 31-47, S. 3, Z. 36-42, S. 4, Z. 29-44).

Die Druckschrift D2 lehrt ausdrücklich, dass im Falle von Polyurethanweichformschaumstoffen direkt nach der Herstellung, aber auch bei der Lagerung die Konzentration gesundheitsschädlicher Amine in der Randzone der Produkte effektiv verhindert wird, indem man dem externen Trennmittel „Aminfänger“ zusetzt (D2: S. 3, Z. 26-31 i. V. m. S. 4, Z. 10-23). Diese „Aminfänger“ sind entsprechend der D2 Derivate von Carbonsäuren, wie Ester, Amide oder Anhydride.

Ein Fachmann, der ausgehend von der D1 vor die objektive Aufgabe gestellt ist, ein langzeitstabiles Produkt herzustellen, welches überdies nach der Herstellung keine gesundheitsschädlichen Amine auf der Oberfläche aufweist, hätte ohne weiteres Carbonsäureanhydride sowohl in die Isocyanatkomponente als auch unter Rückgriff auf die Lehre der D2 in das externe Trennmittel gegeben, weil er dadurch beide Effekte gleichzeitig erreicht. Ein – von der Patentinhaberin implizit geltend gemachter – synergistischer Effekt wäre dann automatisch eingetreten und hätte den Fachmann nicht überraschen können.

Damit ist durch die Zusammenschau der Druckschriften D1 und D2 auch das Merkmal 1.8.4 in Verbindung mit den Merkmalen 1.2 und 1.2.1 mit 1.8.12 sowie mit den Merkmalen 1.5.1 mit 1.8.27 aus dem Stand der Technik bekannt.

b) Die Auswahl der speziellen Anhydride nach den Merkmalen 1.4.1 bis 1.4.14.2.3 bzw 1.4.14.2.3a liegt dann, wie im Folgenden dargelegt, im Belieben des Fachmanns und kann die weitere erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

Das Streitpatent offenbart ursprünglich den Einsatz einer beliebigen Auswahl von Anhydriden und Polyanhydriden von Carbonsäuren mit Kohlenwasserstoffresten mit 8 bis 40 Kohlenstoffatomen, unter anderem auch auf der Basis von Kohlensäure oder Pyrokohlensäure (Streitpatent [0022] // vgl. auch D2: S. 8, Z. 4-9), um den erfindungsgemäßen Effekt der Reduzierung von Aminen in der Randzone von Kunststoffformteilen aus Polyurethan bei deren Herstellung zu erreichen.

Die durch Rückgriff auf Abs. [0021] des Streitpatents ausgewählten Anhydride stellen aber eine willkürliche Auswahl einer Gruppe von mindestens 14 verschiedenen Anhydriden dar. Aus der gesamten ursprünglichen Anmeldung war nicht erkennbar, dass es sich bei diesen Anhydriden um besonders bevorzugte Anhydride aus der umfassenden Gruppe von Anhydriden mit Kohlenwasserstoffresten von 8 bis 40 Kohlenstoffatomen gehandelt hat.

Der Einsatz von Anhydriden, welche in die Gruppe der Merkmale 1.3.1 bis 1.3.2.2 fallen, ist aber bereits aus dem Stand der Technik speziell zur Verringerung der Konzentration aromatischer Amine (D1: S. 1, Z. 42-47 i. V. m. S. 10, Z. 13 bis S. 11, Z. 17; D2: S. 4, Z. 10-23 i. V. m. S. 7, Z. 16 bis S. 8, Z. 2 // z.B. n-Octylenbernsteinsäureanhydrid, n-Dodicylen-bernsteinsäureanhydrid) und allgemein bei inneren Formtrennmitteln (D4: Sp. 15, Z. 33 bis Sp. 16, Z. 15 // z.B. Stearinsäure, Ricinolsäure, Ölsäure und deren Anhydride) bekannt.

Ein Fachmann konnte zum Zeitpunkt der Anmeldung des Streitpatents in Kenntnis des vorliegenden Standes der Technik nicht erkennen, dass in der streitpatentgemäßen beispielhaften Auswahl von Anhydriden entsprechend der Merkmale 1.4.1 bis 1.4.14.2.3 bzw 1.4.14.2.3a die erfinderische Tätigkeit liegen muss, da die Anhydride des Abs. [0021] ausdrücklich als lediglich beispielhaft genannt und dadurch nicht als besonders bevorzugt offenbart sind. Zudem ist nicht erkennbar, dass sie sich von den in der D1, D2 oder D4 genannten Anhydriden, welche im Umfeld der Herstellung von Kunststoffformteilen aus Polyurethan Verwendung finden, in ihrer Auswahl unterscheiden.

Gesteht man nun aber dem Fachmann im Streitpatent die Auswahl der Anhydride des Abs. [0021] zu, muss man ihm auch die Auswahl beliebiger bekannter Anhydride aus z.B. der D1, D2 oder D4 zugestehen, so dass die mit den Merkmalen 1.4.1 bis 1.4.14.2.3 bzw 1.4.14.2.3a genannte Auswahl im Ergebnis im Belieben des Fachmanns liegt.

c) An dieser Beurteilung ändern auch die von der Patentinhaberin mit Schriftsätzen vom 27. März 2006 und 6. Juni 2013 vorgelegten Vergleichsversuche nichts. Mit Schriftsatz vom 17. März 2006 werden die Anhydride Maleinsäureanhydrid, Bernsteinsäureanhydrid und Ölsäureanhydrid miteinander verglichen, mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013 die Anhydride Phthalsäureanhydrid und Phthalsäure. Um sich mit dem vorliegenden Stand der Technik zu vergleichen, wäre vielmehr ein Vergleich mit den Anhydriden mit 8 bis 40 Kohlenstoffatomen des Standes der Technik erforderlich gewesen, z. B. n-Dodicylen-bernsteinsäureanhydrid. Dies ist aber nicht geschehen.

Selbst wenn dieser Vergleich aber einen überraschenden Effekt von beispielweise Ölsäureanhydrid (Merkmal 1.4.1) gegenüber n-Dodicylen-bernsteinsäureanhydrid aufgezeigt hätte, hätte dieser die erfinderische Tätigkeit nicht belegen können. Hierzu hätte es einer ursprünglichen Offenbarung eines solchen im Übrigen von der Patentinhaberin nicht behaupteten besonderen Effektes bedurft.

So kann es auch entgegen den Ausführungen des Vertreters der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung mit Bezug auf die Vergleichsversuche vom 17. März 2006 dahingestellt bleiben, wie gut sich die Anhydride dieser Vergleichsversuche in der Isocyanatkomponente lösen. Wie bereits die D1 auf S. 12, Z. 4-5 lehrt, sind im Allgemeinen Anhydride bevorzugt, die sich in der Isocyanatkomponente gut lösen. Dies mögen, je nach Isocyanatkomponente, (auch) Anhydride mit einer größeren Anzahl an Kohlenstoffatomen im Kohlenwasserstoffrest sein.

Insofern die Patentinhaberin geltend macht, dass sich mit Maleinsäureanhydrid kein Schaum erzeugen ließe, sei darauf hingewiesen, dass die Herstellungsbedingungen der Vergleichsversuche nicht unmittelbar auf diejenigen des Standes der Technik übertragbar sind.

d) Die Gegenstände der Patentansprüche des Hauptantrags und aller Hilfsanträge beruhen daher gegenüber der D1 und D2 in Verbindung mit den Kenntnissen und der Auswahlentscheidung des Fachmanns nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

e) Dabei kann es dahingestellt sein, ob mit dem Esteranhydrid Poly-(ethylen-coacrylsäurebutylester-comaleinsäure-anhydrid) der D1 und D2 (D1: S. 11, Z. 12-13 // D2: S. 8, Z. 1-2) nicht bereits die Merkmalsgruppe 1.4.14 bis 1.4.14.2.3 ohne diese oben genannte Auswahlentscheidung des Fachmanns schon nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Auch kann es dahingestellt bleiben, ob die Merkmalsgruppe 1.4.14 bis 1.4.14.2.3a nach Hilfsanträgen 1, 3a, 4a, 5a und 6a über die ursprüngliche Offenbarung hinausgeht.

2. Die Gegenstände der Patentansprüche von Hauptantrag und Hilfsanträgen beruhen aber auch in Zusammenschau der Dokumente D4 mit D2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ein Fachmann, der ausgehend von der D4 die Aufgabe hat, die bekannt gesundheitsschädlichen Amine auf der Oberfläche von Formteilen nach deren Herstellung zu verringern, wäre auf die D2 aufmerksam geworden, da die D2 sich ausdrücklich mit dieser Problematik beschäftigt (D2: S. 4, Z. 10-23). Er hätte dabei ohne weiteres erkannt, dass die internen Formtrennmittel der D4 in Form ihrer Anhydride auch als „Aminfänger“ in externen Formtrennmitteln wirken, so dass er im Ergebnis sowohl der Isocyanatkomponente als auch dem externen Formtrennmittel Anhydride zugegeben hätte. Diese Anhydride hätte der Fachmann dann aus den in Sp. 15, Z. 52 bis Sp. 16, Z. 15 der D4 angegebenen Säuren ausgewählt.

Das Argument des Vertreters der Patentinhaberin, dass in der D4 vorzugsweise das innere Formtrennmittel, enthaltend Anhydrid, der Polyolkomponente (Komponente A) zugegeben werde – infolgedessen weniger bevorzugt der Isocyanatkomponente –, vermag den erkennenden Senat nicht zu überzeugen (vgl. D4: Sp. 16, Z. 16-29). Weder nennt die D4 einen Nachteil, wenn man das Anhydrid in die Isocyanatkomponente geben würde, noch bezeichnet es das Streitpatent als besonders vorteilhaft, das Anhydrid in die Isocyanatkomponente zu geben. Damit steht auch diese Wahl im Belieben des Fachmanns und kann die erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

Feuerlein Kortbein Lange Wismeth prö

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