5 StR 548/24
BUNDESGERICHTSHOF StR 548/24 BESCHLUSS vom 4. Juni 2025 in der Strafsache gegen
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wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2025:040625B5STR548.24.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Juni 2025 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 sowie entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten K.
gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 19. Januar 2024 wird a) das Verfahren im Fall 13 der Urteilsgründe eingestellt; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last; b) das Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte K.
schuldig ist der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen und der vorsätzlichen Geldwäsche in zwei Fällen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten K.
sowie die Revisionen der übrigen Angeklagten gegen das vorbenannte Urteil werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:
- den Angeklagten D. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten;
- den Angeklagten R. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren und drei Monaten;
- den Angeklagten N. Dü. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von dreizehn Jahren und zehn Monaten;
- den Angeklagten N. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten;
- den Angeklagten De. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünfzehn Jahren;
- den Angeklagten S.
Dü. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten;
- den Angeklagten K.
wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen und wegen vorsätzlicher Geldwäsche in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten.
Zudem hat das Landgericht Einziehungsentscheidungen getroffen. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren auf die Sachrüge und Verfahrensbeanstandungen gestützten Revisionen. Nach einer den Angeklagten K. betreffenden Teileinstellung des Verfahrens erweisen sich diese im Übrigen als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Senat hat auf Antrag des Generalbundesanwalts das Verfahren aus prozessökonomischen Gründen im Fall 13 der Urteilsgründe eingestellt, in dem der Angeklagte K.
wegen einer Vereinbarung über den Bezug von zum gewinnbringenden Absatz bestimmten 15 kg Marihuana vor Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) verurteilt worden ist. Dies führt insoweit zum Wegfall des Schuldspruchs und zum Entfallen der dafür verhängten Einzelstrafe.
Der Wegfall einer der beiden niedrigsten Einzelstrafen (ein Jahr und drei Monate) lässt die Gesamtstrafe (sechs Jahre und drei Monate) unberührt. Angesichts der verbleibenden neun Einzelstrafen (darunter die Einsatzstrafe von drei Jahren und neun Monaten, zwei Einzelstrafen über jeweils mehr als drei Jahre und zwei weitere über jeweils mehr als zwei Jahre) kann der Senat ausschließen,
dass das Landgericht ohne die entfallene Strafe auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Eine Einziehungsanordnung ist insoweit nicht ergangen.
2. Im Übrigen bleibt den Rechtsmitteln aus den vom Generalbundesanwalt genannten Gründen der Erfolg versagt. Der ergänzenden Erörterung bedarf nur Folgendes:
6 a) Die Verfahrensrügen der Angeklagten D. , N. , S.
und N. Dü. , mit denen sie jeweils eine Verletzung des § 91g IRG durch die Verwertung von EncroChat-Daten geltend machen, sind auch deshalb nicht zulässig erhoben, weil mit der Stoßrichtung des mit der Revisionsbegründung behaupteten Verfahrensfehlers – unterlassene Hinwirkung der deutschen Ermittlungsbehörden auf eine Beendigung der Maßnahme trotz Unterrichtung durch die französischen Behörden – in der Hauptverhandlung kein Verwertungswiderspruch erhoben worden ist. Dort war insoweit nur beanstandet worden, dass die französischen Behörden die nach § 91g Abs. 6 IRG, Art. 31 Abs. 1 RL-EEA erforderlichen Unterrichtungen deutscher Behörden unterlassen hätten. Der nunmehr mit der Revision geltend gemachte Verfahrensverstoß war nicht Gegenstand eines Verwertungswiderspruchs in der Hauptverhandlung; die Beschwerdeführer sind folglich mit ihren dahingehenden Rügen präkludiert (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2025 – 5 StR 450/24 Rn. 4).
7 b) Die Verfahrensrügen der Angeklagten D. , N. , S.
und N. Dü. , mit denen sie jeweils den willkürlichen Abbruch der Vernehmung eines von der Verteidigung vorgeladenen und erschienenen Sachverständigen beanstanden, sind unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechen. Die Revisionen legen die in dem nach § 245 Abs. 2 Satz 1 StPO gestellten Beweisantrag und in seiner Erweiterung durch die Verteidigung des Angeklagten N. jeweils in Bezug genommenen Datenlieferungsberichte des Bundeskriminalamts nicht vor, die den Untersuchungsgegenstand des Sachverständigen maßgeblich bestimmen sollten. Auf dieser Grundlage kann der Senat schon die Zulässigkeit der von der Revision vorgelegten Fragen, die ihr durch die Entlassung des Sachverständigen abgeschnitten worden seien (vgl. zur dahingehenden Vortragspflicht LR/Becker, StPO, 27. Aufl., § 248 StPO Rn. 14; Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl., § 248 Rn. 4), nicht umfassend prüfen. Denn bei Beweismitteln, die auf der Grundlage eines Beweisantrags nach § 245 Abs. 2 Satz 1 StPO erhoben werden, bestimmen der Beweisantrag und – soweit dieser teilweise zurückgewiesen wurde – der Beweisbeschluss des Gerichts den Umfang der zulässigen Vernehmung; zu anderen Tatsachen muss der Sachverständige nicht angehört werden (vgl. LR/Becker, StPO, 27. Aufl., § 245 StPO Rn. 70; KK-StPO/Krehl, 9. Aufl., § 245 Rn. 34a; Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl., § 245 Rn. 29).
c) Die Rüge des Angeklagten N. , die Strafkammer habe durch ihre Behandlung seines Beweisantrags auf Einvernahme eines Sprachsachverständigen § 244 Abs. 3 StPO verletzt, ist unbegründet. Die Strafkammer hat die Beweiserhebung rechtsfehlerfrei nach § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 StPO abgelehnt und den unter Beweis gestellten objektiven Bedeutungsgehalt des in Rede stehenden albanischen Wortes ihrer Beweiswürdigung uneingeschränkt zugrunde gelegt. Sie hat hieraus lediglich nicht den von der Revision gewünschten Schluss gezogen und trotz des objektiven Bedeutungsgehalts eine hiervon abweichende subjektive Intention des Verfassers der Nachricht für möglich gehalten.
d) Zu den von dem Angeklagten De. erhobenen Verfahrensrügen bemerkt der Senat ergänzend, dass die Rüge der Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes durch Verhandlung in einem zu kleinen Saal auch deshalb unzulässig ist, weil die Revision falsch vorträgt. Entgegen der Revisionsbegründung blieben die Bedingungen keineswegs bis zur Urteilsverkündung unverändert. Wie die Staatsanwaltschaft in ihrer unwidersprochen gebliebenen Gegenerklärung darlegt, erhöhte sich die Zahl der eingelassenen Zuschauer im Laufe der Verhandlung nach Maßgabe der geltenden Infektionsschutzvorschriften.
Seine Rüge, die Strafkammer habe ihn in dem Recht auf effektive Verteidigung verletzt, indem sie ihm mit Blick auf haftgrundbezogene Beschränkungen seiner Untersuchungshaft nach § 119 Abs. 1 Satz 1 StPO ein unüberwachtes Zusammentreffen mit Mitangeklagten verwehrte, wäre auch unbegründet. Ein solches den rechtmäßig angeordneten Beschränkungen widersprechendes Treffen konnte der Angeklagte nicht beanspruchen.
e) Zur Revision des Angeklagten R. ist anzumerken, dass seine Verfahrensbeanstandung, mit der er den willkürlichen Abbruch der begonnenen Vernehmung eines von der Verteidigung vorgeladenen und erschienenen Sachverständigen geltend macht, schon deshalb unzulässig ist, weil sie kein Verfahrensgeschehen im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO bestimmt behauptet, sondern sich auf den Vortrag des Hauptverhandlungsprotokolls beschränkt (vgl. zur unzulässigen Protokollrüge BGH, Beschluss vom 8. August 2024 – 5 StR 322/24 mwN).
Keinen Erfolg hat auch die Beanstandung, die Strafkammer habe ohne ausreichende Beweisgrundlage strafschärfend darauf abgestellt, dass der Angeklagte eine zweite Chance nicht genutzt habe, die ihm sein Arbeitgeber mit der Beschäftigung in einer Vertrauensposition am Hafen trotz einschlägiger Vorstrafe gewährte. Wie sich aus der Beweiswürdigung zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten ergibt, hat die Strafkammer ihre Feststellungen zu den Umständen seiner Beschäftigung auf die zeugenschaftlichen Angaben seines Vorgesetzten gestützt.
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