7 W (pat) 304/11
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 304/11 Verkündet am 26. Oktober 2012 BESCHLUSS In der Einspruchssache betreffend das Patent 197 20 049 …
BPatG 154 05.11
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hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Ing. Univ. Höppler und die Richter Schwarz, Dipl.-Phys. Dipl.-Wirt.-Phys. Maile und Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Schwengelbeck beschlossen:
Das Patent 197 20 049 wird widerrufen.
Gründe I.
Das am 14. Mai 1997 angemeldete Patent 197 20 049 mit der Bezeichnung „Verfahren zur Steuerung eines motorischen Koordinatenmeßgerätes sowie Koordinatenmeßgerät zur Durchführung des Verfahrens“
wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G01B des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 30. August 2005 erteilt. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 19. Januar 2006.
Der Patentanspruch 1 lautet in der erteilten Fassung:
„1. Verfahren zur Steuerung eines motorischen Koordinatenmeßgerätes mit mehr als einem rotatorischen Freiheitsgrad mit folgenden Verfahrensschritten:
- eine allgemeine Bewegung eines Tastkopfes wird relativ zum Werkstück in eine translatorische und eine rotatorische Bewegung auf gespalten,
- die translatorische Bewegung und die rotatorische Bewegung des Tastkopfes werden durch geeignete Koordinaten beschrieben,
- Antriebe des Koordinatenmeßgerätes werden durch eine Steuerung des Koordinatenmeßgerätes entsprechend in den gewählten Koordinaten gegebenen oder in die gewählten Koordinaten umgerechneten Sollwerten angesteuert,
- eine Position und/oder eine Richtung rotatorischer Achsen wird/ werden unabhängig von den Antriebsachsen des Koordinatenmeßgerätes gewählt.“
Der erteilte nebengeordnete Anspruch 14 lautet:
„14. Koordinatenmeßgerät zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Koordinatenmeßgerät (1) ein Koordinatenmeßgerät in Hexapodbauweise, ein Koordinatenmeßgerät in Hexapodbauweise mit eingeschränkten Freiheitsgraden oder ein Koordinatenmeßgerät in Gelenkarmbauweise ist, und daß das Koordinatenmeßgerät (1) Bedienelemente für die Eingabe der Geschwindigkeitsparameter für die rotatorische Bewegung und für die Eingabe der Geschwindigkeitsparameter für die translatorische Bewegung aufweist, und daß die Bedienelemente umschaltbar ausgebildet sind.“
Der erteilte nebengeordnete Anspruch 15 lautet:
„15. Koordinatenmeßgerät zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Koordinatenmeßgerät (1) ein Koordinatenmeßgerät in Hexapodbauweise, ein Koordinatenmeßgerät in Hexapodbauweise mit eingeschränkten Freiheitsgraden oder ein Koordinatenmeßgerät in Gelenkarmbauweise ist, und daß das Koordinatenmeßgerät (1) Bedienelemente für die Eingabe der Geschwindigkeitsparameter für die rotatorische Bewegung aufweist, und daß weitere Bedienelemente für die Eingabe der Geschwindigkeitsparameter für die translatorische Bewegung vorgesehen sind.“
Wegen der erteilten Unteransprüche 2 bis 13 und 16 bis 20, die direkt oder indirekt auf den Patentanspruch 1 bzw. die Patentansprüche 14 und 15 rückbezogen sind, wird auf die Patentschrift verwiesen.
Gegen Patenterteilung hat die Einsprechende fristgerecht Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i.V.m. §§ 1-5 PatG wegen fehlender Patentfähigkeit, insbesondere fehlender Neuheit bzw. mangelnder erfinderischer Tätigkeit zu widerrufen. Darüber hinaus hat die Einsprechende in einem nachfolgenden Schriftsatz geltend gemacht, dass der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgehe, in der sie beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereicht worden ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Zur Stützung ihres Vorbringens hinsichtlich des Widerrufsgrunds der fehlenden Patentfähigkeit hat die Einsprechende u.a. auf folgende Druckschriften verwiesen:
D1: WO 95/14905 A1 und D2: NEUMANN, H. J.: CNC-Koordinatenmesstechnik, expert verlag, Ehringen bei Böblingen, 1988, S. 1-27.
Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2012 hat die Patentinhaberin eine beschränkte Aufrechterhaltung des Patents mit neuen geltenden Patentansprüchen 1 bis 18 beantragt und geltend gemacht, dass die D2 verspätet vorgebracht und daher nicht im Verfahren zuzulassen sei.
Zu der mündlichen Verhandlung am 26. Oktober 2012 ist die Patentinhaberin entsprechend vorheriger Ankündigung im Schriftsatz vom 12. Oktober 2012 nicht erschienen.
Die Einsprechende beantragt,
das Patent 197 20 049 zu widerrufen.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet (Merkmalsgliederung seitens des Senats eingefügt):
„1. Verfahren zur Steuerung eines motorischen Koordinatenmeßgerätes mit mehr als einem rotatorischen Freiheitsgrad mit folgenden Verfahrensschritten:
M1 - eine allgemeine Bewegung eines Tastkopfes wird relativ zum Werkstück in eine translatorische und eine rotatorische Bewegung aufgespalten,
M2 - die Aufspaltung ist unabhängig von den Antriebsachsen wählbar,
M3 - die translatorische Bewegung und die rotatorische Bewegung des Tastkopfes werden durch geeignete Koordinaten beschrieben,
M4 - Antriebe des Koordinatenmeßgerätes werden durch eine Steuerung des Koordinatenmeßgerätes entsprechend in den gewählten Koordinaten gegebenen oder in die gewählten Koordinaten umgerechneten Sollwerten angesteuert,
M5 - eine Position und/oder eine Richtung rotatorischer Achsen wird/werden unabhängig von den Antriebsachsen des Koordinatenmeßgerätes gewählt,
M6 - und die rotatorischen Achsen verlaufen durch den Mittelpunkt einer jeweils aktuellen Tastkugel (15) oder durch einen Referenzpunkt am Tastkopf (16) oder durch einen genäherten Antastpunkt oder durch einen Punkt auf einer Symmetrieachse des Werkstücks.“
Der geltende nebengeordnete Anspruch 14 lautet (Merkmalsgliederung seitens des Senats eingefügt):
„14. Koordinatenmeßgerät zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
N1 daß das Koordinatenmeßgerät (1) ein Koordinatenmeßgerät in Hexapodbauweise, ein Koordinatenmeßgerät in Hexapodbauweise mit eingeschränkten Freiheitsgraden oder ein Koordinatenmeßgerät in Gelenkarmbauweise ist, und N2 daß das Koordinatenmeßgerät (1) Bedienelemente für die Eingabe der Geschwindigkeitsparameter für die rotatorische Bewegung aufweist, und N3 daß weitere Bedienelemente für die Eingabe der Geschwindigkeitsparameter für die translatorische Bewegung vorgesehen sind, und N4 dass die Bedienelemente als Steuerhebel ausgebildet sind.“
Wegen des Wortlauts der geltenden Unteransprüche 2 bis 12, des nebengeordneten Anspruchs 13 sowie der Unteransprüche 15 bis 18 und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
A. Der Senat ist für die Entscheidung im vorliegenden Einspruchsverfahren auch nach der - mit Wirkung vom 1. Juli 2006 erfolgten - Aufhebung der Übergangsvorschriften des § 147 Abs. 3 PatG auf Grund des Grundsatzes der "perpetuatio fori" gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO analog i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG zuständig (vgl. BGH GRUR 2009, 184, 185 - Ventilsteuerung; GRUR 2007, 862 f. – Informationsübermittlungsverfahren II).
B. Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Das Patent ist nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i.V.m. §§ 1 und 4 PatG zu widerrufen, weil die Vorrichtung des geltenden nebengeordneten Anspruchs 14 unter Berücksichtigung der Druckschrift D1 und unter Anwendung einer fachüblichen Maßnahme, wie sie bspw. im Fachbuch D2 dokumentiert ist, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns beruht, der vorliegend als ein Diplom-Physiker mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Koordinatenmesstechnik anzusehen ist. Die Fragen der Zulässigkeit des Anspruchs sowie der Neuheit des verteidigten Anspruchsgegenstands können damit dahinstehen (vgl. BGH, GRUR 1991, 120, 121 li. Sp. Abs. 3 - Elastische Bandage).
Die Druckschrift D2 ist dabei entgegen der Ansicht der Patentinhaberin zu berücksichtigen. Denn nach § 87 PatG erforscht das Patentgericht den Sachverhalt von Amts wegen, so dass die Verspätungsvorschriften, die allein für Tatsachen gelten, die nicht der Amtsermittlung, sondern der Dispositionsmaxime unterliegen, hier nicht anwendbar sind. Im Übrigen dient die Druckschrift D2, wie nachfolgend ersichtlich, hier lediglich als Beleg fachmännischen Wissens.
1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Steuerung eines motorischen Koordinatenmessgerätes sowie ein Koordinatenmessgerät zur Durchführung des Verfahrens (Patentschrift, Abs. [0001]).
Gemäß der Beschreibungseinleitung des Streitpatents sind Koordinatenmessgeräte bekannt, die mehr als die drei translatorischen Freiheitsgrade aufweisen, insbesondere solche in Gelenkarm- oder Hexapodbauweise. Besonders vorteilhaft ist eine Bauweise, die alle drei translatorischen und drei rotatorischen Freiheitsgrade für die Relativbewegung von Tastkopf und Werkstück zulässt (Patentschrift, Abs. [0006]). Hierbei tritt jedoch das Problem auf, dass, anders als bei einem konventionellen kartesischen Koordinatenmessgerät, auch für die Ausführung einer geometrisch einfachen Bewegung in der Regel eine gekoppelte Bewegung mehrerer Achsen stattfinden muss. Die Bedienung eines Koordinatenmessgerätes mit allen sechs Freiheitsgraden stellt daher besondere Anforderungen. Insbesondere erschwert die Verknüpfung von rotatorischen und translatorischen Bewegungen und das Fehlen erkennbarer rotatorischen Achsen die praktische Nutzung der rotatorischen Freiheitsgrade (Patentschrift, Abs. [0007]). Andere aus dem Stand der Technik bekannten Koordinatenmessgeräten haben den Nachteil, dass die Richtung der Antriebsachsen, insbesondere der rotatorischen Achsen nicht frei wählbar ist (Patentschrift, Abs. [0008] bis [0011]).
Dem Streitpatent liegt dementsprechend die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Steuerung eines Koordinatenmessgerätes mit mehr als einem rotatorischen Freiheitsgrad, vorzugsweise mit drei translatorischen und drei rotatorischen Freiheitsgraden anzugeben, das es gestattet, alle Freiheitsgrade vorteilhaft zur Lösung von Messaufgaben einzusetzen, wobei die Bedienung nicht mehr Unterschiede zu der Bedienung eines konventionellen Koordinatenmessgerätes aufweist als unbedingt notwendig. Insbesondere soll auch eine Betriebsart ermöglicht werden, die sich in der Bedienung von der eines konventionellen Koordinatenmessgerätes nicht unterscheidet. Darüber hinaus soll eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens angegeben werden (Patentschrift, Abs. [0012]).
2. Der Gegenstand des geltenden nebengeordneten Vorrichtungsanspruchs 14 beruht unter Berücksichtigung des Stands der Technik nach Druckschrift D1 i.V.m. dem fachmännischen Wissen (belegt durch Druckschrift D2) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.
Die Druckschrift D1 (vgl. u.a. den Text auf S. 1, Z. 5-14, sowie Fig. 1 und 2 mitsamt zugehörigem Text auf S. 4, vorletzter Abs., bis. S. 5, erster Abs.) offenbart ein Koordinatenmessgerät (coordinate measuring machine), welches mit sechs per Antriebsachsen verstellbaren Beinen (six powered extensible legs or rams 18)
ausgebildet ist und welches sechs frei wählbare, voneinander unabhängige Bewegungsmöglichkeiten bzw. Freiheitsgrade (six degrees of freedom of movement) für die Bewegung eines Tastkopfes (probe head 20) mittels der verstellbaren Beine aufweist, wobei die sechs Bewegungsmöglichkeiten mehrere rotatorische Freiheitsgrad umfassen (D1, S. 4, letzter Abs, und S. 5, erster Abs.: […] can also be […] rotated about any of the axes X, Y, Z). Eine gewünschte Bewegung wird dabei mittels einer Computersteuerung (computer control) und zugehörigen Algorithmen ausgeführt (D1, S. 5, erster Abs.: These […] movements may be performed under computer control, the computer being programmed with the necessary algorithms for controlling each individual ram 18 in the necessary manner to produce the desired type of movement). Das aus der Druckschrift D1 bekannte Koordinatenmessgerät stellt damit aufgrund seiner frei wählbaren, voneinander unabhängigen Bewegungsmöglichkeiten resp. Freiheitsgrade und der zugehörigen Computersteuerung ein universell betreibbares Koordinatenmessgerät dar, das bestimmungsgemäß durch den Einsatz entsprechender Algorithmen zur Ausführung von Verfahrensschritten geeignet ist, bei denen die Bewegungsmöglichkeiten des Tastkopfes mehr als einen rotatorischen Freiheitsgrad umfassen.
Das aus der Druckschrift D1 bekannte Koordinatenmessgerät basiert auf einer Hexapodmaschine (hexapod machine) zur Bewegung des Tastkopfes – folglich handelt es sich hier ebenfalls um ein Koordinatenmessgerät in Hexapodbauweise (D1, Abstract und S. 1, Z. 5-14, sowie die Figuren 1 bis 3 mitsamt zugehörigem Text auf S. 3, Z. 11-13, und S. 4, vorletzter Abs., bis S. 5, zweiter Abs. / Merkmal N1 in der ersten beanspruchten Alternative).
In der Druckschrift D1 wird zudem auf eine manuelle Bedienbarkeit des Gerätes hingewiesen (S. 4, vorletzter Abs.: manually operated machine). Da die vorstehend genannten rotatorischen und translatorischen Bewegungen des Tastkopfes zwangsläufig mit Geschwindigkeitsparametern – beispielsweise im Zusammenhang mit einem Start oder Stopp von rotatorischen und translatorischen Bewe- gungen bzw. der Änderung von Bewegungsrichtungen – verbunden sind, ist es für den Fachmann mit dem Hinweis auf eine manuelle Bedienbarkeit in der D1 naheliegend, Bedienelemente für die Eingabe von Geschwindigkeitsparametern für die rotatorische Bewegung auszubilden (Merkmal N2) und weitere Bedienelemente für die Eingabe von Geschwindigkeitsparametern für die translatorische Bewegung vorzusehen (Merkmal N3).
Mit dem aus der Druckschrift D1 bekannten Hexapod-Koordinatenmessgerät ist es dabei möglich, das Verfahren aus Anspruch 1 auszuführen. Insbesondere eignet sich das aus dem Stand der Technik bekannte Koordinatenmessgerät aufgrund seiner frei wählbaren und voneinander unabhängigen Bewegungsmöglichkeiten, allgemeine Bewegungen des Tastkopfes (probe head 20) relativ zu einem Werkstück (workpiece 40) mittels entsprechender Rechenschritte bzw. Algorithmen (necessary algorithms [...] to produce the desired type of movement) in translatorische und rotatorische Bewegungen (translational […] and rotational movements) aufzuspalten (D1, S. 5, erster Abs. i.V.m. Fig. 2 und dem zugehörigen Text auf S. 5, letzter Abs., und S. 6, erster Abs. / Merkmal M1). Die Aufspaltung ist aufgrund der freien Wahl der voneinander unabhängigen Bewegungsmöglichkeiten resp. Freiheitsgrade ebenfalls unabhängig von den Antriebsachsen des Koordinatenmessgeräts wählbar, wobei die translatorischen und die rotatorischen Bewegungen des Tastkopfes durch eine geeignete Koordinatenwahl und entsprechende Rechnungen/Koordinatentransformationen bzw. Algorithmen der Computersteuerung des Koordinantenmessgerätes beschrieben werden können (D1, S. 4. letzter Absatz, bis S. 5, erster Absatz, i.V.m. S. 5, letzter Absatz, und S. 6, erster Absatz / Merkmale M2 und M3). Die Antriebe des Koordinatenmessgerätes gemäß Druckschrift D1 sind dabei mittels geeigneter Algorithmen entsprechend in den in gewählten Koordinaten gegebenen Sollwerten – d.h. gewünschten Positionen des Tastkopfes – ansteuerbar (vgl. a.a.O. / Merkmal M4 in der ersten beanspruchten Alternative). Die frei wählbaren und voneinander unabhängigen Bewegungsmöglichkeiten des aus der D1 bekannten Koordinatenmessgeräts ermöglichen offensichtlich ebenfalls, dass eine Position rotatorischer Achsen unab- hängig von den Antriebsachsen des Koordinatenmessgerätes gewählt werden kann (Merkmal M5 in der ersten beanspruchten Alternative). Dadurch ist das aus der Druckschrift D1 bekannte Koordinatenmessgerät auch zur Durchführung von Verfahrensschritten geeignet, bei dem die rotatorischen Achsen durch den Mittelpunkt einer jeweils anzubringenden aktuellen Tastkugel, durch einen Referenzpunkt am Tastkopf, durch einen genäherten Antastpunkt oder durch einen Punkt auf einer Symmetrieachse des Werkstücks verlaufen (Merkmal M6). Somit ist das aus der Druckschrift D1 bekannte, per Computer gesteuerte Koordinatenmessgerät bestimmungsgemäß zur Durchführung der Verfahrensschritte geeignet, die in dem Verfahrensanspruch 1, auf den der geltende nebengeordnete Vorrichtungsanspruch 14 rückbezogen ist, genannt sind (Verwendungszweck).
Im Hinblick auf Bedienelemente für das Koordinatenmessgerät, welches translatorische und rotatorische Freiheitsgrade aufweist, finden sich in der D1 – außer dem vorstehend genannten Hinweis auf eine manuelle Bedienung – keine Angaben zu deren Ausgestaltung. Der Fachmann hat somit Veranlassung, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Bedienelemente für die manuelle Bedienung des Koordinatenmessgeräts ausgestaltet werden können. Es ist dabei fachüblich, Bedienelemente von Koordinatenmessgeräten mit einem bewegbaren Tastkopf als Steuerhebel auszubilden (vgl. bspw. das Fachbuch D2, S. 4 bis 20 und die Abbildungen 1.4, 1.8 und 1.19, wobei auf den letzteren beiden Abbildungen jeweils Bedienpulte mit zwei Steuerhebeln zur Bedienung eines Koordinatenmessgeräts (KMG) dargestellt sind). Für den Fachmann bedarf es somit keiner erfinderischen Tätigkeit, die Bedienelemente für die Bewegung des Tastkopfes eines Koordinatenmessgerätes, wie es aus der D1 bekannt ist, in fachüblicher Weise als Steuerhebel auszubilden (Merkmal N4).
Der Fachmann gelangt somit, ausgehend von der technischen Lehre der Druckschrift D1 zur Ausbildung eines computergesteuerten Koordinatenmessgerätes mit translatorischen und rotatorischen Freiheitsgraden, welches universell einsetzbar ist und bestimmungsgemäß zur Durchführung eines Verfahrens mit den Merk- malen des geltenden Anspruchs 1 geeignet ist, und unter Anwendung einer fachüblichen Maßnahme, nämlich die Bedienelemente eines Koordinatenmessgerätes als Steuerhebel auszubilden, in nahe liegender Weise zur Vorrichtung des geltenden nebengeordneten Anspruchs 14 in einer beanspruchten Alternative als Koordinatenmessgerät in Hexapodbauweise, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen.
3. Mit dem nicht patentfähigen Vorrichtungsanspruch 14 sind aufgrund der Antragsbindung auch die jeweils nebengeordneten Ansprüche 1 und 13 sowie die jeweiligen abhängig formulierten Ansprüche 2 bis 12 bzw. 15 bis 18 nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet war (vgl. BGH, GRUR 2007, 862 Leitsatz – Informationsübermittlungsverfahren II).
4. Bei vorliegender Sachlage war das Patent zu widerrufen.
Höppler Schwarz Maile Schwengelbeck Hu