Paragraphen in XIII ZB 51/23
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 84 | FamFG |
1 | 427 | FamFG |
1 | 3 | GNotKG |
1 | 36 | GNotKG |
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BUNDESGERICHTSHOF XIII ZB 51/23 BESCHLUSS vom 14. Januar 2025 in der Abschiebungshaftsache Nachschlagewerk: ja BGHZ:
nein BGHR:
ja JNEU:
nein GG Art. 19 Abs. 4; AufenthG § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Wird über die Beschwerde gegen eine rechtmäßig angeordnete Haft (vermeidbar) verzögert entschieden, führt das nicht zur Rechtswidrigkeit der Haft.
BGH, Beschluss vom 14. Januar 2025 - XIII ZB 51/23 - LG Krefeld AG Krefeld ECLI:DE:BGH:2025:140125BXIIIZB51.23.0 Der XIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2025 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kirchhoff, die Richterinnen Dr. Roloff, Dr. Picker und Dr. Holzinger sowie den Richter Dr. Kochendörfer beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 17. August 2023 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
Gründe:
I. Der Betroffene, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 1. Dezember 2010 nach Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Dieser wurde am 24. Januar 2011 als offensichtlich unbegründet abgelehnt und dem Betroffenen die Abschiebung angedroht. Die Abschiebungsandrohung ist seit dem 21. Februar 2011 vollziehbar. Nachdem ein Passersatzpapier ausgestellt und dem Betroffenen mitgeteilt wurde, dass die Abschiebung am 22. Dezember 2011 erfolgen solle, tauchte der Betroffene unter. Am 20. Juni 2023 erhielt die beteiligte Behörde Kenntnis darüber, dass er in der Landeserstaufnahmeeinrichtung ein Asylgesuch geäußert habe. Anlässlich einer Vorsprache am Folgetag bei der beteiligten Behörde gab er an, sich seit 2013 illegal in den Niederlanden und Italien aufgehalten zu haben, und durch Rechtsanwalt K vertreten zu sein, den er selber in Kenntnis setzen werde. Die beteiligte Behörde nahm den Betroffenen fest und informierte noch am gleichen Tag Rechtanwalt K vom Vorführungstermin am 22. Juni 2023. Dieser teilte mit, es bestehe derzeit kein Mandatsverhältnis. Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 22. Juni 2023 angehört und zuvor belehrt, dass er keine Angaben machen müsse; sodann hat es Abschiebungshaft bis zum 1. September 2023 angeordnet. Der Betroffene hat dagegen am 25. Juni 2023 Beschwerde eingelegt und Akteneinsicht in die Gerichts- und Ausländerakte beantragt. Sein Verfahrensbevollmächtigter hat die Ausländerakte erst am 31. Juli 2023 erhalten. Das Landgericht hat die Beschwerde am 17. August 2023 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter anderem ausgeführt, zwar könne sich ein Verfahrensfehler daraus ergeben, dass ein in der Abschiebungshaftsache zuvor zur Vertretung bestellter anwaltlicher Bevollmächtigter nicht vom Anhörungstermin verständigt werde. Das Amtsgericht sei aber nicht gehalten gewesen, den Betroffenen generell über die Möglichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zu belehren. Im Übrigen habe das Amtsgericht geklärt, ob der Betroffene einen Anwalt habe oder haben wolle. Verstöße gegen den Beschleunigungsgrundsatz seien nicht erkennbar; das Verfahren sei mit der gebotenen Beschleunigung betrieben worden. Zuzugeben sei dem Betroffenen zwar, dass der Versand der Akte an seinen Verfahrensbevollmächtigten einen nicht vertretbaren Zeitraum in Anspruch genommen habe. Eine Rechtsverletzung liege aber nicht vor, weil eine frühzeitige Einsicht und Beschwerdebegründung nicht zur vorzeitigen Entlassung des Betroffenen geführt hätte.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Das Amtsgericht hat nicht gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen.
aa) Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert jedem Betroffenen das Recht, sich in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der Anhörung hinzuzuziehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2014 - V ZB 32/14, InfAuslR 2014, 442 Rn. 8; vom 12. November 2019 - XIII ZB 34/19, juris Rn. 7; vom 6. Oktober 2020 - XIII ZB 21/19, juris Rn. 14). Erfährt oder weiß das Gericht, dass der Betroffene einen Rechtsanwalt hat, muss es dafür Sorge tragen, dass dieser von dem Termin in Kenntnis gesetzt und ihm die Teilnahme an der Anhörung ermöglicht wird; gegebenenfalls ist unter einstweiliger Anordnung einer nur kurzen Haft nach § 427 FamFG ein neuer Termin zu bestimmen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2018 - V ZB 69/18, InfAuslR 2019, 152 Rn. 5; vom 7. April 2020 - XIII ZB 84/19, juris Rn. 9 f.; vom 15. Dezember 2020 - XIII ZB 28/20, juris Rn. 16). Vereitelt das Gericht durch seine Verfahrensgestaltung eine Teilnahme des Bevollmächtigten an der Anhörung, führt dies ohne Weiteres zur Rechtswidrigkeit der Haft; es kommt in diesem Fall nicht darauf an, ob die Anordnung der Haft auf diesem Fehler beruht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. April 2017 - V ZB 59/16, InfAuslR 2017, 292 Rn. 7; vom 12. November 2019 - XIII ZB 34/19, juris Rn. 7).
bb) Diesen Anforderungen hat die Verfahrensweise des Amtsgerichts entsprochen. Es hat in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 4. August 2023 ausgeführt, schon die beteiligte Behörde kläre regelmäßig, ob der Betroffene einen Rechtsanwalt habe oder haben wolle, damit dieser informiert und geladen werden könne. Das ist ausweislich der Ausländerakte auch geschehen. Der Betroffene hatte bei seiner Vorsprache vor der beteiligten Behörde mitgeteilt, er sei anwaltlich vertreten und werde seinen Rechtsanwalt selbst in Kenntnis setzen. Davon, dass der Rechtsanwalt, der gleichwohl vorsorglich und im Einklang mit den obigen Maßgaben von der Behörde vom Anhörungstermin informiert worden war, seine Mandatierung verneint hatte, erhielt der Betroffene entgegen der Behauptung der Rechtsbeschwerde bei seiner Anhörung vor dem Amtsgericht durch Verlesung des Haftantrags Kenntnis. Der Haftantrag, in dem die beteiligte Behörde auf die Verneinung der Mandatierung hingewiesen hat, ist dem Betroffenen ausweislich des Protokolls übersetzt und übergeben worden. Nachdem der Betroffene folglich wusste, dass er sich eines anwaltlichen Beistands bedienen konnte und sich der von ihm benannte Rechtsanwalt als nicht mandatiert ansah, hätte es ihm oblegen, dem Gericht mitzuteilen, dass er einen (anderen) Rechtsanwalt hinzuziehen wolle (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 26. Januar 2021 - XIII ZB 14/20, juris Rn. 16; vom 28. Februar 2023 - XIII ZB 70/21, juris Rn. 12 f.). Es lag daher kein Fall vor, bei dem aufgrund einer Äußerung des Betroffenen in der Anhörung, er wolle einen Rechtsanwalt beauftragen, unklar geblieben ist, ob der Betroffene einen Anwalt zur Anhörung oder erst danach hinzuziehen wollte (BGH, Beschluss vom 22. Februar 2022 - XIII ZB 74/20, InfAuslR 2022, 331 Rn. 14; vom 22. März 2022 - XIII ZB 1/21, juris Rn. 11; vom 25. April 2022 - XIII ZB 34/21, juris Rn. 6 f.).
b) Die Haft kann auch nicht durch die Verzögerungen bei der Akteneinsicht rechtswidrig geworden sein. Zwar kann die überlange Dauer eines Beschwerdeverfahrens gegen die Anordnung von Sicherungshaft die von der Haft betroffene Person in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzen (BGH, Beschluss vom 9. April 2024 - XIII ZB 7/22, juris Rn. 7, 8). Das rechtfertigt indes - anders als eine Verzögerung der Abschiebung durch die Behörde für sich genommen nicht die Aufhebung einer rechtmäßig angeordneten Haft (st. Rspr., BVerfG, Beschluss vom 21. September 2023 - 2 BvR 825/23, NJW 2023, 3487, 3488 Rn. 24 mwN; BGH, Beschlüsse vom 22. Februar 2018 - AK 4/18, juris Rn. 63; vom 18. Mai 2022 - 3 StR 181/21, NStZ 2023, 168, 169 Rn. 39 mwN). Das für die Behörde mit Blick auf die Abschiebung geltende Beschleunigungsgebot dient dazu, den Vollzug der Haft auf einen möglichst kurzen Zeitraum zu beschränken. Verletzt die Behörde ihre Pflicht zur Beschleunigung, darf die Haft daher aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht weiter aufrechterhalten werden (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 2024 - XIII ZB 36/21, juris Rn. 9 mwN). Das ist indes nicht übertragbar auf (vermeidbare) Verzögerungen im gerichtlichen Verfahren. Wird über die Beschwerde gegen eine - wie hier rechtmäßig angeordnete Haft verzögert entschieden, führt das - anders als bei einer (vermeidbar) verspäteten Abschiebung - für sich genommen schon nicht zu einer vermeidbar längeren Haftdauer und damit nicht zur Rechtswidrigkeit der Haft. War das Beschwerdegericht daher nicht verpflichtet, die Haft wegen der von ihm erkannten Verzögerung aufzuheben, besteht auch kein Raum für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft nach Ablauf des Haftzeitraums.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.
Kirchhoff Holzinger Roloff Kochendörfer Picker Vorinstanzen: AG Krefeld, Entscheidung vom 22.06.2023 - 29 XIV(B) 82/23 LG Krefeld, Entscheidung vom 17.08.2023 - 7 T 102/23 -
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