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I ZR 243/24

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES I ZR 243/24 Nachschlagewerk: BGHZ: BGHR: JNEU:

ja nein ja nein URTEIL vom 17. Juli 2025 in dem Rechtsstreit Wegfall der Sachbefugnis UWG § 8 Abs. 3 Nr. 2, § 15a Abs. 1; ZPO § 767 a) Die Vollstreckung aus einem Unterlassungstitel kann im Verfahren nach § 767 ZPO für unzulässig erklärt werden, wenn durch eine Gesetzesänderung die Sachbefugnis eines bestimmten Gläubigers entfällt (Anschluss an BGH, Urteil vom 26. September 1996 - I ZR 265/95, BGHZ 133, 316 [juris Rn. 33] - Altunterwerfung I; Urteil vom 26. September 1996 - I ZR 194/95, BGHZ 133, 331 [juris Rn. 37] - Altunterwerfung II; Urteil vom 25. Februar 1999 - I ZR 4/97, GRUR 1999, 762 [juris Rn. 17] = WRP 1999, 845 - Herabgesetzte Schlußverkaufspreise).

b) Die Überleitungsvorschrift des § 15a Abs. 1 UWG regelt allein die zeitlich beschränkt fortbestehende Klagebefugnis und Anspruchsberechtigung von Wirtschaftsverbänden für die Verfolgung von Ansprüchen aus § 8 Abs. 1 UWG im Erkenntnisverfahren bis zur Beendigung bereits anhängiger Rechtsstreitigkeiten. Die Vorschrift trifft weder zum Zwangsvollstreckungsverfahren (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2023 - I ZB 42/23, GRUR 2024, 486 [juris Rn. 20] = WRP 2024, 490) noch zur Vollstreckungsabwehrklage eine Regelung.

BGH, Urteil vom 17. Juli 2025 - I ZR 243/24 - OLG Düsseldorf LG Krefeld ECLI:DE:BGH:2025:170725UIZR243.24.0 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2025 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Feddersen sowie die Richterinnen Pohl, Dr. Schmaltz und Wille für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. November 2024 aufgehoben. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Krefeld vom 10. Juli 2024 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittel.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Klägerin ist ein Unternehmen aus dem Bereich des Tierfachhandels. Der Beklagte ist ein eingetragener Verein, dessen Vereinszweck ausweislich der Satzung die umfassende Förderung insbesondere der rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen deutscher Online-Unternehmer und Online-Freiberufler zum Inhalt hat. Der Beklagte ist (bislang) nicht in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände gemäß § 8b UWG eingetragen. Er hat einen Eintragungsantrag gestellt, der durch das Bundesamt für Justiz noch nicht beschieden ist.

Die Klägerin ist auf die Klage des Beklagten durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Krefeld vom 4. November 2020 wegen Verstößen gegen die Preisangabenverordnung zur Unterlassung verurteilt worden. Am 19. April 2024 hat der Beklagte einen Ordnungsmittelantrag gestellt.

Die Klägerin hat Vollstreckungsabwehrklage erhoben mit der Begründung, der Beklagte sei nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs mangels Eintragung in die vom Bundesamt für Justiz geführte Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nicht mehr anspruchsberechtigt. Sie hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - beantragt,

die Vollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Krefeld vom 4. November 2020 (11 O 80/19) für unzulässig zu erklären, solange der Kläger nicht in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände des Bundesamts für Justiz nach § 8b UWG eingetragen ist.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

A. Das Berufungsgericht hat die Vollstreckungsabwehrklage für zulässig, aber unbegründet erachtet und dazu im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei zulässig. Die Antragsbefugnis im Sinn des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG betreffe nicht allein eine prozessrechtliche Frage, sondern auch die materiell-rechtliche Anspruchsinhaberschaft. Dementsprechend habe der Bundesgerichtshof in früheren Fällen, in denen Verbände ihre Klagebefugnis verloren hätten, eine Vollstreckungsabwehrklage zugelassen. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Die Aktivlegitimation des Beklagten für vor dem 1. Dezember 2021 rechtskräftig ergangene Unterlassungstitel ("Alttitel") sei nicht entfallen. Der Übergangsvorschrift des § 15a Abs. 1 UWG lasse sich entnehmen, dass der spätere Wegfall der Aktivlegitimation eines Verbands mangels Eintragung nicht dazu führe, dass davon auch "Alttitel" betroffen seien.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (dazu B I). Die Klage ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts begründet. Die Klägerin kann der Vollstreckbarkeit des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Krefeld die aufgrund der Änderung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG entfallene Sachbefugnis des Beklagten entgegenhalten (dazu B II).

I. Die Vollstreckungsabwehrklage ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.

1. Nach § 767 Abs. 1 ZPO sind Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, vom Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs geltend zu machen. Voraussetzung für die Statthaftigkeit der Klage ist ein materiell-rechtlicher Einwand gegen den festgestellten Anspruch; verfahrensrechtliche Einwände können mit der Vollstreckungsabwehrklage nicht geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2012 - V ZR 55/11, NJW 2012, 1207 [juris Rn. 6]).

2. Die Klägerin erhebt mit dem behaupteten Wegfall der Sachbefugnis des Beklagten aufgrund der Neufassung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und seiner bislang fehlenden Eintragung in die Liste gemäß § 8b UWG einen solchen materiellrechtlichen Einwand gegen den titulierten Unterlassungsanspruch.

a) Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in der bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung (UWG aF) stehen die Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen zu, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt.

Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in der seit dem 1. Dezember 2021 geltenden Fassung (Art. 9 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs, BGBl. I 2020 S. 2568) stehen die Ansprüche denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen zu, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b UWG eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt.

Nach § 8b Abs. 1 UWG führt das Bundesamt für Justiz eine Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände und veröffentlicht sie in der jeweils aktuellen Fassung auf seiner Internetseite. Ein rechtsfähiger Verband, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, gewerbliche oder selbstständige berufliche Interessen zu verfolgen und zu fördern sowie zu Fragen des lauteren Wettbewerbs zu beraten und zu informieren, wird nach § 8b Abs. 2 UWG auf seinen Antrag in die Liste eingetragen, wenn er die dort genannten Voraussetzungen erfüllt.

b) Die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG regelt neben der Prozessführungsbefugnis auch die materielle Anspruchsberechtigung der qualifizierten Wirtschaftsverbände für Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 UWG (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2005 - I ZR 146/02, GRUR 2005, 689 [juris Rn. 14] = WRP 2005, 1007 - Sammelmitgliedschaft III).

3. Ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für die Vollstreckungsabwehrklage ist gegeben, weil ein Vollstreckungstitel vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 230/15, NJW 2017, 674 [juris Rn. 7]; Urteil vom 29. September 2022 - I ZR 180/21, NJW-RR 2023, 66 [juris Rn. 11], jeweils mwN; BeckOK.ZPO/Preuß, 56. Edition [Stand 1. März 2025], § 767 Rn. 32; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 22. Aufl., § 767 Rn. 18). Überdies hat der Beklagte mit seinem Ordnungsmittelantrag Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet.

II. Die Vollstreckungsabwehrklage ist auch begründet. Die Klägerin kann der Vollstreckbarkeit des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Krefeld vom 4. November 2020 mit Erfolg die aufgrund der Änderung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und der (bislang) fehlenden Listeneintragung entfallene Sachbefugnis des Beklagten entgegenhalten.

1. Die Vollstreckungsabwehrklage des § 767 ZPO dient dem Ausgleich der Formalisierung des Zwangsvollstreckungsverfahrens, in dem der Vollstreckungstitel der maßgebliche Ausgangspunkt ist und keine Möglichkeit besteht, den Bestand des titulierten Anspruchs zu überprüfen (vgl. Saenger/Kindl, ZPO, 10. Aufl., § 767 Rn. 1; Lackmann in Musielak/Voit aaO § 767 Rn. 1). Die Klage nach § 767 ZPO ist ein Erkenntnisverfahren außerhalb des Vollstreckungsverfahrens (vgl. Raebel/Thole in Schuschke/Walker/Kessen/Thole, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 8. Aufl., § 767 ZPO Rn. 1), in dem unter den Voraussetzungen des § 767 Abs. 2 ZPO Veränderungen der materiell-rechtlichen Beurteilung des dem Titel zugrundeliegenden Anspruchs geltend gemacht werden können. Dabei zielt

§ 767 ZPO nicht auf eine Durchbrechung der materiellen Rechtskraft des angegriffenen Titels, die auch bei einem Erfolg der Vollstreckungsabwehrklage unberührt bleibt, sondern auf die vollständige, teil- oder zeitweise Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Titels durch rechtsgestaltendes Urteil (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 1995 - XII ZR 220/94, NJW 1995, 3318 [juris Rn. 9]; Beschluss vom 19. Februar 2009 - V ZB 188/08, NJW 2009, 1282 [juris Rn. 11]; Saenger/ Kindl aaO § 767 Rn. 1; MünchKomm.ZPO/Schmidt/Brinkmann, 7. Aufl., § 767 Rn. 1).

2. Zu den Einwendungen, die eine Vollstreckungsabwehrklage gegen einen in der Hauptsache titulierten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch begründen können, gehören entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung grundsätzlich auch - wie hier - Gesetzesänderungen.

a) Eine nachträgliche Gesetzesänderung kann die Vollstreckungsabwehrklage jedenfalls dann begründen, wenn der in Rede stehende Vollstreckungstitel nicht lediglich auf eine einmalige Leistung, etwa auf Zahlung eines bestimmten Betrags, sondern auf wiederkehrende Leistungen gerichtet ist. Ein solcher Titel, namentlich ein Unterlassungstitel, wirkt in die Zukunft und kann in dieser Wirkung von einer späteren Gesetzesänderung betroffen sein. Die Vollstreckung aus einem Unterlassungstitel kann deshalb für unzulässig erklärt werden, wenn das dem Titel zugrundeliegende Verbot durch eine Gesetzesänderung weggefallen ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1996 - I ZR 265/95, BGHZ 133, 316 [juris Rn. 33] - Altunterwerfung I; Urteil vom 26. September 1996 - I ZR 194/95, BGHZ 133, 331 [juris Rn. 37] - Altunterwerfung II; Urteil vom 2. Juli 2009 - I ZR 146/07, BGHZ 181, 373 [juris Rn. 18] - Mescher weis; Ahrens/Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 9. Aufl., Kap. 36 Rn. 19; Büscher in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl., § 322 Rn. 187). Entsprechendes gilt, wenn durch die Änderung zwar nicht das Verbot, aber die Sachbefugnis eines bestimmten Gläubigers entfällt (BGHZ 133,

[juris Rn. 33] - Altunterwerfung I; BGHZ 133, 331 [juris Rn. 37] - Altunterwerfung II; BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - I ZR 4/97, GRUR 1999, 762 [juris Rn. 17] = WRP 1999, 845 - Herabgesetzte Schlußverkaufspreise; Mellulis in Festschrift Piper, 1996, S. 375, 377; Büscher in Wieczorek/Schütze aaO § 322 Rn. 187; Engel, NJW 1995, 2185, 2186; Borck, WRP 2000, 9, 14; aA Ahrens/ Ahrens aaO Kap. 36 Rn. 20; in Abgrenzung dazu für das formalisierte Zwangsvollstreckungsverfahren vgl. BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2023 - I ZB 42/23, GRUR 2024, 486 [juris Rn. 21 bis 23] = WRP 2024, 490).

b) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ergibt sich aus den Senatsentscheidungen "Altunterwerfung IV" (Urteil vom 6. Juli 2000 - I ZR 243/97, GRUR 2001, 85 = WRP 2000, 1404) und "fishtailparka" (Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 210/12, GRUR 2014, 797 = WRP 2014, 948) nichts Abweichendes.

aa) Der Entscheidung "Altunterwerfung IV" lag zugrunde, dass die Klagebefugnis der klagenden Mitbewerberinnen durch die Änderung der gesetzlichen Regelung - anders als die Klagebefugnis des klagenden Verbands im Streitfall nicht entfallen, sondern lediglich beschränkt worden war (nämlich auf die Befugnis, gegen Mitbewerber auf demselben Markt vorzugehen, vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 1. August 1994, BGBl. I S. 1738). Zudem änderte diese Beschränkung nichts daran, dass auch der Wettbewerbsverstoß eines auf demselben, regional beschränkten Markt tätigen Mitbewerbers einen bundesweiten Unterlassungsanspruch begründete (vgl. BGH, GRUR 2001, 85 [juris Rn. 20] - Altunterwerfung IV, mwN).

bb) Die Entscheidung "fishtailparka" betraf allein die Frage, ob der dem vertraglich vereinbarten Verbot zugrundeliegende gesetzliche Unterlassungsanspruch weggefallen war (vgl. BGH, GRUR 2014, 797 [juris Rn. 24 f.]). Zum hier relevanten Problem, dass durch die Änderung zwar nicht das Verbot, aber die Sachbefugnis eines bestimmten Gläubigers entfallen ist, verhält sich die Entscheidung nicht.

3. Danach kann die Klägerin die durch die Änderung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und die bislang fehlende Eintragung in die Liste nach § 8b UWG (derzeit) weggefallene Sachbefugnis des Beklagten erfolgreich mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend machen.

a) Der Beklagte ist (bislang) nicht in die Liste nach § 8b Abs. 1 UWG eingetragen. Ihm steht damit (derzeit) keine materielle Anspruchsberechtigung für einen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG zu.

b) Die Überleitungsvorschrift des § 15a Abs. 1 UWG, nach der § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nicht auf Verfahren anzuwenden ist, die am 1. September 2021 bereits rechtshängig sind, führt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sowie der vom Beklagten in der Berufungsbegründung zitierten Entscheidungen nicht dazu, dass die Sachbefugnis des Beklagten im Verfahren nach § 767 ZPO nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF zu beurteilen wäre.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Gesetzgeber habe in § 15a Abs. 1 UWG für laufende Verfahren insoweit eine Ausnahme vorgesehen, als nach früherem Recht klagebefugte und aktivlegitimierte Verbände bis zum 1. September 2021 rechtshängig gemachte Unterlassungsklagen hätten fortsetzen können. Auch wenn diese Regelung von der Erwartung getragen gewesen sein möge, Verbände, die ihre Tätigkeit fortsetzen wollten, könnten bis zu diesem Termin eine Eintragung erlangen, habe der Gesetzgeber keinen Endtermin für die Eintragung gesetzt. Es komme damit nicht darauf an, wann der rechtzeitig begonnene Unterlassungsprozess ende. Damit komme § 15a Abs. 1 UWG auch dem Verband zugute, der von vornherein keinen Eintragungsantrag gestellt habe oder dessen Antrag zurückgewiesen worden sei. Der Gesetzgeber habe mit der Regelung klargestellt, dass auch nach Rechtskraft der Entscheidung eine Vollstreckungsabwehrklage ausscheide. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass er dem - nicht mehr klagebefugten - Verband zwar die Möglichkeit zuspreche, einen Unterlassungstitel zu erlangen, ihm das Erlangte aber sofort wieder durch eine Vollstreckungsabwehrklage nehme. Auch wenn für vor dem Inkrafttreten der Neuregelung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG am 1. Dezember 2021 rechtskräftig ergangene Unterlassungstitel damit unmittelbar nichts gesagt sei, gebe es keine Gründe, diese Titel anders zu behandeln als in Übergangsfällen ergangene Unterlassungstitel. Die Gefahr, dass aus "Alttiteln" "in alle Ewigkeit" vollstreckt werden könne, obwohl der Kläger aufgrund geänderter Rechtslage nicht mehr aktivlegitimiert sei, habe der Gesetzgeber mangels eines "Enddatums" hingenommen. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

bb) Nach dem Wortlaut des § 15a Abs. 1 UWG zur Anwendung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF in Übergangsfällen regelt die Vorschrift allein die zeitlich beschränkt fortbestehende Klagebefugnis und Anspruchsberechtigung für die Verfolgung von Ansprüchen aus § 8 Abs. 1 UWG im Erkenntnisverfahren bis zur Beendigung bereits anhängiger Rechtsstreitigkeiten (vgl. OLG Köln, WRP 2025, 811 [juris Rn. 36]). Die Vorschrift trifft weder zum Zwangsvollstreckungsverfahren (vgl. BGH, GRUR 2024, 486 [juris Rn. 20]) noch zur Vollstreckungsabwehrklage eine Regelung (vgl. OLG Köln, WRP 2025, 811 [juris Rn. 48]).

cc) Diese Auslegung wird durch den vom Gesetzgeber mit dem späteren Inkrafttreten des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG im Zusammenspiel mit der Überleitungsvorschrift des § 15a Abs. 1 UWG verfolgten Zweck bestätigt. Diese beiden Übergangsregelungen dienen allein dem Zweck, den Verbänden Zeit zu geben, die Eintragung in die Liste gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2, § 8b UWG zu erreichen. Eine spätere Vollstreckungsabwehrklage wird davon nicht erfasst.

(1) Aufgrund der Neuregelung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG mussten Wirtschaftsverbände, um ihre Klage- und Sachbefugnis zu erhalten, erstmals einen Antrag auf Eintragung in die vom Bundesamt für Justiz geführte Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände gemäß § 8b UWG stellen. Dem daraus resultierenden Umstellungsbedarf hat der Gesetzgeber in erster Linie dadurch Rechnung getragen, dass die Neuregelung erst am 1. Dezember 2021 und damit ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs in Kraft getreten ist (vgl. Art. 9 Abs. 2 Nr. 1). Den Wirtschaftsverbänden, die früher ohne Eintragung in eine Liste anspruchsberechtigt waren, sollte Zeit gegeben werden, den Antrag auf Eintragung zu stellen. Auch wegen der damit einhergehenden Belastung des Bundesamts für Justiz wurde für diese Übergangszeit an den alten Regelungen zur Anspruchsberechtigung festgehalten (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs, BT-Drucks. 19/12084, S. 42; Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz und Bericht von Abgeordneten, BT-Drucks. 19/22238, S. 20).

(2) Wirtschaftsverbände, die bis zum Inkrafttreten der Neuregelung am 1. Dezember 2021 die Eintragung in die Liste nicht erreicht hatten, wurden zudem durch die Überleitungsvorschrift des § 15a Abs. 1 UWG vor dem Verlust der Klagebefugnis in laufenden Verfahren geschützt (vgl. BT-Drucks. 19/12084, S. 37). Sie konnten bis zum 1. September 2021 rechtshängig gemachte Ansprüche weiterverfolgen, auch wenn sie (noch) nicht in die Liste gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2, § 8b UWG eingetragen waren (vgl. Goldmann in Harte-Bavendamm/HenningBodewig/Goldmann, UWG, 5. Aufl., § 15a Rn. 1; BeckOK.UWG/Scholz, 28. Edition [Stand 1. April 2025], § 15a Rn. 3; Fritzsche, WRP 2020, 1367 Rn. 57).

dd) Auch das mit der Änderung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG verfolgte Ziel des Gesetzgebers, durch das Eintragungserfordernis einem Missbrauch der Anspruchsbefugnis durch einige Verbände zu begegnen (vgl. BT-Drucks. 19/12084,

S. 26 f.), steht einer Anwendung des § 15a Abs. 1 UWG im Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage entgegen.

Der Gesetzgeber wollte die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch Wirtschaftsverbände zukünftig auf die Verbände beschränken, die die in § 8b Abs. 2 UWG normierten und vom Bundesamt für Justiz im Eintragungsverfahren geprüften Voraussetzungen erfüllen (vgl. BT-Drucks. 19/12084, S. 27). Danach ist ein Wirtschaftsverband nur eintragungsfähig, wenn er - unter anderem - seine Ansprüche nicht vorwiegend geltend machen wird, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen (§ 8b Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b UWG), und seinen Mitgliedern keine Zuwendungen aus dem Verbandsvermögen gewährt werden und Personen, die für den Verband tätig sind, nicht durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigt werden (§ 8b Abs. 2 Nr. 4 UWG). Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn die Vollstreckbarkeit von Unterlassungstiteln, die Wirtschaftsverbände vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs oder aufgrund einer fortbestehenden Klage- und Sachbefugnis nach § 15a Abs. 1 UWG erlangt haben, nicht beseitigt werden könnte und nicht eingetragene Wirtschaftsverbände damit ohne zeitliche Beschränkung weiterhin aus diesen Titeln vollstrecken könnten.

ee) Die dargestellten Ziele der Übergangsregelungen und der Neuregelung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung nicht hinreichend berücksichtigt.

(1) Es ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass nach § 15a Abs. 1 UWG die Klagebefugnis bis zur (rechtskräftigen) Beendigung des Rechtsstreits unabhängig von dessen Dauer fortbesteht (vgl. OLG Karlsruhe, AfP 2023, 65 [juris Rn. 25]) und folglich auch ein (noch) nicht eingetragener Verein einen Unterlassungstitel erlangen kann. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es mit dem erklärten Ziel des Gesetzes aber unvereinbar, wenn die Vollstreckbarkeit eines so erlangten Unterlassungstitels nicht beseitigt werden kann, obwohl der Wirtschaftsverband - trotz der Übergangsregelungen - nicht in die Liste gemäß § 8b UWG eingetragen und damit ungeprüft ist, ob er die Voraussetzungen nach § 8b Abs. 2 UWG erfüllt (vgl. oben Rn. 31 f.). Das gilt erst recht, wenn die Eintragung gar nicht beantragt oder sogar abgelehnt worden ist. Sollte dies im Einzelfall wegen einer nicht vom Verband zu vertretenen Verzögerung bei der Eintragung zu unbilligen Ergebnissen, einschließlich des Eintritts der Verfolgungsverjährung nach Art. 9 Abs. 1 EGStGB, führen, ist das im Interesse der Rechtssicherheit hinzunehmen (vgl. OLG Köln, WRP 2025, 811 [juris Rn. 44] unter Verweis auf Köhler in Köhler/Feddersen, UWG, 43. Aufl., § 15a Rn. 3).

(2) Soweit das Berufungsgericht gemeint hat, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber dem Verband die Möglichkeit zuspreche, einen Unterlassungstitel zu erlangen, ihm das Erlangte aber sofort wieder durch eine Vollstreckungsabwehrklage nehme, hat es verkannt, dass nach der Intention des Gesetzgebers die Eintragung in dem den Verbänden zugestandenen Übergangszeitraum erlangt werden sollte. Zudem liegt es in der Natur einer Übergangsvorschrift, dass der durch sie geschaffene Schwebezustand irgendwann endet. Der klagende Wirtschaftsverband hat kein schutzwürdiges Vertrauen, auf der Grundlage einer solchen Übergangsvorschrift einen auf Dauer, also auch zukünftig vollstreckbaren Unterlassungstitel zu erlangen. Vielmehr muss der Verband sich - wie vom Gesetzgeber vorgesehen (siehe oben Rn. 29 f.) - rechtzeitig um die Aufrechterhaltung seiner Klage- und Sachbefugnis durch Eintragung in die Liste gemäß § 8b UWG bemühen oder nach Ablauf der Übergangsfrist auf eine Klage nach § 767 ZPO einstellen (vgl. OLG Köln, WRP 2025, 811 [juris Rn. 63]).

ff) Soweit die Revisionserwiderung einwendet, die auf das Erkenntnisverfahren im Unterlassungsrechtsstreit beschränkte Anwendung des § 15a Abs. 1 UWG führe zu einer verfassungs- und unionsrechtswidrigen Rückwirkung des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, verkennt sie, dass der Streitfall einen in die Zukunft wirkenden Unterlassungstitel betrifft. Nur in dieser zukünftigen Wirkung ist der Titel von der späteren Gesetzesänderung betroffen (siehe oben Rn. 19), wenn die Vollstreckung nach § 767 ZPO für (vollständig, teil- oder zeitweise) unzulässig erklärt wird (vgl. BGHZ 133, 316 [juris Rn. 33] - Altunterwerfung I; BGHZ 133, 331 [juris Rn. 37] - Altunterwerfung II; Engler, NJW 1995, 2185, 2186).

Im Streitfall ist die Auswirkung auf die Vollstreckbarkeit des titulierten Unterlassungsanspruchs darüber hinaus dadurch begrenzt, dass der Beklagte seine (derzeit) fehlende Sachbefugnis durch Eintragung in die Liste nach § 8b UWG (wieder) erlangen kann, was die Klägerin in ihrem Antrag zum Ausdruck gebracht hat.

4. Die Einwendung der fehlenden Sachbefugnis ist nicht nach § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

a) Nach § 767 Abs. 2 ZPO sind Einwendungen, die im Sinn des § 767 Abs. 1 ZPO den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

b) Danach ist die Einwendung der fehlenden Sachbefugnis nicht ausgeschlossen. Im Unterlassungsrechtsstreit konnte die Klägerin den Einwand der fehlenden Sachbefugnis aufgrund der Übergangsregelung des § 15a Abs. 1 UWG nicht geltend machen (vgl. dazu OLG Karlsruhe, AfP 2023, 65 [juris Rn. 24 f.]). Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 21. Juni 2022 (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2022, 549) war

§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zwar bereits in Kraft; nach § 15a Abs. 1 UWG bestimmte sich die Klagebefugnis für den dortigen Kläger und hiesigen Beklagten aber noch nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 111/22, GRUR 2023, 585 [juris Rn. 11] = WRP 2023, 576 - Mitgliederstruktur).

C. Danach ist auf die Revision der Klägerin das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Koch Feddersen Pohl Schmaltz Wille Vorinstanzen: LG Krefeld, Entscheidung vom 10.07.2024 - 11 O 17/24 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.11.2024 - 20 U 107/24 - Verkündet am: 17. Juli 2025 Wächter, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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1 97 ZPO
1 562 ZPO
1 563 ZPO

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Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 9 EGStGB
44 8 UWG
1 13 UWG
13 15 UWG
1 91 ZPO
1 97 ZPO
1 562 ZPO
1 563 ZPO
14 767 ZPO

Original von I ZR 243/24

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