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3 StR 436/22

BUNDESGERICHTSHOF StR 436/22 BESCHLUSS vom 24. Januar 2023 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern ECLI:DE:BGH:2023:240123B3STR436.22.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 24. Januar 2023 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 31. August 2022 aufgehoben; jedoch werden die Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 500 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Rechtsmittelangriff ist nicht auf den Strafausspruch beschränkt. Zwar hat der Beschwerdeführer im Gegensatz zu seinem umfassenden Revisionsantrag in der Revisionsbegründung abschließend erklärt, das angefochtene Urteil sei „nur im Strafausspruch ... aufzuheben“. Dies hat er jedoch damit begründet, dass das Landgericht keine Feststellungen getroffen habe, wonach es in jedem der abgeurteilten Fälle zu einem Eindringen in den Körper im Sinne des § 176a StGB aF gekommen sei; er hat mithin einen Rechtsfehler im Schuldspruch gerügt (zur Ermittlung des Umfangs der Anfechtung vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 1984 - 2 StR 725/83, bei Pfeiffer, NStZ 1985, 13, 17; KK-StPO/ Gericke, 9. Aufl., § 344 Rn. 5; BeckOK StPO/Wiedner, 46. Ed., § 344 Rn. 11).

2. Der Schuldspruch des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 500 Fällen hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte im Zeitraum zwischen dem 1. Oktober 2010 und dem 1. Januar 2013 im ehelichen Wohnhaus an seiner am 18. Juli 1998 geborenen Stieftochter 500mal den ungeschützten vaginalen Geschlechtsverkehr vollzog.

b) Nach diesen Feststellungen unterfielen die ab dem 18. Juli 2012 vom Angeklagten an der Stieftochter vorgenommenen sexuellen Handlungen nicht mehr den Straftatbeständen der §§ 176, 176a StGB jeweils in der bis zum 26. Januar 2015 gültigen Fassung, weil die Minderjährige an diesem Tag das 14. Lebensjahr vollendete. Denn Opfer einer solchen Tat kann nur ein Kind, also eine Person unter 14 Jahren (§ 176 Abs. 1 StGB), sein.

Das Landgericht hat die Feststellungen hingegen dahin gewürdigt, dass sich der Angeklagte von diesem Zeitpunkt an bis zum 1. Januar 2013 weiterhin wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern strafbar machte. Mit einem unbeachtlichen Schreibfehler lässt sich dies nicht erklären; es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Strafkammer tatsächlich angenommen hat, der Tatzeitraum habe bereits am 1. Januar 2012 geendet. Vielmehr nehmen die Urteilsgründe insoweit ausdrücklich auf die identischen Zeitangaben in der Anklageschrift Bezug (s. UA S. 3). Hinzu kommt, dass ein um ein Jahr verkürzter Tatzeitraum lediglich 457 Tage umfasste und mit der Anzahl der festgestellten Taten kaum vereinbar wäre.

c) Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des gesamten Schuldspruchs. Dessen Änderung durch den Senat ist ausgeschlossen. Denn auf der Grundlage der Urteilsurkunde kann nicht sicher festgestellt werden, wie viele der 500 Fälle sich vor dem 18. Juli 2012 ereigneten. Überdies kommt für alle - davor und danach begangenen - Taten (auch) eine Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Betracht. Zwar zählt § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB erst in den ab dem 27. Januar 2015 gültigen Fassungen den Abkömmling des Ehegatten zu den geschützten Personen. Es liegt jedoch nahe (UA S. 4: „Vater-Tochter-Beziehung“), dass die Stieftochter des Angeklagten ihm im Sinne des § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB aF zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut war (vgl. MüKoStGB/Renzikowski, 4. Aufl., § 174 Rn. 20, 24 mwN).

Das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO hindert das neue Tatgericht nicht, den Angeklagten wegen der vor dem 14. Geburtstag des Tatopfers ausgeführten Taten zusätzlich zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern des tateinheitlichen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen schuldig zu sprechen (s. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2022 - 3 StR 141/22, juris Rn. 9; BeckOK StPO/Wiedner, 46. Ed., § 358 Rn. 16). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat das Landgericht festgestellt, dass es in jedem der 500 Fälle zu einer vaginalen Penetration kam.

d) Die Urteilsfeststellungen sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen. Sie können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Weitergehende Feststellungen, die den bisher getroffenen nicht widersprechen, sind möglich und im Hinblick auf die Präzisierung der Tatzeiten sowie § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB aF geboten.

3. Die Aufhebung des Schuldspruchs entzieht dem Strafausspruch die Grundlage. Allerdings stößt auch die Strafzumessung auf rechtliche Bedenken, soweit die Strafkammer strafschärfend berücksichtigt hat, dass „ein zwischen 12 und 13½ Jahre altes Mädchen ohne vorherige sexuelle Erfahrung betroffen war“ (UA S. 9). Diesbezüglich wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts verwiesen (vgl. zudem BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2004 - 2 StR 398/04, BGHR StPO § 354 Abs. 1a Satz 1 Angemessen 1; Urteile vom 22. Oktober 2014 - 2 StR 509/13, juris Rn. 16; vom 29. April 2015 - 2 StR 405/14, juris Rn. 19).

Schäfer Paul Berg Erbguth Kreicker Vorinstanz: Landgericht Aurich, 31.08.2022 - 11 KLs 310 Js 32743/21 (31/22)

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3 174 StGB
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