5 StR 300/25
BUNDESGERICHTSHOF StR 300/25 BESCHLUSS vom 10. September 2025 in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen versuchten Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2025:100925B5STR300.25.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. September 2025 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten O. S. gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24. Oktober 2024 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten On. S. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, im Fall 1 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen. Der Angeklagte hat die dem Nebenkläger K. im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen des Nebenklägers T. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten O. S. wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition und mit Besitz von Munition sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition und mit Besitz von Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und vier Monaten verurteilt. Den Angeklagten On. S. hat es wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und einem Monat verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge gestützten Revisionen. Das Rechtsmittel des Angeklagten On. S. erzielt mit einer Verfahrensrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind beide Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Angeklagte On. S. beanstandet zu Recht, dass er wegen Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers T. (Fall 1 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist, ohne zuvor gemäß § 265 Abs. 1 StPO auf die Veränderung eines rechtlichen Gesichtspunkts hingewiesen worden zu sein.
a) Die insoweit unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklageschrift hat ihm einen versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zur Last gelegt. Ihm sollte dabei nach § 25 Abs. 2 StGB der Schuss des Mitangeklagten zugerechnet werden, den dieser bei einer tätlichen Auseinandersetzung aus einer halbautomatischen Pistole auf den Nebenkläger T.
abgab. Das Landgericht hat eine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten an der Schussabgabe des Mitangeklagten nicht festzustellen vermocht. Es hat ihn für zwei Fußtritte, die er dem Nebenkläger im Rahmen derselben tätlichen Auseinandersetzung versetzte, als Alleintäter einer Körperverletzung (§ 223 StGB) verurteilt. Einen Hinweis hierauf hat es ihm nicht erteilt.
b) Diese Verfahrensweise verletzt § 265 Abs. 1 StPO. Will das Gericht den Angeklagten aufgrund eines anderen als in der zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilen, so muss es ihn zuvor darauf hinweisen und ihm Gelegenheit geben, seine Verteidigung darauf einzurichten. Dies gilt auch dann, wenn es eine günstigere Strafnorm anwenden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Mai 2021 – 4 StR 550/20 Rn. 4 f.; vom 19. Oktober 2017 – 3 StR 310/17 Rn. 6 ff., NStZ 2018, 159) oder statt angeklagter Mittäterschaft eine (Allein-)Täterschaft annehmen will (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. September 2022 – 5 StR 104/22 Rn. 7; vom 14. Juni 2016 – 3 StR 196/16 Rn. 4 jeweils mwN). Ein solcher Hinweis ist umso mehr geboten, wenn wie hier die Verurteilung auch auf einen anderen, von der Anklage abweichenden Tatbeitrag gestützt wird.
c) Der Schuldspruch im Fall 1 der Urteilsgründe beruht auf dem Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass der Angeklagte sich bei entsprechendem Hinweis wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Aufhebung erfasst auch die zugrundeliegenden Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) und entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage.
2. Im Übrigen haben die Rechtsmittel der Angeklagten aus den in der Antragschrift des Generalbundesanwalts angeführten Gründen keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
Cirener RiBGH Prof. Dr. Mosbacher ist im Urlaub und kann nicht unterschreiben.
Cirener Resch von Häfen Werner Vorinstanz: Landgericht Hamburg, 24.10.2024 - 638 Ks 2/24