35 W (pat) 4/18
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 4/18
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In Sachen …
ECLI:DE:BPatG:2018:200318B35Wpat4.18.0 betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Kostenfestsetzungsverfahren)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Metternich sowie den Richter Eisenrauch und die Richterin Bayer beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. November 2017 insoweit abgeändert, als die von dem Antragsteller der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens auf 1.353 Euro festgesetzt werden.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe I.
Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des am 4. März 2015 angemeldeten und am 7. Juni 2016 eingetragenen Gebrauchsmusters … mit der Bezeichnung „…“. Der Antragsteller hat am 12. Januar 2017 Löschungsantrag gestellt. Als Begründung gab er an, dass das angegriffene Gebrauchsmuster seinem eigenen Gebrauchsmuster entspreche und lediglich die Bezeichnung „Zusatzstufe“ und die Befestigungsart unterschiedlich seien. Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag mit Eingabe vom 22. Februar 2017 widersprochen.
Am 13. April 2017 hat der Antragsteller den Löschungsantrag zurückgenommen.
Mit Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. August 2017, zugestellt am 4. August 2017, wurden die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller auferlegt. Eine Beschwerde wurde gegen diesen Beschluss nicht erhoben.
Am 19. September 2017 beantragte die Antragsgegnerin, die von dem Antragsteller ihr zu erstattenden Kosten auf 2.480,44 Euro festzusetzen. Sie geht von einem Gegenstandswert in Höhe von 125.000 Euro aus und macht eine 1,3-fache Verfahrensgebühr in Höhe von 2.064,40 Euro sowie eine Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20 Euro und die Mehrwertsteuer i. H. v. 19% (396,04 Euro) geltend.
Mit Eingabe vom 28. Oktober 2017 beantragt der Antragsteller, die Kosten auf lediglich 300 Euro festzusetzen. Die Höhe des Streitwerts und die der Gebühren der Anwälte könne er nicht akzeptieren. Er habe während der gesamten Laufzeit seines eigenen Gebrauchsmusters jährlich von seinem Lizenznehmer lediglich einen Sockelbetrag von 400 Euro erhalten. Die Gebühren seien außerhalb jeden Realitätsbezugs. Er könne diese Gebühren nicht bezahlen.
Die Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss vom 28. November 2017 die von dem Antragsteller der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf 2.480,44 Euro festgesetzt.
Die Gebrauchsmusterabteilung geht hierbei von einem Gegenstandswert in Höhe von 125.000 Euro aus. Dabei handle es sich um den durchschnittlichen Gegenstandswert.
Da die Gebrauchsmusterabteilung die Kosten auch der Höhe nach antragsgemäß festgesetzt hat, sind die nachfolgend genannten Beträge in die Berechnung eingeflossen:
Eine Verfahrensgebühr gemäß RVG-VVNr. 2300 mit einem 1,3-fachen Satz sowie 20 Euro gemäß RVG-VVNr. 7002 Pauschale Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und die Mehrwertsteuer zum geltenden Satz von 19%.
Gegen diesen, dem Beschwerdeführer am 2. Dezember 2017 zugestellten Beschluss richtet sich die am 7. Dezember 2017 eingegangene Beschwerde des Antragstellers.
Er verweist auf seine Eingabe vom 28. Oktober 2017, die nicht berücksichtigt worden sei. Außerdem macht er geltend, dass die „Stornierung des Verfahrens“ nicht berücksichtigt worden sei.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. November 2017 abzuändern und die zu erstattenden Kosten auf 300 Euro festzusetzen,
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen und ihm die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Auf Seiten des Antragstellers sei keinerlei relevante Begründung vorgetragen worden, welche für eine Änderung des festgesetzten und zu erstattenden Betrages einschlägig wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 62 Abs. 2 Satz 4 PatG (in Verbindung mit § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG) eingelegte Beschwerde des Antragstellers hat teilweise Erfolg.
1. Die Gebrauchsmusterabteilung hat mit rechtskräftigem Beschluss vom 2. August 2017 dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zu diesen Kosten gehören die der Antragsgegnerin erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren (§ 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. § 62 Abs. 2 PatG).
a) Der Senat legt bei dem vorliegenden Löschungsverfahren der Kostenfestsetzung einen Gegenstandswert in Höhe von 75.000 Euro zu Grunde. Hierfür ist folgendes maßgebend:
Die Bestimmung des Gegenstandswertes bemisst sich gemäß §§ 23, 33 RVG i. V. m. §§ 3, 4 ZPO nach billigem Ermessen, weil es für das Löschungsverfahren an Wertvorschriften für die Anwaltsgebühren fehlt (vgl. Bühring/Schmid, GebrMG, 8. Aufl., § 17 Rn. 114). Der Gegenstandswert ist hiernach auf der Grundlage der vorgetragenen tatsächlichen Anhaltspunkte nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen, wobei Ausgangspunkt der gemeine Wert des Streitgebrauchsmusters zum Zeitpunkt der Stellung des Löschungsantrags ist (vgl. Busse/Keukenschrijver, 8. Aufl., Rn. 59 zu § 17 GebrMG i. V. m. Rn. 68 zu § 84 PatG). Entscheidend für die Bestimmung des gemeinen Wertes ist das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung des Schutzrechts, das sich wiederum nach dem „Behinderungspotential“ richtet, das ein eingetragenes Gebrauchsmuster – seine Rechtsbeständigkeit unterstellt – entfaltet hätte (vgl. Eisenrauch in: Fitzner/Bodewig/Lutz, PatRKomm, 4. Aufl., § 17 GebrMG Rn. 35; BPatGE 26, 208, 218).
Der Vortrag des Antragstellers, er habe mit seinem eigenen Gebrauchsmuster …, das nach seinem Löschungsantrag dem angegriffenen Gebrauchsmuster gleiche, jährlich lediglich 400 Euro Lizenzgebühren als Sockelbetrag erhalten, lässt keine Schätzung auf der Basis einer Lizenzanalogie zu, da die näheren Umstände des Lizenzvertrags nicht bekannt sind und zudem die Gebrauchsmuster sich in der Art der Befestigung der Zusatztreppe unterscheiden. Der Gegenstand des Gebrauchsmusters des Antragstellers und der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters können daher nicht gleichgesetzt werden, so dass der vom Antragsteller nach seinem Vortrag aus seinem Gebrauchsmuster erzielte Erlös bei der Bestimmung des Gegenstandswerts des vorliegenden Verfahrens keine geeignete Bemessungsgrundlage darstellt.
Da im Übrigen nähere Angaben fehlen, die eine Berechnung nach den erzielbaren Lizenzerträgen während der möglichen Restlaufzeit des Gebrauchsmusters ermöglichen, schätzt der Senat den Wert nach billigem Ermessen. Dabei berücksichtigt er einerseits, dass das Gebrauchsmuster zum Zeitpunkt des Löschungsantrags noch eine mögliche Restlaufzeit von 8 Jahren hatte, andererseits das Gebrauchsmuster ein spezielles Produkt für eine spezielle Abnehmergruppe ist und kein Massenprodukt darstellt. Wegen des speziellen Einsatzzweckes, das den Abnehmerkreis erheblich einschränkt, geht der Senat daher nicht von einem Gegenstandswert von 125.000 Euro aus, was im Rahmen eines durchschnittlichen Gegenstandswerts läge, sondern schätzt den Gegenstandswert auf 75.000 Euro.
b) Entgegen der Auffassung der Gebrauchsmusterabteilung ist hinsichtlich der Geschäftsgebühr gemäß RVG-VVNr. 2300 lediglich der einfache und nicht der
1,3-fache Satz anzusetzen. Bei einem Gegenstandswert von 75.000 Euro ergibt das eine Geschäftsgebühr in Höhe von 1.333 Euro.
Für die Vertretung in einem Verwaltungsverfahren besteht bei der Geschäftsgebühr ein Rahmen von 0,5 bis 2,5 (RVG-VV Nr. 2300).
Vorliegend ist ein Gebrauchsmuster mit einem Hauptanspruch und 13 Unteransprüchen betroffen. Der Anspruchssatz umfasst ausschließlich Gegenstände, die technisch nicht komplex sind. Acht Seiten Beschreibung und 4 einfache Figuren machen die Sache nicht umfangreich und schwierig. Es ist nach alledem nicht ersichtlich, dass es sich vorliegend im Vergleich zu anderen Löschungsverfahren um eine schwierige oder umfangreiche Sache gehandelt hat. Auch sind Gebrauchsmusterlöschungsverfahren nicht als solche pauschal als umfangreiche oder schwierige Fälle anzusehen (BGH GRUR 2014, 206, Beschluss vom 13. November 2013 – Einkaufskühltasche). Zwar hat die Antragsgegnerin dem Löschungsantrag widersprochen, so dass auch der Stand der Technik zu berücksichtigen war. Allerdings wurde im Löschungsantrag lediglich eine einzige Entgegenhaltung genannt und der Antragsteller hat seinen Löschungsantrag zurückgenommen, bevor überhaupt die Antragsgegnerin dazu Stellung genommen hat. Der Umfang und die Schwierigkeit des vorliegenden Löschungsverfahrens sind daher in einer Betrachtung aller vorgenannten Einzelfallumstände insgesamt als unterdurchschnittlich zu erachten.
c) Die Festsetzung der Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von 20 Euro ist gemäß Nr. 7002 VV RVG gerechtfertigt.
d) Da die Antragsgegnerin bzw. ihre Vertreter keine Erklärung abgegeben haben, dass die Umsatzsteuerbeträge nicht als Vorsteuer abgezogen werden können, können diese Beträge bei der Kostenfestsetzung nicht berücksichtigt werden (vgl. § 104 Abs. 2 ZPO).
e) Die von dem Antragsteller der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens werden daher insgesamt auf 1.353 Euro festgesetzt.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben (§ 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG, § 84 Abs. 2 PatG, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Antragsteller ist mit seiner Beschwerde teilweise durchgedrungen. Da der Antragsteller lediglich eine Festsetzung in Höhe von 300 Euro für gerechtfertigt hält, sind 2.180,44 Euro in Streit. Hiervon ausgehend ist der Antragsteller in Höhe von 1.127,44 Euro mit seiner Beschwerde durchgedrungen, während er von dem vorgenannten, zwischen den Beteiligten streitigen Betrag im Ergebnis 1.053 Euro und damit nahezu die Hälfte des in Streit befindlichen Betrages zu zahlen hat.
III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Metternich Eisenrauch Bayer Fa