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15 W (pat) 16/14

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 16/14 Verkündet am 23. November 2015

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2010 022 186.4 …

hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. November 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein und der Richter Dr. Egerer, Heimen und Dr. Freudenreich BPatG 154 05.11 beschlossen:

Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die am 21. Mai 2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Anmeldung des Herrn Dr. K… in W…, mit der Bezeichnung „Faserverstärkte Thermoplastverbundwerkstoffe“,

die am 24. November 2011 in Form der DE 10 2010 022 186 A1 offengelegt wurde, ist mit dem in der Anhörung am 15. Mai 2014 verkündeten Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse C 08 J zurückgewiesen worden.

Dem Beschluss lagen Anspruchsfassungen nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3, jeweils eingegangen am 14. August 2013, zugrunde, deren jeweilige Ansprüche 1 nachfolgend im Wortlaut wiedergegeben sind.

Hauptantrag:

-3- Hilfsantrag 1:

Hilfsantrag 2:

-4- Hilfsantrag 3:

Die Zurückweisung der Patentanmeldung ist mit unzulässiger Änderung des Anmeldungsgegenstands in der Fassung der dem Beschluss zugrunde liegenden Haupt- und Hilfsanträge begründet worden, konkret mit mangelnder ursprünglicher Offenbarung des (Teil)Merkmals „wobei zu Beginn Faserknäuel und Thermoplasten gemeinsam in einen Innenkneter dosiert und anschließend der Knetvorgang gestartet wird“ bzw. „die Zudosierung der Bestandteile mit einem anschließenden Start des Knetvorgangs“.

Im Prüfungsverfahren ist darüber hinaus unter Bezugnahme auf die ermittelten Druckschriften

(1) EP 0 578 043 A1 (2) EP 0 232 592 A1 (3) EP 2 058 370 A1 die Patentfähigkeit wegen mangelnder Neuheit oder mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Anmeldungsgegenstands in Frage gestellt worden.

Gegen die Zurückweisung der Patentanmeldung hat der Anmelder mit Schriftsatz vom 3. Juni 2014 Beschwerde eingelegt und in der Begründung vom 21. August 2014 beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und ein Patent gemäß neu eingereichtem Hauptantrag, hilfsweise gemäß neu eingereichtem Hilfsantrag zu erteilen, weiter hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Im Wesentlichen hat der Anmelder ausgeführt, dass die nunmehr geltenden Anträge das unzulässige Merkmal nicht mehr enthielten und der demnach beanspruchte Gegenstand gegenüber dem ermittelten Stand der Technik neu und erfinderisch sei.

Die Patentansprüche 1 und 9 in der Fassung des Hauptantrags vom 21. August 2014 lauten:

„1. Verfahren zur Herstellung faserverstärkter Thermoplastverbundwerkstoffe, bei dem Faserknäuel aus fibrillierten Faserbündeln aus Aramid und Polyamid als Thermoplast ohne Haftvermittler diskontinuierlich in Innenknetern kompoundiert und dabei die Faserknäuel vereinzelt und die Einzelfasern homogen in der Thermoplastmatrix verteilt werden.

9. Thermoplastverbundwerkstoff, erhältlich nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass der Verbundwerkstoff in Partikelform zur Weiterverarbeitung bereitgestellt wird.“

Die Patentansprüche 1 und 9 in der Fassung des Hilfsantrags vom 21. August 2014 lauten:

„1. Verfahren zur Herstellung faserverstärkter Thermoplastverbundwerkstoffe, bei dem Faserknäuel aus fibrillierten Faserbündeln aus p-Aramid und Polyamid 6 als Thermoplast ohne Haftvermittler diskontinuierlich in Innenknetern kompoundiert und dabei die Faserknäuel vereinzelt und die Einzelfasern homogen in der Thermoplastmatrix verteilt werden.

9. Thermoplastverbundwerkstoff, erhältlich nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass der Verbundwerkstoff in Partikelform zur Weiterverarbeitung bereitgestellt wird.“

Mit Zwischenverfügung vom 7. Oktober 2015 war der Anmelder auf den Inhalt der DE 198 08 325 A1 (4) und der DE 101 20 975 A1 (5), beide aus dem internationalen Recherchenbericht der WO 2011/14351 A2, einem Familienmitglied der vorliegenden Anmeldung, hingewiesen worden.

In der mündlichen Verhandlung stellte der Anmelder und Beschwerdeführer den Antrag,

den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse C 08 J des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Mai 2014 aufzuheben und das Patent zu erteilen auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hauptantrag, überreicht mit Schriftsatz vom 21. August 2014, im Übrigen wie angemeldet,

hilfsweise das Patent zu erteilen auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag, überreicht mit Schriftsatz vom 21. August 2014, im Übrigen wie angemeldet.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (§ 73 PatG). Sie hat jedoch keinen Erfolg, da das Verfahren zur Herstellung eines faserverstärkten Thermoplastverbundwerkstoffs sowie der nach diesem Verfahren erhältliche und in Partikelform zur Weiterverarbeitung bereitgestellte Thermoplastverbundwerkstoff in den Anspruchsfassungen nach Hauptantrag und Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.

1. Anspruch 9 nach Hauptantrag betrifft einen

1) Thermoplastverbundwerkstoff aus 1.1) Polyamid als Thermoplast und 1.2) Aramid-Fasern, der erhältlich ist, indem 2) die Aramid-Fasern in Form von Faserknäueln aus fibrillierten Faserbündeln und Polyamid als Thermoplast kompoundiert werden, 2.1) in Innenknetern diskontinuierlich, 2.2) ohne Haftvermittler, 3) wobei die Faserknäuel vereinzelt und die Einzelfasern homogen in der Thermoplast-Matrix verteilt werden, 4) und der Verbundwerkstoff in Partikelform zur Weiterverarbeitung bereitgestellt wird.

Das Verfahren zur Herstellung eines faserverstärkten Thermoplastverbundwerkstoffs gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag ist durch die Merkmale 1 bis 3 gekennzeichnet.

Gemäß Hilfsantrag werden in den Ansprüchen 1 und 9 die Merkmale 1.1 und 1.2 näher ausgebildet durch 1.1.1) Polyamid 6 als Thermoplast, 1.2.1) Fasern aus p-Aramid.

2. Als Fachmann ist ein Diplom-Chemiker der Fachrichtung Makromolekulare Chemie anzusehen, der mit der Herstellung von faserverstärkten Thermoplastverbundwerkstoffen befasst und vertraut ist und langjährige Erfahrung auf diesem Fachgebiet besitzt.

3. Zur Offenbarung des Anmeldungsgegenstandes in den beanspruchten Fassungen ist folgendes festzustellen.

Das Verfahren zur Herstellung eines faserverstärkten Thermoplastverbundwerkstoffs gemäß Anspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag stützt sich auf die ursprünglichen Ansprüche 1, 2, 5 und 7. Dementsprechend stützt sich auch der nach diesen Verfahren erhältliche und in Partikelform zur Weiterverarbeitung bereitgestellte Thermoplastverbundwerkstoff des jeweiligen Anspruchs 9 nach Haupt- und Hilfsantrag auf diese ursprünglichen Ansprüche in Verbindung mit dem ursprünglichen Anspruch 9.

In den Ansprüchen der nunmehr geltenden Anträge sind zwar die in dem Zurückweisungsbeschluss gegenüber der ursprünglichen Offenbarung als unzulässig geändert bemängelten (Teil)Merkmale nicht mehr enthalten. In Anspruch 1 nach geltendem Hauptantrag bestehen jedoch Bedenken zur Zulässigkeit des nachträglich vorgenommenen selektiven Herausgreifens der Stoffklasse der Aramide aus der Gruppe natürlicher und synthetischer Fasern des ursprünglichen Anspruchs 5 und ihres nachträglichen Kombinierens mit einem Polyamid aus einer Gruppe nicht abschließend aufgezählter Thermoplaste des ursprünglichen Anspruchs 7. Denn gemäß ursprünglichem Anspruch 5 bestehen die Faserbündel bevorzugt, aber nicht ausschließlich, aus einer Gruppe natürlicher und synthetischer Fasern, darunter Aramid und p-Aramid, die Thermoplastmatrix gemäß ursprünglichem Anspruch 7 beispielsweise, aber nicht ausschließlich, aus einem Thermoplasten aus einer großen Gruppe nicht abschließend aufgezählter Kunststoffe, darunter auch Polyamide einschließlich deren Copolymere mit nicht näher bezeichneter Struktur.

Dagegen lässt sich die stoffliche Ausbildung des Thermoplastverbundwerkstoffs in der Fassung des Hilfsantrags durch fibrillierte Faserbündel aus p-Aramid (Merkmal 1.2.1) in Kombination mit dem Thermoplasten Polyamid 6 (Merkmal 1.1.1) unmittelbar aus dem Ausführungsbeispiel 4 der ursprünglichen Beschreibung herleiten, aus dem auch die übrigen Merkmale hervorgehen (vgl. DE 10 2010 022 186 A1 S. 4 Beisp. 4), so dass hinsichtlich der Offenbarung der nach Hilfsantrag beanspruchten Gegenstände keine Bedenken bestehen.

Eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Hauptantrags kann dahinstehen, da das betreffende Verfahren zur Herstellung eines faserverstärkten Thermoplastverbundwerkstoffs sowie der demnach erhältliche und in Partikelform zur Weiterverarbeitung bereitgestellte Thermoplastverbundwerkstoff nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.

4. Zur Beurteilung der Patentfähigkeit des Anmeldungsgegenstands in den nunmehr beantragten Anspruchsfassungen sind neben den im Prüfungsverfahren entgegengehaltenen vorveröffentlichten Druckschriften EP 0578 043 A1 (1), EP 0 232 592 A1 (2) und EP 2 058 370 A1 (3) insbesondere die in dem internationalen Recherchenbericht der parallelen internationalen Anmeldung WO 2011/14351 A2 als relevant ermittelten vorveröffentlichten Druckschriften DE 198 08 325 A1 (4) und DE 101 20 975 A1 (5) heranzuziehen.

a) Der im Prüfungsverfahren festgestellte Neuheitsmangel bezog sich auf die in stofflicher Hinsicht nicht näher definierten Thermoplastverbundwerkstoffe der ursprünglichen Anspruchsfassung (vgl. DE 10 2010 022 186 A1 insbes. Anspr. 1 und 8).

Die Neuheit der nunmehr nach Haupt- und Hilfsantrag beanspruchten Gegenstände ist anzuerkennen, da aus keiner dieser Druckschriften – wie nachfolgend dargelegt – ein Verfahren zur Herstellung faserverstärkter Thermoplastverbundwerkstoffe oder ein demnach hergestellter und in Partikelform zur Weiterverarbeitung bereitgestellter Thermoplastverbundwerkstoff hervorgeht, das bzw. der sämtliche Merkmale 1 bis 3 bzw. 1 bis 4 aufweist.

Die EP 0 578 043 A1 (1) betrifft mit Glasfasern verstärkte Thermoplastverbundwerkstoffe mit einer Thermoplastmatrix auf Polypropylenbasis (vgl. (1) z. B. Abstract i. V. m. Anspr. 1). Thermoplastverbundwerkstoffe auf Basis einer mit Aramid-Fasern verstärkten Polyamidmatrix sind darin nicht beschrieben.

Aus EP 0 232 592 A1 (2) gehen Thermoplastverbundwerkstoffe und deren Herstellung hervor, wobei in eine(r) Thermoplastmatrix als verstärkende Fasern unter anderem fibrillierte Aramid-Fasern mittels Innenknetern vereinzelt dispergiert und damit homogen verteilt eingearbeitet sind (vgl. (2) z. B. Abstr. sowie Anspr. 11 i. V. m. Anspr. 9 und 2, sowie S. 6 Z. 2 bis 6, S. 9 Z. 27 bis S. 10 Z. 27, S. 11 Z. 27 bis 32 i. V. m. Beisp. 6 – Merkmale 1, 1.2, 2, 2.1, 3). Besonders bevorzugt werden fibrillierte Aramid-Fasern in Form einer feuchten Pulpe (vgl. (2) S. 6 Z. 2 bis 10 i. V. m. S. 12 Z. 13 bis 15) mit den verschiedensten Thermoplasten als Matrixpolymer, darunter auch Polyamide (vgl. (2) Anspr. 9 bis 11 sowie S. 5 Z. 11 – Merkmal 1.1), zu einem Verbundwerkstoff verarbeitet. Die Bereitstellung des so erhaltenen Verbundwerkstoffs in Partikelform zur Weiterverarbeitung (Merkmal 4), beispielsweise als Granulat, geht dagegen aus (2) ebensowenig hervor wie ein Hinweis zum Einsatz eines Haftvermittlers (Merkmal 2.2).

Gemäß EP 2 058 370 A1 (3), die mit Aramid-Fasern verstärkte Elastomerverbundwerkstoffe, insbesondere Kautschukverbundwerkstoffe, und damit Thermoplastverbundwerkstoffe betrifft (Merkmale 1 und 1.2), werden peroxidische Radikalinitiatoren enthaltende Aramid-Partikel bzw. –Fasern in Innenknetern kompoundiert und somit entsprechend der vorliegenden Anmeldung homogen in der Elastomer- bzw. Thermoplastmatrix feinverteilt (Merkmale 2.1 und 3) eingesetzt. Der Einsatz von Polyamid als Thermoplast (Merkmal 1.1) geht daraus allerdings nicht hervor (vgl. (3) Abspr. i. V. m. [0026] bis [0056] i. V. m. [0013]). Auch fehlt ein Hinweis auf die Bereitstellung des so erhaltenen Verbundwerkstoffs in Partikelform zur Weiterverarbeitung (Merkmal 4), beispielsweise als Granulat. Dagegen können Haftvermittler neben anderen Hilfs- und Zusatzstoffen beigemischt werden (vgl. (3) S. 4 Z. 17 bis 24, insbes. Z. 20 „tackifier“, Z. 21 „compounding agent“ – Merkmal 2.2).

In der DE 198 08 325 A1 (4) sind faserverstärkte thermoplastische Formmassen bzw. Thermoplastverbundwerkstoffe, insbesondere mit Polyamiden, darunter auch Polyamid 6, als Matrixpolymer beschrieben, die entsprechend den anspruchsgemäßen Arbeitsweisen der vorliegenden Anmeldung hergestellt werden, gegebenenfalls auch ohne Haftvermittler (vgl. (4) insbes. Anspr. 1 und 6 i. V. m. S. 2 Z. 62 bis 63 sowie Beisp. 1 und 3 – Merkmale 1, 1.1, 1.1.1, 2, 2.1, 2.2, 3). Der so erhaltene Verbundwerkstoff wird in Partikelform zur Weiterverarbeitung bereitgestellt (vgl. (4) S. 2 Z. 46 bis 51, S. 3 Z. 1 bis 2 i. V. m. Beisp. 1 – Merkmal 4). Allerdings werden keine Aramid-Fasern und damit keine Fasern gemäß Merkmal 1.2 bzw. 1.2.1, sondern lediglich Fasern aus Polyacrylnitril oder aus Polyacrylnitril-Copolymeren eingesetzt (vgl. (4) Anspr. 1).

Aus der DE 101 20 975 A1 (5) gehen Thermoplastverbundwerkstoffe hervor, die mit Naturfasern verstärkt sind und unter anderem entsprechend der anmeldungsgemäßen Verfahrensführung auch ohne Haftvermittler hergestellt sind (vgl. (5) insbes. Beisp.), wobei gegenüber der Verfahrensführung mit Haftvermittler etwas schlechtere Festigkeitswerte erzielt werden. Zwar sind in der Beschreibungsein- leitung als Stand der Technik auch solche Thermoplastverbundwerkstoffe zitiert, die Aramidfasern aufweisen (vgl. (5) S. 2 [0003]). Die Lehre der Druckschrift (5) bezieht sich jedoch lediglich auf Fasern nachwachsender Rohstoffe im Thermoplastverbund, so dass jedenfalls das Merkmal 1.2 bzw. 1.2.1 nicht verwirklicht ist.

b) Verfahren zur Herstellung faserverstärkter Thermoplastverbundwerkstoffe gemäß Anspruch 1 sowie danach hergestellte und in Partikelform zur Weiterverarbeitung bereitgestellte Thermoplastverbundwerkstoffe gemäß Anspruch 9, jeweils nach Haupt- und Hilfsantrag, beruhen ausgehend von der Lehre der EP 0 232 592 A1 (2), die stofflich und verfahrenstechnisch dem nunmehr beanspruchten Anmeldungsgegenstand am nächsten kommt, in der Zusammenschau mit der Lehre der DE 198 08 325 A1 (4) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Insbesondere bedarf es unter Einbeziehen des Wissens und Könnens des Fachmanns – wie nachfolgend dargelegt – keines erfinderischen Zutuns, einen spezifischen faserverstärkten thermoplastischen Verbundwerkstoff auch ohne Zusatz eines Haftvermittlers herzustellen und gegebenenfalls in Partikelform zur Weiterverarbeitung bereitzustellen.

b.1) Ausgehend von (2), die ein gattungsgemäßes Verfahren zur Herstellung von faserverstärkten Thermoplastverbundwerkstoffen unter anderem aus einer Polyamidmatrix und Aramid-Fasern mit sämtlichen Merkmalen 1, 1.1, 1.2, 2, 2.1 und 3 beschreibt (Merkmalsnachweis siehe vorstehend unter 4a), wird der Fachmann die ihm bereits auf Grund seines Fachwissens geläufige und zudem durch (4) eröffnete Möglichkeit des Verzichts auf einen Haftvermittler (vgl. (4) S. 2 Z. 62 bis 63) ohne Weiteres in Betracht ziehen. Er wird der Möglichkeit des Verzichts auf einen Haftvermittler schon deshalb nachgehen, weil dieser Verzicht gemäß (4) für Matrix(co)polymere mit funktionellen Gruppen vorgeschlagen wird (vgl. (4) S. 2 Z. 62 bis 63), und die in (4) als für die Thermoplastmatrix unter anderen geeignet beschriebenen Polyamide (vgl. (4) S. 2 Z. 52 bis 55) mit ihren CarbonsäureamidGruppen ähnliche funktionelle Gruppen aufweisen wie die dort expressis verbis genannten funktionellen Gruppen (vgl. (4) S 2 Z 62 bis 63). Zudem könnte er beim Einarbeiten von Aramidfasern in ein Polyamidmatrix schon wegen der chemischen Ähnlichkeit von der Möglichkeit des Verzichts auf einen Haftvermittler ausgehen.

Von einem Verzicht auf einen Haftvermittler wird sich der Fachmann auch nicht deshalb abbringen lassen, weil in (4) lediglich Fasern aus Polyacrylnitril oder aus Copolymeren des Polyacrylnitrils und nicht Fasern aus Aramid zum Einsatz gelangen (vgl. (4) S. 2 Z. 3 bis 5, 43 bis 44 und Anspr. 1). Denn er wird PolyacrylnitrilFasern und Aramid-Fasern hinsichtlich ihrer Eignung als verstärkende Fasern in einer Thermoplastmatrix mit funktionellen Gruppen ähnlich bewerten und deswegen im Zuge der Herstellung eines Verbundwerkstoffs gemäß (2) aus Polyamid als Matrixkunststoff mit funktionellen Gruppen und verstärkenden Aramid-Fasern auch eine Kompoundierung ohne Haftvermittler gemäß dem Vorschlag in (4) nicht nur in Erwägung ziehen, sondern auch im Experiment realisieren (vgl. (4) S. 2 Z. 62 bis 63).

Darüber hinaus sind die in (4) eingesetzten Polyacrylnitril-Fasern – im Einklang mit dem Fachwissen vor dem Anmeldetag – auch bereits Teilgegenstand der ursprünglich sogar bevorzugt beanspruchten Thermoplastverbundwerkstoffe der vorliegenden Anmeldung (vgl. DE 10 2010 022 186 A1 S. 6 Anspr. 5 i. V. m. S. 3 Z. 9). Eine Übertragung der Lehre von (4) auf (2) bzw. eine Kombination der Lehren von (2) und (4) scheitert für den Fachmann deshalb nicht daran, dass in (2) Aramid-Fasern, in (4) dagegen Polyacrylnitril-Fasern als verstärkendes Material eingesetzt werden. Im Übrigen entnimmt der Fachmann die Möglichkeit des Einsatzes hochbeständiger Aramidfasern zur Verstärkung von Thermoplasten – als Alternative zu Kohlenstoff-, Glas- oder Polyacrylnitrilfasern – bereits dem in (4) zitierten Stand der Technik (vgl. (4) S. 2 Z. 6 bis 36, insbes. Z. 12 bis 14 und 22 bis 26).

Anspruch 1 nach Hauptantrag ist deshalb mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar. Nicht erfinderisch ist dementsprechend auch ein nach dem Verfahren des Anspruchs 1 hergestellter und in Partikelform, beispielsweise als Granulat zur Weiterverarbeitung bereitgestellter Thermoplastverbundwerkstoff gemäß Anspruch 9 nach Hauptantrag (vgl. (4) S. 2 Z. 46 bis 51, S. 3 Z. 1 bis 2 i. V. m. Beisp. 1 – Merkmal 4).

b.2) Der Einwand des Anmelders, dass sich in (2) konkrete Ausführungen zur Kompatibilität zwischen Polymermatrix und Fasermaterial und zu Zusätzen zur Verbesserung der Kompatibilität finden (vgl. (2) S. 6 Z. 16 bis S. 10 Z. 28), und der Fachmann gerade deshalb vom Verzicht auf einen Haftvermittler abgehalten werde, greift nicht. Denn diese Ausführungen in (2) beziehen sich zum einen auf die Kompatibilität eines einzusetzenden Weichmachers (plasticizer) mit dem Matrixpolymer und den Fasern (vgl. (2) insbes. S. 6 Z. 25 bis 33) und damit nicht auf einen Haftvermittler (tackifier, adhesion promoter). Zum anderen handelt es sich bei den in diesem Zusammenhang abgehandelten Matrixpolymeren insbesondere um Styrol-Butadien-, Polybutadien-, Silikon- und Naturkautschuke (vgl. (2) S. 7 Z. 28 bis S. 9 Z. 2) und damit gerade nicht um Polymere mit funktionellen Gruppen im Sinne der Lehre von (4), die ohne Haftvermittler auskommen können (vgl. (4) S. 2 Z. 62 bis 63).

b.3) Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der Auswahl von Polyamid6 und p-Aramid zur Ausgestaltung eines Thermoplastverbundwerkstoffs gemäß Hilfsantrag ein die erfinderische Tätigkeit begründender überraschender technischer Effekt verbunden sein könnte. Denn zum einen geht aus dem Versuchsbericht (vgl. DE 10 2010 022 186 A1 S. 4 Tabelle 1) lediglich die durch den Einsatz von Aramid-Fasern ohnehin zu erwartende Verstärkung bzw. Stabilisierung der Polyamid-6-Matrix hervor (vgl. a. a. O. Tabelle 1 vorle u le Zeile i. V. m. insbes. le Sp.) und zum anderen fehlt der Vergleich mit Aramid-Faser verstärktem Polyamid6 in Gegenwart eines Haftvermittlers. Letzterer dürfte sich allerdings erübrigen, da dem Fachmann geläufig ist, dass der Verzicht auf einen geeigneten Haftvermittler mit Stabilitätseinbußen verbunden sein kann (vgl. (5) S. 5 Tabelle 2.2).

Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist deshalb mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar. Nicht erfinderisch ist dementsprechend auch ein nach dem Verfahren des Anspruchs 1 hergestellter und in Partikelform, beispielsweise als Granulat zur Weiterverarbeitung bereitgestellter Thermoplastverbundwerkstoff gemäß Anspruch 9 nach Hilfsantrag (vgl. (4) S. 2 Z. 46 bis 51, S. 3 Z. 1 bis 2 i. V. m. Beisp. 1 – Merkmal 4).

5. Der Anmelder hat in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung der Sachund Rechtslage abschließend einen Hauptantrag und einen Hilfsantrag gestellt. Weitere Anhaltspunkte für ein stillschweigendes Begehren einer weiter beschränkten Fassung haben sich nicht ergeben. Infolgedessen hat der Anmelder die Patenterteilung erkennbar nur im Umfang der Anspruchssätze dieser Anträge beantragt, die jeweils zumindest einen nicht gewährbaren Patentanspruch enthalten. Auf die übrigen Patentansprüche brauchte bei dieser Sachlage nicht gesondert eingegangen zu werden (BGH v 27. Juni 2007 – X ZB 6/05, Informationsübermittlungsverfahren II, Fortführung von BGH GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät), zumal diese im Wesentlichen getragen sind von den Verfahren gemäß den Patentansprüchen 1 der jeweiligen Anträge. Im Übrigen wurde für eine weitere Ausgestaltung durch Merkmale der Unteransprüche ein gegebenenfalls die erfinderische Tätigkeit begründender überraschender technischer Effekt nicht vorgetragen.

III.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Feuerlein Egerer Heimen Freudenreich prö

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