10 W (pat) 21/10
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 21/10
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2009 060 382.4 wegen Rechtswirksamkeit der Anmeldung hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 30. Oktober 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richterin Püschel und des Richters Prof. Dr. Dr. Ensthaler BPatG 152 08.05 beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts – Prüfungsstelle 21 - vom 15. April 2010 aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass die Patentanmeldung 10 2009 060 382.4 am 30. April 2010 rechtswirksam eingereicht worden ist.
Gründe I.
Am 24. Dezember 2009 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eine Patentanmeldung des Anmelders mit der Bezeichnung „Antipatalojik“ eingegangen, wobei dem Antragsformular lediglich ein Blatt mit einer Abhandlung zum Stichwort „Morbus Bechterew“ beigefügt war. Die Prüfungsstelle 21 des DPMA teilte dem Anmelder im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung mit, dass dem Erteilungantrag keine Beschreibung beigefügt sei und dass ihm auch keine Angaben zu entnehmen seien, die dem Anschein nach als Beschreibung der Erfindung angesehen werden könnten. Dem Anmelder wurde eine Monatsfrist zur Nachreichung einer Beschreibung gesetzt. Gleichzeitig wurde ihm empfohlen, auch Patentansprüche und ggf. Zeichnungen nachzureichen.
Nachdem innerhalb der gesetzten Frist kein Eingang erfolgte, stellte die Prüfungsstelle durch einen mit Einschreibbrief vom 22. April 2010 zugestellten Beschluss vom 15. April 2010 fest, dass auf den am 24. Dezember 2009 eingegangenen Patenterteilungsantrag keine rechtswirksame Anmeldung entstanden sei.
Gegen diesen Beschluss wandte sich der Anmelder mit einer am 30. April 2010 beim DPMA eingegangenen Eingabe. Darin wird ausgeführt, dass die Beschreibung irrtümlich an das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie versandt worden sei, weshalb sie nunmehr nachgereicht werde. Der Anmelder bat um Wiederaufnahme des Aktenzeichens und um wohlwollende Prüfung. Der Eingabe waren u. a. Kopien der bereits am 24. Dezember 2009 eingegangenen Unterlagen sowie eine weitere Seite mit medizinischen bzw. therpeutischen Ausführungen beigefügt.
Mit einem weiteren, beim Patentamt am 19. Mai 2010 eingegangenen Schreiben legte der Anmelder – unter nochmaliger Beifügung der genannten Unterlagen Beschwerde gegen den Beschluss vom 15. April 2010 ein.
Der Anmelder stellt sinngemäß die Anträge,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Anmeldeverfahren wieder aufzunehmen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders hat im Ergebnis Erfolg.
a) Das Vorbringen des Anmelders auf den ihm zugestellten Beschluss vom 15. April 2010 ist als Beschwerde (§ 73 Abs. 1 PatG) und nicht etwa als Antrag auf Weiterbehandlung (§ 123a PatG) auszulegen. Abgesehen davon, dass die letztgenannte Vorschrift jedenfalls ihrem Wortlaut nach den hier vorliegenden Fall, in dem die Patentanmeldung nicht zurückgewiesen, sondern ihre Unwirksamkeit festgestellt worden ist, nicht erfasst, hat der Anmelder in seinem am 19. Mai 2010 beim Patentamt eingegangenen Schreiben klar zum Ausdruck gebracht, dass er sich mit Hilfe einer Beschwerde gegen den Beschluss der Prüfungsstelle wenden will.
b) Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der hierfür in § 73 Abs. 2 PatG vorgesehenen Frist eingelegt worden. Diese Frist endete einen Monat nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses, d. h. am 25. Mai 2010 (§ 127 Abs. 1 PatG i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG, § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB). Somit war die am 19. Mai 2010 beim DPMA eingegangene Beschwerde rechtzeitig.
c) Gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 PatG ist der Anmeldetag der Patentanmeldung der Tag, an dem die Unterlagen nach § 34 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PatG - das sind der Name des Anmelders und der Antrag auf Erteilung des Patents, in dem die Erfindung kurz und genau bezeichnet ist - sowie nach § 34 Abs. 3 Nr. 4 PatG, soweit sie jedenfalls Angaben enthalten, die dem Anschein nach als Beschreibung anzusehen sind, beim Patentamt eingegangen sind. Dazu ist eine formelle Beschreibung in der vorgeschriebenen Form nicht erforderlich. Ausreichend ist eine schriftliche Formulierung des Anmeldungsgegenstands, die eine technische Lehre offenbart (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl., § 35 Rdn. 19; BGH BlPMZ 1979, 151 - Etikettiergerät II; Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2005, 10 W (pat) 24/04, veröffentlicht in juris).
Wie die Prüfungsstelle somit zutreffend dargelegt hat, kommt eine wirksame Patentanmeldung nur zustande, wenn am Tag der Anmeldung zusammen mit dem Anmeldeformular eine Beschreibung der Erfindung oder jedenfalls Angaben, die dem Anschein nach als Beschreibung anzusehen sind, eingereicht werden. Hier war dem Anmeldungsformular aber ursprünglich lediglich ein Blatt mit einer Abhandlung zum Stichwort „Morbus Bechterew“ beigefügt. Diese Abhandlung kann nicht als Beschreibung der zum Patent angemeldeten Erfindung angesehen werden. Somit kann der Anmeldung von Gesetzes wegen (§ 35 Abs. 2 Satz 1 PatG) nicht der 24. Dezember 2009 als Anmeldetag zuerkannt werden, was die Prüfungsstelle in dem angefochtenen Beschluss zutreffend zum Ausdruck gebracht hat.
d) Nach Erlass des angefochtenen Beschlusses hat der Anmelder jedoch am 30. April 2010 eine Seite mit medizinischen bzw. therapeutischen Ausführungen eingereicht, die jedenfalls dem Anschein nach als Beschreibung seiner Erfindung anzusehen sind (unabhängig davon, ob es sich dabei um eine patentierbare Erfindung handelt). Somit haben an diesem Tag alle notwendigen Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Anmeldetages vorgelegen. Die in dem angefochtenen Beschluss getroffene Feststellung, wonach auf den am 24. Dezember 2009 eingegangenen Patenterteilungsantrag keine rechtswirksame Anmeldung entstanden ist, erweist sich daher mittlerweile als unzutreffend, weshalb der Beschluss aufzuheben ist. Die Anmeldung ist aber nicht bereits am 24. Dezember 2009 rechtswirksam entstanden, sondern erst am 30. April 2010, weshalb sie mit diesem Anmeldedatum weiter zu behandeln ist.
Rauch Püschel Prof. Dr. Dr. Ensthaler prö