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IX R 20/15

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 12.1.2016, IX R 20/15 Eigenheimzulage - Subventionsbetrug - Festsetzungsfrist Leitsätze Die Festsetzungsfrist für die Eigenheimzulage verlängert sich nicht auf zehn Jahre, wenn die Eigenheimzulage durch unrichtige Angaben erschlichen worden ist (Subventionsbetrug; Fortführung des BFH-Urteils vom 19. Dezember 2013 III R 25/10, BFHE 244, 217, BStBl II 2015, 119).

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Juni 2014 2 K 1287/13 aufgehoben.

Der Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage für 2003 bis 2010 vom 25. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 wird aufgehoben.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Bewilligung von Eigenheimzulage aufheben durfte.

Im Dezember 2002 kaufte die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) gemeinsam mit ihrem Bruder, ihrer Mutter und deren Adoptivsohn zu je ein Viertel ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Im Januar 2003 wurde zugunsten der Erwerber eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Drei Monate danach war der Kaufpreis fällig. Gefahr, Nutzen und Lasten sollten erst mit vollständiger Bezahlung des Kaufpreises auf die Erwerber übergehen. Die Erwerber zahlten den Kaufpreis jedoch nicht.

Gleichwohl zog die Klägerin im Mai 2003 in das Haus ein. Im Einvernehmen mit der Verkäuferin zahlten die Erwerber monatlich 745,80 EUR an die Verkäuferin bzw. deren Söhne als Rechtsnachfolger.

Im März 2004 beantragte die Klägerin Eigenheimzulage ab dem Jahr 2003. Zur Begründung gab sie an, das Grundstück zu einem Viertel erworben zu haben. Besitz, Nutzungen und Lasten seien am 27. Dezember 2002 übergegangen; das Gebäude werde seit dem 1. Mai 2003 zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Das FA forderte daraufhin von der Klägerin die Vorlage des Kaufvertrags, den Nachweis über die Kaufpreiszahlung, einen Nachweis über den Beginn der Eigennutzung sowie die Finanzierungsunterlagen. Die Klägerin legte lediglich den Kaufvertrag und eine Meldebestätigung über ihren Einzug zum 1. Mai 2003 vor. Ohne Rücksicht auf die Unvollständigkeit der Antwort bewilligte das FA die Eigenheimzulage für die Jahre 2003 bis 2010 (Bescheid vom 6. Juli 2004).

Im Juli 2012 erhielt das FA Kenntnis davon, dass der Eigentumsübergang nicht in das Grundbuch eingetragen und der Kauf rückgängig gemacht worden sei. Die Rechtsnachfolger der Verkäuferin hatten im April 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und die Rückabwicklung gerichtlich durchgesetzt.

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2012 hob das FA die Festsetzung der Eigenheimzulage auf und forderte die empfangenen Leistungen von der Klägerin zurück.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung u.a. aus, die Klägerin habe das FA getäuscht und sich dadurch des vorsätzlichen Subventionsbetrugs schuldig gemacht. Die Festsetzungsfrist betrage deshalb zehn Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung --AO--) und sei bei Aufhebung des Bewilligungsbescheids noch nicht abgelaufen gewesen. Die Aufhebungsbefugnis ergebe sich entgegen der Auffassung des FA nicht aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis), sondern aus § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO (nachträglich bekannt gewordene Tatsachen).

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil sowie den Aufhebungsbescheid vom 25. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG war die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der Aufhebung des Bewilligungsbescheids abgelaufen.

1. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Klägerin den Fördertatbestand erfüllt und möglicherweise zumindest vorübergehend wirtschaftliches Eigentum an dem von ihr bewohnten Haus erlangt hat. Das FA war schon aus verfahrensrechtlichen Gründen gehindert, den Bescheid vom 6. Juli 2004 im Oktober 2012 aufzuheben, denn die Festsetzungsfrist war bereits abgelaufen.

a) Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) sind auf die Eigenheimzulage die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden. Auf die Festsetzung einer Steuervergütung sind die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden (§ 155 Abs. 4 AO). Eine Steuerfestsetzung, ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre für Steuern und Steuervergütungen (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO); sie beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). Wird eine Steuer oder Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist nicht vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Antrag gestellt wird (§ 170 Abs. 3 AO).

b) Nach diesen gesetzlichen Maßstäben begann die Frist für die Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Ablauf des Jahres 2004 zu laufen, denn in diesem Jahr hat die Klägerin den nach § 12 Abs. 1 EigZulG erforderlichen Antrag gestellt.

c) Der Senat muss nicht entscheiden, ob die Klägerin, wie das FG meint, einen vorsätzlichen Subventionsbetrug begangen oder ob sie lediglich wahrheitsgemäß aber unvollständig (wie sie meint) auf das Aufklärungsschreiben des FA geantwortet und dadurch nicht getäuscht, sondern vielmehr die Ablehnung ihres Antrags in Kauf genommen hat. Nach der insoweit geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist das Erschleichen der Investitionszulage keine "Steuerhinterziehung" i.S. von § 71 AO (BFH-Urteil vom 19. Dezember 2013 III R 25/10, BFHE 244, 217, BStBl II 2015, 119). Nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung, denen sich der erkennende Senat anschließt, ist das Erschleichen der Eigenheimzulage ebenfalls keine Steuerhinterziehung i.S. von § 169 Abs. 2 Satz 2 AO. Die Vorschrift ist deshalb weder aufgrund der Globalverweisung auf die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO (§ 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG) noch aufgrund der Zuständigkeitsnorm in § 15 Abs. 2 EigZulG anwendbar (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 244, 217, BStBl II 2015, 119). Ob eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt, bestimmt sich (bei § 169 Abs. 2 Satz 2 wie bei § 71 AO) mangels einer steuerlichen Definition nach den §§ 370, 378 AO (vgl. BFH-Urteil vom 29. Oktober 2013 VIII R 27/10, BFHE 243, 116, BStBl II 2014, 295, m.w.N.). Das strafbare Erschleichen einer Subvention wird aber nicht von diesen Normen erfasst, sondern von § 264 des Strafgesetzbuchs. Dies zu ändern, wäre Aufgabe des Gesetzgebers.

d) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif, die Klage begründet. Der angefochtene Bescheid verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Nach den Feststellungen des FG lief die Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2008 ab. Der Bescheid vom 25. Oktober 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Februar 2013 verstößt gegen § 169 Abs. 1 Satz 1 AO. Er wird ersatzlos aufgehoben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Damit entfällt zugleich der Rückforderungsanspruch (§ 14 EigZulG).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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1 370 AO
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