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19 W (pat) 4/13

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 4/13 Verkündet am 6. Mai 2013

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 100 62 146.5-55 …

hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Hartung, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Ing. J. Müller und Dipl.-Phys. Arnoldi BPatG 154 05.11 beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 04 Q des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Juni 2008 aufgehoben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamtes zurückverwiesen.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse H 04 Q - hat die am 14. Dezember 2000 unter Inanspruchnahme der japanischen Priorität 11-358820 vom 17. Dezember 1999 eingereichte Patentanmeldung mit Beschluss vom 13. Juni 2008 mit der Begründung zurückgewiesen, der Begriff „Effektivitätssignal“ sei als unklare Phantasiebezeichnung anzusehen und dürfe schon gemäß § 5 der Patentverordnung nicht verwendet werden; dies schließe die Gewährbarkeit des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag aus. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag vermittle nicht die von einem Patentanspruch zu fordernde Rechtssicherheit. Im Übrigen hat die Prüfungsstelle den von der Anmelderin hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer Anhörung mit der Begründung abgewiesen, diese könne offenbar lediglich den Vortrag gegensätzlicher Meinungen über Klarheit und Unklarheit der diskutierten Begriffe erbringen, und wäre insofern nicht sachdienlich.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie beantragt in der mündlichen Verhandlung,

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 04 Q des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Juni 2008 aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 14 gemäß Hilfsantrag 2. Oktober 2008, Beschreibung und 4 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, vom 18. Januar 2001,

vom hilfsweise,

Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung und Zeichnungen wie Hauptantrag.

Außerdem beantragt sie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag vom 2. Oktober 2008 (nunmehr Hauptantrag) lautet unter Einfügung einer Gliederung:

„1 Fernbedienungssignal-Empfangsvorrichtung, welche aufweist:

eine Mehrzahl von Empfangseinrichtungen, um ein Fernbedienungssignal zu empfangen; eine Mehrzahl von Dekodierern, um das Fernbedienungssignal zu dekodieren, um ein dekodiertes Signal zu erzeugen,

3a wobei jeder der Dekodierer mit einer entsprechenden Empfangseinrichtung verbunden ist; und einen Dekodierer-Auswahlteil, um einen aus der Mehrzahl von Dekodierern auszuwählen,

wobei die Mehrzahl von Dekodierern ein Signal, das die Effektivität des Fernbedienungssignals angibt, erzeugen, welches die Effektivität des Fernbedienungssignals angibt

5a und zwar basierend auf Identifikationsinformationen, die in dem Fernbedienungssignal enthalten sind, und wobei der Dekodierer-Auswahlteil den einen aus der Mehrzahl von Dekodierern in Übereinstimmung mit einem Signal, das die Effektivität des Fernbedienungssignals angibt, auswählt.“

Gemäß 1. Hilfsantrag sind an den Patentanspruch 1 nach Hauptantrag die folgenden Merkmale angefügt (unter Fortführung der Gliederung):

„7 wobei jeder der Mehrzahl von Dekodierern aufweist:

7a eine Dekodiererschaltung, um das Fernbedienungssignal zu dekodieren, um das dekodierte Signal zu erzeugen;

7b einen Extrahierteil, um die Identifikationsinformationen aus dem Fernbedienungssignal zu extrahieren; und

7c einen Dekodier-Beurteilungsteil, um die Identifikationsinformationen, die durch den Extrahierteil extrahiert wurden, mit vorregistrierten Identifikationsinformationen zu vergleichen, um das Signal, das die Effektivität des Fernbedienungssignals angibt, zu erzeugen,

7d eine Beurteilungstabelle, in der als Identifikationsinformation ein Adressencode zum Spezifizieren der zu steuernden bzw. zu bedienenden Vorrichtung gespeichert ist,

wobei der Dekodier-Beurteilungsteil das Signal, das die Effektivität, des Fernbedienungssignals angibt, auf effektiv setzt, wenn die extrahierten Identifikationsinformationen in der Beurteilungstabelle existieren und es auf ineffektiv setzt, wenn die extrahierten Identifikationsinformationen nicht in der Beurteilungstabelle existieren.“

Die Anmelderin vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Patentanspruches 1 sowohl gemäß Haupt- als auch gemäß 1. Hilfsantrag eine klare und vollständige Lehre zum technischen Handeln vermittle und durch den im Prüfungsverfahren genannten wie durch den vom Senat mit Hinweis vom 11. März 2013 eingeführten Stand der Technik weder neuheitsschädlich vorweggenommen noch nahegelegt sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

1. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat insoweit Erfolg, dass sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Anmeldung zur weiteren Behandlung – auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentanspruchs 1 gemäß 1. Hilfsantrag – an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nummer 1 und 3 PatG führt.

2. Die Anmeldung betrifft gemäß Beschreibungseinleitung eine Fernbedienungssignal-Empfangsvorrichtung, bei welcher insbesondere ein Infrarot-Fernbedienungssignal von einer Vielzahl von in verschiedenen Richtungen orientierten optischen Signalempfangseinrichtungen empfangen werden kann (Offenlegungsschrift, Sp. 1, Z. 5-31).

Es sei im Stand der Technik bekannt, die Ausgangssignale der Empfangseinrichtungen einer logischen Oder-Verknüpfung zu unterziehen, um ein so zusammengesetztes Signal in einen einzigen Dekodierer einzugeben und anhand des dekodierten Signals eine Vorrichtung fernzusteuern. Dabei bestehe jedoch das Problem, dass auch ein durch eine Rauschquelle in der Nähe einer der Empfangseinrichtungen gestörtes Ausgangssignal in das zusammengesetzte Signal eingehe und dieses beeinträchtige (Offenlegungsschrift, Sp. 1, Z. 66 bis Sp. 2, Z. 23).

Von dieser Problemstellung ausgehend, liegt der Anmeldung nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung sinngemäß die Aufgabe zu Grunde, eine Fernbedienungssignal-Empfangsvorrichtung mit einer Vielzahl von Empfangseinrichtungen zu schaffen, in welcher es möglich ist, ein von einer der Empfangseinrichtungen empfangenes rauschfreies Fernbedienungssignal auszuwählen (Offenlegungsschrift, Sp. 2, Z. 58-62).

Zur Lösung der Aufgabe sieht der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, der dem zum Zeitpunkt der Zurückweisung der Anmeldung geltenden Hilfsantrag entspricht, eine Mehrzahl von Dekodierern vor (Merkmal 3), wobei jeder der Dekodierer mit einer entsprechenden Empfangseinrichtung verbunden ist (Merkmal 3a), wobei die Mehrzahl von Dekodierern ein Signal erzeugen, das die Effektivität des Fernbedienungssignals angibt (Merkmal 5) und zwar basierend auf Identifikationsinformationen, die in dem Fernbedienungssignal enthalten sind (Merkmal 5a). Die Auswahl eines der Dekodierer und damit einer der Empfangseinrichtungen erfolgt in Übereinstimmung mit einem Signal, das die Effektivität des Fernbedienungssignals angibt (Merkmal 6).

3. Als Fachmann sieht der Senat einen Fachhochschulingenieur der Elektrotechnik mit Erfahrung in der Entwicklung von drahtlosen Fernsteuerungs- und -messsystemen.

4. Die Zurückweisung der Patentanmeldung wurde von der Prüfungsstelle maßgeblich mit fehlender Klarheit des Ausdrucks „Effektivität eines Fernbedienungssignals“ begründet.

Diese Beanstandung hält einer Überprüfung nicht stand.

Der Ausdruck „Effektivität des Fernbedienungssignals“ ist zwar weder ein dem Fachmann geläufiger Fachausdruck noch enthält die Anmeldung hierzu eine Begriffsbestimmung. Der Fachmann wird den Ausdruck jedoch auf der Grundlage des allgemeinen Bedeutungsinhalts des Wortes Effektivität als Wirksamkeit des Fernbedienungssignals im Kontext der in der Anmeldung offenbarten Lehre verstehen. Unter einem effektiven oder wirksamen Fernbedienungssignal versteht der Fachmann ein Signal, welches in der fernbedienten Vorrichtung die intendierte Bedienungsfunktion bewirkt. Hierzu wird es der Fachmann u. a. als erforderlich ansehen, dass das Signal am Ort der fernbedienten Vorrichtung überhaupt empfangen werden kann, was z. B. von der Feldstärke des Signals am Empfangsort abhängt.

Weiterhin sollte das Signal hinreichend von Störsignalen unterschieden werden können, was z. B. anhand des Signal-Rausch-Abstandes bestimmt werden könnte. Falls der Nutzinhalt des Fernbedienungssignals durch Fehlerkorrekturmaßnahmen geschützt ist, wäre eine hinreichend kleine Fehlerrate des Signals erforderlich, damit das Signal rekonstruiert werden kann. Schließlich sollte das Signal den erforderlichen Informationsinhalt zeigen, im Falle der Adressierung einer Unterstation z. B. die zutreffende Adresse, und insbesondere auch die gewünschte Bedienungsfunktion eindeutig kennzeichnen.

Das im geltenden Anspruch 1 nach Hauptantrag beanspruchte Signal, das die Effektivität eines Fernbedienungssignals angibt, kann daher im Verständnis des Fachmanns jede der vorstehend genannten und auch weitere physikalische oder informationstechnische Eigenschaften des Fernbedienungssignals betreffen, soweit diese Eigenschaft basierend auf Identifikationsinformationen bestimmt wird, die in dem Fernbedienungssignal enthalten sind.

Unter einer Identifikationsinformation versteht der Fachmann eine aus dem Fernbedienungssignal extrahierbare Information, die das Signal unterscheidbar von anderen Signalen macht und z. B. eine Fernbedienungsvorrichtung kennzeichnen kann (Offenlegungsschrift, Sp. 3, Z. 23-29).

Der Ausdruck „Effektivität des Fernbedienungssignals“ stellt nach Auffassung des Senats daher nicht die Klarheit der technischen Lehre des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag in Frage, sondern führt vielmehr dazu, dass unter den Anspruch 1 gemäß Hauptantrag eine große Anzahl von Gegenständen fällt. Ein weit gefasster Anspruch muss für jeden seiner Gegenstände die Voraussetzungen für eine Patentierung erfüllen, d. h. er muss u. a. ausführbar, neu und erfinderisch sein (Schulte, PatG, 8. Aufl., § 34, Rdnr. 147, 148, 149 m. w. N.).

5. Die Gegenstände der Ansprüche gemäß Hauptantrag gehen in zulässiger Weise auf die ursprüngliche Offenbarung zurück.

6. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht gegenüber dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift

(1) JP 4-113799 A nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 1 in Verbindung mit § 4 PatG).

Zur Druckschrift (1) gibt es eine deutschsprachige Übersetzung, die auf Veranlassung der Prüfungsstelle erstellt wurde und die der Senat mit Hinweis vom 11. März 2013 in das Verfahren eingeführt hat. Im Folgenden wird auf Textstellen in dieser Übersetzung Bezug genommen.

Die Druckschrift (1) zeigt eine Fernbedienungssignal-Empfangsvorrichtung, die eine Mehrzahl von Empfangseinrichtungen und eine Mehrzahl von Signalverarbeitungseinheiten, jedoch keine Mehrzahl von Dekodierern aufweist. In Worten des geltenden Patentanspruchs 1 ausgedrückt, ist aus der (1) somit Folgendes bekannt (Unterschiede zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch Änderungskennzeichen gekennzeichnet): eine Fernbedienungssignal-Empfangsvorrichtung (S. 2, Anspruch 1), welche aufweist:

eine Mehrzahl von Empfangseinrichtungen, um ein Fernbedienungssignal zu empfangen (Lichtsender/-empfänger 3, S. 2, Anspruch 1, Fig. 2, Bezugszeichen D1);

3teilweise eine Mehrzahl von Dekodierern Signalverarbeitungseinheiten 9 (S. 8, zweiter Abs. und Fig. 2, Bezugszeichen 9), um das Fernbedienungssignal zu dekodierenumzuformen, um ein dekodiertes Signal in Rechteckform zu erzeugen,

3ateilweise wobei jeder der Dekodierer Signalverarbeitungseinheiten 9 mit einer entsprechenden Empfangseinrichtung 3 verbunden ist (Fig. 2); und

4teilweise einen Dekodierer-Auswahlteil (Umschalter 5), um einen aus der Mehrzahl von Dekodierern Signalverarbeitungseinheiten 9 auszuwählen (durch Auswahl des Lichtempfängers 3, S. 2, Anspruch 1 und Fig. 2),

5teilweise wobei die Mehrzahl von Dekodierern Signalverarbeitungseinheiten 9 ein Signal (Seite 15, mitte und Fig. 7(b)), das die Effektivität des Fernbedienungssignals angibt (dort Datensignale und Rauschsignale können identifiziert werden, S. 14 und S. 16, mitte), erzeugen, welches die Effektivität des Fernbedienungssignals angibt

5a und zwar basierend auf Identifikationsinformationen (Identifikationscode), die in dem Fernbedienungssignal enthalten sind (S. 14 und S. 16, mitte), und

6teilweise wobei der Dekodierer-Auswahlteil (5) den einen die eine aus der Mehrzahl von Dekodierern Signalverarbeitungseinheiten (dort durch Auswahl eines Lichtempfängers 3) in Übereinstimmung mit einem Signal, das die Effektivität des Fernbedienungssignals angibt, auswählt (S. 2, Anspruch 1 und Seite 16, mitte).

Die in der (1) beschriebenen Fernbedienungssignale enthalten einen Identifikationscode, der aus einem Infrarot-Impulszug von 10 ms Dauer und einem nachfolgenden Leersignal von 20 ms Dauer besteht (Fig. 7(a), Teil A und B sowie S. 14). Wenn dieser Identifikationscode ungestört empfangen wird, erzeugen die Signalverarbeitungseinheiten 9 ein Signal in Rechteckform, das ein 10 ms andauerndes Low-Signal gefolgt von einem 20 ms langen High-Signal umfasst (Fig. 7(b), S. 15 mitte und S. 16, mitte). Das Ausgangssignal der Signalverarbeitungseinheit 9 stellt mit dem oben angegebenen Verständnis des Fachmanns ein Signal dar, das die Effektivität bzw. Wirksamkeit des Fernbedienungssignals angibt, denn es zeigt Folgendes an:

ein Low-Signal zeigt an, dass ein Infrarot-Signal vorhanden ist (S. 12, zweiter Abs.), d. h. mit ausreichender Feldstärke empfangen wird; ein Low-Signal, dessen Dauer geringer als 10 ms ist, zeigt an, dass nicht Fernbedienungssignale, sondern Rauschsignale empfangen werden (S. 15, letzter vollständiger Satz); ein 10 ms andauerndes Low-Signal zeigt an, dass der Identifikationscode des Fernbedienungssignals empfangen wird, der möglicherweise von Rauschsignalen überlagert wird (S. 15, mitte und S. 16, zweiter vollständiger Satz); ein 10 ms andauerndes Low-Signal gefolgt von einem 20 ms langen High-Signal zeigt an, dass der empfangene Identifikationscode des Fernbedienungssignals nicht von Rauschsignalen überlagert ist (S. 16, mitte).

Der beanspruchte Gegenstand unterscheidet sich von der aus der (1) entnehmbaren Vorrichtung somit dadurch, dass an die Stelle der Mehrzahl von Signalverarbeitungseinheiten eine Mehrzahl von Dekodierern treten, um das Fernbedienungssignal zu dekodieren, um ein dekodiertes Signal zu erzeugen. Dieser Unterschied kann das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen, denn die (1)

vermittelt dem Fachmann die Lehre, dass eine Identifikationscodeerfassungs-/Umschaltersteuereinheit 4 den Identifikationscode erfasst (S. 6 letzter Abs., Fig. 2, Bezugszeichen 4) indem sie die Ausgänge der Signalverarbeitungseinheiten in den einzelnen Empfangseinheiten überwacht und die Pulsdauern (Dauer des LowSignals) sowie Pulspausen (Dauer des High-Signals) misst (S. 15 Mitte bis S. 16 Mitte), was der Fachmann im Zusammenhang mit pulsweiten- bzw. pulspausencodierten Fernbedienungssignalen als Dekodieren bezeichnet. Um Signale mehrerer Ausgänge zu dekodieren, hat der Fachmann Veranlassung, für jeden Ausgang der Signalverarbeitungseinheiten 9 jeweils einen Dekodierer in Betracht zu ziehen.

Die Anmelderin hat in der Verhandlung sinngemäß vorgetragen, dass die Ausgangssignale der Signalverarbeitungseinheiten nicht nur parallel, sondern auch von einem einzigen Dekodierer sequentiell dekodiert werden könnten. Dieses Argument kann nicht greifen, denn dann würden – ohne Vorkehrungen zur Signalspeicherung, zu der die (1) keine Anregung gibt – beim Erscheinen eines Low-Signals am Ausgang einer Signalverarbeitungseinheit für max. (10 + 20) ms die Ausgänge der anderen Einheiten nicht mehr überwacht werden können.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergibt sich nach Überzeugung des Senats somit in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik.

7. Mit dem neu vorgelegten Anspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag wird eine Fernbedienungssignal-Empfangsvorrichtung beansprucht, die hinsichtlich der Erzeugung des Signals, das die Effektivität des Fernbedienungssignals angibt, auf die konkrete Ausgestaltung nach dem Ausführungsbeispiel beschränkt ist. Aus dem Fernbedienungssignal wird die Identifikationsinformation extrahiert. Falls die extrahierte Information als Adressencode zum Spezifizieren der zu steuernden Vorrichtung in einer Beurteilungstabelle existiert, wird das Signal, dass die Effektivität des Fernbedienungssignals angibt, auf „1“ (effektiv) gesetzt, falls die extrahierte Information nicht in der Beurteilungstabelle existiert, wird das Signal auf „0“ (ineffektiv) gesetzt (vgl. Offenlegungsschrift, Sp. 4, Z. 59 bis Sp. 5, Z. 4).

8. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß 1. Hilfsantrag geht in zulässiger Weise auf folgende Offenbarungsstellen der am 14. Februar 2000 eingereichten englischsprachigen Unterlagen zurück: Ansprüche 1, 2, Fig. 2, 3, sowie Beschreibung, S. 6, letzter Abs. bis S. 7, zweiter Abs., S. 8, erster Abs., letzter Satz bis S. 9, erster Abs.

9. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach 1. Hilfsantrag ist gegenüber der Druckschrift (1) und den vom Senat mit Hinweis vom 11. März 2013 in das Verfahren eingeführten Druckschriften

(2) US 4 663 768 A

(3) Tietze, U., Schenk, Ch.: Halbleiter-Schaltungstechnik 8., überarbeitete Auflage, Berlin u. a.: Springer-Verlag, 1986, Vorwort und S. 193, 224, 225, 241, 242. ISBN: 3-540-16720-X.

neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

9.1 Keiner der Druckschriften können die Merkmale 7b, 7c, 7d und 8 des Patentanspruchs gemäß 1. Hilfsantrag entnommen werden.

9.2 Ausgehend von der Druckschrift (1) mag sich für den Fachmann in der Praxis die Anregung geben, in der Identifikationscodeerfassungs-/Umschaltersteuereinheit (Fig. 2, Bezugszeichen 4) Extrahierteile vorzusehen, um die Identifikationsinformation aus dem Fernbedienungssignal zu erfassen bzw. zu extrahieren (S. 14). Auch mag sich die Anregung ergeben, in der Identifikationscodeerfassungs-/Umschaltersteuereinheit Beurteilungsteile vorzusehen, um die extrahierten Identifikationsinformationen mit vorregistrierten Informationen zu vergleichen, denn um zu beurteilen (S. 15 Mitte), ob der Identifikationscode bestimmte Eigenschaften aufweist (Pulsdauer 10 ms, Pulspause 20 ms), müssen diese Eigenschaften notwendigerweise vorregistriert sein.

Aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik erhält der Fachmann jedoch keine Anregung, jeden der Mehrzahl von Dekodierern mit einer Beurteilungstabelle auszugestalten, in der als ldentifikationsinformation ein Adressencode zum Spezifizieren der zu steuernden bzw. zu bedienenden Vorrichtung gespeichert ist, wobei der Dekodier-Beurteilungsteil das Signal, das die Effektivität des Fernbedienungssignals angibt, auf effektiv setzt, wenn die extrahierten Identifikationsinformationen in der Beurteilungstabelle existieren und es auf ineffektiv setzt, wenn die extrahierten Identifikationsinformationen nicht in der Beurteilungstabelle existieren, denn dies eröffnet die Möglichkeit, die Effektivität des Signals auch vom jeweiligen Dekodierer abhängig zu machen, indem in den Dekodierern unterschiedliche Adressencodes gespeichert werden, die die zu steuernde Vorrichtung spezifizieren.

Damit gilt der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht nur als neu, sondern beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

9.3 Die gewerbliche Anwendbarkeit des Gegenstandes des Patentanspruches 1 gemäß 1. Hilfsantrag ist gegeben. Die Erfindung ist auch in der Anmeldung - unter Berücksichtigung des oben unter 3. dargelegten fachmännischen Verständnisses so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

9.4 Damit kann der Senat die fehlende Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patentanspruches 1 gemäß 1. Hilfsantrag nicht feststellen.

10. Das Verfahren ist jedoch noch nicht zur Entscheidung reif und die Anmeldung mit dem geltenden Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen. § 79 Abs. 3 Satz 1 PatG bestimmt, dass das Patentgericht die angefochtene Entscheidung aufheben kann, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. Eine Zurückverweisung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Gründe, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen, nicht mehr bestehen (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nummer 1 PatG), aber eine neue Sachprüfung erforderlich ist, weil die Patentfähigkeit noch nicht oder nicht ausreichend Gegenstand der Prüfung war (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nummer 1 und 3 PatG, vgl. Busse, PatG, 7. Aufl., § 79 Rdn. 77, 86, 87; Schulte, PatG, 8. Auflage, § 79 Rdn. 20, 27).

Dies ist vorliegend der Fall, da sich der Zurückweisungsbeschluss vom 13. Juni 2008 und auch die vorangegangenen Prüfungsbescheide maßgeblich auf Klarheitsbeanstandungen stützen, die nach Überzeugung des Senats zumindest gegenüber dem in der mündlichen Verhandlung als Hauptantrag gestellten Hilfsantrag vom 2. Oktober 2008 nicht berechtigt sind. Auch hat das Deutsche Patentund Markenamt im Verfahren nach § 44 PatG bislang nur das vor dem ersten Prüfungsbescheid geänderte bzw. in Erwiderung auf die Prüfungsbescheide geänderte Patentbegehren geprüft und augenscheinlich auch die Recherche darauf begrenzt. Durch den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Anspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag umfasst das Patentbegehren nunmehr Merkmale, die bei der Prüfung bislang nicht berücksichtigt wurden. Insbesondere ist aus der Akte nicht erkennbar, dass nach den im geltenden Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag enthaltenen Merkmalen 7d und 8, die aus der Beschreibung aufgenommen wurden, recherchiert wurde.

Nachdem nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein einer Patenterteilung entgegenstehender Stand der Technik existiert und eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche des relevanten Standes der Technik ergehen kann, wofür in erster Linie die Prüfungsstellen des Deutschen Patent- und Markenamts berufen sind, war die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Der Prüfungsstelle obliegt bei der erneuten Prüfung ebenso die Entscheidung darüber, ob die Anmeldung die sonstigen Erfordernisse des Patentgesetzes erfüllt.

11. Für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG bestand keine Veranlassung. Ob die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Senats. Sie ist veranlasst, wenn es aufgrund besonderer Umstände unbillig wäre, die Gebühr einzubehalten. Solche besonderen Umstände können u. a. auch in einem fehlerhaften Verfahren der Prüfungsstelle liegen, soweit der Verfahrensverstoß ursächlich für die Beschwerdeeinlegung war (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 73 Rdn. 132 ff. m. Nw.; Benkard, PatG, 10. Aufl., § 80 Rdn. 23 und 28 m. Nw.; BPatG BlPMZ 2006, 372, 374 - Frequenzsignal; BPatGE 47, 224, 231 - Mikroprozessor; 49, 154, 161 ff. - Tragbares Gerät; BPatG Mitt. 2010, 41, 43 - Mobilfunknetzwerk).

Vorliegend hat die Prüfungsstelle zwar verfahrensfehlerhaft gehandelt, indem sie die Anmeldung durch Beschluss vom 13. Juli 2008 zurückgewiesen hat, ohne zuvor die von der Anmelderin mit Eingabe vom 9. Mai 2008 hilfsweise beantragte Anhörung durchzuführen. Dies schon im Hinblick darauf, dass eine einmalige Anhörung im Prüfungsverfahren vor dem Patentamt nach überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung grundsätzlich als sachdienlich i. S. d. § 46 Abs. 1 Satz 2 PatG anzusehen ist, weil eine Anhörung Anmelder und Prüfer die Möglichkeit bietet, ihre – gegensätzlichen - Auffassungen ausführlich in Rede und Gegenrede zu erörtern, was in der Regel eine schnellere und bessere Klärung der Sach- und Rechtslage als eine schriftliche Auseinandersetzung und damit eine Förderung des Verfahrens verspricht (vgl. u. a. BPatGE 47, 224, 231 - Mikroprozessor; BPatGE 49, 111, 112 - Anhörung im Prüfungsverfahren; BPatG v. 10. August 2007, 14 W (pat) 16/05; BPatG v. 1. August 2008, 20 W (pat) 31/08; BPatG v. 21. April 2009, 21 W (pat) 47/05; Schulte, a. a. O., § 46 Rdn. 8-9 m. Nw.).

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt gleichwohl nicht in Betracht, da die fehlerhaft unterbliebene Anhörung nicht ursächlich für die Beschwerdeeinlegung war. Ohne eine Änderung in der Sach- und Rechtslage, die den Kausalverlauf hätte beeinflussen können, kann nicht hypothetisch unterstellt werden, dass der Prüfer allein durch die erneute Darlegung der Auffassung der Anmelderin in einer Anhörung zu der als unklar beanstandeten Begrifflichkeit „der Effektivität eines Signals“ seine Rechtsmeinung hierzu geändert und sich deshalb die Einlegung der Beschwerde erübrigt hätte. Dem steht auch nicht entgegen, dass sich die rechtliche Beurteilung der Prüfungsstelle jedenfalls in Bezug auf „ein Signal, das die Effektivität eines/des Fernbedienungssignals angibt“ im Beschwerdeverfahren letztlich als nicht zutreffend erwiesen hat. Denn eine unrichtige Beurteilung allein ist kein Grund für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr (vgl. Schulte, 8. Aufl., § 73 Rdn. 130 m. Nw.).

Dr. Hartung Kirschneck J. Müller Arnoldi Pü

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