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11 W (pat) 16/17

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 16/17 Verkündet am 15. Januar 2018

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache …

ECLI:DE:BPatG:2018:150118B11Wpat16.17.0

-2…

betreffend das Patent 10 2007 022 194 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2017 und 15. Januar 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter v. Zglinitzki, Dr.-Ing. Fritze und Dipl.-Ing. Wiegele beschlossen:

1. a)

b) 2.

Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. März 2017 abgeändert und das Patent DE 10 2007 022 194 mit den Patentansprüchen 1 bis 3 nach Hilfsantrag 7 vom 15. Dezember 2017 sowie der Beschreibung und den Zeichnungen Fig. 1 bis 3 gemäß Patentschrift beschränkt aufrechterhalten. Im Übrigen wird die Beschwerde der Einsprechenden zurückgewiesen. Die Beschwerde des Patentinhabers wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Auf die am 11. Mai 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung

„Vorrichtung zum Bearbeiten der Kanten und Oberflächen flächiger Werkstücke“

am 13. Mai 2015 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

Die Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Patent durch Beschluss vom 28. März 2017 im Umfang der erteilten Patentansprüche 2 bis 5 beschränkt aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Einsprechenden und des Patentinhabers.

Die Einsprechende macht geltend, der Patentgegenstand sei in der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne, und er sei auch nicht patentfähig, da nicht neu und auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

Zur Begründung ihres Vorbringens stützt sich die Einsprechende zum Stand der Technik auf folgende Unterlagen:

E8 DE 103 38 682 A1, E9 CN 2808429 Y mit Übersetzung, E10 Bibliografische Daten EPO mit Zusammenfassung zu E9, E11 Maschinenübersetzung EPO zu E9, E12 US 1,149,570 mit Übersetzung, E13 US 1,761,196 mit Übersetzung, E14 US 1,430,214, mit Übersetzung, E15 GB 387,885 mit Übersetzung, E16 WO 2005/053902 A1 mit Maschinenübersetzung EPO, E17 DE 411201,

E18 RU 2 268 132 C1, E19 EP 1 500 467 A1, E20 Maschinenübersetzung EPO zu E19, E21 US 2,171,060, E25 Köhler/Rögnitz: Maschinenteile Teil 2, 8. Auflage 1992, S. 460–461, E26 Der Große Brockhaus: 15. Auflage, Band 20, 1935, S. 539, E27 Hildebrand S.: Feinmechanische Bauelemente, 4. Auflage 1980, S. 438 –

439, 447, 482 – 484, E28 Internet Archive: http://de.wikipedia.org:80/wiki/Planetengetriebe,

13. Juni 2006, E29 Der Große Brockhaus: 15. Auflage, Band 14, 1933, S. 615, E30 Maschinenübersetzung der E18 ins Englische, E31 farbige Darstellungen von Figuren aus der E18, E32 farbige Darstellung von Figuren aus der E21, E33 farbige Darstellung von Figuren aus der E9, E34 Firmenpublikation "precision - Infos, Berichte und News - WEBER Maschinenfabrik, Kronach" Ausgabe 1 aus 10/2006, E35 US 5,964,006 A, E36 Übersetzung der E18 ins Deutsche, E37 Schaltpläne einer Weber-Maschine, die der in E8 dargestellten Vorrichtung entsprechen soll, E38 weitere Schaltpläne einer Weber-Maschine, die der in E8 dargestellten Vorrichtung entsprechen soll, E39 Auszug aus einem italienischen Handbuch einer Weber-Maschine, die der in E8 dargestellten Maschine entsprechen soll, E40 CE-Zertifizierung einer Weber-Maschine, die der in E8 dargestellten Maschine entsprechen soll, E41 Lieferprotokoll zu einer geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung, E42 US 5,105,583.

Im Streitpatent ist noch die DE 20 2005 010 997 U1 (D2) genannt.

Zudem hat die Einsprechende mit Anlagen E5 bis E7 auf Familienmitglieder des Streitpatents in anderen Staaten sowie mit Anlagen E22 bis E24 auf Unterlagen aus einem Verletzungsverfahren hingewiesen.

Die Einsprechende beantragt,

den angefochtenen Beschluss des Patentamts aufzuheben und das angegriffene Patent zu widerrufen.

Der Patentinhaber tritt dem Vorbringen der Einsprechenden entgegen und beantragt,

den angefochtenen Beschluss abzuändern und das Patent aufrechtzuerhalten, hilfsweise die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen, weiter hilfsweise das Patent jeweils mit den Patentansprüchen nach den Hilfsanträgen 1 bis 7 vom 15. Dezember 2017 in ihrer Reihenfolge beschränkt aufrechtzuerhalten.

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag (erteilte Fassung) mit hinzugefügter Gliederungsnummerierung lautet:

1.1 Vorrichtung zum Bearbeiten der Kanten und Oberflächen flächiger Werkstücke, umfassend

1.2 einen Maschinenrahmen (10) mit einer Werkstückauflage (12) und 1.3 mindestens einen Bearbeitungskopf (14) mit einem Werkzeugträ- ger (16), 1.4 der an dem Maschinenrahmen (10) um eine zur Werkstückauflage (12)

senkrechte erste Achse (28) drehbar gelagert und 1.5 mittels eines Antriebes antreibbar ist und 1.6 der mindestens zwei Werkzeuge (32) trägt,

1.7 die an dem Werkzeugträger (16) exzentrisch zur ersten Achse (28) jeweils um eine zur Werkstückauflagefläche (12) senkrechte zweite Achse (36) drehbar gelagert und

1.8 mit einem Planetenrad (44) verbunden sind, 1.9 das mit einem rahmenfesten zur ersten Achse koaxialen Sonnenrad (26) in Getriebeeingriff steht, 1.10 wobei der umlaufende Werkzeugträger (16) einen Wirkungskreis (46)

der Werkzeuge (32) definiert, dadurch gekennzeichnet, 1.11 dass mindestens zwei Bearbeitungsköpfe (14) so nebeneinander angeordnet sind, dass sich die Wirkungskreise (46) ihrer Werkzeuge (32) überschneiden, 1.12 wobei die Bewegung der Werkzeugträger (16) benachbarter Bearbeitungsköpfe (14) so gesteuert ist, dass die an ihnen angeordneten Werkzeuge in Umlaufrichtung gegeneinander versetzt sind, 1.13 dass die Werkzeugträger (16) zweier jeweils benachbarter Bearbeitungsköpfe (14) mit gegenläufigem Drehsinn angetrieben sind und 1.14 dass die Drehrichtung der Werkzeuge (32) gleich der Drehrichtung ihres jeweiligen Werkzeugträgers (16) ist.

Die geltenden Patentansprüche 2 und 3 nach Hauptantrag (erteilte Fassung) stimmen mit Patentanspruch 1 hinsichtlich der Merkmale 1.1 bis 1.13 überein. Sie unterscheiden sich jeweils durch das letzte Merkmal 2.14 bzw. 3.14, welches an Stelle des Merkmals 1.14 gesetzt ist:

2.14 dass die Drehrichtung der Werkzeuge (32) entgegengesetzt zur Drehrichtung ihres jeweiligen Werkzeugträgers (16) ist.

bzw. 3.14 dass die Drehrichtung der Werkzeuge (32) aller Werkzeugträger (16) gleich ist.

Rückbezogen auf diese Patentansprüche umfasst das erteilte Patent noch die Patentansprüche 4 und 5.

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2017 hat der Patentinhaber Hilfsanträge 1 bis 7 eingereicht.

Hilfsantrag 1 entspricht der erteilten Fassung des Patents ohne den erteilten Patentanspruch 1 entsprechend der von der Patentabteilung aufrechterhaltenen Fassung.

Hilfsantrag 2 entspricht Hilfsantrag 1 mit der Präzisierung nach dem Merkmal 1.13 im erteilten Patentanspruch 2:

1.15 dass die Planetenräder (44) jedes Bearbeitungskopfs (14) mit dem Sonnenrad (26) des Bearbeitungskopfs (14) über jeweils ein Zwischenzahnrad (48), 1.15a das im Werkzeugträger (16) auf einer Welle (50) frei drehbar gelagert ist, in Getriebeeingriff stehen, so.

Hilfsantrag 3 entspricht Hilfsantrag 2 mit der Präzisierung 1.9-3 das mit einem rahmenfesten zur ersten Achse koaxialen, eine Außenverzahnung aufweisendes Sonnenrad (26) in Getriebeeingriff steht,

in dem Merkmal 1.9 des erteilten Patentanspruchs 2.

Hilfsantrag 4 umfasst die erteilten Patentansprüche 3 bis 5 nunmehr als Patentansprüche 1 bis 3.

Hilfsantrag 5 entspricht Hilfsantrag 4 mit dem Merkmal 1.9-3 anstatt des Merkmals 1.9 sowie den Präzisierungen

1.16 1.17

, wobei der Antrieb der Werkzeuge (32) in dem ersten der benachbarten Bearbeitungsköpfe (14) durch direkten Eingriff zwischen dem Planetenrad (14) und dem Sonnenrad (26) erfolgt, und wobei der Antrieb der Werkzeuge (32) in dem zweiten der benachbarten Bearbeitungsköpfe (14) über ein Zwischenzahnrad (48) erfolgt, 1.15a das im Werkzeugträger (16) auf einer Welle (50) frei drehbar gelagert ist 1.15b und in Eingriff mit dem Sonnenrad (26) einerseits und dem Planetenrad (44) andererseits steht.

Hilfsantrag 6 entspricht Hilfsantrag 5 mit dem geänderten Merkmal 1.11 1.11-6 dass mindestens zwei Bearbeitungsköpfe (14) in einer einzigen Reihe quer zur Transportrichtung der Werkstücke so nebeneinander angeordnet sind, dass die gesamte Arbeitsbreite der Vorrichtung abgedeckt wird und dass sich die Wirkungskreise (46) ihrer Werkzeuge (32) überschneiden,.

Hilfsantrag 7 entspricht Hilfsantrag 6 mit der Präzisierung nach Merkmal 1.9-3 1.9-3a wobei das Sonnenrad (26) mit Hilfe von Schrauben mit einer mit einem Träger des Maschinenrahmen (10) verbundenen Lagerbuchse (22) zur drehbaren Lagerung des Werkzeugträgers (16) verbunden ist,.

und der Angabe 1.18 dass bei einem ersten von zwei benachbarten Bearbeitungsköpfen (14) die Drehrichtung der Werkzeuge (32) gleich der Drehrichtung des Werkzeugträgers (16) ist und 1.19 dass bei dem zweiten der zwei benachbarten Bearbeitungsköpfe (14) die Drehrichtung der Werkzeuge (32) entgegengesetzt zur Drehrichtung des Werkzeugträgers (16) ist, so vor dem Merkmal 3.14.

Zu den auf diese Patentansprüche rückbezogenen Patentansprüchen entsprechend den Patentansprüchen 4 und 5 der erteilten Fassung und den weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Patentinhabers ist zulässig, aber unbegründet, da das Patent nicht im erteilten Umfang aufrechterhalten werden kann.

Die Beschwerde der Einsprechenden ist lediglich insoweit erfolgreich, als sie zur weiteren Beschränkung des Patents gemäß Hilfsantrag 7 des Patentinhabers führt.

1. Die Beschwerden sind zulässig.

Dies gilt auch für die von der Patentanwältin W… am 27. April 2017 „Für die Anmelderin“ eingelegte Beschwerde. Aus dem Inhalt der im vorangegangenen Verfahren vor dem Patentamt angefallenen Akten sowie den Betreff-Angaben im Beschwerde-Schriftsatz geht eindeutig hervor, dass die Beschwerde ist für die Einsprechende eingelegt worden ist. Die diesbezügliche Rüge hat der Patentinhaber in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr aufrechterhalten.

2. Der Einspruch ist zulässig.

Der Patentinhaber hatte zunächst gerügt, der Einspruch sei unzulässig, denn die Einsprechende hätte sich innerhalb der Einspruchsfrist nicht mit sämtlichen Merkmalen der Gegenstände der Patentansprüche auseinandergesetzt und sei daher nicht substantiiert. Auch diese Rüge hat er in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten.

Das Streitpatent ist am 13. Mai 2015 veröffentlicht worden. Am 5. Januar 2017 und somit innerhalb von neun Monaten nach Veröffentlichung der Patenterteilung ist Einspruch auf elektronischem Wege eingelegt worden. Die Eingabe ist gemäß Signaturprotokoll fortgeschritten signiert. Der Eingabe beigefügt ist auch ein Mandat für die zu zahlende Einspruchsgebühr.

Als Widerrufsgründe werden mangelnde Patentfähigkeit und mangelnde Ausführbarkeit gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 und 2 PatG geltend gemacht. Es kann dahinstehen, ob sich die Einsprechende hinsichtlich der Entgegenhaltungen mit den Merkmalen der Patentansprüche so auseinandergesetzt hat, dass der Einspruch substantiiert ist. Er ist nämlich jedenfalls aufgrund des Weiteren geltend gemachten Widerrufsgrundes der mangelnden Ausführbarkeit zulässig.

Die Einsprechende hat u. a. vorgebracht, die behauptete Lehre – Verringerung des Achsabstandes – sei mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche nicht über den gesamten beanspruchten Bereich zu verwirklichen. Der ursprünglich nicht offenbarte Effekt, dass durch die gegenläufige Drehung benachbarter Werkzeugträger der Achsabstand benachbarter Werkzeugträger verringert und damit der Überlappungsbereich benachbarter Schleifköpfe vergrößert werden könne, trete nicht im gesamten beanspruchten Bereich auf. Für den Effekt seien gleiche Drehgeschwindigkeiten der Werkzeugträger sowie ein maximaler Winkel von 180° zwischen den Werkzeugen Voraussetzung, die jedoch nicht vom Anspruchswortlaut umfasst sei. Das Patent sei auch auf Ausgestaltungen mit mehr als zwei Werkzeugen gerichtet, die mehr als zwei Werkzeuge mit überlappenden Bereichen umfassten. Dies könne jedoch nur unter ganz bestimmten Bedingungen an Drehgeschwindigkeit und Winkel erreicht werden, die weder im Anspruchswortlaut noch in der Beschreibung angegeben sind.

Dies ist jedoch keine Frage der Substantiierung, sondern der Begründetheit.

3. Das Streitpatent betrifft Vorrichtungen zum Bearbeiten der Kanten und Oberflächen flächiger Werkstücke.

In der Beschreibung ist ausgeführt, solche Vorrichtungen umfassend einen Maschinenrahmen mit einer Werkstückauflage und mindestens einen Bearbeitungskopf mit einem Werkzeugträger, der an dem Maschinenrahmen um eine zur Werkstückauflage senkrechte erste Achse drehbar gelagert und mittels eines Antriebes antreibbar ist und der mindestens zwei Werkzeuge trägt, die an dem Werkzeugträger exzentrisch zur ersten Achse jeweils um eine zur Werkstückauflagefläche senkrechte zweite Achse drehbar gelagert und mit einem Planetenrad verbunden sind, das mit einem rahmenfesten zur ersten Achse koaxialen Sonnenrad in Getriebeeingriff steht, wobei der umlaufende Werkzeugträger einen Wirkungskreis der Werkzeuge definiert (entspricht den Merkmalen 1.1 bis 1.10), seien beispielsweise aus der Druckschrift DE 103 38 682 A1 (E8) bekannt. Die bekannte Vorrichtung weise mehrere scheibenförmige Schleif- oder Bearbeitungsköpfe auf, die in zwei quer zur Bewegungsrichtung des Werkstückes ausgerichteten, in Vorschubrichtung des Werkstückes aufeinanderfolgenden Reihen angeordnet seien, wobei die beiden Schleifkopfreihen quer zur Bewegungsrichtung des Werkstückes derart gegeneinander versetzt seien, dass die Schleifköpfe der einen Reihe – in Bewegungsrichtung des Werkstückes betrachtet – die Lücken zwischen den Schleifköpfen der anderen Reihe schließen. Damit werde zwar die gesamte Arbeitsbreite der Vorrichtung von den Schleifwerkzeugen abgedeckt, jedoch benötigte die Vorrichtung in Vorschubrichtung des Werkzeuges relativ viel Raum.

Es solle daher die Aufgabe gelöst werden, eine solche Vorrichtung anzugeben, bei der einerseits die gesamte Arbeitsbreite der Vorrichtung von den Werkzeugen überstrichen werde, die andererseits in Richtung des Werkstückvorschubes jedoch wenig Raum beanspruche (Streitpatent Abs. [0004]).

Die Lösung dieses Problems wird durch die Merkmale 1.11 bis 1.13 erreicht, nämlich ein Überschneiden der Wirkungskreise der Werkzeuge, ihren Versatz sowie ein gegenläufiger Drehsinn der Werkzeugträger. Davon zu unterscheiden sind die technischen Effekte, die durch Merkmal X.14 sowie durch die weiteren gemäß den Hilfsanträgen hinzugefügten Merkmale erzielt werden können. Sie sind für die Raumbeanspruchung der Vorrichtung in Vorschubrichtung des Werkstücks ohne Bedeutung. Als objektive Aufgabe kann daher die Konstruktion einer kompakten alternativen Vorrichtung zur Bearbeitung von Kanten und Oberflächen flächiger Werkstücke angesehen werden.

Zutreffend hat die Patentabteilung als den mit der Lösung dieser Probleme betrauten Fachmann einen Absolventen eines Ingenieurstudiengangs des Maschinenbaus mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Vorrichtungen zur Bearbeitung von Kanten und Oberflächen von flächigen Werkstücken angenommen, mit Fachkenntnissen im Bereich der Bearbeitung von Materialoberflächen, wie Entgraten, Schleifen und Polieren von verschiedenen Materialien, etwa Metall, Holz, Glas und Stein. Das Streitpatent geht von einer Maschine mit Werkzeugen in einer Planeteneinheit aus. Entsprechend wird der hier zu betrachtende Konstrukteur und Entwickler zumindest auch grundlegende Kenntnisse vom Aufbau solcher Planeteneinheiten besitzen. Eine Planetärbewegung der Werkzeuge zieht der Fachmann bei flächigen Werkstücken dort in Erwägung, wo es darauf ankommt, komplexe Strukturen zu bearbeiten, etwa beim Entgraten. Durch die Planetärbewegung der Werkzeuge, z. B. einer Tellerbürste, wird jede Kante erreicht. Durch die Überlagerung der Bewegung des Werkzeugträgers und der Eigenrotation des Werkzeugs bleibt die Oberfläche frei von kreisförmigen Kratzern (der Elemente des Werkzeugs wie Borste, Schleifkorn). Zum Erzielen der Schleifwirkung ist zudem eine Vorschubbewegung erforderlich. Dies kann durch Bewegen des Werkzeugs oder des Werkstücks erfolgen.

Weil die zu lösenden Probleme unabhängig davon sind, ob die Oberflächenbearbeitungsmaschinen Werkstückauflagen aufweisen oder nicht, berücksichtigt der Fachmann Stand der Technik, der Maschinen mit und ohne Werkzeugauflagen umfasst.

Das Streitpatent schlägt vor, mindestens zwei Bearbeitungsköpfe der Vorrichtung so nebeneinander anzuordnen, dass sich die Wirkungskreise ihrer Werkzeuge überschneiden, wobei die Bewegung der Werkzeugträger benachbarter Bearbeitungsköpfe so gesteuert ist, dass die an ihnen angeordneten Werkzeuge in Umlaufrichtung gegeneinander versetzt sind. Die Werkzeugträger zweier jeweils benachbarter Bearbeitungsköpfe sind dabei mit gegenläufigem Drehsinn angetrieben (Merkmale 1.11 bis 1.13). Damit wird eine Lösung für das im Streitpatent explizit angegebene Problem vorgeschlagen. Zusätzlich werden die beanspruchten Vorrichtungen der erteilten Fassung noch durch die Vorgabe der Drehrichtung der Werkzeuge definiert (Merkmal X.14).

Das Merkmal 1.9 stellt sich dem Fachmann wie folgt dar: Der Getriebeeingriff des Planetenrades mit dem Sonnenrad ist als eine Kraftübertragung zwischen den beiden aufzufassen, sei es durch einen direkten Eingriff der Räder ineinander oder mittelbar durch ein oder mehrere weitere Elemente, die als Teile eines Getriebes wirken, wie z. B. ein Zwischenzahnrad. Das „rahmenfeste“ Sonnenrad gibt an, dass das Sonnenrad gegenüber dem Maschinenrahmen nicht beweglich ist, insbesondere sich auch nicht um seine eigene Achse drehen kann. Dies ergibt sich aus dem Ausführungsbeispiel nach Fig. 2 i. V. m. Abs. [0017] und [0015] der Beschreibung, gemäß der „maschinenrahmenfest“ das Anschrauben an einer Lagerbuchse sein kann, die ihrerseits am Träger des Maschinenrahmens verschraubt ist.

4. Der Patentgegenstand in der erteilten Fassung ist so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen kann.

Das Patent gibt dem Fachmann die entscheidende Richtung an, wie er die beanspruchten Vorrichtungen räumlich-körperlich ausgestalten soll, um sie nach der im jeweiligen Kennzeichen der Patentansprüche genannten Funktionsweise benutzen zu können, zumal – unbestritten – konkrete Ausführungsformen in der Beschreibung und den Figuren explizit erläutert werden.

Zunächst ist anzumerken, dass für die ausführbare Offenbarung der Inhalt des Patents als Ganzes und nicht nur die Patentansprüche als solche maßgeblich sind. Wie schon der Stand der Technik zeigt (z. B. E17, Abb. 2), ist es bei gegenläufiger Drehung benachbarter Werkzeugträger mit Überlappungsbereichen benachbarter Bearbeitungsköpfe keinesfalls Voraussetzung, nur zwei Werkzeuge mit einem maximalen Winkel von 180° zwischen ihnen am Werkzeugträger vorzusehen. Vielmehr kommt es darauf an, benachbarte Werkzeugträger so zu bewegen, dass die von ihnen getragenen Werkzeuge sich nicht gegenseitig behindern. Dem trägt das Streitpatent durch das Merkmal 1.12 Rechnung. Mit ihm wird der Fachmann darauf hingewiesen, dass er Maßnahmen ergreifen muss, die die versetzte Anordnung der Werkzeuge an benachbarten Bearbeitungsköpfen sicherstellen. Im Ausführungsbeispiel nach Fig. 1 geschieht dies offensichtlich bei gleich groß bemessenen Bearbeitungsköpfen über deren gleiche Rotationsgeschwindigkeit um eine jeweils zentrale Achse. Ausdrücklich wird in Abs. [0018] darauf hingewiesen, dass die Erhaltung des Versatzes etwa über von einem gemeinsamen Motor angetriebenen Zahnrädern sichergestellt werden kann.

Ohne den Einwand der Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) geltend zu machen, hat die Einsprechende darauf hingewiesen, dass sich die Figur 1 des erteilten Patents von der am Anmeldetag eingereichten Figur 1 unterscheidet. Die die Drehrichtung der Planetenräder 44 angebende Pfeilrichtung ist jeweils umgekehrt worden. Auch in der Beschreibung ist die entsprechende Angabe im Zusammenhang mit Figur 2 von „Werkzeuge 32 entgegengesetzt der Umlaufrichtung“ (vgl. Abs. [0017] OS) in „Werkzeuge 32 gleich der Umlaufrichtung“ (vgl. Abs. [0019]

Streitpatent) geändert worden. Die ursprüngliche – nicht beanspruchte – Variante war offensichtlich nicht ausführbar und unrichtig, so dass die Korrektur zulässig ist.

Die beanspruchten Vorrichtungen an sich sind wörtlich so in den ursprünglichen Patentansprüchen enthalten. Die Patentansprüche 1, 2 und 3 entsprechen nämlich den ursprünglichen Patentansprüchen 5 bis 7 in ihrem Rückbezug auf die Patentansprüche 4 und 1.

Demnach greifen die Einwände der Einsprechenden bezüglich der Ausführbarkeit nicht durch.

5. Die Vorrichtung zur Bearbeitung der Kanten und Oberflächen flächiger Werkstücke gemäß Patentanspruch 3 in der erteilten Fassung ist nahegelegt.

a) Die beanspruchten Vorrichtungen sind neu.

Aus der (im Streitpatent genannten) Druckschrift E8 ist eine Vorrichtung 10 zum Bearbeiten flächiger Werkstücke 14 (vgl. Titel) bekannt. Sie ist geeignet, Kanten und Oberflächen der Werkstücke zu bearbeiten (vgl. z. B. Fig. 1 Bearbeitung in der Fläche, Fig. 4 Bearbeitung einer Kante; Merkmal 1.1). Als Werkstückauflage umfasst die Vorrichtung ein Transportband 12 in einer horizontalen Beförderungsebene, als Bearbeitungsköpfe sind Planetenschleifköpfe 18a bis 18d vorgesehen und als Werkzeugträger Planetenträger 20 (vgl. Fig. 1 und 7). Der Planetenträger 20 ist um eine vertikale, eine erste senkrechte Achse darstellende Trägerachse 22 drehbar (vgl. Abs. [0023]). Unablässig ist das Vorhandensein eines Rahmens, an dem die Trägerachsen 22 gelagert sind und um deren relative Position zueinander festlegen (Merkmale 1.2 bis 1.4). Der Planetenträger 20 dreht sich (vgl. Abs. [0023]), ist daher also mittels eines wie auch immer gestalteten Antriebes antreibbar (Merkmal 1.5). Am Planetenträger 20 sind mehrere Werkzeuge (Schleifbürsten 24; vgl. Fig. 1; Merkmal 1.6) vorgesehen, die an ihm exzentrisch zur ersten Achse (Trägerachse 22) jeweils um eine zum Transportband 12 senk- rechte zweite Achse (Bürstenachse 26) drehbar gelagert und mit einem Planetenrad (Ritzel 56) verbunden sind (vgl. Fig. 1 i. V. m. Fig. 7 und Abs. [0033]; Merkmale 1.7, 1.8). Das Ritzel 56 kämmt mit dem Sonnenrad 58, ist also mit ihm in Getriebeeingriff (vgl. Abs. [0033, Fig. 6), und das Sonnenrad 58 muss koaxial zur Trägerachse 22 des Schleifkopfes (z. B. 18a) bzw. des Planetenträgers 20 angeordnet sein (Teilmerkmal 1.9). Trivialerweise definieren die umlaufende Schleifköpfe 18a bis d jeweils einen Wirkungskreis der Schleifbürsten 24 (Merkmal 1.10).

Auch wenn im Streitpatent so angegeben, kann der Druckschrift E8 nicht entnommen werden, die dort beschriebene Vorrichtung enthalte zwingend ein rahmenfestes Sonnenrad. Der für die Prüfung der Patentfähigkeit einer technischen Lehre maßgebliche Stand der Technik ist nicht nach den Aussagen und subjektiven Vorstellungen des Anmelders hierüber, sondern vielmehr von Amts wegen nach den objektiven Gegebenheiten zu beurteilen. Gleichwohl kann dieses im Streitpatent als bekannt dargestellte Merkmal nicht die Erfindung darstellen oder zu ihr gehören. Die bekannte Vorrichtung weist auch nicht die Merkmale 1.11 bis 1.13 auf.

Ein drehfestes Sonnenrad – ob auch rahmenfest, sei hier dahingestellt – weisen allenfalls die aus den Druckschriften E9, E18 und E21 bekannten Bodenschleifmaschinen, deren Maschinenrahmen nicht mit einer Werkstückauflage versehen ist (Merkmal 1.2) sowie die aus der Druckschrift E14 bekannte Vorrichtung auf, bei der die Werkzeugträger zweier jeweils benachbarter Bearbeitungsköpfe in die gleiche Richtung drehen (vgl. Fig. 2, 3, Merkmal 1.13).

b) Die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 3 ist jedoch nahegelegt.

Das Streitpatent setzt zutreffend voraus, dass Vorrichtungen zum Bearbeiten der Kanten und Oberflächen flächiger Werkstücke umfassend einen Maschinenrahmen mit einer Werkstückauflage bekannt seien. Das Patent geht auf den Maschinenrahmen und die Auflage nicht weiter ein, sondern befasst sich mit der Bewegung der Bearbeitungsköpfe bzw. ihrer Werkzeugträger und der in diesen gelager- ten Werkzeugen der Vorrichtungen. Daher sind auch Oberflächenbearbeitungsmaschinen ohne Werkstückauflagen als Stand der Technik zu berücksichtigen (s. S. 13 oben).

Mit Verweis auf die Druckschrift DE 20 2005 010 997 U1 (D2, siehe dort Abs. [0002] bis [0005]) geht das Streitpatent auch davon aus, dass es zum Erreichen einer geringen Baubreite in Vorschubrichtung der Werkstücke bekannt ist, von auf Lücke in zwei Reihen gesetzten Schleifern abzuweichen und diese in einer Reihe so nebeneinander anzuordnen, dass sich die Wirkungskreise benachbarter Schleifteller überlappen (Merkmal 1.11 bzw. 1.11-6).

Zur Erfüllung der technischen Funktion des Bearbeitens von Kanten und Oberflächen von Werkstücken mit möglicherweise komplexen Strukturen wird der Fachmann an dem Prinzip eines Bearbeitungskopfes mit Planetärbewegung der Werkzeuge festhalten. Die vorgegebene einschränkende Bedingung, nämlich eine kompakte Bauweise der Vorrichtung in Vorschubrichtung zu realisieren, führt schon allein aufgrund der Analyse des Standes der Technik unmittelbar zu dem grundlegenden Prinzip der Reihenanordnung mit überlappenden Wirkungskreisen von Bearbeitungsköpfen mit mindestens zwei Werkzeugen, wobei die Bewegung der Werkzeugträger benachbarter Bearbeitungsköpfe so gesteuert sein muss, dass die an ihnen angeordneten Werkzeuge in Umlaufrichtung gegeneinander versetzt sind und dass die Werkzeugträger zweier jeweils benachbarter Bearbeitungsköpfe mit gegenläufigem Drehsinn angetrieben sind (entsprechend den Merkmalen X.11 bis X.13). Dies ist seit langem bekannt und in mehreren der im Verfahren genannten Druckschriften im Zusammenhang mit Vorrichtungen umfassend einen Maschinenrahmen sowohl mit Werkstückauflage (z. B. E12 (Fig. 2, S. 2, Z. 50 ff.; E17 (Abb. 2, S. 2, Z. 27 ff.; E19 (Fig. 1)) als auch ohne Werkstückauflage (z. B. E18 (Fig. 2); E21 (Fig. 3 i. V. m. Übergangsabs. zw. den Spalten der Seite 2)) erläutert.

Die Übertragung dieses bekannten Prinzips auf eine gattungsgemäße Vorrichtung liegt daher nahe. In der Druckschrift E8 ist zwar nicht eindeutig beschrieben, ob das Sonnenrad rahmenfest ist oder nicht. Die Funktion des Sonnenrades besteht darin, das Planetenrad (Ritzel 56) und damit die Schleifbürste 24 in eine kontrollierte Eigenrotation zu versetzen. Dazu ist eine Relativbewegung zwischen Planetenträger 20 und Sonnenrad 58 erforderlich. Um die Planetenräder (Ritzel 56) mit hoher Drehzahl bei vergleichsweise niedriger Drehzahl des Planetenträgers 20 anzutreiben (vgl. Abs. [0023]) ist ein gegenüber dem Maschinenrahmen stillstehendes oder ein im Gegensinn zum Planetenträger 20 rotierendes Sonnenrad 58 erforderlich. Als einfachste Lösung bietet sich ein stillstehendes Sonnenrad an, weil ein solches keine weiteren Maßnahmen zu seinem Antrieb erfordert. Entsprechende konstruktive Lösungen sind aus den Druckschriften E9 (Fig. 2, Kupplung 3 in Eingriff mit großem Planetenrad, d. h. mit Sonnenrad 1, vgl. Seite 5, Zeilen 5 bis 8 der Übersetzung), E18 (vgl. Fig. 10, 11, festes Sonnenrad 15) und E21 (vgl. Fig. 4 i. V. m. Übergangsabsatz Seite 1 zu 2, feststehendes Sonnenrad 28) bekannt.

Der Patentinhaber macht geltend, im Stand der Technik (z. B. E18) seien bei den beschriebenen Maschinen dieser Art unterschiedliche Drehrichtungen der Werkzeuge an den einzelnen Bearbeitungsköpfen vorgesehen. Es gebe keinen Hinweis, alle Werkzeuge einer Maschine in die gleiche Richtung drehen zu lassen (Merkmal 3.14) oder drehrichtungsabhängig wirkende Werkzeuge zu verwenden. Schon Kostengründe sprächen dafür, identische Bearbeitungsköpfe zu verwenden.

Dem kann so nicht gefolgt werden. Es mag zutreffen, dass der Fachmann eine Lösung in Betracht zieht, die gleich aufgebaute Bearbeitungsköpfe beinhaltet. Das Anordnen der aus der Druckschrift E8 bekannten Bearbeitungsköpfe in einer Reihe quer zur Vorschubrichtung der Werkzeuge mit überlappenden Wirkungskreisen führt unmittelbar dazu, dass die Werkzeuge benachbarter Bearbeitungsköpfe entsprechend diesen gegensinnig drehen. Bei drehrichtungsunabhängig wir- kenden Werkzeugen kommt es auch nicht darauf an, in welche Richtung die Werkzeuge drehen. Wie jedoch selbst der Patentinhaber vorgetragen hat, werden bei der Bearbeitung von Kanten und Oberflächen auch drehrichtungsabhängig wirkende Werkzeuge verwendet. Die Vorrichtung so zu gestalten, dass die Drehrichtung der Werkzeuge aller Werkzeugträger gleich ist (Merkmal 3.14) ist dann eine zwingend zu erfüllende Randbedingung, wenn gleiche Werkzeuge verwendet werden sollen. Mit der Werkzeugfestlegung ist die Drehrichtung vorgegeben, damit überhaupt eine Schleifwirkung erzielt werden kann. Eine konkrete Lösung, die über die Teilproblemstellung hinausgeht, enthält der Patentanspruch nicht. Gleichwohl führt die Vorgabe dazu, dass die Bearbeitungsköpfe nicht identisch sein können. Technisch realisierbar wäre zwar auch eine Vorrichtung mit gleich gestalteten Bearbeitungsköpfen. Dies setzte allerdings die Verwendung unterschiedlicher, in entgegengesetzter Drehrichtung wirkender Werkzeuge an benachbarten Bearbeitungsköpfen voraus. Auch dies ist eine Kostenfrage und birgt zudem die nicht zu vernachlässigende Gefahr der Verwechslungsmöglichkeit der Werkzeuge.

Nach alledem ist eine durch Patentanspruch 3 in der erteilten Fassung definierte Vorrichtung als eine vom Fachmann erwogene Konstruktion nahegelegt und eine Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge 1 bis 4, die allesamt den erteilten Patentanspruch mit umfassen, kommt daher nicht in Betracht.

6. Die Vorrichtung zur Bearbeitung der Kanten und Oberflächen flächiger Werkstücke gemäß Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 5 ist ebenfalls nicht patentfähig.

a) Die beanspruchte Vorrichtung ist im Streitpatent offenbart.

Es mag zutreffen, dass weder im Streitpatent noch in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung in den Textbestandteilen eine Außenverzahnung eines rahmenfesten, zur einer ersten Achse koaxialen Sonnenrades, mit dem ein Planetenrad im Getriebeeingriff steht (Merkmal 1.9-3) wörtlich erwähnt wird. Gleichwohl ist festzustellen, dass sämtliche Figuren, anhand derer ein Ausführungsbeispiel dargestellt und erläutert wird, unmittelbar und eindeutig eine Außenverzahnung des Sonnenrades erkennen lassen. Die dort dargestellten Sonnenräder sind mit einer äußeren Verzahnung versehen, zumal es sich bei den Planetenrädern 44 um auf dem Sonnenrad 26 abrollende Ritzel handelt (vgl. z. B. Fig. 1, 2 i. V. m. Abs. [0017]).

Aus der Kombination der Merkmale 1.13 und 3.14 folgt unmittelbar, dass die Werkzeugträger zweier jeweils benachbarter Bearbeitungsköpfe mit gegenläufigem Drehsinn angetrieben sind und bei gleichem Drehsinn der Werkzeuge aller Werkzeugträger sich die Werkzeuge in den einen Bearbeitungsköpfen entgegengesetzt zur Drehrichtung des Werkzeugträgers drehen und in dazu benachbarten Bearbeitungsköpfen gleichsinnig zu den Werkzeugträgern (vgl. Abs. [0019]). Es kommt nach fachmännischem Verständnis nur auf die alternierende Drehrichtung der Werkzeuge bezüglich der Drehrichtung benachbarter Werkzeugträger an, unabhängig davon, welche Position ein bestimmter Bearbeitungskopf einnimmt, ob in Vorschubrichtung der Werkstücke oder entgegengesetzt dazu betrachtet.

Bei dem ersten der benachbarten Bearbeitungsköpfe handelt es sich demnach um den ersten Bearbeitungskopf einer Reihe von mindestens zwei Bearbeitungsköpfen (Merkmal 1.11) und bei dem zweiten der benachbarten Bearbeitungsköpfe um den unmittelbar daran in der Reihe angeordneten Bearbeitungskopf. Dies mag in Ermangelung der Angabe, ob die Vorrichtung in Vorschubrichtung oder entgegengesetzt dazu zu betrachten ist, zu mehreren möglichen Varianten führen. Dies ist jedoch nicht unklar im Sinne von unbestimmt oder nicht festlegbar, sondern lediglich weit gefasst.

Aus der Fig. 1 i. V. m. Abs. [0019] der Beschreibung sowie Fig. 3 geht auch eine konkrete konstruktive Anordnung hervor mit einem Antrieb der Werkzeuge in dem ersten der benachbarten Bearbeitungsköpfe (Position 1) durch direkten Eingriff zwischen dem Planetenrad und dem Sonnenrad und mit einem Antrieb der Werkzeuge in dem zweiten der benachbarten Bearbeitungsköpfe (Position 2) über ein Zwischenzahnrad (Merkmale 1.16, 1.17), das im Werkzeugträger auf einer Welle frei drehbar gelagert ist und in Eingriff mit dem Sonnenrad einerseits und dem Planetenrad andererseits steht (Merkmale 1.15a, 1.15b). Das Ausführungsbeispiel geht davon aus, dass die Bearbeitungsköpfe alternierend auf die angegebene Art und Weise gleich ausgebildet sind.

Demnach liegen die gerügten Offenbarungsmängel nicht vor. Die beanspruchte Vorrichtung geht eindeutig aus der Beschreibung und den Figuren hervor.

b) Die Vorrichtung zur Bearbeitung der Kanten und Oberflächen flächiger Werkstücke gemäß Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 5 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Schon bei der aus der Druckschrift E8 bekannten Vorrichtung zum Bearbeiten von Kanten und Oberflächen ist die Planeteneinheit mit einem außenverzahnten, zu einer ersten Achse koaxialen Sonnenrad 58 ausgestaltet, mit dem ein Planetenrad (Ritzel 56) im Getriebeeingriff steht (vgl. Fig. 7; Merkmal 1.9-3). Das trifft auch auf das drehbare Sonnenrad 45 der in Bezug genommenen, aus der Druckschrift E42 bekannten Vorrichtung zu (vgl. z. B. Fig. 1 und 2) und ist auch bei anderen bekannten Vorrichtungen mit Planeteneinheiten entsprechend vorgesehen (vgl. z. B. E9, Fig. 2, „großes Planetenrad“ 1; E18, Fig. 11, Sonnenrad 15; E21, Fig. 4, Sonnenrad 28). Dementsprechend wird der Fachmann dieses bekannte Konstruktionsmerkmal von Planeteneinheiten durchaus bei der Lösung der ihm gestellten Aufgaben beibehalten.

Aufgrund der Vorgabe einer bestimmten Drehrichtung der Werkzeuge muss der Fachmann konstruktive Maßnahmen ergreifen, die dies ermöglichen. Die hier vorgegebene Bedingung einer in Vorschubrichtung schmal bauenden Maschine und die naheliegende Verwendung gegensinnig drehender Werkzeugträger an be- nachbarten Bearbeitungsköpfen erfordert, die Werkzeuge an dem einen Bearbeitungskopf in die eine Richtung, etwa in Richtung des Werkzeugträgers, zu drehen, an den dazu benachbarten Bearbeitungsköpfen jedoch gegensinnig zum Werkzeugträger.

Überall dort im Stand der Technik, wo die Drehrichtung der Werkzeuge der des Werkzeugträgers entspricht, erfolgt der Antrieb der Werkzeuge in dem Bearbeitungskopf durch direkten Eingriff zwischen dem Planetenrad und dem außenverzahnten Sonnenrad (Merkmal 1.16; vgl. E8, Fig. 7; E14, Fig. 3 i. V. m. Seite 2 li. Sp. letzter Abs.; E18, Fig. 11; E21, Fig. 3; E42, Fig. 5 i. V. m. Fig. 2 und 1).

Um eine entgegengesetzte Drehrichtung zu erzielen, ist das Mittel der Wahl für den Zahnrädergetriebe einsetzenden Konstrukteur die Verwendung von Zwischenrädern (vgl. z. B. E25, S. 460, Zwischenräder-Paarungen Nr. 1). Auch auf dem einschlägigen Fachgebiet wird diese Methode angewandt (vgl. E14, Fig. 2 und 3 Zwischenzahnräder 10, 17 i. V. m. Seite 1, Zeilen 77 bis 90, und Seite 2, Zeilen 33 bis 55; E 42, Fig. 1, 2 und 4 Zwischenzahnrad 47; Merkmal 1.17).

Das Zwischenzahnrad muss mit dem Planetenrad und dem Sonnenrad in Eingriff bleiben, damit die Eigenrotation der Werkzeuge gewährleistet ist (Merkmal 1.15b). Daraus folgt zwangsläufig, dass das Zwischenzahnrad wie das auf dem Werkzeugträger gehaltene Werkzeug mit Planetenrad mit diesen mit der gleichen Winkelgeschwindigkeit entsprechend der des Werkzeugträgers mitbewegt werden muss. Demnach muss das auf dem drehfesten Sonnenrad abrollende Zwischenzahnrad frei drehbar sein und vom Werkzeugträger mitgenommen werden, also in ihm gelagert sein. Soweit Merkmal 1.15a die Lagerung auf einer Welle fordert, ist dies allgemein dahingehend zu verstehen, dass ein Bauteil vorgesehen ist, mit dem oder relativ zu dem das Zwischenzahnrad drehen kann und das das Zwischenzahnrad in seiner Lage bezüglich dem Werkzeugträger festlegt. Entsprechend Fig. 3 des Streitpatents ist mit dem Begriff „Welle“ kein sich drehendes Maschinenelement im engeren Sinn zu verstehen, sondern kann auch ein Stift, Bol- zen, Achse o. dgl. sein (vgl. z. B. E14, aus Werkzeugträger 12 vorstehender Bolzen mit darauf gelagertem Zwischenzahnrad 17; Merkmal 1.15a).

7. Auch die Vorrichtung zur Bearbeitung der Kanten und Oberflächen flächiger Werkstücke gemäß Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 6 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Es liegt auf der Hand, die gesamte Arbeitsbreite der Vorrichtung von quer zur Transportrichtung der Werkstücke in einer Reihe angeordneten Werkzeugen überstreichen zu lassen und die Vorrichtung so zu gestalten, dass sie in Richtung des Werkstückvorschubes wenig Raum beansprucht, zumal diese Vorgehensweise in der DE 20 2005 010 997 U1 (D2) ausdrücklich erwähnt wird und daher schon im Streitpatent als bekannt vorausgesetzt wird. Im Übrigen wird auf die Druckschrift E19 (vgl. Abs. [0031]) verwiesen, in der auch hervorgehoben wird, die Anzahl der Bearbeitungsköpfe entsprechend der Arbeitsbreite der Vorrichtung festzulegen.

8. In der Fassung nach Hilfsantrag 7 ist das Streitpatent demgegenüber bestandsfähig.

Zur Offenbarung und Ausführbarkeit der beanspruchten Vorrichtung wird auf die Abschnitte 4. und 6. a) verwiesen.

Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass es für den Fachmann naheliegt, die für die Befestigung des Sonnenrades gewählte Konstruktion (Merkmal 1.9-3a) in Erwägung zu ziehen.

Die Einsprechende hat darauf verwiesen, bei den geltend gemachten Vorbenutzungen (Schriftsatz vom 23. Nov. 2017) sei bereits eine solche konstruktive Lösung erwogen worden. Auch dort erfolge die Befestigung des Sonnenrades mittels Schrauben.

Es wird unterstellt, es habe Vorbenutzungen gegeben. Aus dem Vorbringen lässt sich jedoch nicht eindeutig schließen, wie die Befestigung im Einzelnen aussieht. Einerseits wird behauptet, das Sonnenrad sei mit sechs Schrauben an einem am Maschinenrahmen befestigten Abstandshalter befestigt (vgl. Seite 6 a. a. O.), und andererseits unter Verweis auf E39, das Sonnenrad sei über eine Schraube am Maschinenrahmen befestigt (vgl. Seite 9 a. a. O.). Auch in der Verhandlung vermochte die Einsprechende nicht, den Widerspruch aufzulösen und anzugeben, aufgrund welcher Überlegungen die konkret vorgeschlagene Konstruktion nahegelegt sein soll.

Die geltend gemachten Vorbenutzungen belegen jedenfalls, dass es andere Möglichkeiten als die Einbeziehung einer Lagerbuchse gibt, das Sonnenrad rahmenfest zu befestigen. Auch der weiter berücksichtigte Stand der Technik liefert kein Vorbild für die Befestigung des Sonnenrades an einer Lagerbuchse. Entsprechendes ist auch nicht geltend gemacht worden. Aus der Druckschrift E8 geht nicht hervor, wie das Sonnenrad befestigt ist. In der Druckschrift E18 wird laut Fig. 11 i. V. m. Fig. 2 und 4 ein drehfestes Sonnenrad 15 vorgeschlagen (vgl. auch Abs. 7 und 8 auf Seite 6 der Übersetzung E36). Für die drehfeste Variante ist ausdrücklich die Befestigung an einem Gehäuse 12 vorgeschlagen im Gegensatz zu einer lagerseitigen Befestigung bei einem drehbaren Sonnenrad. Bei der aus der E9 bekannten Vorrichtung ist das Sonnenrad 1 über die Kupplung 3 drehfest gehalten und bei der aus der Druckschrift E21 bekannten Vorrichtung ist das Sonnenrad 28 an seinem Nabenteil 33 mittels Schrauben an der Unterseite einer Halteplatte 35 befestigt. Bei diesen Bodenschleifmaschinen kommt es noch darauf an, dass die Bearbeitungsköpfe gewisse Schrägstellungen gegenüber der ersten Achse zulassen (vgl. E9 Seite 2 der Übersetzung: kardanähnliche Verbindung zwischen Hauptantriebswelle und Bearbeitungskopf; E18 Fig. 2: Kippbewegungen um drehsichernde Vorsprünge 18; E21 Fig. 4: federnde Aufhängung an Platte 19 des Schutzblechs 20). Demnach kommt es geradezu darauf an, das Sonnenrad nur drehfest und nicht rahmenfest im Sinne von unbeweglich zu befestigen. Eine ma- schinenrahmenfeste Lagerbuchse scheidet bei den bekannten Bodenschleifmaschinen daher als Befestigung für das Sonnenrad aus.

Da im Stand der Technik auch sonst auf keine Vorteile einer Befestigung des Sonnenrades an einer rahmenfesten Lagerbuchse hingewiesen wird, gilt die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend. Mit dem Patentanspruch 1 sind auch die rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 bestandsfähig.

9. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Die Vertreterin der Einsprechenden hat die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Rechtsfrage angeregt, ob im Falle einer Aufsplittung des Schutzumfangs auf mehrere nebengeordnete Ansprüche eine erfinderische Tätigkeit für einzelne Ansprüche hergeleitet werden könne.

Der Senat sieht keinen Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Weder ist die aufgeworfene Rechtsfrage hier entscheidungserheblich noch von grundsätzlicher Bedeutung noch zur Sicherung einheitlicher Rechtsprechung erforderlich.

Denn bei der Fassung der Patentansprüche nach Hilfsantrag 7 handelt es sich lediglich um eine zulässige Beschränkung sowohl gegenüber der ursprünglichen Offenbarung als auch der erteilten Patentansprüche.

III.

Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Höchst v. Zglinitzki Dr. Fritze kann wg. Urlaubs nicht unterschreiben Dr. Höchst Wiegele Fa

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