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VIa ZR 554/23

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 554/23 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 23. April 2024 Bürk Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2024:230424UVIAZR554.23.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 2. April 2024 eingereicht werden konnten, durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterinnen Möhring, Dr. Krüger, Wille und den Richter Liepin für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. März 2023 mit Ausnahme der Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der begehrten Freistellung von Zinsen auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: bis 30.000 €

Von Rechts wegen Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger erwarb im Juli 2019 einen von der Beklagten hergestellten gebrauchten VW Tiguan 2.0 TDI, der mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor der Baureihe EA 288 (Schadstoffklasse Euro 6) ausgerüstet ist.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge mit Ausnahme der Freistellung von Zinsen auf die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus §§ 826, 31 BGB lägen nicht vor. Es lasse sich nicht feststellen, dass eine der behaupteten Funktionen im Fahrzeug des Klägers sittenwidrig und mit Schädigungsvorsatz durch für die Beklagte handelnde Personen in das Fahrzeug implementiert worden sei. Auch folge ein Schadensersatzanspruch des Klägers nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV, weil das wirtschaftliche Selbstbestimmungsrecht durch § 823 Abs. 2 BGB nicht geschützt werde. Im Übrigen fehle es - unabhängig von den Anspruchsgrundlagen - an einem Schaden des Klägers, weil aus objektiver Sicht des Rechtsverkehrs nicht erkennbar sei, dass das Kraftfahrt-Bundesamt einen amtlichen Rückruf und eine Betriebsuntersagung anordnen sollte.

II.

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

1. Es begegnet im Ergebnis keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat. Die Revision vermag keinen Vortrag des Klägers zu weiteren Umständen aufzuzeigen, die über die bloße Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung hinaus ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten begründen könnten. Solche Umstände ergeben sich entgegen der Auffassung der Revision insbesondere auch nicht durch den erstmalig in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung angebrachten Verweis auf die Geständnisse von S. ,

H.

und anderen im Betrugsverfahren vor dem Landgericht München.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV wegen der Verwendung des Thermofensters aus Rechtsgründen abgelehnt hat.

Wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 29 bis 32).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die Gewährung sogenannten „großen“ Schadensersatzes verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch unberücksichtigt gelassen, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Erlass eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, ZIP 2023, 1903 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB auch nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es fehle an einem Schaden, weil dem vom Kläger erworbenen Fahrzeug weder eine Stilllegung noch eine sonstige Betriebsbeschränkung drohe. Vielmehr hat der Senat nach der angefochtenen Entscheidung sowohl entschieden, dass eine Verringerung des objektiven Werts des Kraftfahrzeugs infolge seiner Ausrüstung mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Vergleich zu einem Kraftfahrzeug der betreffenden Baureihe und Motorisierung ohne unzulässige Abschalteinrichtung nicht ohne Verstoß gegen § 287 ZPO verneint werden kann, als auch die für die Schätzung des Schadens geltenden Maßstäbe geklärt (BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245, Rn. 41 und 71 ff.).

III.

Die angefochtene Entscheidung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, § 562 ZPO, weil sie sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245) die erforderlichen Feststellungen zu den Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu treffen zu haben.

C. Fischer Möhring Wille Liepin Vorinstanzen: LG Deggendorf, Entscheidung vom 25.10.2022 - 22 O 287/22 OLG München, Entscheidung vom 30.03.2023 - 19 U 6956/22 e - Krüger

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7 823 BGB
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