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5 Ni 64/11 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 64/11 (EP) hinzuverbunden 5 Ni 68/12 (EP); 5 Ni 94/12 (EP)

(Aktenzeichen)

…

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

6. November 2013 …

In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05

-2…

betreffend das europäische Patent 1 361 751 (DE 697 39 566)

hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2013 durch den Vorsitzenden Richter Gutermuth, die Richterin Martens sowie die Richter Dipl.-Ing. Gottstein, Dipl.-Ing. (Univ.) Albertshofer und Dipl.-Geophys. Dr. Wollny für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 361 751 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 361 751 (Streitpatent), das am 9. Dezember 1997 angemeldet wurde und die Priorität der beiden US-Anmeldungen 60/032,539 vom 10. Dezember 1996 und 08/938,028 vom 18. September 1997 in Anspruch nimmt. Das Streitpatent ist als Teilanmeldung aus dem Stammpatent EP 0 945 003 hervorgegangen, das auf die US-Anmeldung 97/22,753 zurückgeht, die als WO 98/26584 veröffentlicht wurde.

Das Streitpatent, das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 697 39 566.9 geführt wird, betrifft ein Internet-Fernsehprogrammleitsystem. Es umfasst 50 Patentansprüche, die alle mit den Nichtigkeitsklagen angegriffen sind.

Die Patentansprüche 35 und 43 des Streitpatents, aus denen die Nichtigkeitsklägerinnen in Anspruch genommen werden, haben in der Verfahrenssprache Englisch folgenden Wortlaut:

„35. A method for providing web pages of information to a user of an Internet program guide system, the method comprising:

delivering to a user multimedia system a web page from a web server over an Internet communications link, wherein the web page includes at least one selectable option that is associated with a program available for ordering; receiving a user selection of the selectable option; and in response to receiving the user selection, delivering to the user multimedia system a program information web page for the program associated with the selectable option from the web server over the Internet communications link, wherein the program information web page includes another selectable option for allowing the user to order the program over the Internet communications link.“

„43. A system for providing web pages of information to a user of an Internet program guide system, comprising:

means for delivering to a user multimedia system a web page from a web server over an Internet communications link, wherein the web page includes at least one selectable option that is associated with a program available for ordering; means for receiving a user selection of the selectable option; and in response to the means for receiving the user selection, means for delivering to the user multimedia system a program information web page for the program associated with the selectable option from the web server over the Internet communications link, wherein the program information web page includes another selectable option for allowing the user to order the program over the Internet communications link.“

In der deutschen Übersetzung der Streitpatentschrift (EP 1 361 751 B1) haben die Patentansprüche 35 und 43 folgenden Wortlaut:

“35. Verfahren zum Bereitstellen von Informationswebseiten für einen Benutzer eines Internet-Programmübersichtssystems, wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:

einem Benutzermultimediasystem eine Webseite von einem Webserver über eine Internet-Kommunikationsverbindung Zustellen, wobei die Webseite mindestens eine auswählbare Option umfasst, die mit einem Programm verknüpft ist, das bestellt werden kann; Empfangen einer Benutzerauswahl der auswählbaren Option; und auf den Empfang der Benutzerauswahl hin, dem Benutzermultimediasystem eine Webseite mit Programminformationen für das Programm, das mit der auswählbaren Option verknüpft ist, vom Webserver über die Internet-Kommunikationsverbindung Zustellen, wobei die Webseite mit Programminformationen eine weitere auswählbare Option umfasst, um es dem Benutzer zu ermöglichen, das Programm über die Internet-Kommunikationsverbindung zu bestellen.”

“43. System zum Bereitstellen von Informationswebseiten für einen Benutzer eines Internet-Programmübersichtssystems, umfassend:

Mittel, um einem Benutzermultimediasystem eine Webseite von einem Webserver über eine Internet-Kommunikationsverbindung zuzustellen, wobei die Webseite mindestens eine auswählbare Option umfasst, die mit einem Programm verknüpft ist, das bestellt werden kann; Mittel zum Empfangen einer Benutzerauswahl der auswählbaren Option; und auf den Empfang der Benutzerauswahl hin, Mittel, um dem Benutzermultimediasystem eine Webseite mit Programminformationen für das Programm, das mit der auswählbaren Option verknüpft ist, vom Webserver über die Internet-Kommunikationsverbindung zuzustellen, wobei die Webseite mit Programminformationen eine weitere auswählbare Option umfasst, um es dem Benutzer zu ermöglichen, das Programm über die Infernet-Kommunikationsverbindung zu bestellen.”

Wegen des Wortlauts der auf die Patentansprüche 35 und 43 rückbezogenen Ansprüche 36 bis 42 bzw. 44 bis 50 wird auf die Streitpatentschrift EP 1 361 751 B1 Bezug genommen. Dies gilt ebenfalls bezüglich der weiteren nebengeordneten Patentansprüche 1 und 18, die sich lediglich durch ihre Ausrichtung auf Pay-PerView von den Patentansprüchen 35 und 43 unterscheiden und von den Klägerinnen nur pauschal angegriffen sind, sowie bezüglich der hierauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 17 sowie 19 bis 34.

Die Klägerinnen zu 1) und 2) machen geltend, das Streitpatent sei für nichtig zu erklären, da die Lehre des Streitpatents in den Ansprüchen 35 und 43 keine Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln enthalte und somit gemäß Art. 52 Abs. 2 c) EPÜ nicht patentfähig sei. Zudem beruhten die Ansprüche 35 und 43 auf einer unzulässigen Erweiterung (Art. 138 Abs. 1 c) EPÜ). Das Streitpatent sei ferner auch deshalb für nichtig zu erklären, weil die Gegenstände der Ansprüche 35 und 43 gegenüber dem Stand der Technik als nicht mehr neu gelten bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.

Vorsorglich machen die Klägerinnen auch die Ansprüche 1 bis 34 zum Gegenstand der Nichtigkeitsklage. Auch mit diesen Ansprüchen könne das Streitpatent keinen Bestand haben, da sich diese lediglich einschränkend auf Pay-TV-Programme bezögen sowie mit der Eingabe nutzerspezifischer Informationen und deren Verarbeitung, insbesondere zur Abwicklung der Bezahlung solcher Pay-TVProgramme, beschäftigten.

Die Klägerinnen zu 1) und 2) stützen ihr Vorbringen auf folgende Unterlagen:

K0 Einzugsermächtigung K1 Auszug Patentregister K2 EP 1 361 751 B1 K3 US 60/032,539 K4 US 08/938,028 K5 WO 98/26584 A1 K6 Klageschrift vom 31. Mai 2011 aus dem parallelen Verletzungsverfahren K7 WO 95/28799 A1 K8 „Electronic Program Guide Via Internet”, Kenneth Mason Publications, Hampshire, GB Nr. 385 (Mai 1995), Seite 276 K9 Merkmalsgliederung Patentansprüche 35 und 43 (englisch)

K10 Merkmalsgliederung Patentansprüche 35 und 43 (deutsch)

K11 Eingabe an das EPA vom 1. Februar 2005 K12 Eingabe an das EPA vom 26. Mai 2006 K13 WO 96/34491 A1 K14 WO 96/38962 A1 K15 EP 0 670 652 A1 K16 WO 96/41285 A1 K17 Replik vom 22. November 2011 aus dem Verletzungsverfahren beim Landgericht Mannheim sowie K18 Schriftsatz vom 22. Dezember 2011 der Nichtigkeitsbeklagten K19 WO 97/13368 A1 K20 US 60/022,826 K21 TENZLER, T.; JONAS, K.: KAEBER, J.: News on Demand, In: Global Telecommunications Conference, 1996,

GLOBECOM `96` Communications: The Key of Global Prosperty, 18. bis zum 22. November 1996 K21a Screenshot von der „Digital Library” des Institute for Electrical and Electronics Engineers (IEEE) K22 FRY, M. et. al.: “Delivering Qos Controlled Continuous Media on the World Wide Web”. In: GMD-Studien, Quality of Service, Pans, 1996, March 1996, S. 115 -124 K22a K23 Screenshot aus dem online-Katalog der British Library CHEN et. al. „Real Time Video and Audio in the World Wide Web”, In: World Wide Web Journal, Heft 4, 1995,

S. 333-348 K23a Auszug aus der Internetseite www.subito-doc.de K24 K25a K25b US 5,412,720 Wikipedia-Auszug „Geschichte des Internets“ Wikipedia-Auszug „NCSA Mosaic“

K25c Wikipedia-Auszug „Internet Explorer“ K25d ZAKON R. „Hobbes´ Internet Timeline 10.2“; heruntergeladen von http://www.2akon.org/robert/intemet/timeline/ K25e Dr. Dobbs “Implementing a Web Shopping Cart”. heruntergeladen von http: / /www. dr dobbs. com/web-development/implementing-a-web-shopping-cart/184409959 K25f Computer Industry Almanac Inc., Internet user forecast by K25g K25h K25i country. In: Computer Industry Almanac-Press Release Wikipedia­Auszug “MSN TV” CD mit der Aufzeichnung einer Fernsehsendung „Computer Chronicles“, Zeitschrift „Broadcasting Cable” June 13, 1994, S. 5, 49,

K25j Eckhoff, Jeff “TV listing star on the computer”, In Central Penn Business Journal March 15, 1996, S. 1-4 K26 US 5,357,276 K27 Merkmalsgliederung zu Anspruch 35 und 43 nach Hilfsantrag (englisch)

K28 Merkmalsgliederung zu Anspruch 35 und 43 nach Hilfsantrag (deutsch)

K29 Schriftsatz der Nichtigkeitsbeklagten vom 2. Mai 2013 im parallelen Verletzungsverfahren sowie K30 weiterer Schriftsatz vom 28. November 2012 im Verfahren Landgericht Mannheim Az: 7 O 26/12 K31 Wikipedia Auszug zu „Website“ (Begriffsbestimmung usw.) K32 Wikipedia Auszug zu „Website“ (Geschichte usw.).

Dem Schriftsatz der Klägerinnen zu 1) und 2) vom 24. Mai 2012 sind folgende unnummerierte Anlagen beigefügt:

Auszug aus „Duden“ zu „auch“ Auszug aus Wikipedia zur „Geschichte des Internets“ Auszug aus Wikipedia zu „Uploading and Downloading“.

Sie haben weiter jeweils eine Kopie der Aussetzungsbeschlüsse des Landgerichts Mannheim vom 14. Dezember 2012 (zu Az: 7 O 321/11) sowie vom 17. Mai 2013 (zu Az: 7 O 258/12) vorgelegt.

Die Klägerin zu 3) begründet ihre Klage damit, dass der Gegenstand nach den Patentansprüchen 35 bis 50 unzulässig erweitert sei (Art. 138 Abs. 1 c) EPÜ). Schon aus diesem Grund sei das Streitpatent zu widerrufen. Des Weiteren tritt die Klägerin zu 3) den seitens der Klägerinnen 1) und 2) vorgetragenen Gründen, wonach das Streitpatent kein technisches Problem mit technischen Mitteln löse, in vollem Umfang bei. Zudem ist nach Auffassung der Klägerin zu 3) das Streitpatent auch deshalb für nichtig zu erklären, da der Gegenstand des Patentanspruchs 35 als nicht mehr neu gelte bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Gleiches gelte auch für den erteilten Patentanspruch 43.

Der Klägerin zu 3) beruft sich hierbei auf folgende Unterlagen:

NK1 WO 98/26584 A1 NK1a US 60/032,539 NK2 EP 1 361 751 B1 NK3 Registerauszug NK4 US 60/032,539 NK5 US 08/938,028 NK6 Klageschrift vom 8. Juni 2012 aus dem parallelen Verletzungsverfahren NK7 Anlagenkonvolut, umfassend Schriftsätze aus Ni 64/11 (EP) vom 4. Oktober 2011,

12. Dezember 2011, 20. Januar 2012, 4. Mai 2012,

24. Mai 2012 und 30. Juli 2012 NK8 WO 95/28799 A1 NK9 „Electronic Program Guide Via Internet“, Kenneth Mason Publications, Hampshire, GB Nr. 385 (Mai 1995), Seite 276 K10 Merkmalsgliederung Patentanspruch 35 (englisch)

NK10a Merkmalsgliederung Patentanspruch 35 (deutsch)

NK11 WO 96/34491 A1 NK12 WO 96/38962 A1 NK13 EP 0 670 652 A1 NK14 WO 96/41285 A1 NK15 WO 97/13368 A1 NK15a US/96/15859 NK16 TENZLER, T.; JONAS, K.: KAEBER, J.: News on Demand, In: Global Telecommunications Conference, 1996,

GLOBECOM `96` Communications: The Key of Global NK17 Prosperty, 18. bis zum 22. November 1996 FRY, M. et. al.: “Delivering Qos Controlled Continuous Media on the World Wide Web”. In: GMD-Studien, Quality of Service, Pans, 1996, March 1996, S. 115-124 NK17a GMD Studien Nr. 282, Proceedings of the 4th International IFIP Workshop on Quality of Service - IWQ0S96 -

6.-8. März 1996 NK18 Dr. Dobbs „Implementing a Web Shopping Cart“. heruntergeladen von http: / /www. dr dobbs. com/web-development/implementing-a-web-shopping-cart/184409959 NK19 CDnow's Website now offers video, Olson,

Catherine Applefeld. Billboard 108.23 NK20 EP 0 742 670 A2 NK21 WO 95/01057 NK21a CD, enthaltend das zu Anlage NK21 gehörige Video, das zusammen mit der Anmeldung der NK21 beim US Patentamt eingereicht wurde NK22 US 5,357,276 NK23 DVD mit Video „Computer Chronicles“, heruntergeladen von HTTP://archive.org/details/CCi4i6_internet_tv NK23a Transskript von den zwei relevantesten Interviews des Videos NK23 NK23b Protokoll dieser Sendung aus dem Archiv der Computer Chronicle Webseite NK24 US 4,300,040 NK25 CHEN et. al.: A MULTI-LAYER VIDEO BROWSING SYSTEM, In: IEEE Transactions on Consumer Electronics, Vol. 41, No. 3, AUGUST 1995, S. 842-850 NK25a bis 25q Ausdrucke einer Webseite des Online-Versandhandels „Columbia House“.

Als Anlage zum Schriftsatz vom 14. Oktober 2013 überreicht die Klägerin zu 3 einen weiteren – ebenfalls mit „NK25l“ – benannten Ausdruck.

Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2013 legt sie den Aussetzungsbeschluss des LG Mannheim vom 22. März 2013 (Az: 7 O 154/12), den Nicht-Abhilfebeschluss des LG Mannheim vom 17. Mai 2013 und die Verfügung des OLG Karlsruhe vom 26. August 2013 (Az: 6 W 42/13) vor.

Die Klägerin zu 4) stützt ihre Nichtigkeitsklage darauf, dass zum Einen die in den Ansprüchen 35 und 43 enthaltene Lehre nicht technisch sei im Sinne des Art. 52 Abs. 2 c) EPÜ, zum Anderen auf einer unzulässigen Erweiterung gegenüber der dem Streitpatent zugrunde liegenden PCT-Anmeldung beruhe. Abgesehen davon sei die Lehre des Streitpatents weder neu noch erfinderisch.

Sie stützt ihr Vorbringen auf nachfolgende Unterlagen:

NK1 Registerauszug NK2 EP 1 361 751 B1 NK3 US 60/032,539 NK4 US 08/938,028 NK5 WO 98/26584 A1 NK6 Klageschrift vom 12. September 2012 im parallelen Verletzungsstreit NK7 NK8 WO 95/28799 A1 „Electronic Program Guide Via Internet”, Kenneth Mason Publications, Hampshire, GB Nr. 385 (Mai 1995), Seite 276, ISSN 0374-4353 (XP 000599701)

NK9 Merkmalsgliederung Ansprüche 35 und 43 (englisch)

NK10 Merkmalsgliederung Ansprüche 35 und 43 (deutsch)

NK11 Eingabe an das EPA vom 1. Februar 2005 NK12 Eingabe an das EPA vom 26. Mai 2006 NK13 WO 97/133368 A1 NK14 US 60/022,825 NK15 TENZLER, T.; JONAS, K.: KAEBER, J.: News on Demand, In: Global Telecommunications Conference, 1996,

GLOBECOM `96` Communications: The Key of Global Prosperty, 18. bis zum 22. November 1996 NK15a Screenshot von der „Digital Library” des Institute for NK16 Electrical and Electronics Engineers (IEEE) FRY, M. et. al.: “Delivering Qos Controlled Continuous Media on the World Wide Web”. In: GMD-Studien, Quality of Service, Pans, 1996, March 1996, S. 115 -124 NK16a NK17 Screenshot aus dem online-Katalog der British Library CHEN et. al. „Real Time Video and Audio in the World Wide Web”, In: World Wide Web Journal, Heft 4th, 1995,

S. 333-348 NK17a Auszug aus der Internetseite www.subito-doc.de NK18 US 5,412,720 NK18a Wikipedia-Auszug „Geschichte des Internets“ NK18b Wikipedia­Auszug „NCSA Mosaic“ NK18c Wikipedia­Auszug „Internet Explorer“ NK18d ZAKON R. „Hobbes´Internet Timeline 10.2“. heruntergeladen von http://www.2akon.org/robert/intemet/timeline NK18e Dr. Dobbs “Implementing a Web Shopping Cart”. heruntergeladen von http: / /www. dr dobbs. com/web-development/implementing-a-web-shopping-cart/184409959 NK18f Computer Industry Almanac Inc., Internet user forecast by country. In: Computer Industry Almanac-Press Release NK18g Wikipedia Auszug “MSN TV” NK18h CD mit der Aufzeichnung einer Fernsehsendung „Computer Chronicles“, NK18i Zeitschrift „Broadcasting Cable” June 13, 1994, S. 5, 49, 62 NK18j Eckhoff, Jeff “TV listing star on the computer”, In Central Penn Business Journal March 15, 1996, S. 1-4 NK19 US 5,357,276 NK20 WO 96/34491 A1.

Die Klägerinnen beantragen übereinstimmend,

das europäische Patent 1 361 751 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte, die angekündigt hatte, das Streitpatent in der Fassung der Hilfsanträge 1 bis 39, eingegangen mit Schriftsatz vom 20. September 2013, verteidigen zu wollen, hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie verteidige das Streitpatent nur mehr in der erteilten Fassung.

Sie tritt dem Vorbringen der Klägerinnen in allen Punkten entgegen. Das Streitpatent sei in der erteilten Anspruchsfassung rechtsbeständig, insbesondere enthalte die Lehre in den Ansprüchen 35 und 43 die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln. Der Gegenstand der Ansprüche 35 und 43 gehe auch nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung oder der Stammanmeldung hinaus; er sei neu bzw. beruhe gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik auf erfinderischer Tätigkeit.

Zur Stützung ihres Vorbringens beruft sich die Beklagte auf folgende Unterlagen:

Im Verfahren 5 Ni 64/11 (EP):

NB1 Prüfungsbescheid des EPA vom 26. Juli 2004 NB2 Eingabe an das EPA vom 1. Februar 2005 NB3 Eingabe an das EPA vom 26. Mai 2006 NB4 Bescheid des EPA vom 19. März 2009 NB5 Merkmalsgliederung Anspruch 35 NB6 Merkmalsgliederung Anspruch 43 NB7/1 „Hotelgäste testen Video on demand“. In: Computerwoche NB7/2 Video on demand ab Ende 1996 im Globaltest. In: Computerwoche NB7/3 KALVA HARI, FURHT BORKO, Techniques for Improving the Capacity of Video-on-Demand Systems. In: Proceedings of the 29th Annual Hawaii International Conference on System Sciences — 1996, S. 308 NB7/4 Shih-Fu Chang,

Alexandras Eleftheriadis,

Dimitris Anastassiou, Development of Columbia's Video on Demand Testbed. To appear on Image Communication Journal, Special Issue on Video on Demand and Interactive TV, 1996.

NB8 CRADDOCK, DICK. A short history of Hotmail, In: Inside Windows Live, Jan 05 2010, S. 1-5.

Im Verfahren 5 Ni 68/12 (EP):

NB1 Prüfungsbescheid des EPA vom 26. Juli 2004 NB2 Eingabe an das EPA vom 1. Februar 2005 NB3 Eingabe an das EPA vom 26. Mai 2006 NB4 Bescheid des EPA vom 19. März 2009 NB5/1 „Hotelgäste testen Video on demand“. In: Computerwoche NB5/2 Video on demand ab Ende 1996 im Globaltest. In: Computerwoche NB5/3 KALVA HARI, FURHT BORKO, Techniques for Improving the Capacity of Video-on-Demand Systems. In: Proceedings of the 29th Annual Hawaii International Conference on System Sciences — 1996, S. 308 NB5/4 Shih-Fu Chang, Alexandras Eleftheriadis, Dimitris Anastassiou, Development of Columbia's Video on Demand Testbed. To appear on Image Communication Journal, Special Issue on Video on Demand and Interactive TV, 1996. NB6 Merkmalsgliederung Anspruch 35 gemäß Hilfsantrag.

Im Verfahren 5 Ni 94/12 (EP):

NB1 Hilfsantrag 1 NB2 Prüfungsbescheid des EPA vom 26. Juli 2004 NB3 Eingabe an das EPA vom 1. Februar 2005 NB4 Eingabe an das EPA vom 26. Mai 2006 NB5 Bescheid des EPA vom 19. März 2009 NB6/1 „Hotelgäste testen Video on demand“. In: Computerwoche NB6/2 Video on demand ab Ende 1996 im Globaltest. In: Computerwoche NB6/3 KALVA HARI, FURHT BORKO, Techniques for Improving the Capacity of Video-on-Demand Systems. In: Proceedings of the 29th Annual Hawaii International Conference on System Sciences — 1996, S. 308 NB6/4 Shih-Fu Chang, Alexandras Eleftheriadis, Dimitris Anastassiou, Development of Columbia's Video on Demand Testbed. To appear on Image Communication Journal, Special Issue on Video on Demand and Interactive TV, 1996. NB7 DE 696 34 417 T2.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt allen Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat den Parteien einen Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG übermittelt.

Entscheidungsgründe Die zulässige Klage hat auch Erfolg, da die Gegenstände des Streitpatents in der verteidigten erteilten Fassung über den Inhalt der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. c) EPÜ). Das Streitpatent ist daher wegen unzulässiger Erweiterung für nichtig zu erklären. Daher kann es im Ergebnis dahingestellt bleiben, ob seine Gegenstände darüber hinaus die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln offenbaren und ob diese durch den Stand der Technik, insbesondere die WO 97/13368 A1, vorweggenommen sind, worauf der Senat in seinem Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG und auch das Landgericht Mannheim (vgl. Aussetzungsbeschluss des LG Mannheim vom 22. März 2013, Az: 7 O 154/12, sowie den Nicht-Abhilfebeschluss des LG Mannheim vom 17. Mai 2013) abgestellt hatte.

I.

1. Das in der Verfahrenssprache Englisch abgefasste Streitpatent bezieht sich ausweislich der Bezeichnung auf ein Internet-Fernsehprogrammleitsystem (internet television program guide system), welches einem Nutzer Programmführerinformation und -dienstleistungen über das Internet zur Verfügung stellt (vgl. Streitpatent Absatz [0001]). Das Streitpatent geht zunächst von bekannten Programmführern aus, die direkt am Bildschirm angezeigt werden und dem Nutzer ermöglichen, in Fernsehprogrammlisten zu scrollen, einen Kanal einzustellen und sich einen Überblick über das laufende und in den nächsten Stunden angebotene Fernsehprogramm zu verschaffen. Derartige Programmführer hätten aber den Nachteil, dass der Nutzer Programmlisten für den nächsten Tag oder die Woche nicht anschauen könne (vgl. Streitpatent Absatz [0003]). Eine Verbesserung sei im Weiteren dadurch erreicht worden, dass Programmlisten durch einen Dienstanbieter über das Kabelnetz an sog. Set-Top-Boxen übertragen wurden, die dann mit der in diesen implementierten Software am Fernsehgerät zur Anzeige gebracht werden konnten (vgl. Streitpatent Absatz [0004]), wobei der Nutzer die Programmlis- ten nach individuellen Kriterien, bspw. Gattung, Kanal, Anfangszeit usw., bearbeiten und sortieren konnte (vgl. Streitpatent Absatz [0005]). Ein derartiger interaktiver Programmführer werde bspw. auch in der PCT/US95/04330 (WO 95/28799) und der Veröffentlichung Research Disclosure 276, May 1996 (XP 000599701) offenbart (vgl. Streitpatent Absätze [0006] und [0007]). Diese Programmführer würden aber den Nachteil aufweisen, dass sie nicht als online Fernsehprogrammlisten an einem Personal-Computer angeboten würden, der Nutzer insbesondere nicht die Möglichkeit hätte, Werbeclips, Interviewausschnitte, Audio-Clips oder anderes Multimediamaterial zu einem Fernsehprogramm auszuwählen und anzuschauen (vgl. Streitpatent Absatz [0008]).

Es sei daher Aufgabe der Erfindung ein Fernsehprogramm-Führer-System zur Verfügung zu stellen, welches Fernsehprogrammlisten von einem Server über eine Internetverbindung an ein Multimediasystem eines Nutzers überträgt, und welches dem Nutzer erlaubt, auf Text oder Standbilder zu klicken um Werbeclips, Interviewausschnitte, Audio-Clips oder anderes Multimediamaterial zu einem Fernsehprogramm anzuschauen (vgl. Streitpatent Absätze [0009] und [0010]).

Zur Lösung dieser Aufgabe wird mit den Patentansprüchen 35 und 43 jeweils ein Verfahren (A method) und ein System (A system) zum Bereitstellen von Informationswebseiten für einen Benutzer eines Internet-Programmübersichtssystems vorgeschlagen, das sich jeweils in folgende Merkmale gliedern lässt:

Patentanspruch 35

35.0 A method for providing web pages of information to a user of an Internet program guide system, the method comprises: Verfahren zum Bereitstellen von Informationswebseiten für einen Benutzer eines Internet-Programmübersichtssystems, wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:

35.1 delivering to a user multimedia system a web page from a web server over an Internet communications link, einem Benutzermultimediasystem eine Webseite von einem Webserver über eine Internet-Kommunikationsverbindung zustellen,

35.1a wherein the web page includes at least one selectable option that is associated with a program available for ordering; wobei die Webseite mindestens eine auswählbare Option umfasst, die mit einem Programm verknüpft ist, das bestellt werden kann;

35.2 receiving a user selection of the selectable option; and Empfangen einer Benutzerauswahl der auswählbaren Option; und

35.3 in response to receiving the user selection, delivering to the user multimedia system a program information web page for the program associated with the selectable option from the web server over the Internet communications link, auf den Empfang der Benutzerauswahl hin, dem Benutzermultimediasystem eine Webseite mit Programminformationen für das Programm, das mit der auswählbaren Option verknüpft ist, vom Webserver über die Internet-Kommunikationsverbindung zustellen

35.3a wherein the program information web page includes another selectable option for allowing the user to order the program over the Internet communications link. wobei die Webseite mit Programminformationen eine weitere auswählbare Option umfasst, um es dem Benutzer zu ermöglichen, das Programm über die Internet-Kommunikationsverbindung zu bestellen.

Patentanspruch 43

43.0 A system for providing web pages of information to a user of an Internet program guide system, comprising: System zum Bereitstellen von Informationswebseiten für einen Benutzer eines Internet-Programmübersichtssystems, umfassend:

43.1 means for delivering to a user multimedia system a web page from a web server over an Internet communications link, Mittel, um einem Benutzermultimediasystem eine Webseite von einem Webserver über eine Internet-Kommunikationsverbindung zuzustellen,

43.1a wherein the web page includes at least one selectable option that is associated with a program available for ordering; wobei die Webseite mindestens eine auswählbare Option umfasst, die mit einem Programm verknüpft ist, das bestellt werden kann;

43.2 means for receiving a user selection of the selectable option; and Mittel zum Empfangen einer Benutzerauswahl der auswählbaren Option; und

43.3 in response to the means for receiving the user selection, means for delivering to the user multimedia system a program information web page for the program associated with the selectable option from the web server over the Internet communications link, auf den Empfang der Benutzerauswahl hin, Mittel, um dem Benutzermultimediasystem eine Webseite mit Programminformationen für das Programm, das mit der auswählbaren Option verknüpft ist, vom Webserver über die Internet-Kommunikationsverbindung zuzustellen,

43.3a wherein the program information web page includes another selectable option for allowing the user to order the program over the Internet communications link. wobei die Webseite mit Programminformationen eine weitere auswählbare Option umfasst, um es dem Benutzer zu ermöglichen, das Programm über die Internet-Kommunikationsverbindung zu bestellen.

2. Als maßgebenden Fachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur der elektrischen Nachrichtentechnik oder einen Informatiker mit universitärer Ausbildung an, der mit der Übertragung von interaktiven Dienstleistungen eines Providers über das Internet und deren Implementierung in nutzerseitigen Multimediasystemen befasst ist.

3. Der so definierte Fachmann entnimmt dem Patentanspruch 35 ein Verfahren, mit welchem dem Nutzer zunächst eine von einem Web-Server übertragene Webseite angezeigt wird (Merkmale 35.0 und 35.1), die eine Aktivierungsfläche für eine Programmauswahl enthält (Merkmal 35.1a), wobei nach Betätigung dieser Aktivierungsfläche durch den Nutzer das System veranlasst wird, eine weitere WebSeite mit Programminformationen zur Anzeige zu bringen (Merkmale 35.2 und 35.3), die wiederum eine Aktivierungsfläche aufweist, über die der Nutzer das ausgewählte Programm bestellen kann (Merkmal 35.3a).

Der Patentanspruch 43 unterscheidet sich in seinen funktionalen Merkmalen nicht vom Patentanspruch 35 und sieht lediglich die für die Umsetzung der funktionalen Merkmale ohnehin notwendigen „Mittel“ vor.

a) Bezüglich des Begriffs Programm (program) vertritt die Beklagte die Auffassung, dass damit ausschließlich der Programminhalt an sich zu verstehen sei. Sie begründet ihre Auffassung damit, dass bei der Begriffsauslegung zu berücksichtigen sei, dass das Streitpatent auf US-amerikanische Prioritäten zurückgehe und folglich der Begriff Programm (program) nach amerikanischem Verständnis auszulegen sei, wonach der in Rede stehende Begriff die eigentliche Sendung, letztendlich das „movie“ bezeichne.

Diese Argumentation der Beklagten kann insofern nicht greifen, als sich Patentschriften stets an Fachleute richten und daher nicht die Sicht des (amerikanischen) Semantikers, sondern die des Durchschnittsfachmanns entscheidend ist (BGH, Urteil vom 24. März 1998 – X ZR 39/95, Leuchtstoff, Rdn. 43).

Ausgehend von dem Fach- und Erfahrungswissen des vorstehend definierten Fachmanns und vom allgemeinen Verständnis des Begriffs Programm (program), der zum Einen eine Folge von Anweisungen für eine Maschine (bspw. Computerprogramm), zum Anderen eine zeitlich/thematische geordnete Auflistung von Ereignissen bezeichnen kann, ist im Kontext des Streitpatents unter dem Begriff Internet program guide system (Internet-Programm-Übersichtssystem) ein System zu verstehen, welches dem Nutzer multimediale, respektive audio-visuelle Angebote, typischerweise in einer Web-Seite in einer zeitlich und/oder thematisch festgelegten Auflistung zur Ansicht bringt (vgl. Streitpatent Figuren 16-20, 22, 25-27), in der ein Nutzer eine entsprechende Auswahl treffen und diese dann anspruchsgemäß über das Übertragungsmedium Internet empfangen kann. Der mit den Patentansprüchen 35 und 43 beanspruchte Programmführer umfasst aufgrund seiner allgemeinen Ausrichtung zur Überzeugung des Senats nicht nur die zeitliche und/oder thematische Auflistung von Fernsehprogrammen, sondern auch diejenige sämtlicher weiteren Programmangebote, die sich auf anspruchsgemäße Weise nutzerseitig darstellen lassen, also auch Opern- oder Theaterprogramme, Kinoprogramme, Vortragsprogramme, Programme für Video- und Audiotheken und sonstige Veranstaltungsprogramme.

Soweit sich nach Auffassung der Beklagten Ausführungsbeispiele, bspw. nach den Figuren 30 und 31, auf die eigentliche Sendung bzw. das „movie“ beziehen, ist ein darauf beschränktes Verständnis des Anspruchswortlauts entgegen der Auffassung der Beklagten schon deshalb nicht gerechtfertigt, da sich die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele des Patents ausschließlich auf bestimmte Ausführungsformen beziehen und diese Ausführungsformen einen weiter zu verstehenden Sinngehalt der Patentansprüche nicht einschränken. Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts (im Sinn einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts) der Patentansprüche ist generell nicht zulässig (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 – X ZR 131/02; Schussfädentransport).

b) Weder das dem Begriff Programm (program), respektive Internet-ProgrammÜbersichtssystem (Internet program guide system) innewohnende breite Verständnis noch die engere Sichtweise des Begriffs durch die Beklagte als eigentliche Sendung bzw. „movie“, losgelöst von einem Fernsehprogramm, ist durch den Offenbarungsgehalt der Stammanmeldung WO 98/26584 A1, aus der das Stammpatent EP 0 945 003 B1 aus diesem wiederum das Streitpatent als Teilanmeldung hervorgegangen ist, gedeckt.

Die Stammanmeldung ist ausweislich ihrer Bezeichnung auf ein Internet television program guide system gerichtet, mithin auf ein Programmführersystem, das nach fachlichem Verständnis den Nutzer über das zeitlich/thematisch geordnete Angebot von Fernsehprogrammen informiert.

Als Fernsehen oder television wird zum Prioritätsdatum seiner allgemeinen Bedeutung nach ein Massenmedium bezeichnet, das zentral produzierte audiovisuelle Sendungen unidirektional und synchron an ein Massenpublikum vermittelt. Die zu übertragenden Bild- und Toninformationen sind dabei entsprechend einer Fernsehnorm codiert und werden vom jeweiligen Provider über terrestrischen Funk, kabelgebunden oder über Satelliten entweder frei erhältlich (öffentlich rechtliches Fernsehen) oder kostenpflichtig (sog. Pay Per View TV) ausgestrahlt. Von diesem allgemein etablierten Verständnis des Begriffs Fernsehen geht zweifellos auch die Stammanmeldung aus, wobei verschiedene Möglichkeiten des Empfangs, insbesondere im sog. Kabelfernsehen zusätzlich übertragener Programmführer aufgezeigt werden, die der Nutzer ggfls. auch in seinem Empfangsgerät abspeichern und bearbeiten kann. Erklärtes Ziel nach der Stammanmeldung ist zum Einem die mittels einem Programmführer angebotenen Programmlisten, zum Anderen die zu einem (Einzel-) Programm dazugehörige Zusatzinformation, wie Text, Bilder, Werbevideoclips, Audioclips, Interviewausschnitte und anderes Multimediamaterial dem Nutzer zur Verfügung zu stellen (vgl. S. 3, Z. 1-11). Der Fachmann wird bereits durch die Beschreibungseinleitung auf einen Programmführer für Fernsehprogramme nach der vorstehenden Begriffsdefinition festgelegt.

In dieser Auffassung wird der Fachmann im Weiteren auch durch die Beschreibung der verschiedenen Ausführungen des beim Nutzer lokalisierten Multimediasystems (vgl. S. 3, Z. 24 bis S. 4, Z. 5) bestärkt, dessen Varianten alle eine VideoEinheit, mithin eine typische Vorrichtung für den Empfang von konventionellen Fernsehsignalen, enthalten (S. 3, Z. 27-29: „The multimedia system also has a video unit for receiving television signals.“; S. 4, Z. 2: „television unit“; S. 4, Z. 4-5: „the video unit is based on a television“; Figur 1: „TELEVISION 42“; Figur 2: „TUNER 70“; Unterstreichungen hinzugefügt), und die über die fernsehtypischen Übertragungswege Funk, Kabel oder Satellit empfangen werden (vgl. S. 10, Z. 2225).

Diese auf ein Fernsehprogrammführersystem und das zu den Fernsehprogrammlisten dazugehörige Multimediamaterial zielende Ausrichtung dokumentieren nachhaltig auch die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 41, die untergeordneten Patentansprüche 2, 5, 6-8, 11, 13, 16-26, 37, 42, 45-48, 51, 53, 56-66 und 77-79 sowie die Ausführungsbeispiele in der Beschreibung der Stammanmeldung (vgl. bspw. S. 13, Z. 26-32; S. 15, Z. 1-2; S. 32, Z. 28 bis S. 33, Z. 11).

Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, auf S. 5, Z. 9-14 der WO-Schrift werde eine Verwendung eines allgemeinen Programmführersystems in Alternative zu dem im oberen Absatz beschriebenen „Internet-Fernsehprogrammführer-System“ gezeigt, kann sich der Senat dem nicht anschließen, da im besagten Absatz lediglich Darstellungsvarianten der zum Fernseh-Programmführer dazugehörigen Dienstangebote aufgezeigt werden. Auch die in Figur 11 dargestellte Auflistung von Gemeinschaftsveranstaltungen sind ausschließlich im Zusammenhang mit dem jeweiligen Fernsehprogramm, respektive dem Fernsehprogrammanbieter (hier Warner Orlando´s), zu sehen.

Auch der Verweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, in Figur 30 der Stammanmeldung werde auch ein nicht auf Fernsehprogramme beschränkter Programmführer offenbart, kann nicht durchgreifen. Die dortige Figur 30 zeigt eine Programminformationswebseite, die Information über ein vom Nutzer ausgewähltes Programm enthält und darauf bezogene Optionen präsentiert (vgl. S. 7, Z. 2430). Zu dieser Anzeigeseite gelangt der Nutzer aus der Figur 26, die gemäß S. 7, Z. 15-16 ausdrücklich als Fernsehprogramm-Auflistungen für einen ausgewählten Pay-Per-View-Kanal enthaltende Webseite (web page containing television program listings for a selected pay-per-view channel (Unterstreichung hinzugefügt)) ausgewiesen ist, indem er zunächst aus der dort ersichtlichen Pay-Per-View-Programmauflistung 324 eine Sendung, im Sinne der Beklagten ein Programm, auswählt und dann auf die Informationsbox 325 klickt (vgl. S. 33, Z. 20-25).

Da sich in der erteilten Fassung der Patentansprüche 35 und 43 die in der Stammanmeldung ursprünglich zielgerichtete Einschränkung auf Fernsehprogramme nicht mehr wiederfindet, greift bereits aus diesem Grunde der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ).

c) Die Gegenstände der erteilten Patentansprüche 35 und 43 gehen auch deshalb über den Inhalt der ursprünglichen Offenbarung in der Stammanmeldung hinaus, weil das in der Stammanmeldung explizit ausgewiesene Computersystem für die Bereitstellung der Programmlisten in der Fassung der Patentansprüche 35 und 43 nicht mehr enthalten ist.

Die Beklagte vertritt zwar die Auffassung, dass es im Hinblick auf das nutzerseitige Programmauswahlverfahren weder auf den Übertragungsweg noch auf die Zusammenstellung der zu übertragenden Daten ankäme, der allgemeiner abgefasste Wortlaut folglich durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt sei. Dem steht aber gegenüber, dass in den ursprünglichen Patentansprüchen 1, 2, 38, 39, 41-44, 79 und in der Zusammenfassung der Erfindung (Summary of the Invention) ausdrücklich ausgeführt ist, dass das beanspruchte Fernsehprogrammführersystem ein Computersystem mit einer Medienbibliothek und einen Daten-Server für die Bereitstellung der Multimedia-Clips und der dazugehörigen Fernsehprogrammführerdaten (vgl. S. 3, Z. 17-21: „A computer system having a media library and a data server is used to provide multimedia clips and related television program guide data.“) umfasst, das im Weiteren in der Beschreibung auch explizit bezüglich seiner Einbindung in das System und in seiner körperlichen Ausgestaltung als zur Erfindung gehörig beschrieben wird (S. 4, Z. 6-9; S. 9, Z. 5-7; S. 14, Z. 10-11). Ein Vergleich der mit den ursprünglichen Patentansprüchen definierten Lehre mit dem gesamten Offenbarungsgehalt der Stammanmeldung ergibt, dass das Computersystem ein unverzichtbarer Bestandteil der mit der Stammanmeldung beanspruchten Erfindung ist. Die Beklagte kann insofern nicht geltend machen, dass in der Beschreibung der Stammanmeldung eine weitergehende Offenbarung enthalten sei, als in den ursprünglich formulierten Patentansprüchen.

d) Der Nichtigkeitsgrund nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ betrifft sämtliche Gegenstände des Streitpatents, da die weiteren nebengeordneten Patentansprüche 1 und 18 sich von den in erster Linie angegriffenen Patentansprüchen 35 und 43 nur durch ihre Ausrichtung auf Bezahlprogramme unterscheiden.

II.

Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 PatG, 709 ZPO.

Gutermuth Martens Gottstein Albertshofer Dr. Wollny Pü

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