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AnwZ (Brfg) 10/22

BUNDESGERICHTSHOF AnwZ (Brfg) 10/22 BESCHLUSS vom

10. Januar 2023 in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache ECLI:DE:BGH:2023:100123BANWZ.BRFG.10.22.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat am 10. Januar 2023 durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, die Richterinnen Dr. Liebert und Ettl sowie die Rechtsanwältin Schäfer und den Rechtsanwalt Dr. Lauer beschlossen:

Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 12. September 2022 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Der Antrag des Klägers, die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 17. Juni 2021 anzuordnen, wird abgelehnt.

Gründe: I.

Der Senat hat mit Beschluss vom 12. September 2022 den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das dem Kläger an Verkündungs statt am 27. Januar 2022 zugestellte Urteil des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg abgelehnt. Zudem hat der Senat mit diesem Beschluss die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2021 als unstatthaft verworfen.

Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2022 hat der Kläger gegen den am 5. Oktober 2022 zugestellten Beschluss Anhörungsrüge erhoben. Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2022 hat der Kläger gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m.

§ 152a Abs. 6, § 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO beantragt, die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 17. Juni 2021 anzuordnen.

Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2022 hat der Kläger Besetzungsrüge erhoben und ausgeführt, dass der Beschluss vom 12. September 2022 aufzuheben sei, weil er unter Verstoß gegen den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gefasst worden sei. Zur Begründung verweist der Kläger auf die sich aus dem Geschäftsverteilungsplan 2022 ergebende Überbesetzung des Senats.

II.

Die Anhörungsrüge und der Antrag des Klägers gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 152a Abs. 6, § 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO haben keinen Erfolg.

1. Die Anhörungsrüge nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 152a VwGO wird zurückgewiesen. Der Senat hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt.

Der Senat hat in dem Beschluss vom 12. September 2022 zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unter anderem ausgeführt, dass Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen den Zulassungsgrund dann nicht ausfüllen, wenn sie nicht die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (Senat, Beschluss vom 12. September 2022 - AnwZ (Brfg) 10/22, juris Rn. 39). Der Kläger hält diesen Prüfungsmaßstab für verfassungswidrig. Er versteht die Aussage des Senats so, dass ernstliche Zweifel nicht bestehen, wenn sich das angefochtene Urteil im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig erweist. Selbst ein im Berufungszulassungsverfahren erfahrener Rechtsanwalt sei kaum in der Lage, in konkreter und substantiierter Weise vorzutragen,

warum sich die angegriffene Entscheidung jedenfalls im Ergebnis nach Überzeugung des Zulassungsgerichts als richtig erweise. Der Verfahrensbeteiligte müsse jedoch erkennen, auf welchen Vortrag es für die Entscheidung ankommen könne. Nur so werde dem Verbot einer Überraschungsentscheidung Rechnung getragen. Der Senat hätte vor einer Entscheidung auf die Erwägungen zur Prognoseentscheidung und zum Nachschieben von Gründen hinweisen müssen, mit denen er im Beschluss den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verneint habe.

Die Voraussetzungen des Berufungszulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts immer schon dann erfüllt, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, NVwZ 2021, 325 Rn. 34). In diesem Zusammenhang begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel auf andere rechtliche Erwägungen abstellt als das erstinstanzliche Gericht (vgl. BVerfG, aaO). Es kann dadurch die Zulassung der Berufung ablehnen, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist (BVerfG, aaO). Wenn das Berufungsgericht dabei jedoch auf Erwägungen abstellt, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen, widerspricht dies sowohl dem Sinn und Zweck des Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 VwGO geregelten Zulassungsgründe. Verneint das Berufungsgericht im Zulassungsverfahren den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel, darf es insbesondere nicht erstmals Erwägungen heranziehen, die grundsätzliche Bedeutung haben, aber vom erstinstanzlichen Gericht nicht behandelt oder offen gelassen wurden (vgl. BVerfG, aaO).

Die allgemeinen Ausführungen des Senats zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. Senat, Beschluss vom 12. September 2022 - AnwZ (Brfg) 10/22, juris Rn. 39) stehen mit diesen Anforderungen im Einklang. Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist das rechtliche Gehör des Klägers nicht verletzt worden. Der Senat hat nicht auf andere rechtliche Erwägungen abgestellt als der Anwaltsgerichtshof, so dass weder eine Überraschungsentscheidung vorliegt noch Anlass für die Erteilung eines Hinweises bestand.

Der Kläger bringt vor, dass nicht nur er, sondern auch die Beklagte davon ausgehe, dass bei der Rücknahme der Zulassung keine Prognoseentscheidung getroffen werden dürfe. Denn die Beklagte habe im Bescheid die Rücknahme als zwingende Folge der unzutreffenden Angaben des Klägers angesehen und ausgeführt, dass kein Ermessen bestehe. Insoweit stelle die Argumentation des Senats eine Überraschungsentscheidung dar. Der Kläger übersieht dabei, dass die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Rücknahme vorliegen, von der Frage zu trennen ist, ob eine Rücknahme zwingend erfolgen muss, wenn diese Voraussetzungen gegeben sind. Die Prognoseentscheidung ist im Rahmen der Prüfung anzustellen, ob der Kläger als unwürdig im Sinne des § 7 Nr. 5 BRAO angesehen werden kann, und stellt somit eine Voraussetzung für die Rücknahme dar. Der Senat hat dargelegt, dass die Beklagte eine derartige Prognose auch vorgenommen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 12. September 2022 - AnwZ (Brfg) 10/22, juris Rn. 41 ff.). Bereits der Anwaltsgerichtshof hat sich ausführlich mit der Prognoseentscheidung befasst.

Soweit der Kläger die Ausführungen des Senats zum Nachschieben von Gründen (vgl. Senat, Beschluss vom 12. September 2022 - AnwZ (Brfg) 10/22, juris Rn. 44 f.) als Überraschungsentscheidung ansieht und bemängelt, dass insoweit kein vorheriger Hinweis erteilt worden ist, führt auch dies nicht zum Erfolg der Anhörungsrüge. Das Gericht ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. April 2022 - 2 B 8/21, juris Rn. 25; vgl. auch BVerfG, NJW 1999, 3326, 3328 und Senat, Beschluss vom 12. September 2022 - AnwZ (Brfg) 10/22, juris Rn. 34 mwN). Die Frage, ob ein Nachschieben von Gründen vorliegend zulässig ist, war Gegenstand des Verfahrens vor dem Anwaltsgerichtshof. Es war dabei auch klar, um welche Sachverhalte es ging. Bereits der Anwaltsgerichtshof hat zum Ausdruck gebracht (vgl. Seite 19 des Urteils des Anwaltsgerichtshofs), inwieweit die Sachverhalte gleichgelagert sind. Da der Kläger insoweit das Vorliegen eines Zulassungsgrunds geltend gemacht hat, musste er damit rechnen, dass der Senat das Vorbringen des Klägers zu den Sachverhalten würdigen würde. Dass der Kläger diese Würdigung nicht teilt, begründet keinen Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.

2. Mit der behaupteten Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG kann der Kläger im Rahmen der Anhörungsrüge nicht gehört werden, weil nicht das Verfahrensgrundrecht des rechtlichen Gehörs betroffen ist (BFH, Beschluss vom 11. März 2009 - VI S 2/09, juris Rn. 4; BVerwG, Beschluss vom 22. November 2016 - 10 C 5/16, juris Rn. 8). Im Übrigen hat der Kläger die Besetzungsrüge nicht innerhalb der Frist des § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO erhoben. Die Rüge greift zudem nicht durch, weil allein der Verweis auf die Anzahl der Mitglieder des Senats nicht ausreicht, um einen Verstoß gegen die Garantie des gesetzlichen Richters aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darzulegen (vgl. BVerfG, WM 2020, 1912 Rn. 27 f.).

3. Da feststeht, dass die Anhörungsrüge keinen Erfolg hat, ist auch der Antrag gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 152a Abs. 6, § 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO auf Anordnung der Fortdauer der aufschiebenden Wirkung abzulehnen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 10 ZB 20.30308, 10 AS 20.30413, juris Rn. 12).

Limperg Schäfer Liebert Lauer Ettl Vorinstanz: AGH Stuttgart, Entscheidung vom 27.01.2022 - AGH 13/21 I -

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